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Mitten unter uns riskieren Eltern die Gesundheit und das Leben ihrer Kinder - in dem Glauben, sie zu schützen. Doch warum ruft das Impfen solche Angst hervor? Eula Biss geht dem Phänomen der Impfparanoia auf den Grund. Indem sich die junge Mutter in die Position der Impfgegner einfühlt, lässt sie uns verstehen, wie deren Irrglaube an eine umfassende natürliche Immunität des Körpers so stark werden konnte. Dabei tastet sich Eula Biss vorsichtig voran. Sie verwebt Exkurse in die Medizin- und Wissenschaftsgeschichte sowie autobiographische Bekenntnisse auf elegante Weise zu einem Buch, das die…mehr

Produktbeschreibung
Mitten unter uns riskieren Eltern die Gesundheit und das Leben ihrer Kinder - in dem Glauben, sie zu schützen. Doch warum ruft das Impfen solche Angst hervor? Eula Biss geht dem Phänomen der Impfparanoia auf den Grund. Indem sich die junge Mutter in die Position der Impfgegner einfühlt, lässt sie uns verstehen, wie deren Irrglaube an eine umfassende natürliche Immunität des Körpers so stark werden konnte. Dabei tastet sich Eula Biss vorsichtig voran. Sie verwebt Exkurse in die Medizin- und Wissenschaftsgeschichte sowie autobiographische Bekenntnisse auf elegante Weise zu einem Buch, das die hitzige Impfdebatte in Deutschland abkühlen und auf ein neues Niveau heben wird.
Autorenporträt
Eula Biss lehrt Nonfiction Writing an der Northwestern University von Illinois. Für ihr Buch Notes from no Man`s Land erhielt sie 2009 den National Book Critics Circle Award. Biss war u. a. Stipendiatin der Guggenheim und der Howard Foundation. Sie gewann außerdem den 21st Century Award der Chicago Public Library Foundation. Zuletzt erschien bei Hanser ihr Buch Immun. Über das Impfen - von Zweifel, Angst und Verantwortung (2016). Biss lebt in Chicago.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Martina Lenzen-Schulte spürt die Hysterie und die Sorge der Autorin um ihr Baby, wenn diese, ausgehend von eigenen Erlebnissen, Gedanken und Gefühlen, Aspekte des Impfens behandelt. Ob Eula Biss damit skeptischen Eltern die Angst vor dem Impfen nehmen wird, möchte die Rezensentin bezweifeln, auch wenn die Autorin sich klar für das Impfen ausspricht. Gedankensprünge und Informationen aus zweiter Hand prägen laut Rezensentin ein Buch, das sich an den amerikanischen Verhältnissen orientiert, nicht an den deutschen, wie Lenzen-Schulte ausdrücklich betont. Um Eltern den Sinn von Impfungen zu erläutern, scheint ihr das Buch nicht besonders geeignet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.03.2016

Wo die Experten streiten, weiß der Papa doch Bescheid
Warum Kenntnisse in Non-Fiction-Writing vielleicht doch nicht für gute medizinische Aufklärung reichen: Eula Biss stiftet Verwirrung über den Sinn von Impfungen

Eine sehr besorgte Mutter lässt uns mit einem Buch an ihrer Auseinandersetzung mit dem Impfen teilhaben: Eula Biss richtet sich nicht an Leser, die sich über das Für und Wider einzelner Impfungen informieren wollen, sondern sie behandelt Aspekte des Impfens, ausgehend von eigenen Erlebnissen, Gedanken und Gefühlen. Die Autorin, Dozentin für "Non-Fiction-Writing" an der Northwestern-University of Illinois, schildert freimütig ihre Hysterie und Sorge um ihr Baby, etwa wenn es um panikgesteuerte Keimvermeidung geht oder um die Horrorvorstellung, ihrem stark allergiegefährdeten Kind im Notfall eine Spritze geben zu müssen, die die allergische Reaktion stoppt.

Das kann eine gute Strategie sein, an einzelnen Problemen Grundsätzliches zu erörtern. Ob es diesem Buch jedoch gelingt, skeptischen Eltern die Angst vor dem Impfen zu nehmen, wie der "New Yorker" urteilte, ist fraglich. Jedenfalls erweist sich Biss als klare Befürworterin von Impfungen, auch wenn sie dies offenbar nicht an jeder Stelle an die große Glocke hängen will. Zunächst stellt sie ihre eigene Verwirrung ungeniert aus. Einmal will sie etwa mehr über Triclosan wissen - ein Desinfektionsmittel, das die Umwelt vergiftet -, um dann über den Begriff "Immunität" zu stolpern, der Bedeutung des Wortes "Bedrohung" nachzugehen und über die These zu räsonieren, alle Geimpften seien Cyborgs. Angesichts solcher Gedankensprünge verwundert es nicht, dass die Autorin schon in der Einleitung Achilles mit Siegfried verwechselt, wenn sie anhand der Sage erläutern will, dass nicht einmal die Götter diejenigen, die sie lieben, gegen alles immun machen können.

Zu etlichen wichtigen Impfungen äußert sich Biss erst gar nicht. Aber die Impfung gegen Rota-Viren scheint ihr bedeutsam. Das sind in unseren Breiten harmlose Erreger, die vor allem bei Kindern Magen-Darm-Infekte mit Erbrechen und Durchfall hervorrufen können. In Ländern mit guter Gesundheitsversorgung stellt das in der Regel kein Problem dar. Zwar kommen auch hierzulande Kinder deswegen mitunter in die Klinik, das ist aber meist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Dass Kinder an Erbrechen oder Durchfall sterben könnten, droht vor allem in Entwicklungsländern, vor allem bei mangelhafter Flüssigkeitszufuhr. Biss nimmt nun das Beispiel eines einzigen, nicht näher beschriebenen Todesfalles als Argument für die flächendeckende Impfung von Säuglingen gegen Rotaviren.

Hier sind selbst Experten keineswegs einig. Die französische Impfkommission hat unlängst die Empfehlung für diese Impfung zurückgezogen - wegen gravierender Nebenwirkungen. Die Information zu dem Rota-Virus-Todesfall ist wie vieles in diesem Buch aus zweiter Hand; der Arzt, der ihr das schilderte, ist Paul Offit, in den Vereinigten Staaten wegen seiner Impfpatente und finanzieller Interessenkonflikte auch "Dr. Proffit" genannt. Ähnlich funktioniert das Plädoyer der Autorin für eine jährliche Grippeimpfung von Säuglingen, bei dem auch das Schreckensbild von toten Babys herhalten muss.

Deutsche Leser sollten wissen, dass die Situation in den Vereinigten Staaten und Deutschland grundverschieden ist. Dort wird Eltern empfohlen, selbst Kleinkinder jedes Jahr gegen Influenza impfen zu lassen. Die hiesige Impfkommission STIKO am Robert Koch-Institut macht dies wohlweislich nicht und empfiehlt die jährliche Grippe-Impfung nur gefährdeten Personengruppen, vor allem älteren Menschen. Überhaupt werden deutsche Leser oft verwirrt, weisen unsere Impfpläne für Säuglinge und Kleinkinder doch häufig andere Empfehlungen auf, leider fehlen dazu korrigierende Hinweise. Ärgerlich ist zudem, dass sich die vorgetragenen medizinischen Fakten nicht konkret überprüfen lassen.

Das Wissen der Autorin speist sich aus zwei Quellen: Eine ist ihr übermächtiger Medizinervater, der immer dann, wenn sie nicht mehr weiterweiß, einen Satz parat hat wie den, dass Eltern, die sich entscheiden, ihre Kinder die Windpocken durchmachen zu lassen, einfach "Idioten" sind. Dabei hat die Windpockenimpfung ganz klar Schwächen, etwa wo sie junge Frauen, die als Kinder geimpft wurden, ungenügend vor einer Infektion in der Schwangerschaft schützt. Hier ist das Ungeborene weniger gefährdet, wenn die Schwangere dank einer echten Windpockeninfektion eine stärkere Immunität aufweist.

Zum anderen hat Eula Biss ihren Angaben zufolge Dutzende von Büchern, "zahllose" wissenschaftliche Aufsätze, "Hunderte" von Zeitungsartikeln sowie viele Blog-Posts in ihr Buch einfließen lassen, aber aufgelistet sind sie nicht. Dass sie die behauptete Lektüre mitnichten beherrscht, beweist der Absatz, in dem Biss zunächst von dem Impfstoff schreibt, der die Pocken ausrottete, aber dann unvermittelt von den "Polio-Pioneers" in Nordamerika spricht, jenen 650 000 Kindern, an denen dort die Schluckimpfung getestet wurde. Polio ist die Kinderlähmung, die Pocken sind etwa anderes, so wie eben Achilles auch nicht Siegfried ist. Es gibt viele vernünftige Bücher, die Eltern den Sinn von Impfungen erklären, das von Eula Biss zählt nicht dazu.

MARTINA LENZEN-SCHULTE

Eula Biss: "Immun". Über das Impfen - von Zweifel, Angst und Verantwortung.

Aus dem Englischen von Kirsten Riesselmann. Carl Hanser Verlag, München 2016. 240 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Rezensentin Martina Lenzen-Schulte spürt die Hysterie und die Sorge der Autorin um ihr Baby, wenn diese, ausgehend von eigenen Erlebnissen, Gedanken und Gefühlen, Aspekte des Impfens behandelt. Ob Eula Biss damit skeptischen Eltern die Angst vor dem Impfen nehmen wird, möchte die Rezensentin bezweifeln, auch wenn die Autorin sich klar für das Impfen ausspricht. Gedankensprünge und Informationen aus zweiter Hand prägen laut Rezensentin ein Buch, das sich an den amerikanischen Verhältnissen orientiert, nicht an den deutschen, wie Lenzen-Schulte ausdrücklich betont. Um Eltern den Sinn von Impfungen zu erläutern, scheint ihr das Buch nicht besonders geeignet.

© Perlentaucher Medien GmbH