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There it was, hanging in the sky above the school: the blazing green skull with a serpent tongue, the mark Death Eaters left behind whenever they had entered a building . wherever they had murdered .When Dumbledore arrives at Privet Drive one summer night to collect Harry Potter, his wand hand is blackened and shrivelled, but he does not reveal why. Secrets and suspicion are spreading through the wizarding world and Hogwarts itself is not safe. Harry is convinced that Malfoy bears the Dark Mark: there is a Death Eater amongst them. Harry will need powerful magic and true friends as he explores…mehr

Produktbeschreibung
There it was, hanging in the sky above the school: the blazing green skull with a serpent tongue, the mark Death Eaters left behind whenever they had entered a building . wherever they had murdered .When Dumbledore arrives at Privet Drive one summer night to collect Harry Potter, his wand hand is blackened and shrivelled, but he does not reveal why. Secrets and suspicion are spreading through the wizarding world and Hogwarts itself is not safe. Harry is convinced that Malfoy bears the Dark Mark: there is a Death Eater amongst them. Harry will need powerful magic and true friends as he explores Voldemort's darkest secrets, and Dumbledore prepares him to face his destiny ...This gift edition hardback, presented in a beautiful foiled slipcase decorated with brand new line art by Jonny Duddle, will delight readers as they follow Harry through the penultimate instalment of his adventures at Hogwarts School of Witchcraft and Wizardry.
Autorenporträt
J.K. Rowling
Rezensionen
I've yet to meet a ten-year-old who hasn't been entranced by its witty, complex plot and the character of the eponymous Harry Independent

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.2005

Seele in sieben Portionen
Dreizehn Exemplare in der Sekunde: Der neue "Harry Potter"

LONDON, 17. Juli

Das letzte Wort des letzten Bandes sei "scar", Narbe, hat J. K. Rowling einmal verlauten lassen. Es ist keineswegs ausgemacht, daß es sich dabei allein um jenes Mal handeln wird, das ihr Held Harry Potter in Form eines Blitzes auf der Stirn trägt. Möglicherweise wird "Harry Potter" noch ganz andere Narben hinterlassen.

Am Freitag nachmittag ist die Lektüre in der ungewohnt leeren Londoner U-Bahn noch geprägt von den Ereignissen der vorangegangenen Woche. Eine junge Frau hat sich in ein schwarzes Penguin-Taschenbuch vertieft, auf dem in weißen Lettern der Titel "On Forgetting" prangt. Der Autor: Sigmund Freud. Die meisten Mitfahrenden lesen Zeitung, wo an ein Vergessen der Anschläge nicht zu denken ist. Der Minutenschlaf, der sonst so gern in der U-Bahn gehalten wird, ist trotz der ermüdenden Hitze nicht zu beobachten. Statt dessen wird jeder zusteigende Fahrgast durchdringend gemustert.

Am Tag darauf hat sich das Bild gewandelt. Diejenigen, die gerade nicht die neuesten Nachrichten lesen, widmen sich in der Mehrzahl vor allem einem Buch: "Harry Potter and the Half-Blood Prince", teils im vertraut grünblauen Gewand der Jugendbuchaufmachung oder in der dunklen Umschlagversion mit Thrilleranmutung, die manche erwachsene Leser bevorzugen. Die Aufregung aber um den neuen "Harry Potter" war verhalten. Nicht nur in Großbritannien war schon vor dem eigentlichen Erscheinen an diesem Samstag Ermüdung zu spüren gewesen. Zu gut kennt man inzwischen die erbitterten Preisschlachten, die auch diesmal unweigerlich ausbrachen (F.A.Z. vom 9. Juli), und die Marketinghysterie des Bloomsbury-Verlags (F.A.Z. vom 12. Juli). Die Traditionsbuchhandlung Hatchard's will zwar am Samstagmorgen bereits um acht statt wie sonst um zehn Uhr die Pforten öffnen, bleibt jedoch um Mitternacht geschlossen. Den Nachtverkauf am Piccadilly Circus hat Waterstone's übernommen, deren sämtliche Läden um null Uhr mit dem Verkauf beginnen werden, doch auch hier ist außer einigen Plakaten kein Aufwand für den sicheren Bestseller betrieben worden. In der Schlange vor der Filiale in Notting Hill hält sich die Spannung selbst unmittelbar nach Verkaufsbeginn in Grenzen. Es scheint, als folgten die gut hundert Menschen, die hier noch um ein Uhr nachts anstehen, eher dem Gesetz der Serie als der Neugier. Ob die Buchmacher recht behalten werden mit ihrer Prognose, daß Harrys Mentor, der Zauberer Albus Dumbledore, sterben wird, bewegt in diesen Minuten offenbar niemanden.

Eine Harry-Potter-Party bringt nicht viel, da die meisten nicht feiern, sondern lesen wollen - Kostümfeste, wie sie aus den Vereinigten Staaten zuhauf gemeldet werden, gelten den Londonern als überflüssiges Brimborium. Wem der Band mit 11,99 Pfund bei Waterstone's zu teuer und das Warten zu langweilig ist, bekommt ihn um die Ecke bei Books Etc. für zehn Pfund sozusagen im Vorbeigehen in die Hand gedrückt. Andere gedulden sich lieber bis zum nächsten Morgen und nehmen dann das 607 Seiten starke Werk beim Wochenendeinkauf mit: Bei den Supermärkten Tesco und Sainsbury's schlägt der neue Potter mit 7,97 respektive 8,99 Pfund zu Buche. So oder so soll J. K. Rowling allein am ersten Verkaufstag vierzig Millionen Pfund an ihrem neuesten Werk verdient haben.

Wieder haben sich also einige neue Superlative zu den früheren Rekorden gesellt, welche die Romanserie, von der sich bereits vor 0.01 Uhr am 16. Juli 270 Millionen Exemplare in 62 Sprachen verkauft haben, aufgestellt hat. Die neueste Lieferung fand schon in den ersten vierundzwanzig Stunden weltweit gut zehn Millionen Käufer; allein in Großbritannien sollen dreizehn Exemplare pro Sekunde über den Ladentisch gegangen sein. Damit nicht genug: "Harry Potter and the Half-Blood Prince" ist der erste Roman, der in England zugleich in Blindenschrift veröffentlicht wurde. Die deutsche, preisgebundene Ausgabe ist für den 1. Oktober angekündigt.

Für den treuen und begeisterungswilligen "Harry Potter"-Leser jedoch zählen weder Auflagenzahlen noch Preisgefälle, sondern einzig das Buch. J. K. Rowling hat ihre Anhänger noch mit jedem Band überrascht, denn ihre große Kunst liegt darin, Spuren auszulegen, die oft erst viel später, aber mit Sicherheit auf unerwartete Weise wieder aufgenommen werden. Teil sechs jedoch wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Zum Teil liegt es daran, daß "Harry Potter und der Halbblut-Prinz" im Gesamtzusammenhang die so schwierige wie undankbare Aufgabe zukommt, all das, was bisher geschah, zusammenzufassen und zugleich das Fundament für den siebten und letzten Band zu bereiten. Doch nachdem schon Teil fünf, "Harry Potter und der Orden des Phönix", mehr der Ankündigung des eigentlichen Kampfes gegen das von Lord Voldemort personifizierte Böse diente als dem Vorantreiben der Handlung, tritt dieser Band nun regelrecht auf der Stelle.

Der gigantische Erfolg der "Harry Potter"-Bücher, ebenso wie die anhaltende Faszination etwa von Tolkiens "Herr der Ringe", der "Narnia Chronicles" von C. S. Lewis oder der "Dark Materials"-Trilogie von Philip Pullman, deren Anhängerschaft sich ebenfalls von der Jugendkultur auf die erwachsenen Leser ausdehnte, rührt aus der Sehnsucht vieler Menschen, der Gegenwart zu entfliehen, sich in völlig fremde Welt versetzen zu lassen. Diese Tendenz zum Eskapismus und die lesende Lust an kindlicher Regression zeigte sich in England und Deutschland bereits in den nationalen Lieblingsbüchern. Das Bedürfnis danach, sich in Hobbithäusern und Kleiderschränken zu verkriechen, wo der kreischende Lärm der Moderne nur gedämpft zu vernehmen ist, wird indes ausgerechnet von "Harry Potter" immer weniger gestillt.

Denn J. K. Rowling bohrt zusehends Löcher in ihre zu Beginn so hermetische und gerade deshalb überzeugende Zauberwelt. In "Harry Potter und der Orden des Phönix" machte sich diese Tendenz vor allem zum Ende hin ungut bemerkbar; diesmal bildet sie den Auftakt: Der englische Premierminister bekommt Besuch vom seinem Kollegen, dem Zaubereiminister, der ihn von Voldemorts neuerlichem Machtgewinn in Kenntnis setzt und zur Zusammenarbeit gegen die Kräfte der Bösen auffordert. Der Krieg gegen den Terror hat auch hier längst begonnen, und auch in dieser Welt ist man uneins über die Wahl der Mittel. Der mittlerweile sechzehnjährige Harry nimmt sein Schicksal, gegen das er sich zuvor wehrte, auf sich. Nicht mehr nur der "Daily Prophet", die Zeitung der magischen Zirkel, und die Schülerschaft im Zauberinternat Hogwarts, sondern auch Harry selbst nimmt seine Rolle als Auserwählter endlich an. Das letzte der symbolträchtigen sieben Jahre, soviel ist am Ende dieses sechsten Bandes klar, wird er nicht in Hogwarts verbringen. Die Konfrontation mit dem Erzfeind Voldemort, den er allein vernichten kann, wird an einem neuen Schauplatz stattfinden müssen: Wie es zu dieser, für "Harry Potter"-Leser nicht eben überraschenden Entwicklung kommt, erzählt das Buch.

Gewidmet hat J. K. Rowling das Werk, den "Zwilling aus Tinte und Papier", ihrer zweiten Tochter Mackenzie, geboren zu Beginn dieses Jahres. Die starken Gefühle der Schwangerschaft sind in die Handlung eingeflossen: Nicht allein die pubertierenden Schüler, die sich allenthalben küssend in den Armen oder kabbelnd in den Ohren liegen, hat ein hormoneller Überschwang erfaßt. So kommt Ron endlich auf seine Knutschkosten, während Harry mit seiner einstigen Flamme Cho Chang das ganze Buch über kein Wort wechselt, sondern sich statt dessen nach einer früheren Verehrerin verzehrt. Das aufwallende Gefühlsleben sorgt für nachlassenden sportlichen Ehrgeiz; zwar ist Harry nun Kapitän des Quidditch-Teams, aber verglichen mit den anderen Bänden, kommt der beliebte Zaubersport diesmal ziemlich kurz. Überhaupt fehlen viele der liebenswerten Skurrilitäten, die man aus früheren Büchern kennt und schätzt. Die helfenden Elfen haben nur Kurzauftritte. Auch die magischen Kreaturen, die stets zur zauberischen Atmosphäre beitrugen, all die Einhörner und Kentauren, die Drachen des Wildhüters Hagrid und die Tiere des Verbotenen Waldes, selbst Voldemorts Schlange Nagini oder die Gartengnome der Weasleys, tauchen nicht auf. Der Hippogreif Buckbeak wird unter dem Decknamen Witherwings bei Hagrid vertäut und vergessen. Der Spinnenchef Aragog stirbt, und Harrys Eule Hedwig und Dumbledores Phönix Fawkes flattern nur kurz durch die Szenerie.

Wo Joanne K. Rowling sonst in bester britischer Whodunnit-Manier alle Fäden auf den letzten hundert Seiten zusammenführt, ähnelt Harrys Geschichte diesmal eher einem Bildungsroman als einer Detektivgeschichte. Zwar ist das Finale auch dieses Mal durchaus fesselnd, für Tüftler jedoch absolut unbefriedigend. Endlich erfahren wir, warum der große Zauberer Dumbledore dem Zaubertrank-Lehrer Severus Snape trotz dessen früherer Dienste für Voldemort stets vertraut hat - und sind erschrocken über die fadenscheinige Begründung; Harrys Mitschüler und Widersacher Draco Malfoy besinnt sich unvermittelt seiner nicht durch und durch schlechten Charaktereigenschaften; und die Mitglieder des Phönixordens, um die im vorangegangenen Band so ein Aufhebens gemacht wurde, wirken lediglich wie Staffage.

Auch die vielen finsteren Gestalten, die Voldemort seiner Armee von Todesessern hinzugefügt haben soll, treten einstweilen nicht auf. Überhaupt herrscht ein ständiges, nicht immer überzeugendes Kommen und Gehen der Figuren. Harrys Zieheltern, die gräßlichen Dursleys, haben selbst als Ferienheim fast ganz ausgedient. Der Schulkamerad und Freund Neville Longbottom taucht ebenfalls nur am Rande auf. Die auffallendste Fehlstelle jedoch bildet das Böse selbst: Zum ersten Mal hat Voldemort keinen Auftritt. Aber immerhin erfahren wir den perfiden Grund seiner Unsterblichkeit: Er hat seine Seele sieben Mal geteilt.

J. K. Rowling, die das Prinzip der Vorausdeutung sonst so glänzend und imponierend beherrscht, wird nun all ihre Fähigkeiten zusammennehmen müssen, damit die Serie nicht am Schluß einfach verpufft. Denn während zuvor jeder Band die Geschichte Harry Potters nicht nur fortschrieb, sondern auch immer weiter in seine Vergangenheit hineinleuchtete, beschäftigt sie sich diesmal vor allem mit der Herkunft seines Gegenspielers Voldemort.

"Harry Potter and the Half-Blood Prince" trägt seine Schwäche schon im Titel: Es ist das halbherzigste Buch der Serie, und es scheint, als sei die Vollblutschriftstellerin diesmal nur mit halbem Eifer bei der Sache gewesen. J. K. Rowling muß für den letzten Band zu ihrer früheren Form zurückfinden. Andernfalls wird die größte Narbe nicht Harry, sondern ihre enttäuschte Leserschaft davontragen.

FELICITAS VON LOVENBERG

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main KTX: J.K. Rowlings sechste Lieferung von "Harry Potter" hat sich allein in den ersten vierundzwanzig Stunden weltweit gut zehn Millionen Mal verkauft. Die Lektüre zeigt: Der Held wird erwachsener, aber auch langweiliger.
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.07.2005

Der Menschensohn
Ein Opfer der verschobenen Zeit: Der sechste Band von Harry Potter
Zwei hohe Säulen, auf denen geflügelte Wildschweine stehen, in Stein gehauen, scheinen den Aufgang zu der gotischen Burg im Norden Großbritanniens zu bewachen, als die wir uns das Internat von Hogwarts vorstellen müssen. Tatsächlich aber geht es auf dem Weg zu dieser Festung der Kinder zu wie auf dem Flughafen Heathrow: Alle eintreffenden und abgehenden Verkehrsmittel werden überwacht, es existieren Passagierlisten, Flugverbote werden verhängt, die Reisenden mit avanciertem Gerät durchsucht und durchleuchtet - und dass es bei diesen Kontrollen nicht um Taschenmesser und Sprengstoff geht, sondern um Zaubersprüche, Bannflüche und allerhand Hexenkram, ist ein zunehmend marginaler Unterschied zwischen literarischer Phantasie und empirischer Wirklichkeit. Denn es herrscht Krieg im Reich der Zauberer, und Krieg ist Krieg, auch wenn er mit magischen Waffen und Gespenstertruppen ausgetragen wird.
Der Klassenkampf
An diesem Wochenende ist, schon wieder zur maßlosen Aufregung der halben Welt, der sechste Band von Joanne K. Rowlings Romanserie vom Zauberlehrling Harry Potter erschienen („Harry Potter and the Half-Blood Prince”, London, Bloomsbury Publishers 2005). Auch er wird gelesen wie die jüngsten Bücher aus dieser Reihe - Millionen von Kindern und Erwachsenen stürzen sich auf dieses Buch, brennend vor Neugier, wie es weitergehen wird mit dem nunmehr sechzehnjährigen Helden, mit seinen Freunden, Lehrern, Feinden. Doch wenn erst einmal bekannt ist, wer von ihnen das Ende dieser sechshundert Seiten nicht erleben wird, sinkt die Erregung. Und wenn dieses Mal die Fieberkurve mit dem Erscheinen des Buches besonders steil und hoch ausgefallen ist, dann nur, das sei vorhergesagt, um schneller noch als je zuvor abzuebben. Denn der sechste Band hat nicht den Reiz seiner Vorgänger, er besteht zu einem großen Teil aus sachlichen und dramaturgischen Vorbereitungen auf das Finale, auf das siebte Buch. Es ist ein langes, überlanges Exerzitium, ein aus den Fugen geratenes Beibuch, unterbrochen vor allem vom hilflosen Gefummel, Geschmuse und von den Eifersüchteleien der pubertierenden Jugend.
So rächt sich, dass dieses Werk so groß, so welt- und epochenumspannend angelegt ist. Als der erste Band erschien, im Jahr 1997, nicht einmal zweihundert Seiten stark, da zog Harry Potter, das von seinen Stiefeltern misshandelte Waisenkind, aus in eine romantische Gegen- und Nebenwelt. In den folgenden Bänden entfaltete sich das Abenteuer, wurde stark, farbig und immer erwachsener. Im fünften Buch schließlich wurde überdeutlich, was das Werk bis dahin vorangetrieben hatte: ein Kampf zwischen Rassen und Klassen. Denn eine scharfe Linie trennt die Zauberer, die Aristokraten dieses auf einmal gar nicht mehr so phantastischen literarischen Universums, von den „Muggles”, den „Schlammblütlern”, den gewöhnlichen Sterblichen. Und Harry Potter, dem Mischling, dem Bastard, dem zu den Menschen herabgestiegenen Überirdischen, kommt die Aufgabe zu, diesen Kampf zu einem Ende zu bringen. Er ist „the chosen one”, der Erwählte, der Einzige. Kurz: der Erlöser.
Diese Erkenntnis zu vermitteln ist die Aufgabe des sechsten Bandes. Aber auf dem Weg dorthin knarzt und ächzt die Konstruktion in allen Fugen. Zu viel Zeit ist vergangen, seitdem der erste Band erschien, acht Jahre sind zu lang für ein solches Werk. Denn mindestens zwei Jahre vergehen für die Leser, während Harry Potter nur eines erlebt. Das so entstehende Parallelogramm wird schief und schiefer. Die historische Zeit drängt in den Roman. Sie unterwirft, was doch ein einziger, magischer Entwurf hätte sein sollen, dem Vergleich mit der Wirklichkeit und zerstört so die literarische Gegenwart. Um wie viel besser wäre es gewesen, hätte Harry Potter nur ein einziges, wunderbares, endlos langes Schuljahr zur Verfügung gestanden. Nun müssen die Zauberlehrlinge über Dutzende von Seiten in den Ecken stehen und knutschen. „Snogging” heißt das bei Joanne K. Rowling, und eher als dass dieses Wort eine zärtliche Anteilnahme an den Sorgen und Mühen der Protagonisten verriete, offenbart es, wie sehr dieses Projekt auch seiner Autorin zum Problem und zur Last geworden ist. Denn „snogging” ist eine Vokabel aus der Umgangssprache der fünfziger und sechziger Jahre - ein mitleidlos sachlicher Ausdruck für die ersten Begegnungen mit der Sexualität.
Und mehr noch: Hatten die ersten Bände auch von der Phantasie des Zauberns gelebt, vom kindlichen Traum, sich mit magischen Mitteln gegen die Übermacht des Wirklichen durchsetzen zu können, so erscheint der Reiz der Magie im sechsten Band als reichlich abgenutzt: „Impedimenta”, „Sectumsempra”, „Muffliato” - wer will das alles noch so genau wissen? Statt dessen beschreibt die Autorin die inneren Auseinandersetzungen im Reich der Zauberer als im wesentlichen hochmittelalterliche Veranstaltungen: Da gibt es auf der einen Seite die guten Zauberer von reiner Rasse - einen Uradel, der seine humanitären Ideale so ernst nimmt, dass er auf seine Privilegien zu verzichten bereit ist und mit den zur Zauberei fähigen Abkömmlingen der „Schlammblütler” gemeinsame Sache macht. Lord Dumbledore, der Leiter des Internats von Hogwarts, ist die Leitgestalt dieser Fraktion. Da gibt es auf der anderen Seite die bösen Zauberer von reiner Rasse - die Adelsgesellschaft also, die auf den quantitativen Abschluss ihrer Gruppe, auf den biologistisch vermittelten Ehrenkodex bedacht ist. Dass Lord Voldemort, der dunkle Herrscher, sich ihrer Anhängerschaft gewiss sein kann, obwohl er selbst ein Bastard ist, liegt in der Natur der Sache: Denn das bloße Beharren auf dem Standesprivileg ist unpolitisch. Hier aber soll es um Gewalt über die anderen gehen.
Das klingt nicht nur - das ist kompliziert. Und auch diese Komplexität ist eine Folge der zunehmenden Verschiebung im Parallelogramm zwischen der Zeit, die in diesem Werk, und der Zeit, die für Autorin und Leser vergeht. Die ursprüngliche Sehnsucht nach Erlösung durch eine geistige Elite ist, bedingt durch den Zwang der Serie, durch den Druck des öffentlichen Interesses, durch allgegenwärtige Überinterpretation, einem beschleunigten Altern unterworfen. Deshalb stapeln sich nun die Motive zu einem nur noch schwer zu überblickenden Haufen - auf den Rassismus folgt unmittelbar die Kritik am Rassismus, auf die Apologie des Bastards die Kritik des Bastards, auf den Traum vom Zauberreich dessen Übergriffe auf die empirische Welt, was den Auftritt eines fiktiven britischen Premierministers gleich zu Beginn des Buches einschließt. Und weil sich die Autorin ihrer zunehmend bedrängten Lage bewusst ist, versucht sie aufzuräumen: Weshalb die Vorgeschichten, die nachgereichten Genealogien, das nachholende Fundamentieren im sechsten Buch eine so große und zähe Rolle spielen. Und weshalb sie am Ende Zuflucht in einem Motiv sucht, das ebenso trivial ist wie es die ganze phantastische, am Anfang noch mit so viel Liebe ausgestaltete Zauberwelt entwertet: darin nämlich, dass die „Liebe” größer seiner soll als alle Magie.
Die Tragik des Erlösers
Am Ende hat Joanne K. Rawling immerhin eines geschafft: Die Front steht. Die Guten und die Bösen sind identifiziert, der „Halbblutprinz” trägt einen bürgerlichen Namen, die Ideologien und ihre Begründungen hinlänglich bekannt. Die Väter und Patrone sind gestorben, die Schule, diese ebenso positive wie kalte Utopie wider den Rest der Welt, diese Insel Felsenburg eines britischen Humanismus, ist keine Festung mehr. Die Schlacht kann und muss beginnen, Macht gegen Macht, Mann gegen Mann, Bastard gegen Bastard. Harry Potter wird, das ist gewiss, in diesem Kampf auf irgendeine Weise siegen, wie groß das von ihm zu leistende Opfer auch sein und so stark die Aristokratie der Zauberer dadurch auch zerstört werden wird. Die ganze Tragik, die in dieser Erlösergestalt angelegt ist, wird die Autorin ihrem Publikum nicht zumuten wollen. Sie wird einen Kompromiss finden oder schon gefunden haben. Doch eigentlich rennt Harry Potter seinem Heldentod schon lange hinterher.
THOMAS STEINFELD
Auch mit dem neuen Harry Potter haben Buchhändler alle Hände voll zu tun
Foto: Reuters
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