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Wer hat Angst vor der "Evalution"? So klug und engagiert heute über Diskriminierung debattiert wird, fällt auf, dass eine der wichtigsten Fragen ausgeklammert wird: Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass Frauen um Gleichberechtigung kämpfen müssen? Zweitausend Jahre lang lieferte die Bibel die Antwort: Weil Eva eher der Schlange als Gott vertraute, müssen all ihre Nachfahrinnen den Männern untertan sein. Auch die Biologie schob lange den Frauen die Schuld zu: Sie seien nun mal das schwache Geschlecht. Kein Wunder, dass sich ein Eva-Tabu etablierte und seither die Evolution gemieden wird. Es…mehr

Produktbeschreibung
Wer hat Angst vor der "Evalution"? So klug und engagiert heute über Diskriminierung debattiert wird, fällt auf, dass eine der wichtigsten Fragen ausgeklammert wird: Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass Frauen um Gleichberechtigung kämpfen müssen? Zweitausend Jahre lang lieferte die Bibel die Antwort: Weil Eva eher der Schlange als Gott vertraute, müssen all ihre Nachfahrinnen den Männern untertan sein. Auch die Biologie schob lange den Frauen die Schuld zu: Sie seien nun mal das schwache Geschlecht. Kein Wunder, dass sich ein Eva-Tabu etablierte und seither die Evolution gemieden wird. Es könnte ja sein, dass etwas an der herrschenden Ungerechtigkeit «natürlich» wäre. Von wegen! Die Wahrheit über Eva, über die biblische wie die biologische, zeigt: Ohne die Frauen ist der Erfolg unserer Spezies nicht zu verstehen. Und ihre Unterdrückung war alles andere als Normalität. Die solidarische, wenn auch immer delikate Beziehung der Geschlechter ist unser evolutionäres Erfolgsgeheimnis.

Carel van Schaik und Kai Michel nehmen in ihrem neuen Buch zwei Millionen Jahre Menschheitsgeschichte in den Blick. Sie zeigen, wie sich die Beziehung von Frauen und Männern entwickelte und was sie massiv ins Ungleichgewicht brachte. Neue Einsichten aus Evolutionsbiologie und Genetik, Archäologie, Ethnologie und Religionswissenschaft erhellen den komplexen Prozess, der die Frauen ins Leid stürzte, aber auch den Männern alles andere als gut tat. Die Erfolgsautoren studieren das Verhalten unserer Primaten-Verwandtschaft, inspizieren phantastische Steinzeitheiligtümer und durchforsten die Bibel. Sie zeigen, warum Treue eine männliche Erfindung ist und wieso Sexualität verteufelt wurde. Sie enthüllen, was bis heute Ehe, Familie und die Sphären der Macht kontaminiert. Die Wahrheit über Eva kann helfen, die Misere der Geschlechter endlich zu beenden.

«Ein unglaublich aktuelles Buch, das tiefe Einblicke in die Rolle bietet, welche die Religion bei der Aufrechterhaltung traditioneller Geschlechterrollen und Machtstrukturen spielt.»
Sarah Blaffer Hrdy, Anthropologin und Autorin von «Mutter Natur: Die weibliche Seite der Evolution»

«Ein großes und großartiges Buch - voll überraschender, faszinierender, wichtiger und zum Nachdenken anregender Gedanken.»
Jared Diamond, Pulitzer-Preisträger
Autorenporträt
CAREL VAN SCHAIK, geboren 1953 in Rotterdam, ist Verhaltensforscher und Evolutionsbiologe. Er erforscht die Wurzeln der menschlichen Kultur und Intelligenz bei Menschenaffen. Er war Professor an der Duke University in den USA und Professor für biologische Anthropologie an der Universität Zürich, wo er als Direktor dem Anthropologischen Institut und Museum vorstand. Carel van Schaik ist korrespondierendes Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften und Fellow der Max-Planck-Gesellschaft. Er lebt in Zürich.  
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Kerstin Maria Pahl lernt, wie unsere Urnatur durch alle kulturellen Prägungen "hindurchwirkt" mit Carel van Schaiks und Kai Michels Buch, das Pahls Meinung nach "oft weitschweifig" viel Interessantes zur Gendergeschichte beiträgt. Wie die neolithische Revolution langsam aber sicher das Patriarchat in Position bringt, erläutern die Autoren laut Pahl "differenziert", mit Gerda Lerner, Simone de Beauvoir und Pierre Bourdieu im Gepäck. Der letzte Teil des Buches über Jesus, den Frauenfeind, Sex und Sünde scheint Pahl allerdings etwas grob geschnitzt, als hätten die Autoren zu viel "Dornenvögel" geschaut.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.03.2021

In der Tempelruine entstand ein Gemisch aus Potenz und Aggression
Mehr Ausrufezeichen waren selten: Carel van Schaik und Kai Michel möchten in einem historischen Durchgang das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern ergründen

Gesundes Selbstbewusstsein tut diesem Thema gewiss keinen Abbruch: "wir, ein Evolutionsbiologe und ein Kulturwissenschaftler, glauben rekonstruieren zu können, was tatsächlich schiefgelaufen ist zwischen Frauen und Männern." Dann also mal los. Die Kernaussagen, die das niederländisch-deutsche Autorenteam Carel van Schaik und Kai Michel in ihrer makrohistorischen Gendergeschichte darlegen, sind rasch skizziert: Die Evolution kennt keine Intention. Nicht biologische Dispositionen laufen auf Sexismen hinaus, sondern kulturelle Rahmungen, allen voran als Herrschaftsinstrument institutionalisierte Religion.

Viele unserer Vorfahren, so die Autoren, von einigen Primaten über die Hominiden zu den Jägern und Sammlern, kannten Unterschiede ("Sexualdimorphismus"), aber wenig Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. Körperliche Unterlegenheit glich frau demnach durch exklusives Wissen oder Allianzen aus. Das änderte sich mit der neolithischen Revolution. Aufgrund der Landwirtschaft, des Anbaus von Pflanzen und des nun zu schützenden Privatbesitzes, mussten Männer häufiger anwesend sein als zuvor. Die in die "patrilokalen" Familien einheiratenden Ehefrauen verloren ihr Netzwerk. Getreide verdrängte eisenreiches Fleisch und kalziumhaltige Nüsse vom Speiseplan, was Frauen, die stärker zu Mangelerscheinungen neigen, besonders traf. Da Kinder früher abgestillt wurden, nahmen die Geburten zu. Die Nachwuchspflege, zuvor ein Gemeinschaftsunterfangen, wurde exklusiv der Mutter zugeordnet. Diese "akkumulative kulturelle Evolution", eine langsame Verdichtung verschiedener Entwicklungen, ziehe sich über Tausende Jahre hin und biege mit dem Aufkommen immer größerer Gemeinwesen endgültig falsch ab.

Die prähistorische Siedlung Göbekli Tepe in der Türkei, deren älteste Teile aus dem zehnten Jahrtausend v. Chr. stammen und die heute Weltkulturerbe ist, soll illustrieren, was geschah: In den Ruinen eines "Prototempels", ausgestattet mit Bildern wilder Tiere, entsteht ein "düster-bedrohliches Gemisch aus Potenz, Aggression und Tod". Die Jagd wird überhöht, der Kontakt zu außerweltlichen Mächten zum Privileg des männlichen "inner circle". Die weiblich geprägte Alltagsfrömmigkeit wird erst eingehegt, dann diffamiert. Als sich im Vorderen Orient Staaten bilden, setzt sich die Entwicklung fort. Erlegt werden keine Auerochsen mehr, sondern Feinde. Frauen sind Kriegsbeute. Mit der Einführung von Gesetzestexten wird der gelebte "male bias" festgeschrieben.

Die Schlussfolgerungen sind bekannt: Wir haben eine Welt übernommen, in der Männlichkeit die unhinterfragte Norm bildet. Vordenkerinnen der "patriarchalen Matrix", wie Simone de Beauvoir, werden dementsprechend ausgiebig gewürdigt. Gerda Lerners Geschichte von der "Entstehung des Patriarchats" in Mesopotamien zwischen etwa 3100 und 600 v. Chr. stand Patin, wird jedoch deutlich erweitert. Pierre Bourdieu ist Gewährsmann für die These, dass Herrschaft nicht ohne das "Monopol der legitimen symbolischen Gewalt" funktioniere.

So differenziert diese Ausführungen sind, so holzschnittartig geht es auf einmal im letzten Teil zu. Jesus Christus, der Frauenfreund, mit seiner eigentumsfreien Kommune wird erst von Paulus auf Mittelschicht gepolt, dann von Konstantin für sein brutales Großmachtstreben gekapert. Mit dem wohl berüchtigtsten Pubertätssignal der Religionsgeschichte, Augustinus' Erektion im Bade, wird die Sexualfeindlichkeit zum "Gottesdienst". Frauen sind Huren oder Heilige. Und dann noch der Zölibat, der Priester in Nöte stürzt. Wäre Sex nicht Sünde, würde sich die katholische Kirche "ihrer Existenzgrundlage berauben und die Quelle ihrer Kraft aufgeben". Wurden hier für den Zuschnitt die "Dornenvögel" konsultiert?

Interessant ist vieles allemal, aber auch oft weitschweifig. Es entbehrt nicht der Ironie, dass sich ein Evolutionsbiologe mit der Selektion schwertut. Weniger Zitate und eine Konzentration auf die Kernaussagen hätten die Stringenz gewahrt. Der Gestus ist vollmundig, und selbst die Interpunktion vermittelt Forschheit: Mehr Ausrufezeichen waren selten. Das verdeckt regelmäßig, dass eine instruktive Geschichte der schleichenden Prozesse erzählt wird. Deren Stränge lässt das Autorengespann in Eva zusammenlaufen. In guter vorackerbaulicher Manier pflückte diese einen Apfel, der aber leider schon Privatbesitz war. Die Bibel spiegele so die (prä-)historischen Änderungen der Lebensbedingungen: Aus Nomaden wurden Bauern, aus hypersozialen kleinen Gemeinschaften patrilineare Erbdynastien. Und aus einem Geflecht vieler Geister und Götter wurde ein sehr eifersüchtiger Einzelgott, konfiguriert nach dem Vorbild des gewalttätigen assyrischen Großkönigs.

Lesern des voraufgegangenen Buchs, "Das Tagebuch der Menschheit", werden die Argumente vertraut sein. Die Autoren übernehmen teilweise ihre Lektüre der Bibel, stellen aber empirische Befunde stärker heraus. Diese "andere Geschichte der Menschheit" soll Yuval Noah Hararis kurze - und souveränere - Darstellung derselben ergänzen, die biologische Faktoren der Geschlechterungleichheit diskutiert, aber nicht vertieft hatte.

Beide Bücher führen, mit dem Ziel einer politischen Intervention, Erkenntnisse zusammen, die sonst in den Einzeldisziplinen ihr Dasein fristen. Revolutionär ist vieles daher nicht. Dass die Voraussetzungen unseres Denkens und Handelns selbst nicht voraussetzungslos sind, dürfte mittlerweile selbst außerhalb von Diskurskritik und Wissenschaftsgeschichte Widerhall gefunden haben. An der institutionalisierten Religion als einem Problem für Frauen arbeiteten sich amerikanische Suffragetten bereits im neunzehnten Jahrhundert ab.

Allerdings geben Carel van Schaik und Kai Michel mit ihrem biologisch fundierten, aber weder determinierenden noch essentialisierenden Ansatz dem Universalismus eine echte Chance: Durch alle Kultur hindurch wirke unsere erste Natur, die durch die Evolution in die Gene eingeschriebenen Anlagen, emanzipatorisch. Alltagsreligiosität und Sinn für Fairness rebellierten gegen die Ungerechtigkeiten einer Top-down-Religion und ihrer heutigen gesellschaftlichen Ausläufer. Wem derzeit der Optimismus erlahmt, kann mit der Lektüre dieses Buchs auftanken: Was der Mensch gefügt hat, das kann der Mensch auch lösen.

KERSTIN MARIA PAHL

Carel van Schaik

und Kai Michel:

"Die Wahrheit über Eva". Die Erfindung der

Ungleichheit von Frauen und Männern.

Rowohlt Verlag,

Hamburg 2020. 704 S., geb., 26,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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WISSENSBUCH DES JAHRES 2020/21 20211116
In der Tempelruine entstand ein Gemisch aus Potenz und Aggression
Mehr Ausrufezeichen waren selten: Carel van Schaik und Kai Michel möchten in einem historischen Durchgang das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern ergründen

Gesundes Selbstbewusstsein tut diesem Thema gewiss keinen Abbruch: "wir, ein Evolutionsbiologe und ein Kulturwissenschaftler, glauben rekonstruieren zu können, was tatsächlich schiefgelaufen ist zwischen Frauen und Männern." Dann also mal los. Die Kernaussagen, die das niederländisch-deutsche Autorenteam Carel van Schaik und Kai Michel in ihrer makrohistorischen Gendergeschichte darlegen, sind rasch skizziert: Die Evolution kennt keine Intention. Nicht biologische Dispositionen laufen auf Sexismen hinaus, sondern kulturelle Rahmungen, allen voran als Herrschaftsinstrument institutionalisierte Religion.

Viele unserer Vorfahren, so die Autoren, von einigen Primaten über die Hominiden zu den Jägern und Sammlern, kannten Unterschiede ("Sexualdimorphismus"), aber wenig Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. Körperliche Unterlegenheit glich frau demnach durch exklusives Wissen oder Allianzen aus. Das änderte sich mit der neolithischen Revolution. Aufgrund der Landwirtschaft, des Anbaus von Pflanzen und des nun zu schützenden Privatbesitzes, mussten Männer häufiger anwesend sein als zuvor. Die in die "patrilokalen" Familien einheiratenden Ehefrauen verloren ihr Netzwerk. Getreide verdrängte eisenreiches Fleisch und kalziumhaltige Nüsse vom Speiseplan, was Frauen, die stärker zu Mangelerscheinungen neigen, besonders traf. Da Kinder früher abgestillt wurden, nahmen die Geburten zu. Die Nachwuchspflege, zuvor ein Gemeinschaftsunterfangen, wurde exklusiv der Mutter zugeordnet. Diese "akkumulative kulturelle Evolution", eine langsame Verdichtung verschiedener Entwicklungen, ziehe sich über Tausende Jahre hin und biege mit dem Aufkommen immer größerer Gemeinwesen endgültig falsch ab.

Die prähistorische Siedlung Göbekli Tepe in der Türkei, deren älteste Teile aus dem zehnten Jahrtausend v. Chr. stammen und die heute Weltkulturerbe ist, soll illustrieren, was geschah: In den Ruinen eines "Prototempels", ausgestattet mit Bildern wilder Tiere, entsteht ein "düster-bedrohliches Gemisch aus Potenz, Aggression und Tod". Die Jagd wird überhöht, der Kontakt zu außerweltlichen Mächten zum Privileg des männlichen "inner circle". Die weiblich geprägte Alltagsfrömmigkeit wird erst eingehegt, dann diffamiert. Als sich im Vorderen Orient Staaten bilden, setzt sich die Entwicklung fort. Erlegt werden keine Auerochsen mehr, sondern Feinde. Frauen sind Kriegsbeute. Mit der Einführung von Gesetzestexten wird der gelebte "male bias" festgeschrieben.

Die Schlussfolgerungen sind bekannt: Wir haben eine Welt übernommen, in der Männlichkeit die unhinterfragte Norm bildet. Vordenkerinnen der "patriarchalen Matrix", wie Simone de Beauvoir, werden dementsprechend ausgiebig gewürdigt. Gerda Lerners Geschichte von der "Entstehung des Patriarchats" in Mesopotamien zwischen etwa 3100 und 600 v. Chr. stand Patin, wird jedoch deutlich erweitert. Pierre Bourdieu ist Gewährsmann für die These, dass Herrschaft nicht ohne das "Monopol der legitimen symbolischen Gewalt" funktioniere.

So differenziert diese Ausführungen sind, so holzschnittartig geht es auf einmal im letzten Teil zu. Jesus Christus, der Frauenfreund, mit seiner eigentumsfreien Kommune wird erst von Paulus auf Mittelschicht gepolt, dann von Konstantin für sein brutales Großmachtstreben gekapert. Mit dem wohl berüchtigtsten Pubertätssignal der Religionsgeschichte, Augustinus' Erektion im Bade, wird die Sexualfeindlichkeit zum "Gottesdienst". Frauen sind Huren oder Heilige. Und dann noch der Zölibat, der Priester in Nöte stürzt. Wäre Sex nicht Sünde, würde sich die katholische Kirche "ihrer Existenzgrundlage berauben und die Quelle ihrer Kraft aufgeben". Wurden hier für den Zuschnitt die "Dornenvögel" konsultiert?

Interessant ist vieles allemal, aber auch oft weitschweifig. Es entbehrt nicht der Ironie, dass sich ein Evolutionsbiologe mit der Selektion schwertut. Weniger Zitate und eine Konzentration auf die Kernaussagen hätten die Stringenz gewahrt. Der Gestus ist vollmundig, und selbst die Interpunktion vermittelt Forschheit: Mehr Ausrufezeichen waren selten. Das verdeckt regelmäßig, dass eine instruktive Geschichte der schleichenden Prozesse erzählt wird. Deren Stränge lässt das Autorengespann in Eva zusammenlaufen. In guter vorackerbaulicher Manier pflückte diese einen Apfel, der aber leider schon Privatbesitz war. Die Bibel spiegele so die (prä-)historischen Änderungen der Lebensbedingungen: Aus Nomaden wurden Bauern, aus hypersozialen kleinen Gemeinschaften patrilineare Erbdynastien. Und aus einem Geflecht vieler Geister und Götter wurde ein sehr eifersüchtiger Einzelgott, konfiguriert nach dem Vorbild des gewalttätigen assyrischen Großkönigs.

Lesern des voraufgegangenen Buchs, "Das Tagebuch der Menschheit", werden die Argumente vertraut sein. Die Autoren übernehmen teilweise ihre Lektüre der Bibel, stellen aber empirische Befunde stärker heraus. Diese "andere Geschichte der Menschheit" soll Yuval Noah Hararis kurze - und souveränere - Darstellung derselben ergänzen, die biologische Faktoren der Geschlechterungleichheit diskutiert, aber nicht vertieft hatte.

Beide Bücher führen, mit dem Ziel einer politischen Intervention, Erkenntnisse zusammen, die sonst in den Einzeldisziplinen ihr Dasein fristen. Revolutionär ist vieles daher nicht. Dass die Voraussetzungen unseres Denkens und Handelns selbst nicht voraussetzungslos sind, dürfte mittlerweile selbst außerhalb von Diskurskritik und Wissenschaftsgeschichte Widerhall gefunden haben. An der institutionalisierten Religion als einem Problem für Frauen arbeiteten sich amerikanische Suffragetten bereits im neunzehnten Jahrhundert ab.

Allerdings geben Carel van Schaik und Kai Michel mit ihrem biologisch fundierten, aber weder determinierenden noch essentialisierenden Ansatz dem Universalismus eine echte Chance: Durch alle Kultur hindurch wirke unsere erste Natur, die durch die Evolution in die Gene eingeschriebenen Anlagen, emanzipatorisch. Alltagsreligiosität und Sinn für Fairness rebellierten gegen die Ungerechtigkeiten einer Top-down-Religion und ihrer heutigen gesellschaftlichen Ausläufer. Wem derzeit der Optimismus erlahmt, kann mit der Lektüre dieses Buchs auftanken: Was der Mensch gefügt hat, das kann der Mensch auch lösen.

KERSTIN MARIA PAHL

Carel van Schaik

und Kai Michel:

"Die Wahrheit über Eva". Die Erfindung der

Ungleichheit von Frauen und Männern.

Rowohlt Verlag,

Hamburg 2020. 704 S., geb., 26,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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