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Eine einzigartige Stimme der jüngeren deutschen Lyrik.Das lyrische Sprechen dieser Autorin greift weit aus, in die Zeiten, zurück ins Archaische, Mythische, und es führt in entfernte Weltgegenden, die doch merkwürdig nah liegen. Daniela Danz befragt die Bruchstellen: von Tradition und Moderne, von Europa und Orient, von Wasser und Land. Die Dinge, die sie auf ihren poetischen Reisen »findet«, rücken in ein verzaubertes Licht, sie werden zu phantastischen Orten neuer Erinnerungen. »In ihren Versen geht der Blick nach außen (und nach innen) immer durch die brüchigen Türen und Fenster der Moderne«, hieß es in der »Zeit«.…mehr

Produktbeschreibung
Eine einzigartige Stimme der jüngeren deutschen Lyrik.Das lyrische Sprechen dieser Autorin greift weit aus, in die Zeiten, zurück ins Archaische, Mythische, und es führt in entfernte Weltgegenden, die doch merkwürdig nah liegen. Daniela Danz befragt die Bruchstellen: von Tradition und Moderne, von Europa und Orient, von Wasser und Land. Die Dinge, die sie auf ihren poetischen Reisen »findet«, rücken in ein verzaubertes Licht, sie werden zu phantastischen Orten neuer Erinnerungen. »In ihren Versen geht der Blick nach außen (und nach innen) immer durch die brüchigen Türen und Fenster der Moderne«, hieß es in der »Zeit«.
Autorenporträt
Daniela Danz wurde 1976 in Eisenach geboren und studierte Kunstgeschichte und Deutsche Literatur in Tübingen, Prag, Berlin und Halle, wo sie über Krankenhauskirchenbau promovierte. Sie arbeitet als Autorin, lehrt an der Universität Hildesheim und lebt mit ihrer Familie in Kranichfeld. Von 2013 bis 2020 leitete sie das Schillerhaus und ist seit 2021 Vizepräsidentin der Akademie der Wissenschaft und Literatur Mainz.2023 erhält sie den Thüringer Literaturpreis, 2022 wurden ihr sowohl der Deutsche Sprachpreis als auch der Lyrikpreis Orphil der Landeshauptstadt Wiesbaden zugesprochen, 2021 der erste Günter Kunert Literaturpreis für Lyrik und 2020 der Literaturpreis der A und A Kulturstiftung für ihr literarisches Werk.; 2019 wurde sie für einen Auszug aus dem Manuskript von »Wildniß« mit dem Deutschen Preis für Nature Writing ausgezeichnet.www.danieladanz.de
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.04.2009

Am hellen Meer
Auf Abwegen: Daniela Danz und ihr Gedichtband „Pontus”
„Pontus” nennt die 1976 in Eisenach geborene Autorin Daniela Danz ihren Lyrikband. Pontus ist die alte Bezeichnung des Schwarzen Meeres, eigentlich Pontos Euxeinos, das Gastfreundliche Meer, ein beschönigender Name für das stürmischste und nördlichste Gewässer, das den alten Griechen geläufig war. Am Pontus trat die antike Zivilisation in dauernden Kontakt zu unverbesserlichen Barbaren, zu Skythen und Kolchern; hierher wurde der Dichter Ovid verbannt und schrieb die „Tristia ex Ponto”, die Trauergesänge des Exils. Später stießen hier die christliche und die islamische Sphäre zusammen, Russland versuchte in ungezählten Kriegen (von denen der Krimkrieg nur einer war), auf Kosten des Osmanischen Reichs den Zugang zu „warmen Meeren” zu erzwingen, denn Wärme und Süden sind relative Begriffe. Bis heute verläuft hier irgendwo die Grenze von Europa und Asien. Wo genau, das ist die nicht konfliktfreie Frage; die Landkarte auf der Rückseite unserer Geldscheine löst sie so, dass sie das Schwarze Meer in der Mitte abschneidet.
Die dünne rote Krim-Linie
Eine Karte setzt auch Daniela Danz auf den Umschlag ihres Buchs; diesen historischen Raum verheißt sie aufzuspannen. „Helles Meer” betitelt sie ihr erstes Gedicht. Helle, das war die Schwester des Phrixos, beide zusammen flogen auf dem Goldenen Vlies nach Osten, doch Helle stürzte ab und fiel in jenes Meer, das seither nach ihr der Hellespont heißt, in neuerer Zeit Marmarameer, die Pforte des Pontus. Es handelt sich um ein Wortspiel; aber an dieser Stelle eingesetzt um kein ganz harmloses, denn es scheidet gleich zu Beginn den Weizen der gebildeten Leser, die es zu goutieren vermögen, von der Spreu der minder gebildeten, die hier nur einsinnig ein Meer erkennen, das hell ist.
In dieser Weise hantiert Daniela Danz überall mit dem Bildungsschatz. Sie zieht aus ihm mit bedeutungsvoller Geste das Zitat, dessen bloße Aufrufung genügen soll, dem Gedicht Höhe und Weihe zu geben. Ihr Gedicht über Orest z. B., der seine Schwester Iphigenie von der Krim heimholt, endet: „Erinnyenkompagnien sind subjektiv / und dass sie Eumeniden werden / kann man nur hoffen wo man sonst nichts weiß.” Die Rachegöttinnen hatten die Griechen verhüllend in die Wohlmeinenden umgetauft (damit treibt noch Jonathan Littell sein Spiel), aber dafür kann Danz am wenigsten.
Bricht man die beiden Edelsteinwörter heraus aus dem Satz, bleibt eine erstaunlich banale Fassung zurück. „ich kaufe mir an einem souvernirstand eine korallenkette und lasse sie mir gleich um den hals legen. die dünne rote linie die im krimkrieg die engländer in ihren roten uniformen auf den hügeln bildeten. so kleine blutrote kugeln um meinen hals. auf diese weise lässt sich nichts verstehen.” Natürlich lässt sich auf diese Weise nichts verstehen, wenn man der nächstbesten schlampigen Assoziation nachgibt und das Werk sodann für vollbracht erklärt. „im Musée du Louvre steht eine alte Dame / nachdenklich vor dem Floß der Medusa / und ,weiß den Eindruck nicht zu beschreiben’ / den es ihr macht.” Das geht in Ordnung für die alte Dame, schwerlich jedoch für die Lyrikerin, die es dabei bewenden lässt, als hätte sie damit schon etwas gesagt.
Wie kommt hier überhaupt die Medusa ins Spiel, die doch keineswegs im Pontus, sondern bei der Umrundung Afrikas Schiffbruch erlitt und Géricault zu seinem Gemälde inspirierte? Es steht zu befürchten: auf dem reinen Weg des Anklangs zu Medea, die nun allerdings dem pontischen Bezirk angehört. Denn Daniela Danz bleibt nicht, was ihr Buch sonst vielleicht unter dem Gesichtspunkt der formalen Anstrengung gerettet hätte, dem selbstgewählten Umkreis treu. Schon bald beginnen die Ausflüge nach Rom, ins Gebetbuch des Herzogs von Burgund, vor allem aber ins Heilige Land, dessen geographische und spirituelle Eigenheit sich mit dem pontischen Thema schwer vereinbaren lässt.
In der Westbank fühlt sich die lyrische Sprecherin in das Palästinensermädchen Dina ein, das Angst hat, sein Bruder könne sich auf dem Weg zu einem Selbstmordanschlag befinden; doch macht Dina auch der Besuch der antiken Festung Masada, wo sich der letzte jüdische Widerstand gegen die Römer konzentrierte, nachdenklich. Kurzum, sie übt sich in abwägender Gerechtigkeit, zum lyrischen Nachteil beider Seiten. Dina, Danae, Diana, der ukrainische Volksheld Danilo und selbst der Prophet Daniel, alle diese Mythen und Figuren umflattern in lockerem Kranz das Haupt der Touristin Daniela Danz.
Ist die Bildung die eine Krücke, mit deren Hilfe diese Lyrik wandelt, so der Ton die andere. Die Autorin will, dass wir ihr auf den Ton glauben, nicht aufs Wort; denn das Wort hält nicht. „fast ist es seltsam: da sind menschen inmitten der dinge”, hebt sie an zu einem längeren Stück lyrischer Prosa. Das rilkt ganz ungemein, speziell der Auftakt, dieses „fast”: Es bedeutet schlechterdings überhaupt nichts, es ist eine Gebärde, die die Hand in die Luft malt.
„verweisen sie auf die über sie hinweggehende geschichte oder verweist die geschichte auf sie?” Das ist ganz augenscheinlich keine Frage, die uns voranbringt, denn dass Menschen und Geschichte stets aufeinander „verweisen”, wie es mit unnötiger Verdrehung heißt, ist nicht die zu erschließende Tiefe der Sache, sondern das elementare Verhältnis der Beteiligten. Hat schon mal jemand geäußert, dass das Auto aufs Blech und das Blech aufs Auto „verweist”? Da geht es einfach nicht weiter.
„Hinter der Fülle der Stadt klafft das jähe / Nichts der Wüste // das erst glaubwürdig wird je häufiger der / Gedanke an Durst // uns von der Sorglosigkeit abbringt die / die Maschine erzwingt.” An Bild, Sprache und Denken stimmt nichts. Wir befinden uns also im Landeanflug in ein trockenes Land. Wie kann die Wüste „klaffen”, wenn dieses Verb doch einen beidseitig gut begrenzten Abgrund meint, die Wüste aber ins Weite zieht? „Erst glaubwürdig – je häufiger”: eine verunglückte Korrelation, denn das „erst” zielt auf Einmaliges, das „häufiger” jedoch auf Repetition.
Wie man sich durstig denkt
Und wie steht es mit dem „Gedanken an Durst”? Offenbar liegt Durst selbst noch nicht vor, sondern man malt sich aus, wie er wäre. Was könnte diesen „Gedanken” aber ausgelöst haben, wenn der Durst als physiologischer Zustand der Sprechenden noch fern liegt? Vermutlich doch die Plötzlichkeit des Anblicks der Wüste. Danz behauptet aber das genaue Gegenteil, nämlich dass sie erst durstig denkt (nicht durstig ist) und dann die Wüste so richtig sieht. Diese Reihenfolge ist unwahrscheinlich, zumal ja der Zustand der Sorglosigkeit betont wird, den man im Flugzeug – genießt? Ach wo! Der erzwungen wird. Wie aber wäre Sorglosigkeit zu erzwingen? Sobald einer Zwang spürt, hört es sich auf mit der Sorglosigkeit. Man kann zur Sorge gezwungen und von ihr abgebracht werden; von der Sorglosigkeit gilt beides nicht. BURKHARD MÜLLER
DANIELA DANZ: Pontus. Gedichte. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 76 Seiten, 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2009

Flüstern im Widderhorn
Bis zur Antike: Gedichte von Daniela Danz

Von Nadja Wünsche

Eine eiserne / Ration Homer" verspricht Daniela Danz, wenn sie Odysseus und Stalins U-Boote auf Kollisionskurs bringt. In ihrer von Prosaminiaturen begleiteten Lyrik sticht die Autorin in See, erwandert die Länder Südosteuropas und Kleinasiens und vermisst die Grenzen der Vergegenwärtigung. Danz beginnt ihre aus fünf Zyklen bestehende Reise an den Pontus nicht ohne das schwere Gepäck der Geschichte der Gegenden, ihrer Mythen und Märchen. Bereits im einleitenden Gedicht "Helles Meer" bezieht sie sich auf den Ursprung der Argonautensage. Auf ihrer Flucht nach Kolchis auf einem fliegenden Widder stürzt die böotische Königstochter Helle ins Meer, das im Altertum den Namen der in ihm Ertrunkenen trug: Hellespont.

Zwischen Identifikation und Befremden variiert das lyrische Ich die Erzählung im eigenen Empfinden, stürzt sich in ihre Bilder und sieht sie ihrerseits in sich zusammenstürzen. Vergangenheit und Gegenwart, Mythos und Realität im Wechsel aufnehmend und fallen lassend, prüft Danz die Tragfähigkeit der Tradition, ohne den Blick für die Fragilität der auf ihr balancierenden eigenen Sprache zu verlieren: "Helle am lichtlosen Meerboden / weidest du deine Ideen / vom Kaukasus: Kolchis Kolchis / hast du dem Widder / in die Bögen der Hörner geflüstert / Kolchis sagtest du siehst du / das zieht ihn - alles falsch Helle / nichts zog den Widder es waren / nur meine Schenkel die ihm / in die Weichen drückten".

"Pontos Euxeinos" war im antiken Griechenland der Name des Schwarzen Meeres, das "Gastliche Meer". Als Gäste und Fremde zugleich bleiben die Gedichte unterwegs, ist das Meer ihnen Brücke und Grenze in einem. Orte und Gestalten der Mythologie kontrastiert Danz mit inhaltlichen Brüchen und neuen Perspektiven. "Danae sitzt im Gehäuse der Zollstation", "hi medea sagt jason" und Iphigenies Tempel auf Tauris steht auf jenem Berg, unter dem Stalin im Zweiten Weltkrieg "einen atombunker zum schutz vor bomben zehnmal stärker als die kraft der hiroshimabombe in den fels graben ließ". Der ukrainische Märchenheld Danilo kann mit gefälschten Papieren das lyrische Ich auf seiner Reise nicht lange begleiten. Auch christlich-jüdischer Glaube und Islam sind zentrale Themen, denen sich die Autorin in behutsamen Bildern nähert. Im Gedicht "El Al (Boeing 767)" etwa, das den Namen der größten israelischen Fluggesellschaft angesichts seiner biblischen Grundbedeutung "nach oben, zu Gott hin rufen" verdichtet, befragt sie die Kraft der Worte selbst: "in der Klarheit der Luft der Kälte der / Stratosphäre scheint es / als könnten die Kräfte die sie geformt / mit sicheren Händen / auch mir im bloßen Erblicken die schönere Form geben".

Ihre Themen bearbeitet Danz mit großem Formbewusstsein und Gespür für Rhythmus und Versgrenzen. Im fünften und letzten Zyklus "Ex ponto" wagt sie schließlich die formal ungebrochene Annäherung an die Antike. Die Gedichte sind sämtlich in der antiken Strophenform der alkäischen Ode geschrieben. So macht sich Danz am Ende ihrer Bereisung des Schwarzen Meeres auf den Weg, nicht nur thematisch, sondern auch formal die Grenzen der Antikerezeption auszuloten: Wie kann man heute und im Deutschen mit seiner qualifizierenden Metrik alkäische Oden verfassen? Der Bezug zu Hölderlin schraubt den Anspruch immerhin ins Idealische. Auf dessen Vers "Komm! Ins Offene, Freund!" ist ebenso angespielt wie auf seinen zentralen Begriff des Maßes, das der dionysischen Sprache Einhalt gebieten muss und sich beispielsweise im "Heilignüchternen" der "Hälfte des Lebens" findet.

Gewiss laufen Danz' Verse nicht Gefahr, über die Ufer der Poesie zu treten. Formal einwandfrei gearbeitet, erfüllt sie jede vom Metrum vorgegebene Silbe. Doch bleibt die Autorin in ihrer Reanimierung antiker Metrik bei einer naiven Formvollendung stehen, anstatt sie zu durchbrechen, die eigene Sprachbewegung inhaltlich einzuholen und auf diese Weise spannungsreich mit Formvariationen zu arbeiten. Widerstandslos fügt sich die Welt in Bilder. Lediglich die Entscheidung für vier statt der üblichen drei oder fünf Strophen reflektiert auf den Verlust einer dialektischen Bewegung der alkäischen Ode: Tradition und Gegenwart, Mythos und Realität bleiben sich gegenübergestellt.

Daniela Danz wurde 1976 in Eisenach geboren; als freie Autorin und Kunsthistorikerin lebt sie in Halle an der Saale. 2004 erschien ihr Gedichtband "Serimunt", zwei Jahre später der Roman "Türmer". Mit "Pontus" gelingt Danz die Fortsetzung ihrer in "Serimunt" begonnenen poetischen Wanderung, die am Ende nur vor sich selbst zum Stehen kommt: "der pontus selbst ist die grenze. eine riesige grenze aus nichts als wasser und unseren gedanken". Man darf gespannt sein, wohin die Reise geht.

Daniela Danz: "Pontus". Gedichte. Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 76 S., geb.,14,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Mit großem Respekt schreibt Rezensent Anton Thuswaldner über den neuen Gedichtband von Daniela Danz, die darin das Schwarze Meer, seine Geschichte und seine Mythen lyrisch erkundet. Wie bei einem Konzeptalbum, meint Thuswaldner, steht hier kein Gedicht für sich, alle sind eingebunden in den gesamten Zusammenhang. So entstehen für Thuswaldner sehr reizvolle Reibungen, denn Danz lasse hier auch "Lebens- und Denkmodelle" nebeneinander stehen, die sich eigentlich recht schlecht vertragen. Aber genau darin, dass die Unterschiede nicht eingeebnet werden, dass Barbarei auf Zivilisation, Griechen auf Skythen treffen, liegt für den Rezensenten der Reiz dieser Gedichte.

© Perlentaucher Medien GmbH