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"Max atmete ruhig und gleichmäßig, nur manchmal schnarchte er leise. Julia hatte sich zusammengerollt, aber nicht so, als hätte sie Angst, eher, als hätte sie nichts mehr zu befürchten, weil draußen jemand Wache hält. Und auf einmal kam mir der Gedanke, dass man Menschen beschützen kann. Ich drehte mich um und schlich zur Tür. Ich hörte den Gesang der Amseln und ein Autohupen in der Ferne, und ich hörte mein schlagendes Herz. Ich schloss die Tür. Drehte den Schlüssel zweimal herum. Und dann rannte ich."
Irgendetwas ist seltsam an Julia und Max, das findet Mascha von der ersten Sekunde an.
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Produktbeschreibung
"Max atmete ruhig und gleichmäßig, nur manchmal schnarchte er leise. Julia hatte sich zusammengerollt, aber nicht so, als hätte sie Angst, eher, als hätte sie nichts mehr zu befürchten, weil draußen jemand Wache hält.
Und auf einmal kam mir der Gedanke, dass man Menschen beschützen kann. Ich drehte mich um und schlich zur Tür. Ich hörte den Gesang der Amseln und ein Autohupen in der Ferne, und ich hörte mein schlagendes Herz.
Ich schloss die Tür. Drehte den Schlüssel zweimal herum.
Und dann rannte ich."

Irgendetwas ist seltsam an Julia und Max, das findet Mascha von der ersten Sekunde an. Und dann sieht sie, dass Julia überall blaue Flecken hat, richtig große. Als Mascha schließlich eines Tages auf der Suche nach den beiden vom Garten aus einen Blick in ihr Haus erhascht, ist ihr klar: Sie muss ihnen irgendwie helfen. Aber wie, wenn keiner der Erwachsenen ihr zuhören will?
Mascha hat eine verhängnisvolle Idee - aber manchmal ist es besser, etwas Falsches zu tun, als gar nichts.
Autorenporträt
Kreller, Susan
Susan Kreller, 1977 in Plauen geboren, studierte Germanistik und Anglistik und promovierte über deutsche Übersetzungen englischsprachiger Kinderlyrik. Sie lebt mit ihrer Familie in Bielefeld und arbeitet als freie Journalistin und Autorin. Susan Kreller ist Gewinnerin des Kranichsteiner Literaturstipendiums, wurde bereits dreimal für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und hat ihn 2015 für ihren Roman »Schneeriese« gewonnen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.08.2012

Der Blick der Partisanen
Sanfter Psychothriller: Susan Krellers großartiges Debüt fragt nach den blauen Flecken auf Kinderarmen

Gute Bücher haben gute erste Sätze: "Die Sache, die im blauen Haus passiert ist, hat mir viele böse Blicke und meinen Vater beschert." So beginnt die Bielefelder Autorin Susan Kreller ihren ersten Roman. Es spricht Mascha, 13 Jahre alt, ein ebenso altkluges wie blauäugiges Mädchen. Maschas Mutter ist schon vor Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen, ihr Vater, ein Dokumentarfilmer, wirkt reizend, aber weitgehend abwesend. Die Sommerferien verbringt Mascha traditionell bei ihren Großeltern in der Provinz, in Barenburg. Dort drückt der öde Sommer gegen die blank geputzten Fensterscheiben, bis sich die Ferien dehnen wie Gummiband.

Doch die Langeweile gebiert nicht nur im richtigen Leben oftmals die kühnsten Geschichten. Mascha begegnet auf dem Kinderspielplatz den beiden verdrucksten Geschwistern Julia und Max, die in derselben Siedlung wie ihre Großeltern wohnen, nur ein paar Häuser weiter. Julia ist 9 und ihr Bruder Max 7 Jahre alt. Normale Geschwister, scheint es. Mascha kommt mit ihnen ins Gespräch, erspäht aber schnell merkwürdig blaue Flecken an ihren Körpern. Die lassen ihr keine Ruhe, sie spioniert und beginnt zu handeln, wie Teenager handeln: überstürzt, impulsiv, ohne weit zu denken und mit der Unbedingtheit von Partisanen.

Zum Glück. Denn daraus entwickelt Kreller einen sanften Psychothriller, der sprachlich wie dramaturgisch überzeugt. Das liegt auch an der gewieften Kinderperspektive. Alles, was wir erfahren, erfahren wir von Mascha, mit der man nach Aussage ihrer Großmutter zwar Pferde stehlen, aber keinen Blumentopf gewinnen kann, was sich dann allerdings als ziemlich vorschnelles Urteil erweist.

Obwohl also der Roman allein auf Maschas Sicht der Dinge setzt, gewährt er dem Leser gleichzeitig genügend Raum, sich seinen Teil zu denken. Dabei erzählt Kreller in einem ganz eigenen, sommerfrischen Tonfall, der die Große-Ferien-Herrlichkeit unaufgeregt mit der drohenden Pubertät kurzschließt. Von alten Leuten mit "julibraunen Armen" berichtet die Autorin in schlanken Sätzen oder von einer Nachbarin mit "Zigarettenstimme". Peu à peu verdüstert sie den blau blitzenden Himmel über Barenburg, die Ereignisse eskalieren. Kreller gelingen berührende Schilderungen kindlichen Elends, und hinter ihrer äußerst spannend erzählten Geschichte verbirgt sich die elementare Frage nach Gut und Böse.

Letzteres ist in diesem Fall leicht dingfest zu machen, das Gute aber erweist sich als ziemlich vertrackte Angelegenheit. Gut gemeint ist zwar noch längst nicht gut, aber vielleicht doch besser als gar nichts?

Die 1977 in Plauen geborene Autorin blickt auf den Grund der Teenagerseele und lehrt ihre Leser unter der Hand einiges über das Leben im Allgemeinen und die Zivilcourage im Besonderen. Lernen lässt sich, dass die Ohnmacht auch eine Macht ist, ein Haus zuweilen Zuflucht vorm Leben bietet, manche Menschen gar nicht gerettet werden möchten und es womöglich dennoch verdienen, Feiglinge ihre Ferien gelassener verbringen als Couragierte, und dass längst nicht alle gegebenen Versprechen auch gehalten werden müssen.

Das ist nicht nur für Mascha eine heilsame Lektion. Belehrend aber ist das Buch in keiner Zeile. Vielmehr führt Kreller das Leben in schönster Widersprüchlichkeit vor. Und schickt ihre heldenhafte Antiheldin Mascha durch einen Sommer, in dem die Wirklichkeit das Blaue vom Himmel zerrt.

SHIRIN SOJITRAWALLA

Susan Kreller: "Elefanten sieht man nicht".

Carlsen Verlag, Hamburg 2012. 208 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 14 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Diese Geschichte um das Mädchen Mascha an der Grenze zur Pubertät hat die Rezensentin Shirin Sojitrawalla spürbar mitgerissen. Es handelt sich für das Mädchen zugleich um eine moralische Prüfung und ein Abenteuer, wenn man der Rezensentin glaubt. Und sie stellt sich ihm mit der "Unbedingtheit von Parisanen". Es geht darum, ein Geschwisterpaar vor seinen schlagenden Eltern zu retten - zumindest scheint es so, denn laut Rezensentin hält die Geschichte durchaus einige verwirrende und spannende Peripatien bereit. Sojitrawalla kann dieses Buch, das eine Parabel über Gut und Böse sei, ohne je ins Pädagogische abzugleiten, nur dringlich empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Für alle Altersgruppen ein heißer Lesetipp" LizzyNet 20160125