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Für jeden gebildeten Menschen im 18. Jahrhundert war die Italienreise die Vollendung seiner Bildung und zugleich Initiationsritual. Goethe war siebenunddreißig, als er sich den Lebenstraum endlich erfüllte. Als er zurückkehrte, waren sein Sehen, sein Schreiben, seine ganze Person von Grund auf verwandelt. In einem großen erzählerischen Bogen schildert Miller Goethes Reise und bietet dem Leser zugleich reiche Wissensexkurse: zu den berühmten Landschaftsmalern, denen Goethe begegnete, zur Antike und zur Renaissance, zur frühen Goethe-Dichtung und zu seinem späteren Schreiben. An den Römischen…mehr

Produktbeschreibung
Für jeden gebildeten Menschen im 18. Jahrhundert war die Italienreise die Vollendung seiner Bildung und zugleich Initiationsritual. Goethe war siebenunddreißig, als er sich den Lebenstraum endlich erfüllte. Als er zurückkehrte, waren sein Sehen, sein Schreiben, seine ganze Person von Grund auf verwandelt. In einem großen erzählerischen Bogen schildert Miller Goethes Reise und bietet dem Leser zugleich reiche Wissensexkurse: zu den berühmten Landschaftsmalern, denen Goethe begegnete, zur Antike und zur Renaissance, zur frühen Goethe-Dichtung und zu seinem späteren Schreiben. An den Römischen Elegien und Venezianischen Epigrammen demonstriert Miller, wie sich das tief
greifende Italien-Erlebnis in Goethes Dichtung eingeschrieben hat. Die Bebilderung liefert das Anschauungsmaterial: zeitgenössische Veduten, Gemälde und Zeichnungen der befreundeten Maler von Tischbein über Hackert und Kniep bis zu Angelika Kauffmann und von Goethe selbst. Ein Buch für jeden, der Italien liebt oder auf Suche nach einem originellen und doch fundierten Zugang ist.

Autorenporträt
Norbert Miller, geboren 1937 in München, studierte Literatur- und Musikwissenschaft sowie Kunstgeschichte in Frankfurt/ Main und Berlin. Von 1962 bis 1965 war er als Assistent an der Universität Frankfurt/Main tätig. Ab 1973 hatte Müller ein Ordinariat für Vergleichende Literaturwissenschaft an der TU Berlin inne, bis 2004 war er geschäftsführender Direktor des Philosophie, Literatur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte. Seit 2006 ist er emeritiert. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift Sprache im technischen Zeitalter und der Münchner Ausgabe der Werke Goethes. Als Autor veröffentlichte er u.a. 2002 Der Wanderer. Goethe in Italien, 2009 Die ungeheure Gewalt der Musik. Goethe und seine Komponisten und zuletzt 2012 Fonthill-Abbey. Die dunkle Welt des William Beckford.  
Rezensionen
Der Traum von Italien
Goethe, lasziv ausgestreckt auf antiken Ruinen mit einem dandyhaften Hut auf dem Kopf, im Hintergrund die italienische Campagna. Wer kennt es nicht, das Gemälde von Wilhelm Tischbein: Das Bild als Ausdruck des Selbstverständnisses deutscher Intellektueller in ihrem Verhältnis zu Italien. Die Verherrlichung der Landschaft und der Kultur Italiens stehen dabei in scharfem Kontrast zum selbstbewussten und sich trotz aller Bewunderung überlegen fühlenden deutschen Reisenden.
Als Johann Wolfgang von Goethe sich den Traum einer Italienfahrt erfüllte, war er bereits 37. Die Erlebnisse dieser Fahrt, die im 18. Jahrhundert als Vollendung der Geistes- und Herzensbildung galt, schrieb er nieder in seiner Italienischen Reise. Das Buch galt lange als das Reisebuch überhaupt und ist noch immer eine der bedeutendsten Autobiographien.
Die Italienische Reise: Norbert Millers Der Wanderer hat nun die Biographie dieses Werks und seiner Wirkungsgeschichte geschrieben. Der Leser dankt es ihm, denn Millers Buch ist ein kleines Meisterwerk. Eine Kulturgeschichtsschreibung, die nicht nur Goethes Reise nachvollzieht und dessen Leben vorher und nachher schildert, sondern auch in zahlreichen Exkursen ein Porträt jener Zeit entwirft. Miller spannt den Bogen von der Antiken- und Renaissancerezeption des 18. Jahrhunderts bis hin zu den in Italien weilenden Landschaftsmalern der Goethezeit, zu denen er selbst eine Zeit lang gehört hatte. Es entsteht ein Tableau vor dessen Hintergrund Goethe selbst aus seiner Versteinerung erwacht.
Erotica Romana
Nicht nur in Hinblick auf die geistigen Genüsse kam Goethe in Italien voll auf seine Kosten. Auch Herzensbildung stand auf dem Programm! Nicht ohne Grund griff er das Anagramm ROMA = AMOR in seinen Römischen Elegien auf: Miller interpretiert sie intensiv vor dem Hintergrund dieser Reise. An diesem und an vielen anderen Beispielen zeigt er, wie sich Goethes Poesie durch den Italienaufenthalt verändert hatte.
Jahre nach seiner Italienreise erschien der erste Teil von Goethes italienischer Autobiographie. Wohl unter dem Eindruck der Autobiographie Benvenuto Cellinis, denn ein zweites Mal nach Italien reiste Goethe nie.
Die reiche Bebilderung macht die Darstellungen Norbert Millers noch lebendiger. Nach seiner Lektüre dürfte sich der Leser kaum dem Wunsch entziehen können, dann auch die Italienische Reise selbst zu lesen oder, hat er es denn schon getan, wieder zu lesen. Es lohnt sich, denn Miller bringt sie uns wieder näher. (Andreas Rötzer)
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Martin Meyer zeigt sich restlos begeistert von dem, was der Berliner Literaturwissenschaftler Norbert Miller aus seinem Werk über Goethes Zeit in Italien gemacht hat. Die Ursache für dieses Gelingen sieht der Rezensent in der Tatsache, dass Miller sich nicht auf die Ergebnisse der Reise beschränke, sondern diese vielmehr "in allen Windungen und Wirrungen", die sie für Goethe mit sich gebracht habe, nacherzähle. Selbstverständlich gehe es unter anderem auch um das Ergebnis der "Italienischen Reise", vor allem aber interessierten die Wege dahin: vom Weggang aus Deutschland über den Stillstand der Dichtung und das verworfene Projekt einer allumfassenden Bildungsgeschichte, über die Neubeurteilung des antiken Ideals und dessen Praktikabilität und Goethe als Landschaftsmaler bis hin zur Wiederaufnahme sowohl der Dichtung als auch der amourösen Abenteuer ab dem Sommer 1787 und der Rückkehr nach Weimar. Über die Art, in der all dies verfasst und versammelt ist, schüttet Meyer ein riesiges Lob aus. Zunächst begrüßt er die Tatsache, dass sich Miller nicht nur auf die nachträgliche "Selbsterfindung" Goethes verlasse, sondern die Geschichte der Reise auch anhand der verschiedensten anderen Quellen nacherzähle, egal, ob diese von Goethe selbst oder von Menschen aus seiner Umgebung stammen. Darüber hinaus begeistert ihn der Stil Millers, der alles andere als verstaubt sei, wobei das Buch auch von dessen Interpretationskünsten und Kenntnissen gleichermaßen profitiere. Das Fazit des verzückten Rezensenten: "Mehr war nicht zu tun."

© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2002

Gleichmaß und Wahn
Kein Sinneswandeln: Norbert Millers Buch über Goethe in Italien

Warum eigentlich hat die Gelegenheit einen Schopf? Der renommierte Berliner Literaturwissenschaftler Norbert Miller klärt das beiläufig: wie im alten Griechenland zuerst Kairos, der Gott des günstigen Augenblicks, gefeiert wurde und wie daraus über einige Zwischenstufen die Göttin der Gelegenheit wurde, die auf geflügelten Zehenspitzen steht, weil sie, schneller als der Wind, immer zur Flucht bereit ist, die ein Rasiermesser hält, weil sie scharf ins Leben schneidet, die am Hinterkopf kahlgeschoren ist, damit man sie nur von vorne packen kann, bei ihrem nach vorn wehenden Schopf nämlich, niemals von hinten, wenn der rechte Augenblick verpaßt ist.

Man erfährt viel in diesem Buch, Mythologisches und Kunstgeschichtliches, Literarisches und Biographisches. Die Darstellung ist gescheit und erfahren, gelehrt und reich. Der große Lebensbogen dieser paradigmatischen Reise zieht mit allen Einzelheiten noch einmal am gebildeten Leser vorbei: der heimliche Aufbruch, die Verbitterung der Charlotte von Stein, Venedig, Rom, Neapel, Sizilien, sehr viel Landschaft, Kunst und Architektur, Palladio und Piranesi, die Malerfreunde Wilhelm Heinrich Tischbein und Philipp Hackert, die Geliebten Faustina und Maddalena Riggi, der Rückruf durch Herzog Carl August, von dessen Geld Goethe letztlich abhing, der befremdete Empfang des Heimgekehrten, die Kritik der Weimarer Damen an dem Veränderten, der ihrer Meinung nach durch peinliches "Gelecke an den jungen Mädchen" auffiel, schließlich Christiane Vulpius. Alles, was es über Goethes Italien zu wissen gibt, wird hier zusammengeführt, kenntnisreich und quellengestützt, im Erotischen diskret, niemals spekulativ, gestützt auf die reiche Sekundärliteratur von Nicholas Boyle bis Roberto Zapperi. Ohne Zweifel hat Miller ein Standardwerk geliefert.

"Als alles getan war", so lautet der letzte Satz, der Reiseertrag gesichert, die Römischen Elegien und die Venezianischen Epigramme ins reine geschrieben (vorher die Priapea sekretiert), "war die Ära abgeschlossen, in der er gewähnt hatte, er könne als Dichter und auf Dauer ein Teil Arkadiens werden." Die Geschichte eines Wahns - das hätte spannend werden können. Aber Zugespitztheiten sind Millers Sache nicht. Es überwiegt das Nüchterne und Ernüchternde. Da der Wahn ohne Feuer geschildert wird, bleibt auch die Enttäuschung eine recht temperierte Angelegenheit - der profane Sieg des Realitätsprinzips, das gegen die Idealität immer allzu leichtes Spiel hat. Norbert Miller steht ganz auf Goethes Seite und macht ihn trotzdem nicht wirklich lebendig. Eine ältliche Schwermut durchzieht das Buch, ein Sichabgefundenhaben. Es regt sich nie auf, streitet mit niemandem, ignoriert vornehm andere Meinungen oder verbannt sie doch in die Fußnoten. Der gemächliche Schritt seiner über 700 Seiten läßt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Es taucht in ein vergangenes Leben, ohne jemals die Frage "Wozu?" zu stellen. Es spielt nicht in Sonne und Wind des achtzehnten Jahrhunderts, sondern im Elfenbeinturm einer reichen, aber fensterlosen Bibliothek. Der Mensch Goethe bleibt papieren - viel Bildung und Kopf, wenig Körper und Herz. Er ist "der Wanderer" - aber auch das ist keine Angelegenheit von Schweiß und Staub, sondern eine Homer-Anspielung (auf den Wanderer Odysseus), ist Bücherwelt, nicht Natur. Es gibt viel Kunstgeschichte, wenig sinnliche Vergegenwärtigung, viel Interpretation, wenig Imagination, viel Germanistik, wenig Literarizität in diesem Buch.

Goethe hatte, wie bei Touristen üblich, ein Vorurteil im Gepäck, ein idealisiertes Italien-Bild, das durch viele Reisebeschreiber vor ihm geprägt war, durch seinen Vater zum Beispiel oder durch Winckelmann. Die heiter-humane, wohlproportionierte, gesellig-unkonventionelle, sinnlich-freie Antikeauffassung, die sich daraus ergeben hatte, wollte Goethe sehen und nachleben, und ein Stück weit gelang ihm das auch. Aber die Enttäuschungen blieben nicht aus. Das gräßliche Massenschweineschlachten in den Tempelruinen der Via sacra erschütterte die Seele, die nach edler Einfalt und stiller Größe suchte. Den großen Sinn der Alten lobte Goethe ausgerechnet am Beispiel des Aquädukts von Spoleto, der in Wirklichkeit aus dem Trecento stammt. Die wirklichen Reste der Antike hielten hingegen nicht, was er sich von ihnen versprochen hatte. Paestum war klobig und düster, Pompeji eng und gewöhnlich.

Die zweite Enttäuschung war die erotische. Italien zeigte ihm zwar die Freiheit, doch die Fesselung dieser Freiheit drückte danach um so schmerzlicher. Anläßlich Faustinas und Christianes schwingt Miller sich eine flache Stufe in Richtung aufs Hymnische hinauf und beschwört die frei gewählte und von beiden Seiten gewollte Idylle jenseits aller gesellschaftlichen Bindung. Er bringt damit ein Ideal ein, das in der gängig gewordenen Küchenzettelperspektive unterzugehen drohte. Daß diese Frauen Opfer gewesen seien, davon will Miller nichts wissen. Dennoch erlaubt er sich nie, daß das Ideal leuchte. Sein nachitalienischer Goethe ist ein Gewandelter, aber auch ein resigniert sich Fügender.

HERMANN KURZKE.

Norbert Miller: "Der Wanderer". Goethe in Italien. Carl Hanser Verlag, München 2002. 731 S., geb., 50,- [Euro].

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"Ohne Zweifel ein Standardwerk." Hermann Kurzke, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.07.02

"Detailverliebt, bilderfreudig und in einer Sprache von höchster Eleganz schwelgend, die das Gegenteil aller Professorenprosa ist, bereitet er dem Leser Genuss um Genuss." Hans-Albrecht Koch, Die Welt, 27.07.02