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Der Dichter, heißt es bei Uros Zupan, ist "ein blinder Passagier auf dem Schiff, das in die Kindheit fährt". In starken, eingängigen Bildern entwirft der slowenische Poet seine mitteleuropäische Welt am Rande Europas. Die Intensität der Wahrnehmung, der vorsichtige und hartnäckige Versuch, die Dinge zum Sprechen zu bringen, der genaue Umgang mit Tradition und Gegenwart machen diese Gedichte zu einem poetischen Ereignis. Uros Zupan gehört zu den großen Dichtern aus Slowenien, die die europäische Landkarte der Poesie verändert haben.

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Produktbeschreibung
Der Dichter, heißt es bei Uros Zupan, ist "ein blinder Passagier auf dem Schiff, das in die Kindheit fährt". In starken, eingängigen Bildern entwirft der slowenische Poet seine mitteleuropäische Welt am Rande Europas. Die Intensität der Wahrnehmung, der vorsichtige und hartnäckige Versuch, die Dinge zum Sprechen zu bringen, der genaue Umgang mit Tradition und Gegenwart machen diese Gedichte zu einem poetischen Ereignis. Uros Zupan gehört zu den großen Dichtern aus Slowenien, die die europäische Landkarte der Poesie verändert haben.
Autorenporträt
Uros Zupan, 1963 in Trbovlje/Slowenien geboren, lebt und arbeitet als Autor und übersetzer aus dem Englischen und Serbokroatischen in Ljubljana.

Fabjan Hafner (1966-2016) lebte und arbeitete in Freistritz/Südkärnten. Er studierte Germanistik und Slawistik in Graz. Er war als Schriftsteller, übersetzer, Literaturwissenschaftler tätig und Mitarbeiter des Robert-Musil-Instituts ins Klagenfurt. Bücher (u.a.): Indigo (1988), Gelichter und Lichtes (Gedichte, 1991), Freisprechanlage (2001), Peter Handke. Unterwegs ins Neunte Land (Zsolnay, 2008). Bei Hanser erschien 2008 seine übersetzung der Gedichte von Uros Zupan, Immer bleibt das Andere.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.04.2008

Ich schwieg, ich schwieg

Was Meister Eckhart mit Chet Baker, Morton Feldman und Van Morrison verbindet: Sie trinken Stille. Der slowenische Lyriker Uros Zupan zeigt, wie das funktioniert.

Zigaretten werden in den Gedichten von Uros Zupan nicht geraucht, sondern abgetötet. Und Theorien sind in seiner Lyrik zum Glück nicht zu finden, auch keine die Welt verfugenden Weisheiten. Wohl aber ist hier Welt in ihrer dichtesten Form enthalten; sie spricht, ist prall und "apfelsinenfarben" - und die Weisheit arbeitet sich ganz von allein durch den Nebel, der auch die Farbe der Apfelsinen hat. Manchmal leuchtet Zupans Welt auf eine so stille Art, dass sie schüchtern zu nennen wäre, fast zurückgenommen, wenn sie nicht von einem ins Uferlose gehenden Blick seismographisch verzeichnet würde.

Diese lyrischen Begehungen sind unaufdringlich, leise, und trotz ihrer Dichte werden sie von einem am ehesten fließend zu nennenden Schweigen getragen. Selten genug ist es, dass ein Dichter die Welt schreibend so betreten kann, dass der Eindruck entsteht, diese beschreibe sich selbst durch ihn, habe die Arbeit am Gedicht über Nacht allein gemacht und ihn nur fleißig mitschreiben, teilhaben lassen an ihrer Lebendigkeit. "Und unten in der Tiefe verdichtet eine düstere Welt / ihre Sprache bis zum Schweigen." Dieser Tiefe ist es zu verdanken, dass Meister Eckhart mühelos mit Chet Baker, Morton Feldman und Van Morrison mithalten kann, sie sind gleichsam alle fähig, die "Stille" zu "trinken".

Die Verwandlung der Welt ist hier immer verbunden mit dem klaren Blick auf den eigenen Platz in ihr. Auch wenn an der "Innengrenze des Goldes" die Seiten der Zukunft gewendet werden, klein wie er sei, heißt es bei Zupan, könne er sie nicht lesen: "Klein wie ich bin, krieche ich / ruhig unter das Lid der Zeit." Die Zeit ist immer wieder ein Orientierungspunkt in diesen Gedichten, mitten im Alltag verwandelt sich der Garten jeden Augenblick lang in eine Wolke. Der Verwandlung des Gartens folgt schnurstracks die Verwandlung der Wolken. Und in den Zwischenbereichen dieser Topographie findet sich ein ganzes Archiv, in dem das Einfachste erzählte Welt wird; Bücher werden weltweisende Öffnungen, sind "Tore in andere Welten", während die Zeit wieder Zeugin ist: "aufgebettet und glatt". Fast scheint sie in dieser Lyrik berührbar zu sein, was damit zusammenhängen mag, dass Zupan alles greifbar macht, die Wörter selbst haben haptischen Charakter, und man möchte mit ihm warten auf den "Regen, Regen, Regen - raunendes Heil", aber auch auf "Natasa", die im Liegen und Schlafen ersehnt wird.

Dieser Gedichtband hat sich nichts anderes zur Aufgabe gemacht als die seit langem betörend leichtfüßigste Archivierung fliegender Lebens- und Weltmomente. Es sind Blickniederschriften, in denen Natur und Augen an einer Art Sehbericht weben, Zwiesprache wird gehalten, als befinde sich alles in einem Zeitraum, als sei auch der Leser nur ein Mitarbeiter an dieser Sprache. Die Dauer wird im Vergänglichen gefunden auf eine derart unangestrengte Weise, dass sich nicht einmal dann Trauer einstellt, wenn die Lebenshypothesen ins Minus geraten und es heißt: "Immer ein Hoffnungsschimmer. / Schwarzweiße Zukunftsnegative umspulen, / die vielleicht nie zu Fotos werden."

Die Syntax fließt, ist leicht, dem "Dunkel" zum Trotz, das natürlich auch in diesen Gedichten lauert und in denen, wie es der bis in alle Satz- und Klangnuancen fein arbeitende Übersetzer Fabjan Hafner schreibt, glücklicherweise alle slawische Schwermut fehlt. Es scheint, als finde sich in diesen Gedichten eine Art "Brandung" der Stille, durch die das Feste und Schwere einfach hindurchschreiten. Es überwiegt aber das feinfühlig Durchlässige, vor allem dann, wenn die "Glut" die Wörter umgibt und eine "unsichtbare Wärme" da ist. Wenn die Wörter in den Schnee gelegt werden, "sinken sie zu Boden, / legen ihr Ohr an die Erde und lauschen. / So rufe ich den Frühling."

Bewegung wird nicht sportlich verstanden, niemand geht hier ins Fitness-Studio, aber dafür ertragreich "von Leben zu Leben". Das sei gut, heißt es in dem titelgebenden Gedicht "Immer bleibt das Andere". Und das scheint vor allem den Schriftsteller selbst zu betreffen, ein äußerst langweiliger Beruf sei das, man verwende seine Hände immer nur zum Tippen. Uros Zupan möchte man zurufen: weitermachen!

MARICA BODROZIC

Uros Zupan: "Immer bleibt das Andere". Gedichte. Aus dem Slowenischen übersetzt von Fabjan Hafner. Hanser Verlag, München 2008. 96 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2008

Stille Übereinkunft
Gedichte von Uros Zupan: „Immer bleibt das Andere”
Uros Zupan, geboren 1963 in Trbovlje, Slowenien, ist, so heißt es im Nachwort des Übersetzers Fabjan Hafner, „unbestritten die zentrale Dichterpersönlichkeit der mittleren Autorengeneration, für viele der lesenswerteste unter den slowenischen Dichtern überhaupt.” Beim Lesen seiner Gedichte fällt zunächst auf, was ihnen fehlt: das Angestrengte, Aufgeregte, Ambitionierte, Preziöse, mit dem manche seiner Kollegen Lyrik als große Kunst in Szene setzen. Zu Zupans Einflüssen gehören die amerikanischen Prosa-Langgedichte der späten fünfziger und der sechziger Jahre mit ihrer Verankerung in Popkultur und Alltag, und wenn man auch nicht weiß, ob Zupan je etwas von Rolf Dieter Brinkmann gelesen hat, so spürt man doch eine Verwandtschaft zu ihm, genauer: zu Brinkmann in seinen idyllischeren Momenten, zu einem Brinkmann ohne Zorn.
Es gibt einen bukolischen und daseinsfrohen (aber nicht –frommen) Grundzug in diesen Gedichten, eine Geste, die die ganze Welt einlädt ins Gedicht, am Schönsten vielleicht in dem langen Poem „Herbstlaub” aus dem Jahre 2006. „Abends creme ich deinen Bauch ein und spüre, wie sich in / deinem sanften / Dunkel unser Kind rührt und mir zuhört. Vichy und Aphrodite. / Die CD ist / zu Ende, und jetzt lege ich eine neue ein. Science Fiction. M / Himmel häufen / und vermischen sich die Wolken wie der Atem in den Nüstern / eines Pferdes.” Mit Recht spricht Hafner von Zupans „langen, wogenden Versen, mit Hingabe phrasierend wie nur je ein Instrumentalsolist.”
Die CD in Zupans Zeilen kommt nicht von ungefähr. Musik der unterschiedlichsten Observanz spielt eine wichtige Rolle als Thema und Organisator dieser lyrischen Reden. „Bücher, angefüllt mit Silber und Luft ... Die Raumakkorde / von Morton Feldman (ich habe nie geahnt, dass ich sie kennen würde), sich wiederholend wie das Atmen.” Und wenig später: „Alles ist stille Übereinkunft”, und das ist fast ein Motto für diese Gedichte, für das Ungezwungene und Gelassene ihres Zugangs zur Außenwelt.
Zupan kann auch anders, unsanfter, wie das Gedicht „Die Seife” unter Beweis stellt. „Die Augen der Slowenen”, heißt es hier, „sind ausgerichtet auf die / Transzendenz, auf Verdopplungen, auf Spiegel und / den Kosmos.” Wessen Augen meint er da genau? Jedenfalls mokiert er sich sichtbar über die „Modernisten” und ihre „erlesenste Empfindung”, den „heiligen Schreck”. „Die Modernisten haben sich zur obersten Kaste erklärt. Fliegen werden von Scheiße angezogen. Die Modernisten von den Slowenen.” Ist aber nicht auch Uros Zupan ein Modernist? Und darf man solche Gedichtzeilen zum polemischen Nennwert nehmen? Nein, aber man kann ganz gut sehen, was Zupans Sache nicht ist: die Transzendenz, die Heiligkeit und die Aura des lyrischen Signifikanten. Das mag ein Grund sein, weshalb man diese weit ausschwingenden, frei atmenden Gedichte so gern liest. CHRISTOPH BARTMANN
UROS ZUPAN: Immer bleibt das Andere. Gedichte. Aus dem Slowenischen von Fabjan Hafner. Edition Lyrik Kabinett im Carl Hanser Verlag, München 2008. 102 Seiten, 14,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Marica Bodrozic feiert den Lyriker Uros Zupan als einen Meister der Leichtigkeit, dessen Gedichte im Band "Immer bleibt das Andere" aber stets eine faszinierende, überaus dichte Welthaltigkeit an den Tag legten, wie sie bekräftigt. Geradezu greifbar scheine die Welt in den Versen des slowenischen Dichters, schwärmt die Rezensentin, die beinahe den Eindruck hat, eine Selbstbeschreibung der Welt vor sich zu haben, derart mühelos kämen die Gedichte daher. Ohne jede Theorielastigkeit und bar demonstrativ weiser Erkenntnisse bergen die Gedichte dennoch "Weisheit", rühmt die begeisterte Bodrozic, die auch die präzise Übersetzung durch Fabjan Hafner in den höchsten Tönen lobt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"So unterschiedlich die Stücke auch sein mögen, sie alle eint eine lyrische Kraft, die weniger auf die grosse Geste zielt als auf eine gleichsam schweifende Phantasie, die sich auf die Welt einlässt und ihre Erscheinungen in die Schwebe bringt." Nico Bleutge, Neue Zürcher Zeitung, 10./11.05.08

"Diese lyrischen Begehungen sind unaufdringlich, leise, und trotz ihrer Dichte werden sie von einem am ehesten fließend zu nennenden Schweigen getragen." Marica Bodrozic, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.04.08

"Es gibt einen bukolischen und daseinsfrohen (aber nicht -frommen) Grundzug in diesen Gedichten, eine Geste, die die ganze Welt einlädt ins Gedicht. ... Das mag ein Grund sein, weshalb man diese weit ausschwingenden, frei atmenden Gedichte so gern liest." Christoph Bartmann, Süddeutsche Zeitung, 22./23.11.2008