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2 Kundenbewertungen

Ein Deutscher Sommer, die Vergangenheit wird lebendig. Nach zwanzig Jahren im Gefängnis ist er überraschend begnadigt worden. Christiane, seine Schwester, will sein erstes Wochenende in Freiheit mit einem Dutzend alter Freunde feiern, in einer verfallenen Villa auf dem Land, ohne Reporter und Kameras. Sie alle haben damals in irgendeiner Form mit der Revolution sympathisiert. Heute haben sie ihren festen Platz im bürgerlichen Leben. Die Freunde kommen aus Loyalität, aus Nostalgie, aus Neugier. Aber sie können sich der Konfrontation mit ihrer eigenen Biographie, ihren Lebensträumen und…mehr

  • Format: mp3
  • Größe: 238MB
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Produktbeschreibung
Ein Deutscher Sommer, die Vergangenheit wird lebendig. Nach zwanzig Jahren im Gefängnis ist er überraschend begnadigt worden. Christiane, seine Schwester, will sein erstes Wochenende in Freiheit mit einem Dutzend alter Freunde feiern, in einer verfallenen Villa auf dem Land, ohne Reporter und Kameras. Sie alle haben damals in irgendeiner Form mit der Revolution sympathisiert. Heute haben sie ihren festen Platz im bürgerlichen Leben. Die Freunde kommen aus Loyalität, aus Nostalgie, aus Neugier. Aber sie können sich der Konfrontation mit ihrer eigenen Biographie, ihren Lebensträumen und Lebenslügen nicht entziehen. Mit der atmosphärischen Intensität eines Kammerspiels wird Bilanz gezogen.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, D ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Bernhard Schlink, 1944, Jurist, lebt in Berlin und New York. Sein erster Roman ›Selbs Justiz‹ erschien 1987; sein 1995 veröffentlichter Roman ›Der Vorleser‹, in über 50 Sprachen übersetzt, mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet und 2009 von Stephen Daldry mit Kate Winslet unter dem Titel ›The Reader‹ verfilmt, machte ihn weltweit bekannt. Zuletzt erschien von ihm der Roman ›Das späte Leben‹ (2023).
Rezensionen
»Bernhard Schlink gehört zu den größten Begabungen der deutschen Gegenwartsliteratur. Er ist ein einfühlsamer, scharf beobachtender und überaus intelligenter Erzähler. Seine Prosa ist klar, präzise und von schöner Eleganz.« Michael Kluger / Frankfurter Neue Presse Frankfurter Neue Presse

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.02.2008

Ein Terrorist beim Klassentreffen
„Das Wochenende”: In seinem neuen Roman fragt Bernhard Schlink nach der Wahrheit der RAF-Sympathisanten
Betrachtet man rückblickend den deutschen Terrorismus, so bleibt das Erstaunlichste an ihm, dass eine so kleine Gruppe von Leuten eine so weitreichende Wirkung ausüben konnte. Sie taten es, indem sie behaupteten, dass der Staat, statt auf dem Gesellschaftsvertrag, wie von ihm selbst beansprucht, vielmehr auf Gewalt beruhe, und ihn zwingen wollten, es zu zeigen. Und es gelang ihnen, den Wahrheitsbeweis für ihre These anzutreten: Ein Staat, der nicht bereit ist zu töten, ist keiner.
30 Jahre später scheint die Zeit gekommen zu sein, dieses peinliche Faktum wieder zuzudecken. Man fasst nicht mehr die Frage von damals ins Auge, sondern die geringe Zahl derjenigen, die sie gestellt haben. Vor dreißig Jahren nahmen Staat und Terroristen einander als politische Feinde ernst. Die RAF loste es aus, wer aus ihrer Mitte jeweils den tödlichen Schuss zu setzen hatte, denn das galt ihr nur als ein Glied in der Handlungskette des bewaffneten Kampfs; und die Gerichte folgten ihr insofern, als sie alle Beteiligten unterschiedslos wegen Mordes verurteilten. Eine Generation später kommt das damals absichtlich ausgeklammerte Problem der Täterschaft im engsten Sinn wieder auf den Tisch wie ein Verfahrensfehler. Der Terrorist soll ganz und gar zur Einzelperson werden, seine Tat bereuen und im Gegenzug den Rest seines Lebens als unbehelligter Rentner verbringen dürfen. Er stellt ein Gnadengesuch, der Staat bewilligt es, und so bescheinigen sie einander das Humane. Der Terrorismus, darauf scheint man sich umfassend geeinigt zu haben, wird privatisiert.
In der geometrischen Mitte dieses breiten Konsenses befindet sich Bernhard Schlinks Buch „Das Wochenende”. Der Terrorist Jörg hat vierundzwanzig Jahre seiner Strafe verbüßt und wird nunmehr vom Bundespräsidenten begnadigt. Es holt ihn seine ältere Schwester Christiane vom Gefängnis ab, die ihn als Kind fast allein aufgezogen und sich während der Haft mit nie nachlassender Fürsorge um ihn gekümmert hat. Um ihm den Kontakt mit der Öffentlichkeit, die sich natürlich auf seinen Fall stürzen will, zu ersparen, bringt sie ihn zunächst auf das kleine verfallene Schloss in Brandenburg, das sie vor Jahren zusammen mit ihrer Freundin Margarete gekauft hat. Dorthin lädt sie zum titelgebenden Wochenende Jörgs alte Weggefährten, eine akklimatisierende Maßnahme. Alle sind sie inzwischen Mitte bis Ende fünfzig, und aus allen ist etwas geworden: aus Henner ein Starjournalist, aus Karin eine Landesbischöfin, aus Ulrich der Besitzer eines halben Dutzends Dentallabors, aus Andreas ein prominenter Rechtsanwalt. (Nur bei der Lehrerin Ilse könnte man im Zweifel sein, aber die kriegt dafür eine besondere Aufgabe.) „Christiane hatte eine Tischordnung gemacht, und vor jedem Teller stand ein Kärtchen mit Namen und Bild – einem Bild von damals. Mit großem Hallo wurden die Bilder herumgereicht und bestaunt . ‚Guck mal!‘ – ‚Der Bart!‘ – ‚Die Frisur!‘ ‚So sah ich damals aus?‘ – ‚Du hast dich aber verändert!‘” Schlink betreibt Vergangenheitsbewältigung aus dem Geist des Klassentreffens. Das nur höchst vage benannte „linke Projekt” scheint in den warmen Farben der Reminiszenz. „Wisst ihr noch, wie wir in der Vorlesung von Professor Ratenberg Ratten laufen ließen? Wie wir bei der Rede des Bundespräsidenten die Lautsprecheranlagen neutralisiert haben? (. . .) Wie wir das Plakat zur Isolationsfolter an die Autobahnbrücke gehängt haben?” Schülerstreiche. Inmitten des melancholischen märkischen Idylls, beim gemeinsamen Frühstücken, Salatputzen und Weintrinken, kann man sicher sein, dass auch die schlimmen Dinge im Voraus abgepuffert werden.
Mein Mörder-Vater
In diesem Rahmen lassen sich nun verschiedene Deutungsmodelle erproben und erörtern. „,Die Terroristen unsere verirrten Brüder und Schwestern?‘ Ulrich schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht zu einem Ausdruck nicht nur der Ablehnung, sondern der Abscheu. ‚Glaubt ihr das auch?‘ Er sah in die Runde.” Margarete hingegen, die ein wenig abseits steht, denkt sich das Folgende: „Sie fand auch Jörg krank. Muss nicht krank sein, wer Leute umbringt, nicht aus Leidenschaft und Verzweiflung, sondern klaren Kopfs und kalten Bluts? (. . .) Nein, Margarete konnte nur das Mitgefühl haben, das man mit Kranken hat. War das zu wenig?” Jede These ist erlaubt, jede Frage zulässig, Hauptsache, die Politik bleibt draußen.
Natürlich weiß Schlink, der der routinierten Dramaturgie des Fernsehspiels folgt, dass man so viel Toleranz und Harmonie ein bisschen aufmischen muss, sonst schläft der Zuschauer ein. Dazu dienen ihm zwei Figuren, die mehr oder weniger uneingeladen auf die Szene stolpern. Da ist zum einen Marko, der junge Heißsporn, der Jörg als Aushängeschild des erneuerten Kampfs gewinnen will. Unter allen blassen Pflichtübungen dieses Buchs bleibt sein Auftritt die blasseste. Und zum anderen steht da plötzlich Jörgs Sohn, der sich unter der Maske eines Studenten der Kunstgeschichte eingeschlichen hat. Er will jetzt mit dem ewig abwesenden Papa abrechnen, erbittert und unerbittlich, was sich so anhört: „Du bist zur Wahrheit und zur Trauer so unfähig, wie die Nazis es waren. (. . .) Du hättest wissen können, was es heißt, Kind von Mördern zu sein, und bist Mörder-Vater geworden, mein Mörder-Vater.” Und als ob er mit dieser Besinnungsaufsatz-Prosa schon zu weit gegangen wäre, muss einer der Zeugen bei sich denken (denn was jeder so bei sich denkt, weiß Schlink immer ganz genau): „Es ist grausig (. . .) Der Sohn, der nicht seinen Schmerz, und der Vater, der nicht seine Hilflosigkeit zulässt.” Als Meisterin des Zulassens bewährt sich, kaum verwunderlich, die Bischöfin. Ihre Qualifikationen werden folgendermaßen gerühmt: Sie „fand, wenn sie in der Öffentlichkeit das Wort zu den Fragen der Zeit ergriff, den richtigen Ton und sah denen, die ihren Rat suchten, betroffen und anteilnehmend ins Gesicht.” Keine Geste kommt in diesem Buch so oft vor, wie dass jemand einem anderen den Arm um die Schulter legt. Es heißt: ich bin dir nah; aber auch: sei still. Trost und Entmündigung verfließen.
Reden wir vom Schweinesystem
Der unbehagliche Kern des Ganzen aber bleiben natürlich die Tötungsakte von damals; von ihnen muss in irgendeiner Weise die Rede sein. Schlink gibt den schwarzen Peter weiter, indem er Ilse, die Lehrerin, sich einfühlend als Laienschriftstellerin daran versuchen lässt. „Jan (ein anderer Terrorist) musste auf das Schweinesystem, die Ärsche aus Politik und Wirtschaft und die Scheißbullen schimpfen. Sie mochte so nicht schreiben. Aber wenn sie nicht schaffte, Jan wie einen Terroristen reden zu lassen, wie sollte sie schaffen, ihn morden zu lassen?” Ilses Scheitern ist also nicht dasjenige Schlinks, sondern ein Kunstmittel. Aber ein lustiger Anblick ist es doch, wie der Autor herumeiert, um ein Wort wie „Schweinesystem”, das er wegen seines schrillen Tons nicht mag, jedoch als zwingend genretypisch erkennt, trotzdem in sein Kammerstück zu integrieren.
Durch nichts gibt ein Autor so viel von sich preis wie durch das, was er als poetische Gerechtigkeit erachtet. Besagter Jan wird zwar nie gefasst, hat aber das Pech, sich am 11. September 2001 im World Trade Center aufzuhalten, wo er vor dem Einsturz noch versuchen darf, eine Sekretärin zu retten: So sühnt Schlink, im bürgerlichen Beruf Jurist. Und von Jörg stellt sich heraus, dass er Prostatakrebs hat und darum leider nicht mehr in der Lage ist, die Tochter seines alten Freundes Ulrich zu beglücken. Der alte Terrorist benötigt Windeln. Er ist im buchstäblichen Sinn zum Auslaufmodell geworden. Das, muss man sagen, ist schon ziemlich oberschäbig.
Auch diesem Buch wünscht man eine Sühne, eine, die dem enorm erfolgreichen Vorgängerwerk „Der Vorleser” schon widerfahren ist: Schullektüre soll es werden. Nur so kann es sich auf breiter Basis die gelangweilte Verachtung erwerben, die so viel Unaufrichtigkeit unter der falschen Flagge des guten Willens verdient.BURKHARD MÜLLER
BERNHARD SCHLINK: Das Wochenende. Roman. Diogenes Verlag, Zürich 2008. 225 Seiten, 18,90 Euro.
Der Chef der Berliner Treuhandanstalt Detlev Karsten Rohwedder wurde 1991 in seinem Düsseldorfer Haus durch die RAF erschossen Foto: dpa
Der Schriftsteller und Jurist Bernhard Schlink Foto: Plambeck/laif
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.03.2008

Ich weiß, was wir in diesem Frühling gelesen haben werden
What's hot, what's not in der schönsten Jahreszeit der deutschen Literatur?

Nach einer ersten Durchsicht der wichtigen, schönen, unterhaltsamen und missratenen deutschsprachigen Neuerscheinungen dieses Frühjahrs können wir allen Trendmeldungen des Jahres recht geben: Ja, die deutsche Literatur ist in diesem Frühjahr besonders politisch. Und die deutsche Literatur ist in diesem Frühjahr besonders romantisch. Sie ist selbstentblößend, penisfixiert, sexbesessen und tendenziell pornographisch. Und irgendwie auch körperlos. Die deutsche Literatur ist zurzeit ganz besonders aktuell und gegenwärtig. Und sie ist geschichtsversessen wie immer. In vielen Romanen kommen Nazis vor. In vielen auch nicht. Oft geht es um Pirmasens und die Ereignislosigkeit in der deutschen Provinz. Und dann wieder um den Völkermord in Ruanda, Unrecht in Birma und Gotteskrieger im Nordirak. Wenn man sich durch die deutschen Romane dieses Frühjahrs hindurchgelesen hat und sich fragt, was man da jetzt eigentlich gelesen hat, bleibt nur eine Antwort möglich: alles!

Und wenn man sich einen jungen Schriftsteller vorstellt, der jetzt, am Anfang seiner Karriere, sich umsieht und nach einer Themenlücke sucht - so wie am Ende der neunziger Jahre, als alle Welt den "Berlin-Roman" forderte und die Leser dann tatsächlich jahrelang mit Hauptstadtprosa junger Autoren beschossen wurden -, dann wird er jetzt lange suchen müssen. Es gibt keinen Ort, kein Thema, keine Weltsicht, die von den deutschsprachigen Schriftstellern der Saison nicht bedacht, beobachtet und beschrieben wird.

Zum Beispiel und zuallererst: die Liebe:

Trend I: Neue

deutsche Romantik

Auf dem Gebiet wird wirklich alles geboten. Martin Walser hat sich ja vorsichtshalber als Goethe verkleidet, weil man ihm nach den letzten Romanen immer wieder einen Hang zur "Altersgeilheit" vorgeworfen hatte. Also hat er sich jetzt die Goethe-Perücke aufgesetzt und der letzten Liebe des Weimarers hinterhergedichtet. Die billigen Vorwürfe des Volkes gegen den greisen Dichter, der der 54 Jahre jüngeren Ulrike von Levetzow verfallen war: "Skandal! Geschmacklosigkeit! Verruchter Lustgreis! Trauriges Ende einer großen Figur!" - all das lässt Walser-Goethe locker abperlen: "Alles, was mit Ulrike zusammenhing, beschwingte ihn." Den Leser ermüdet es ein wenig. Walser feuert sich immer wieder an: "Schreib's auf. Dir gab doch ein Gott zu sagen, wie du leidest. Was für ein elender Vorteil: Sich erschießen muss man können." Kann Goethe nicht. Goethe kann dichten. Und träumen bis zum Schluss: "Als er aufwachte, hatte er sein Teil in der Hand, und das war steif. Da wusste er, von wem er geträumt hatte." Der Leser weiß es auch und wendet sich dann lieber andren Liebesträumen zu. Zum Beispiel Feridun Zaimoglus neuem Roman "Liebesbrand", einer hochromantischen Himmelfahrt, die mit einem Busunglück beginnt (es ist noch nicht allzu lange her, dass die Zeitungen das Foto eines blassen Feridun Zaimoglu zeigten, der in der Türkei mit größtem Glück ein Busunglück überlebt hatte. So schnell geht das in der Literatur, von der Wirklichkeit in den Roman.) Im Angesicht des Todes erscheint ihm ein Engel aus Nienburg. Sie verschwindet, und der Held macht sich auf die Suche: "Wo bist du, Nienburgerin?" - das ist die Sehnsuchtsfrage dieses Buches, und wie traumsicher und poetisch Feridun Zaimoglu sich durch diese Sehnsucht schwingt, ist ganz herrlich zu lesen. Vielleicht kein neuer Quantensprung im Werk des türkischstämmigen Kielers, aber ein stilsicheres, schönes Buch über die Liebe als Versprechen.

Wer über die entschlossenste Verwirklichung aller Träume lesen will, muss in den 68er-Büchern der Saison lesen. Nicht in den immer gleichen Kampfschriften von Aly und den ungezählten Räubern, nein, in den Liebesschriften natürlich. Der unglaublichen Welttraum-Fibel der Zwillinge Gisela Getty und Jutta Winkelmann, die ihre lange Fahrt zu den Männern so beginnen: "Wir beschließen, mit freier Brust auf die Reise zu gehen." Bis sie schließlich nach hundert Liebesabenteuern endlich bei Bob Dylan enden. Und bei Rainer Langhans. Der die ganze Sache gleich aus eigener Sicht diktiert hat. Leider nicht ganz so ereignisreich wie die Zwillinge. Denn die lange Reise des Rainer Langhans führt zwar scheinbar auch ins Glück, aber eher in ein inneres Tantraglück, das sich sympathisch, aber auch ein wenig langweilig liest. Aber das Beste kommt eben erst noch im Leben des 68-Jährigen: "Irgendwas habe ich hier noch zu tun. Ich denke, dass ich es rausfinden werde." So endet es.

Und wir eilen schnell weiter durch die Bücher, die das schwule, sexuelle Erwachen in der westdeutschen Provinz beschreiben, wie es der ethnologische Körper- und Weltforscher Michael Roes in "Ich weiß nicht mehr die Nacht" rasant tut. Oder die Möglichkeiten der Liebe unter den Bedingungen eines versehrten Körpers, wie es Charlotte Roche in ihrem ersten Roman "Feuchtgebiete" beschreibt und darin dem Terror des normierten Frauenbildes entschlossen die totale Blöße entgegenhält. Und schließlich Helmut Krausser, der, nach jahrelangen Forschungen in den Puccini-Archiven der Welt, das geheime Liebesleben des Komponisten in einem Dokumentarroman vorstellt. Krausser erfindet starke Männerkraftprotzwörter den etwas zurückhaltenderen Schwärmereien Puccinis hinzu. Aber beide Stimmen zusammen, Puccini und Krausser, ergeben gemeinsam einen zeitgemäß-romantischen Musikroman.

Der natürlich gar nichts zu tun hat mit:

Trend II:

Der politische Roman

Das war dann allerdings ein bisschen peinlich, als der Roman auf die politische Wirklichkeit stieß. Die "Zeit" hatte den Autor Michael Kumpfmüller, der einen Roman über die Leiden eines deutschen Innenministers geschrieben hat, zum Interview mit dem tatsächlichen deutschen Innenminister Wolfgang Schäuble zusammengebracht. Und der griff gleich mal an: "Ich lese immer, was für einen aufregenden Job ein Innenminister hat. So stellt sich Klein Fritzchen das Leben mit Nachrichtendiensten, Verfassungsschutz und BKA vor. Auch in Ihrem Buch, Herr Kumpfmüller, ist der Innenminister eine Ansammlung von Klischees - um gleich die Kampfhandlungen zu eröffnen." Der Autor, so rabiat von der Wirklichkeit zurückgestoßen, verteidigt sich etwas bemüht: "Wenn es Herrn Schäuble nicht kränkt: Ich habe überhaupt nicht an Sie gedacht." Und dann - so schön wurde die Fiktion schon lange nicht mehr gegen die Wirklichkeit verteidigt, sagte Kumpfmüller: "Ich bin überrascht. Sie sprechen wie jemand, der nicht Innenminister ist." Ist das nicht wahnsinnig komisch? Der Innenminister-Romancier beschwert sich beim tatsächlichen Innenminister, dass der seiner Fiktion nicht entspricht. Es wird die Politik also noch etwas üben müssen - und lesen -, bis sie den Vorstellungen der deutschen Romanciers der Stunde entspricht.

Vom SPD-Fraktionschef Peter Struck hört man übrigens, dass er sich mit einer Stoppuhr neben den Fahrstuhl des Abgeordnetenhauses gestellt und die Zeit genommen habe, die dieser von oben nach unten brauche. 58 Sekunden heißt es im Roman des Berliner Bürochefs des "Spiegels" Dirk Kurbjuweit, der die heimliche Liebe des SPD-Fraktionschefs zum Gegenstand hat. Der Fahrstuhl ist der Ort der rasanten Liebesbegegnungen. 58 Sekunden hat Struck gestoppt. Er ist zufrieden mit dem Wirklichkeitscheck. Und auch jenseits exakter Sekundenmessungen ist Kurbjuweit ein unglaublich präziser Gegenwartsroman aus der Koalitionswelt der Sozialstaatsbeschneidungen gelungen.

An den Orten der Auswirkungen jener Einschnitte tummelt sich der ostdeutsche Schriftsteller Clemens Meyer, der vor zwei Jahren mit dem Leipziger Straßenroman "Als wir träumten" spektakulär auf die Bühne der deutschen Literatur gesprungen war. Jetzt hat er Geschichten geschrieben. Geschichten aus einer dunklen Welt, in der die Menschen täglich kämpfen müssen, um überhaupt irgendwie auf den Beinen zu bleiben. In der eine unbezahlbare Operation des Hüftgelenkes eines geliebten Hundes das Ende aller Lebensträume bedeutet. Und manchmal bricht etwas Glück hinein in die Welt der Überlebenskämpfer. Es bricht hinein als Ahnung einer anderen Möglichkeit, eines Endes aller Kämpfe. Und verdunkelt sich immer wieder. Politik wird hier erlitten, nicht als Möglichkeit einer Verbesserung bedacht. Lange schon, von keinem mehr.

Das war einmal. Und zwar dort:

Trend III: Geschichte

Das ist und bleibt letztlich Großmeistersache. Wie leichtfüßig und geschichtsgewiss, poetisch und weise Hans Magnus Enzensberger da in seinem Anfang des Jahres erschienenen Buch "Hammerstein oder der Eigensinn" die Geschichte jener Hammersteins als unaufdringliche Heldengeschichte erzählt, das kann wohl im Moment nur er. Es ist diese angenehme Mischung aus Quellenkenntnis und Phantasie, die sich vor allem in den Gesprächen des Autors mit den Toten zeigt, die die Geschichte so wahr oder zumindest so wahrscheinlich macht. Und die Freiheit des Autors, den Blick in der Mitte des Buches von dem Familienpatriarchen und Hitler-Widersteher, dem General Hammerstein, ab- und seinen Töchtern zuzuwenden, die auf so unterschiedliche Weise politische Träume zu verwirklichen suchten.

Das Gegenteil von historischer Wahrscheinlichkeit liefert erneut unser Geschichtskitschkönig Bernhard Schlink, der einen begnadigten RAF-Terroristen auf ein Wochenende mit alten Polittraumgefährten schickt. Was da so geredet wird, ist selbst als Parodie eines Poesiealbums verlogener Kampfesträume zu schablonenhaft.

Besser gelingt das Jenny Erpenbeck, die mit der Geschichte eines Hauses am Scharmützelsee, in dem einst ihre Großeltern lebten, die Geschichte eines ganzen deutschen Jahrhunderts erzählt. Erpenbeck weitet nicht den Blick auf das große Ganze, sondern erzielt den gleichen Effekt durch mikroskopische Verkleinerung der Welt und der Sprache, die sie beschreibt. Vorkrieg, Nazizeit, DDR und Nachwendezeit, alles hat in exemplarischen Episoden in diesem Haus eine Entsprechung gefunden. In einer blassen, feinen Sprache wie aus Porzellan nähert sich Erpenbeck den Bewohnern und ihren Schicksalen. Alles ist kalt und klein und auf Dauer leider auch etwas leblos.

Auch Marcel Beyer, Autor des großartigen historischen Romans "Flughunde", wagt den großen, die Jahrzehnte überfliegenden Geschichtsroman über die Flucht am Ende des Zweiten Weltkriegs von Posen nach Dresden, die Zerstörung der Stadt, den Wiederaufbau und die Aufstände gegen das neue Regime. Alles hinter der Folie eines Vogelforscherlebens. Auf den ersten Blick lässt sich das Zwingende dieser Konstruktion nicht recht erkennen. Aber es ist eine Geschichte, die lebt. Eine Geschichte auch gegen das Verplaudern der Dramatik historischer Ereignisse, wie die des 17. Juni 1953, durch Anekdötchen und Privaterinnerungen: "Das halte ich nicht aus. Etwas Obszönes, und zugleich etwas Verzweifeltes, diese in Plauderton gekleidete Verbissenheit, als könne man, indem man von früher erzählt, selber unschuldig werden", lässt Beyer eine Protagonistin klagen. Und lässt sie stattdessen lieber Proust lesen.

Und wir reisen weiter zu:

Trend IV:

Krieg der Welten

Das hatte man in den letzten Jahren wohl am lautesten von der deutschsprachigen Literatur gefordert. Sie möge nicht zu Hause beim Tee sitzen und die eigene Melancholie beschreiben (Ja, wo sind sie denn in diesem Frühjahr? Die Teebücher der traurigen Erwartung? Vielleicht ist das ja der wahre Trend des Jahres: keine Teebücher mehr!), sondern hinaus in die Welt zu gehen. Dorthin, wo es weh tut, wo das Leben ist, das Elend und der Krieg. Wurde gemacht. Der Schweizer Dramatiker Lukas Bärfuss hat einen Roman über den Völkermord in Ruanda geschrieben. Aus der Perspektive eines Entwicklungshelfers, der blieb, während alle anderen gingen. Ein Roman, in dem das dramatische Geschehen allerdings sonderbar fern und distanziert und schemenhaft bleibt und man sich beim Lesen immer wieder doch eher eine richtige Reportage wünscht.

Da hat die vierunddreißigjährige Erzählerin Christiane Neudecker in ihrem Birma-Buch "Nirgendwo sonst" genauer hingeschaut. Es ist ein Buch, das Jahre vor der brutalen Niederschlagung der Demonstrationen im vergangenen Jahr spielt. Neudecker war im Jahr 2003 für längere Zeit im Land. Und hat die Vorahnung eines Auseinanderberstens des Staates eingefangen, den Wahnsinn der totalen Unterdrückung, die Angst der Machthaber, die Angst der Bevölkerung vor Kontakt mit der Welt dort draußen, mit Menschen von dort draußen, der ihnen verboten ist. Ein Lehrer zählt jeden Morgen seine Schüler, aus Angst, es könnte wieder einer verschwunden sein über Nacht, von den Machthabern gestohlen, eingezogen in die große Armee der 60 000 Kinder. Neudecker erzählt staunend, ruhig und genau: "Burma ist anders. Noch nie habe ich so ein Land gesehen. Nichts stimmt überein."

Und dann ist da noch der Roman "Das dunkle Schiff" des Berliner Autors Sherko Fatah. Fatah, dessen Vater aus dem Nordirak stammt und der selbst 1964 in Ost-Berlin geboren wurde, erzählt die Geschichte eines Jungen, der unter die Gotteskrieger gerät. Zunächst kämpft er nur mit halbem Herzen, schließlich aus voller Überzeugung, dann entschließt er sich zur Flucht und wird am Ende doch von der Konsequenz seines Kampfes eingeholt. Es ist eine phantastische Reise in ein Land, über das man aus den Tagesnachrichten alles zu wissen glaubt und eigentlich gar nichts weiß. Es ist ein Roman, der, über alle Irakkriege hinweg, mit kühlem Blick ins Herz des Extremismus schaut. "Mit dem Krieg hatte er von früher Kindheit an gelebt; der erste hatte vor seiner Geburt begonnen." Viele weitere werden folgen. Der Krieg ist das Leben dieses Jungen, da kommt der Hass fast von selbst. Sherko Fatahs Roman ist eine der Entdeckungen dieses Frühjahrs.

In einem Frühjahr, in dem es nichts zu klagen gibt, nichts zu fordern. Sondern einfach nur zu lesen.

VOLKER WEIDERMANN

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ganz kann sich Richard Kämmerlings nicht zu einem Totalverriss dieses jüngsten Romans des Rechtsprofessors Bernhard Schlink durchringen. Nahe dran ist er aber schon. Er beklagt, dass hier mit den Mitteln der - wenn auch "gehobenen" - "Unterhaltungsliteratur" ein ernstes Thema verhandelt wird. In der arg abgedroschenen Form eines Familien-Kammerspiels arbeitet Schlink, so der Rezensent, jüngst vergangene Terrorismusdiskussionen auf. Der noch immer linksradikale Ex-Terrorist Jörg kehrt, anders als Christian Klar vom Präsidenten begnadigt, aus dem Gefängnis in die Gesellschaft zurück. Die aber ist zu einer Familienfeier versammelt. Es hagelt Vorwürfe von mehreren Seiten, es wird über Schuld, die über die Generationen vererbt wird, diskutiert. In diesen Diskussionen und in den in ihnen entwickelten Thesen liegt für Kämmerlings offenkundig die spannende Seite des Romans - nur dass Schlink das alles in seinem Essay "Vergeben und Versöhnen" schon schlüssiger entwickelt hat. Und wenn er dann auf das versöhnungsfreudige Ende sieht, dann vergeht dem Rezensenten die Lust noch am leisesten Lob. Das nämlich habe nicht mehr zu bieten als "den Kitsch eines ökumenischen Bußgottesdienstes".

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