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Bangladesch, 1970. Honufa sammelt ihre Habseligkeiten zusammen. Sie sucht einen verhängnisvollen Brief. Sie schickt ihren kleinen Sohn in Sicherheit. Sie bangt um ihren Mann auf See. Sie bittet den falschen Gott um Hilfe.Washington, D. C., 2004. An einem stürmischen Abend bringt Shahryar seine sechsjährige Tochter Anna in ihr Zuhause, das nie seins war. Er wird das Land bald verlassen müssen. Vermachen kann er ihr nur die Erinnerungen an seine Heimat, seine Geschichte und an die Menschen, die er immer für seine Eltern hielt.Arif Anwar verwebt die Geschichten verschiedener Personen, die sich…mehr

Produktbeschreibung
Bangladesch, 1970. Honufa sammelt ihre Habseligkeiten zusammen. Sie sucht einen verhängnisvollen Brief. Sie schickt ihren kleinen Sohn in Sicherheit. Sie bangt um ihren Mann auf See. Sie bittet den falschen Gott um Hilfe.Washington, D. C., 2004. An einem stürmischen Abend bringt Shahryar seine sechsjährige Tochter Anna in ihr Zuhause, das nie seins war. Er wird das Land bald verlassen müssen. Vermachen kann er ihr nur die Erinnerungen an seine Heimat, seine Geschichte und an die Menschen, die er immer für seine Eltern hielt.Arif Anwar verwebt die Geschichten verschiedener Personen, die sich über mehrere Generationen, Kontinente und Jahrzehnte spannen und doch alle zusammenhängen. Vermeintliche Gewissheiten werden in Frage gestellt, während sich immer neue Rätsel auflösen. Anwars Saga erzählt, wie die Vergangenheit die Gegenwart formt, wie zählebig religiöse Feindschaft sein kann und wie wirkmächtig das koloniale Erbe ist. Vor allem aber hat Anwar einen eindrucksvollen Roman über Versöhnung geschrieben, darüber, wie Menschen einander helfen und wie man seine Familie findet, unabhängig davon, ob man tatsächlich verwandt ist.
Autorenporträt
Arif Anwar, geboren in Chittagong (Bangladesch), hat für verschiedene NGOs gearbeitet, unter anderem für UNICEF Myanmar. Er hat in Toronto promoviert, wo er auch heute noch lebt. »Kreise ziehen« ist sein Debütroman.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Rezensentin Katharina Borchardt lässt sich von Arif Anwars Debütroman "Kreise ziehen" zu einem Streifzug durch sechs Jahrzehnte asiatischer Geschichte mitnehmen und legt das Buch mit gemischten Gefühlen zur Seite. Von der Katastrophe, als der Bhola-Zyklon auf die Küste von Bangladesch traf kann ihr der  Autor ebenso "historisch lehrreich" erzählen wie er beispielsweise auch die Geschichte des japanischen Imperialismus in die Biografien seiner Helden einfließen lässt, staunt die Kritikerin. Nur stilistisch will sie Anwars Debüt leider nicht überzeugen: Rhythmisch, ja, aber irgenwie auch  inhaltlich und sprachlich konventionell, meint sie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.07.2019

Schmales Epos
Bangladesch im Schnelldurchlauf: Der Roman „Kreise ziehen“ des kanadischen Autors Arif Anwar
Als im vergangenen Sommer „Crazy Rich Asians“ in die Kinos kam, der erste Hollywoodfilm seit fünfundzwanzig Jahren, in dem alle Hauptrollen von asiatischen Schauspielern gespielt werden, hatte der Film eine nahezu unmögliche Aufgabe zu erfüllen. Weil fünfundzwanzig Jahre lang kaum jemand asiatisch-amerikanische Geschichten auf der Leinwand erzählt hatte, musste der Film nun all diesen Geschichten auf einmal gerecht werden – er musste „alles zugleich für alle zugleich“ sein, ein Anspruch, an dem jedes noch so gut gemachte Kunstwerk eigentlich nur scheitern kann.
In einem ähnlichen Dilemma befindet sich der kanadische Autor Arif Anwar in seinem Debütroman „Kreise ziehen“, wobei die Probleme in seinem Falle zumindest zum Teil hausgemacht sind. Denn wofür der klassische Generationenroman im Stile von Thomas Mann oder Nino Haratischwili oft mehr als 1000 Seiten benötigt, das versucht Anwar auf gerade mal 300 ziemlich luftig gesetzten Seiten: Die Geschichte einer Familie als monumentale Zeit- und Landesgeschichte zu erzählen, in diesem Fall mit einem Fokus auf Bangladesch, dem Geburtsland des Autors.
Das schmale Format von Anwars Roman ist umso bemerkenswerter, als er gleich mehrere Schicksale in parallelen Handlungssträngen verhandelt. Die Erzählung springt zwischen Myanmar zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, Washington D.C. im Jahr 2004, der Küste Bangladeschs im November 1970, und Kalkutta im Sommer 1946 hin und her. Vor dieser Szenerie treten (unter anderem) auf: eine englische Armeeärztin, ein indischer Großgrundbesitzer, ein armer, aber herzensguter Fischer, ein polyglotter japanischer Kamikaze-Pilot, ein wissbegieriges Dorfmädchen, ein bangladeschischer Doktorand mit abgelaufener Greencard und ein buddhistischer Mönch, der sich irgendwann als Österreicher entpuppt.
Weil Anwar all diese Charaktere plus mindestens vier Liebes- und Migrationsgeschichten, einen Justizskandal, den tödlichsten Zyklon seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, die religiösen Ausschreitungen während der Teilung Britisch-Indiens in Pakistan, Indien und Bangladesch und noch einiges mehr auf so wenig Raum erzählen will, greift er tief in die Trickkiste, die man aus Netflix-Serien kennt.
Seine Szenen sind kurz, Cliffhanger reiht sich an Cliffhanger, alle paar Seiten gibt es einen Plot-Twist oder eine unerwartete Enthüllung, die deutlich macht, wie die Charaktere am Ende über sechzig Jahre und zwei Kontinente hinweg doch zusammenhängen. Das liest sich kurzweilig und unterhaltsam, oft aber auch arg konstruiert, und manchmal leider schlichtweg uninspiriert. Im Bemühen, seine Handlungsstränge zu integrieren, lässt Anwar etwa jedes Mal, wenn eine unheilvolle Entwicklung bevorsteht, irgendwo im Bild eine böse dreinschauende, schwarzglänzende Krähe auftauchen. Viel mehr Einfallslosigkeit in der Symbolik ist kaum denkbar.
Am meisten aber leiden Anwars Figuren unter der vollgestopften Handlung und unter dem Bedürfnis des Autors, immer wieder möglichst schnell zu einer Synthese zu kommen. Sie bleiben ausgerechnet deshalb zweidimensional, weil Anwar mit allen Mitteln eine Identifikation herbeizuführen versucht. Man soll mitfiebern, mitleiden, die Figuren lieben. Dafür sind sie aber alle jeweils zu sehr nur Heldin oder nur Schurke, es fehlt ihnen die Komplexität, die Figuren menschlich und interessant macht. Das spürt man besonders in den hölzernen Dialogen, die leider oft so unglaubwürdig geraten, dass einem die Konflikte und Ängste der Figuren schließlich selbst in Szenen, in denen es um Leben und Tod geht, seltsam egal sind.
Und als wüsste Anwar, dass seine Figuren nicht überzeugen, stattet er sie mit einer Unmenge von Attributen und Erklärungen aus, anstatt ihre Handlungen und Gedanken für sich sprechen zu lassen. Berührend wird Anwars Prosa in der Übersetzung von Nina Frey immer erst da, wo sie aus dem Großen ins Situative geht und sich Zeit nimmt, um Orte, Wetterlagen, Tageszeiten oder Stimmungen einfach zu beschreiben, ohne sie erklären oder einen mit dem Holzhammer zum Mitleiden zwingen zu wollen. Für diese Momentaufnahmen hätte man sich mehr Raum gewünscht.
So aber wird man das Gefühl nicht los, dass „Kreise ziehen“ gern ein Epos wäre, sich aber nicht die Zeit nimmt, die ein Epos nun einmal braucht. Man muss kein Fan tausendseitiger Familienromane sein, um das bedauerlich zu finden. Denn auch jeder einzelne Erzählstrang in diesem Buch hätte das Zeug gehabt, ein eigenes Buch zu werden – eines, in dem dann genug Platz gewesen wäre, mit den Figuren und der Komplexität ihrer Geschichten sorgfältig umzugehen. Dass Anwars Roman so dünn bleibt, ist damit vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass es viel mehr Bangladesch-Romane auf dem internationalen Buchmarkt bräuchte, damit nicht ein Autor alle Geschichten in einem einzigen Buch erzählen muss.
LEA SCHNEIDER
Cliffhanger reiht sich
an Cliffhanger, alle paar Seiten
gibt es eine Enthüllung
Jeder Erzählstrang hätte
das Zeug für
einen eigenen Roman gehabt
Arif Anwar: Kreise ziehen. Roman. Aus dem Englischen von Nina Frey. Wagenbach Verlag, Berlin 2019. 336 Seiten, 24 Euro.
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