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Fußball: Triumphe und Tragödien Seit 125 Jahren rollt in Österreich das runde Leder - eine wechselvolle Geschichte mit glorreichen Siegen und schmerzlichen Niederlagen. Klaus Dermutz stellt unvergessene Sternstunden wie die großartigen Siege des "Wunderteams" um Matthias Sindelar, die WM 1954 in der Schweiz oder das "Wunder von Córdoba" vor, Trainerlegenden wie Hugo Meisl und "Wödmasda" Ernst Happel kommen ebenso zu Wort wie großartige Spiele und Mannschaften, er berichtet über unterschiedliche Spielweisen und Taktiken und erinnert an verschwundene Spielstätten. Unterhaltsam und anekdotenreich…mehr

Produktbeschreibung
Fußball: Triumphe und Tragödien
Seit 125 Jahren rollt in Österreich das runde Leder - eine wechselvolle Geschichte mit glorreichen Siegen und schmerzlichen Niederlagen. Klaus Dermutz stellt unvergessene Sternstunden wie die großartigen Siege des "Wunderteams" um Matthias Sindelar, die WM 1954 in der Schweiz oder das "Wunder von Córdoba" vor, Trainerlegenden wie Hugo Meisl und "Wödmasda" Ernst Happel kommen ebenso zu Wort wie großartige Spiele und Mannschaften, er berichtet über unterschiedliche Spielweisen und Taktiken und erinnert an verschwundene Spielstätten.
Unterhaltsam und anekdotenreich zeigt Klaus Dermutz, dass Österreichs Fußballgeschichte keineswegs die Geschichte eines "Prügelknaben" ist und man stolz auf große Erfolge zurückblicken kann.

Autorenporträt
Klaus Dermutz, geboren 1960 im steirischen Judenburg, ist nicht nur promovierter Theologe, sondern auch ein ausgezeichneter Kenner der österreichischen Fußballhistorie, wie er mit seinem Buch über Rapidlegende und "Wödmasda" Ernst Happel (2012) eindrucksvoll unter Beweis stellte. Klaus Dermutz lebt in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.09.2019

"Hoch wer ma's nimma gwinnen"

Wer mit Österreichern Fußball spielt oder anschaut, hört bald heraus, woher dieser Sport importiert wurde. "Out!" wird gerufen, wenn der Ball die Linie überquert. "Hands!" wird angeklagt, wenn die Kugel an den Arm springt. England war das Mutterland des Fußballs, aber in Österreich haben sich die Spuren im Sprachgebrauch erhalten. Die ersten beiden Vereine, 1894 gegründet, wurden bis in die Namen hinein durch ihre Gründer von der Insel geprägt: Auf einer Wiese im Prater spielende englische Geschäftsleute mit dem "Vienna Cricket and Football Club"; englische Landschaftsgärtner, die für die Gartenanlagen des Baron Rothschild auf der Hohen Warte in den feineren Gegenden am Wienerwald zuständig waren, mit dem "First Vienna Football Club". Die Vienna, einst sechsfacher österreichischer Meister, spielt noch auf der Hohen Warte, wenn auch nach Insolvenz und Zwangsabstieg nur mehr vierte Liga vor einer amtsseitig gesperrten Tribüne, deren hölzerne Dachträger verfault sind.

Über die Ursprünge kann man so manches in dem hübsch aufgemachten Buch "Kleine Geschichte des österreichischen Fußballs in 90 Minuten" nachlesen, für dessen Publikation die Jubiläumszahl von 125 Jahren für hinreichend rund erachtet worden ist. Das Buch von Klaus Dermutz ist eine Sammlung ohne Anspruch auf Vollständigkeit. So genommen, steckt es voll unterhaltsamen Fund- und erstaunlichen Tatsachen. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die erste Profiliga auf dem Kontinent 1924 in Österreich eingeführt wurde? Oder dass schon 1905 ein Postbote aus Wien, Karl Pekarna, auf der Insel mit Fußballspielen Geld verdiente? Der Torwart fiel mit fabelhaften Paraden den Glasgow Rangers bei einem internationalen Pfingstturnier ins Auge, das die Vienna 1904 veranstaltete. Für sein erstes Spiel durfte er gegen die Rangers zwischen die Pfosten, im Ibrox Park vor 90 000 Zuschauern. 1925 lähmte ihn ein Schlaganfall, 1946 starb er einsam und vergessen in Wien. Es sind diese Geschichten, die aus zeitgenössischen Presseartikeln schöpfen oder wie in diesem Fall aus persönlichen Erinnerungen, die das Buch lesenswert machen.

1919 soll die "Rapid-Viertelstunde" erfunden worden sein, das rhythmische Einklatschen der 75. Minute durch die Fans des traditionellen Arbeitervereins Rapid Wien. Angeblich sind die Spieler in Grün-Weiß in der letzten Viertelstunde den Gegnern besonders überlegen, das behauptet sogar schon ein Artikel im "Wiener Tagblatt" von 1908. Der nicht repräsentative Augenschein durch den Rezensenten deutet eher auf das Gegenteil hin, aber geklatscht wird immer noch.

Gedacht wird des österreichischen "Wunderteams" der 1930er Jahre um Matthias Sindelar. Es schlug Schottland und Deutschland 5:0 und gewann 1932 ein Turnier, das man mit rotweißroter Brille als eine Art erste Europameisterschaft ansehen mag. Und 1932 spielte man in London gegen England - nun gut, man verlor, aber glorreich und nur knapp. Das Scheitern in Größe ist ein Thema, das die Geschichte des österreichischen Fußballs durchzieht. Der Autor sucht nach einer Erklärung und findet Verse von Grillparzer über die Leere und Nichtigkeit des Ruhms, die der Dichter "in die österreichische Seele geträufelt hat".

Politisch interessant wird es in der Zeit nach dem "Anschluss" Österreichs an das Hitlerreich. Er sollte durch ein Freundschaftsspiel besiegelt werden. Die Mannschaft in Rot-Weiß-Rot führte die im preußischen Schwarz-Weiß vor und siegte 2:0. Ob die Kabarettisten Grissemann und Stermann daran dachten? Sie haben den 40 Jahre später errungenen und in Österreich weltberühmten WM-Sieg von Córdoba über Deutschland in einem Sketch als "Sieg der deutschen Mannschaft über sich selbst" parodiert. Österreich, das es eigentlich gar nicht mehr gab, war in jener unseligen Zeit fußballerisch erfolgreich. 1941 gewann Rapid die deutsche Meisterschaft gegen Schalke, außerdem holten Rapid und Vienna 1939 beziehungsweise 1943 den Pokal. Der fabelhafte Sindelar aber (weder Vienna noch Rapid, sondern Austria Wien) starb 1939 unter mysteriösen Umständen neben seiner jüdischen Freundin an einer Kohlenmonoxidvergiftung. Friedrich Torberg dichtete über den Mann, der zu Lebzeiten der "Papierene" genannt wurde: "Er spielte Fußball wie kein zweiter, / er stak voll Witz und Phantasie. / Er spielte lässig, leicht und heiter, / er spielte stets und kämpfte nie." Die abfällige letzte Zeile gilt natürlich den Deutschen.

Was die "90 Minuten" im Titel sollen, ist unklar; das Buch hat zehn Kapitel. Auf dem Umschlag sieht man David Alaba und Marko Arnautovic. Eigentlich ist das irreführend. Die beiden kommen zwar vor, wie natürlich auch die ebenfalls fabelhaften Happel, Krankl, Prohaska, Polster, Herzog und wer noch alles. Aber das Buch wird immer schwächer, hier und da fast fahrig, je mehr es sich der Gegenwart nähert. Macht nichts. Dafür werden uns in der Rapid-Viertelstunde noch ein paar original österreichische Wuchteln geschenkt (so nennt man liebevoll das Spielgerät, aber auch Sprüche zum Schenkelklopfen). Erstens Anton Pfeffer 1999 beim Pausenstand von 0:5 gegen Spanien: "Hoch wer ma's nimma gwinnen" (es wurde die Rekordniederlage in Höhe von 0:9). Zweitens Trainer Pepi Hickersberger während der ruhmlosen Heim-EM 2008: "Wir haben nur unsere Stärken trainiert, deshalb war das Training heute nach 15 Minuten abgeschlossen." Nicht zuletzt der Autor selbst über eine Verteidigungsrede Mats Hummels' nach dem noch ruhmloseren Ausscheiden der Deutschen aus der WM 2018, als der Verteidiger über einen anderen Ausgang spekulierte, hätte nur sein Kopfball ins Tor getroffen: "Hummels entdeckte kurz nach dem Schlusspfiff . . . den Möglichkeitssinn und somit den Österreicher in sich."

STEPHAN LÖWENSTEIN

Klaus Dermutz, Kleine Geschichte des österreichischen Fußballs in 90 Minuten. Molden-Verlag, Wien 2019. Hardcover, 25 Euro.

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