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"Manche Gedichte in diesem Buch sind absurd, die kommen der Wahrheit am nächsten. Man schreibt sie nicht absichtlich, sie werden einem eingeflüstert, sind also unbeabsichtigte Gedichte." Die unbeabsichtigten Gedichte von Georg Kreisler haben es in sich. Scheinbar leichthin und beschwingt geschrieben, verweisen sie auf Abgründe und Absonderlichkeiten. Der Dichter ordnet die Welt, indem er sie erfindet. Er erfindet sie, um sie vorzeigen zu können. Kreisler erweist sich in diesem, seinem ersten ausschließlichen Lyrikband als ein ebenso hellsichtiger wie subtiler Dichter. "Hüte dich vor…mehr

Produktbeschreibung
"Manche Gedichte in diesem Buch sind absurd, die kommen der Wahrheit am nächsten. Man schreibt sie nicht absichtlich, sie werden einem eingeflüstert, sind also unbeabsichtigte Gedichte." Die unbeabsichtigten Gedichte von Georg Kreisler haben es in sich. Scheinbar leichthin und beschwingt geschrieben, verweisen sie auf Abgründe und Absonderlichkeiten. Der Dichter ordnet die Welt, indem er sie erfindet. Er erfindet sie, um sie vorzeigen zu können. Kreisler erweist sich in diesem, seinem ersten ausschließlichen Lyrikband als ein ebenso hellsichtiger wie subtiler Dichter. "Hüte dich vor Kompromissen! / Das sind keine Leckerbissen. // Meide jede Konzilianz, / denn die nagt an der Substanz."
Autorenporträt
Georg Kreisler wurde 1922 in Wien geboren und musste 1938 in die USA emigrieren. Seither ist er amerikanischer Staatsbürger. Er feiert seit den fünfziger Jahren große Erfolge als Autor, Komponist und Sänger von makaberen Chansons, seit 2001 tritt er allerdings nicht mehr als Interpret der eigenen Songs auf. Er veröffentlichte außerdem zahlreiche Theaterstücke, Opern, Romane, Satiren und Essays. 2004 erhielt er den Richard-Schönfeld-Preis für literarische Satire. 2009 erschien seine Autobiographie "Letzte Lieder", im selben Jahr wurde seine Oper "Das Aquarium oder: Die Stimme der Vernunft" uraufgeführt. Georg Kreisler lebt mit seiner Ehefrau Barbara Peters in Salzburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.06.2010

Hölderlins Albtraum
Ein Verkannter: Georg Kreisler als Lyriker

Von Wulf Segebrecht

Wer hätte das gedacht: Georg Kreisler, den wir alle von den Tango tanzenden Tanten und den toten Tauben im Park her kennen, entpuppt sich im fortgeschrittenen Alter allen Ernstes als veritabler Lyriker.

Aber was heißt hier "allen Ernstes"? Es heißt: Eigentlich war er schon immer, als er noch Chansons und Couplets fürs Kabarett schrieb, ein Lyriker. Nur: Wir haben es bisher nicht gemerkt. Er selbst wohl auch nicht. Denn er sagt: "Liedertexte sind mit Gedichten nicht zu vergleichen." Welch ein Irrtum! Das Reich der Lyrik ist größer, als ihre Verweser sich das träumen lassen. Es hat Platz ebenso für die Liedersänger und Kabarettisten wie für die Experimente der Labordichter und die einsamen Monologe der Stillen im Lande. Celan und Villon, Walt Whitman und Baudelaire, Bob Dylan, Petrarca und Friedrich Hölderlin gehören dazu. Und nun eben auch Georg Kreisler, ob er das will oder nicht.

Apropos Hölderlin: Man hat Georg Kreisler für sein Gesamtwerk jüngst mit dem Hölderlin-Preis der Stadt Homburg ausgezeichnet. Ob Hölderlin sich im Grabe umdrehen würde, wenn er Kreislers Gedichte lesen würde, sei einmal dahingestellt. Vermutlich schon. Aber allein diese mutmaßliche Wunderwirkung seiner Gedichte würde es rechtfertigen, Georg Kreisler den Hölderlin-Preis zu verleihen. Schließlich haben diesen Preis schon ganz andere Autoren erhalten, deren Texte Hölderlin kaum zu so erstaunlichen Rotationsbewegungen im Grabe veranlasst haben dürften, beispielsweise Martin Walser, Rüdiger Safranski und Marcel Reich-Ranicki. Deren Gedichte erwarten wir übrigens mit Ungeduld.

Georg Kreislers Gedichte dagegen liegen vor. Fünfzig Stück, verpackt zwischen einem Vorwort, einem Zwischenwort und einem Nachwort des Verfassers. Er will die Gedichte nicht unkommentiert in die Welt entlassen. Er muss unbedingt über seine Abneigungen sprechen, zum Beispiel gegen Karl Kraus, der angeblich weder gut reimen noch richtig formulieren konnte; und (gänzlich larmoyanzfrei) über seinen eigenen Lebensweg als exilierter und zurückgekehrter, aber immer fremd gebliebener und verkannter Wiener Jude; über seinen entschiedenen Pazifismus; und nicht zuletzt über seine eigenen Vorstellungen von dem, was Gedichte eigentlich sind oder sein sollten.

In seinem Fall handelt es sich, sagt er, um "Unbeabsichtigte Gedichte". Das sind Gedichte, die ihm angeblich auf unerklärliche Weise zufallen, "sie werden einem eingeflüstert", von wem auch immer. Und Kreisler zählt verblüffenderweise auch die hurrapatriotischen Haudruff-Gedichte aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg von Franz Theodor Csokor, Ludwig Ganghofer und Alfred Kerr dazu, die er zornig zitiert. Diese Beispiele zeigen aber gerade, dass Dichter durchaus nicht selten falschen Einflüsterungen folgen und dass sie sich die Frage "Was fällt ihnen eigentlich ein!" durchaus gefallen lassen müssen. Die Inspiration - aber wem sage ich das - ist eine unzuverlässige und sehr fragwürdige Muse. Was hilft sie, ja wohin führt sie, wenn ihrem unvermuteten Anhauchkuss nicht die Vernunft, die handwerkliche Arbeit und die verantwortungsvolle Kontrollinstanz eines humanen Denkens folgen!

Doch davon spricht Kreisler nicht. Das praktiziert er auf seine Weise. Seine Vernunft ist der bare Unsinn, sein Handwerk der kecke Reim ("ich kann's") und sein geheimer humaner Zensor der übermütige Witz, dessen Ausdehnungsgebiet von der albernen Blödelei bis zur frechen Absurdität und zum resignierenden Aperçu reicht. Er schaut sich in der Welt und unter ihren Bewohnern um und schreibt dann seine persönlich-weltanschaulichen Gedichte über das Sterben und über das Verzeihen, über die Erkenntnisunlust der Menschen, über die Heimat ("Meine Welt ist vogelfrei") und die Globalisierung. Glauben muss man ihm bei weitem nicht alles: "Ein für alle Mal: Ich bin kein Kabarettist!" - Denkste! "Hüte dich vor Kompromissen!" - doch nicht wirklich! Übertreibungen gehören zum Metier des amüsierenden Animators, und man muss jederzeit damit rechnen, dass seine leichtfüßigen Banalitäten umschlagen in bitterernste Wahrheiten:

Nehmt ihn nicht ernst! Er ist doch gut,

und er bemüht sich redlich.

Er ist ein Wiener und ein Jud,

zusammen ist das tödlich

Georg Kreisler: "Zufällig in San Francisco". Unbeabsichtigte Gedichte". Verbrecher Verlag, Berlin 2010. 120 S., geb., 19,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Na sowas, staunt der Rezensent Wulf Segebrecht: da entpuppt sich der als Liedsänger abgebuchte Georg Kreisler auf seine alten Tage noch als richtiger Dichter. Oder, vielmehr, räumt Segebrecht ein: Er war's schon immer, aber erst in diesem Gedichtband werde es richtig ersichtlich. Gewiss, kein Dichter aus der Hölderlin-Liga (der aber den Hölderlin-Preis sehr wohl erhalten hat), aber einer vom Schlage, etwa, Francois Villons. Auf "kecke Reime" verstehe sich Kreisler ebenso wie auf reizenden Unsinn. Auch die Zu- und Abneigungsbekundungen (für Alfred Kerr als Dichter zum Beispiel und gegen Karl Kraus), mit denen der Autor sein Werk im Buch noch flankiert, nimmt der Rezensent willig hin.

© Perlentaucher Medien GmbH