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Das unordentliche Gefühl, das wir Liebe nennen, beleuchtet Richard David Precht auf bewährt kluge und anschauliche Weise. Er unternimmt einen ebenso lehrreichen wie amüsanten Streifzug durch Philosophie und Psychologie, durch Soziologie und Hirnforschung, um dem komplexen Gefüge unserer Gefühle auf die Spur zu kommen. Unzählige Ratgeber sind über die Liebe geschrieben worden, in allen Facetten wurde das unordentliche Gefühl, das wir Liebe nennen, beleuchtet. Wir haben erfahren, wie wir unsere Liebe jung halten, wie wir feurige Liebhaber werden und warum Männer nicht zuhören können. Hat es uns…mehr

Produktbeschreibung
Das unordentliche Gefühl, das wir Liebe nennen, beleuchtet Richard David Precht auf bewährt kluge und anschauliche Weise. Er unternimmt einen ebenso lehrreichen wie amüsanten Streifzug durch Philosophie und Psychologie, durch Soziologie und Hirnforschung, um dem komplexen Gefüge unserer Gefühle auf die Spur zu kommen.
Unzählige Ratgeber sind über die Liebe geschrieben worden, in allen Facetten wurde das unordentliche Gefühl, das wir Liebe nennen, beleuchtet. Wir haben erfahren, wie wir unsere Liebe jung halten, wie wir feurige Liebhaber werden und warum Männer nicht zuhören können. Hat es uns weitergeholfen? Nicht wirklich, denn in der Tat ist es nicht damit getan, das richtige Buch zu lesen, und alles wird gut. Warum dies so ist, erklärt Richard David Precht in seinem neuen Buch auf ebenso fundierte wie anschauliche Weise: Wie bereits in Wer bin ich unternimmt er eine abenteuerliche Reise in die unterschiedlichsten Disziplinen der Wissenschaft und lotst den Leser dabei heiter und augenzwinkernd durch den Parcours der Liebe an deren Unordentlichkeit wir uns am Ende wohl gewöhnen müssen!
Autorenporträt
Caroline Mart, langjährige Leiterin des Kulturressorts, ist seit 15 Jahren Anchorwoman des Senders RTL Télé Letzebuerg. Der bekannte Hörspiel- und Feature-Sprecher Bodo Primus wurde 2005 mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.12.2009

Unglaublich
Über Richard David Precht, den Philosophen der Liebe
Richard David Precht, Buchautor und Publizist, promovierter Germanist, gilt mittlerweile als so etwas wie Deutschlands wichtigster öffentlicher Philosoph. Dazu kam es recht schnell, vor allem durch den phänomenalen Verkaufserfolg von „Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Eine philosophische Reise” – einem Sachbuch mit interdisziplinärem Anspruch, das seit fast zwei Jahren ganz oben in den Bestsellerlisten steht, derzeit auf Platz sechs der Spiegel-Liste. Richard David Precht versteht sich in erster Linie tatsächlich als Philosoph. So lässt er sich von seinem Verlag und seiner Agentur beschreiben; so ließ er sich vorstellen, als er bei Elke Heidenreich, Reinhold Beckmann und in nächtlichen Kulturgesprächen auftrat, oder als er sich für 3sat mit Gero von Boehm im Berliner Tierpark traf. Vor gut einem halben Jahr sah es noch danach aus, als werde Precht eine eigene Philosophiesendung im ZDF erhalten. Daraus wurde zunächst nichts, doch das heißt nicht viel.
Als etwa vor einigen Wochen in einer vollen Kongresshalle die Münchner Medientage eröffnet wurden, als der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei die Eröffnungsrede gehalten hatte und vierzehn große Zampanos darauf warteten, in einem riesigen Halbrund auf dem Podium einen „Mediengipfel” zu eröffnen, da wartete alles nur noch darauf, dass der Hauptredner Richard David Precht, angekündigt als Philosoph, Publizist und Autor, zunächst eine Rede halte. Wer Precht ignorierenswert findet, wer sich irgendwann einmal vorgenommen hatte, ihn zu ignorieren, der kann diesen Vorsatz vorerst vergessen: Es geht nicht. Also gut. Reden wir über Precht. Es muss nicht gleich der ganze sein. Reden wir über sein diesjähriges Sachbuch, ein Buch über die Liebe, es war ebenfalls ein Bestseller.
Richart David Prechts Selbstauskunft in der Einleitung zu „Liebe” fasst seine Ausrichtung zusammen: Er interessiere sich „für den Geist aus naturwissenschaftlicher Perspektive und aus geisteswissenschaftlicher Perspektive für die Natur”. Er schrieb ein Buch über die Liebe, weil er sie für „das vielleicht wichtigste Thema an der Schnittstelle von Natur- und Geisteswissenschaft” hielt und weil er sie von Biologen, Psychologen und Philosophen nicht angemessen erfasst sah. Das so entstandene Buch ist genremäßig schwer zu klassifizieren. Es zielt bestenfalls am Rande darauf ab, die Theorien anderer zu popularisieren. Es ist ein populäres Sachbuch, das mit dem Anspruch auftritt, eine originäre wissenschaftsphilosophische Abhandlung über die Biologie und Psychologie der geschlechtlichen Liebe zu bieten.
Es ist ein unglaubliches Buch.
Prechts wichtigstes Anliegen darin ist es, die Evolutionspsychologie und ihre Erklärungen menschlicher Sexualität und der Geschlechterbeziehungen zu verwerfen. In diesem Zusammenhang erklärt er auch gleich, weshalb die gesamte etablierte Evolutionsbiologie und Verhaltensbiologie falsch liegt – oder jedenfalls das, was der Autor dafür hält. Dies ist ein großer Unterschied, denn Richard David Precht kennt sich auf diesen Gebieten kaum besser aus als Oliver Pocher. Als wichtigste Quelle zur Evolutionspsychologie dient dem Autor die deutsche Übersetzung eines 1994 veröffentlichten popwissenschaftlichen Buches des Journalisten William Allman – völlig irrelevant in Fachkreisen, nach Prechts Auskunft aber „Prototyp für die gegenwärtige evolutionäre Psychologie”.
Man macht sich nicht leicht eine Vorstellung von dem Bild, das Richard David Precht in „Liebe” abgibt; vom schieren Ausmaß an Inkompetenz und großspuriger Besserwisserei, das dieses Buch durchsetzt. Es ist eine pseudowissenschaftliche Blamage. Pausenlos höhnt und spottet Precht gegen Theorien aus der Evolutionsbiologie und der evolutionären Psychologie, die er nicht einmal ansatzweise verstanden hat, und sonnt sich im Triumph rhetorischer Fragen, die seine eigene Ahnungslosigkeit unerbittlicher offenlegen, als es jeder Kritiker könnte. Nicht einmal eine kurze Erklärung der Theorie der natürlichen Selektion mag dem Autor gelingen, ohne eine kognitive Mehrfachkarambolage hinzulegen. Zu den Höhepunkten zählen Prechts vermeintliche Gegenbeispiele. Nicht bloß leiden sie an Vermeintlichkeit – mehrere von ihnen verkörpern sogar lehrbuchmäßige Vorhersagen der Theorien, gegen die er sie anführt.
Nicht minder schlimm steht es um Prechts wissenschaftshistorische Darstellungen und seine Zuschreibungen von Urheberschaften und Einflüssen. Das alles beruht auf unverstandenen Versatzstücken aus dritter, bestenfalls zwei-ter Hand, frei zusammengereimt von Precht – aber immer, immer präsentiert im Übersichtsgestus des allwissenden Erzählonkels. Seine theoriegeschichtlichen Aussagen sind dabei oft genauso frei erfunden wie die absurden Strohmänner, die er konstruiert. Nicht einmal von den meistzitierten, paradigmenstiftenden Klassikern der evolutionären Fachliteratur des letzten halben Jahrhunderts kann Precht reden, ohne sie falsch zu identifizieren, falschen Zeitabschnitten zuzuordnen oder einfach ihre Aussagen auf den Kopf zu stellen. Irgendwann ist man so weit, dass man fast Dankbarkeit empfindet, wenn Precht bloß die Anzahl der in einem Mannesleben produzierten Spermien um einen fünfstelligen Faktor zu gering beziffert und ansonsten keinen Schaden anrichtet.
Das Schlimmste an diesem Buch aber sind die widerlichen Ad-hominem-Äußerungen, an denen sich Precht fortwährend aufrichtet – die ständigen Andeutungen und Diffamierungen in der ganzen überflüssigen, beleglos dargereichten biographischen Sauce, in die er seine verunglückten Ideenreferate eindeckt. Es hat geradezu zwanghaften Charakter. Selbst die epochemachende Entdeckung der DNA-Doppelhelix durch Crick und Watson kann er nicht erwähnen, ohne im Vorübergehen zu versichern: „Zuvor galten beide Forscher nicht gerade als Leuchten ihrer Zunft.” Über William Hamilton, den wichtigsten theoretischen Biologen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, lässt er sich seitenlang mit keiner anderen Absicht aus, als Bemerkungen wie diese anzubringen: „Die entscheidende Frage war, ob Hamilton dagegen nicht immer schon sonderbar gewesen war.”
Einen führenden Vertreter der Evolutionspsychologie stellt er so vor: „Einige Jahre war David Buss ein unzufriedener Sozialpsychologe. Dann stürzte sich der heute 55-jährige (. . .) auf die evolutionäre Psychologie.” Richard Dawkins, im Blickpunkt wegen seiner klassischen Monographie von 1976, in der er die genselektionistische Perspektive der konventionellen Evolutionsbiologie veranschaulichte, darf noch froh sein, wenn ihm Schwachsinn zugeschrieben wird wie ein Glaube an „einen Gott in den Genen: Sie sind allmächtig, allgewaltig und für alles verantwortlich”, oder wenn Precht keift: „Du bist nichts, deine Gene sind alles!” Doch, doch, so geht es hier wirklich zu, und über Dawkins’ Stellung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft und seine Forscherkarriere in Oxford tischt Precht noch ganz andere Falschaussagen und Halblügen auf.
Kein Autoritäts- oder Herkunftsargument ist Precht zu dumm. Zu einem Buch des weltweit führenden Autismus-Forschers Simon Baron-Cohen über Unterschiede von Gehirn und Geist zwischen Männern und Frauen schreibt Precht, es sei „äußerst umstritten. Denn” – denn?! – „Baron-Cohen ist kein Hirnforscher, sondern Professor für Psychologie am Trinity College der University of Cambridge.” Derlei kolossale Eigentore und andere Versuche Prechts, unverstandene Positionen durch irrelevante, falsche oder schlicht lachhafte Bemerkungen zur fachlichen Herkunft ihrer Autoren zu untergraben, sind das eine. Das Unglaublichste aber ist, dass sie ausgerechnet von einem stammen, der auf die gute wissenschaftliche Grundregel der herkunftsneutralen Bewertung von Gedanken stärker angewiesen ist als alle von ihm beschimpften Forscher zusammengenommen: von einem Solinger, dessen akademische Laufbahn nie über seine Heimatuniversität Köln und eine Promotion in germanistischer Literaturwissenschaft hinausführte.
Im zweiten Teil dieses viel zu langen Buches wird, zumindest nebenbei, so etwas wie Prechts „Theorie” der Liebe entwickelt. Die im Untertitel behauptete Unordentlichkeit des Gefühls der Liebe offenbart sich dabei weitaus weniger als die Unordentlichkeit von Prechts geschwätziger Themenbehandlung. Und seine verstreuten Analyseansätze bleiben stümperhaft. Die Liebe sei, so be-tont Precht etwa, keine „Emotion”, nein, ein „Gefühl”. Gefühle seien „durchgängiger und langlebiger” und „mit Vorstellungen verbunden”. Als paradigmatische Beispiele für Emotionen präsen-tiert uns Richard David Precht allen Ernstes: Müdigkeit, Hunger, Frieren, und sexuelle Gier – rohe Sinnesempfindungen und Triebe also, keine einzige Emotion. Die von Affektforschern unterschiedenen Grundemotionen dagegen (etwa Angst, Zorn, Freude, Trauer oder Ekel) tauchen bizarrerweise gar nicht auf. Und von der anderen üblicherweise unterschiedenen Generalkategorie, den „höheren kognitiven Emotionen”, scheint Precht nicht einmal gehört zu haben, obwohl es beim Thema Liebe gerade hier anzusetzen gälte. Andere wichtige Unterscheidungen scheint er genauso wenig zu kennen. Precht, Philosoph der Liebe, hat keinen Schimmer von der Forschung in der Philosophie der Emotionspsychologie.
Und die Liebe selbst? Sicherlich schillert der Begriff. Er erfasst mehr als einen einzigen Zustandstyp. Bevor dieser Alltagsbegriff als wissenschaftliche Kategorie in koschere psychologische Erklärungen eingehen kann, muss er präzisiert, gegebenenfalls durch feiner ziselierte Begriffe ersetzt werden. Zudem gilt es, wesentliche Verhaltensaspekte der Liebe von kulturell variablen Aspekten zu isolieren. Das ist nicht trivial, und es ist nicht neu. Mit Sicherheit aber ist es keine Aufgabe für Richard David Precht. MALTE DAHLGRÜN
RICHARD DAVID PRECHT: Liebe. Ein unordentliches Gefühl. Goldmann, München 2009. 397 Seiten, 19,95 Euro.
In den Fachgebieten, die er hier behandelt, kennt sich Precht kaum besser aus als Oliver Pocher
Verunglückte Ideenreferate und Diffamierungen, eingedeckt von biographischer Sauce
Autor Richard David Precht Foto: ddp
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.08.2009

Sein und Haben

Spatzen werden bei der Fortpflanzung zwar von den gleichen uralten Hormonen gesteuert wie der Mensch, doch ihre Gefühle sind anders, sagt Richard David Precht in seinem Buch zur Kunst des Liebens

Richard David Precht ist sechzehn Jahre alt, als er das erste Mal mit der Kunst des Liebens in Berührung kommt. Es ist Sommer in Calvi auf Korsika. Precht ist allein mit seiner Mutter in die Ferien gefahren, und das war keine gute Idee. Die Mutter war in der Midlifecrisis und der Sohn unglücklich, weil unerwidert verliebt. Mit dem vom Leben und der Liebe angegriffenen Paar sind aber noch andere Gäste im Hotel, darunter der kahlköpfige Stadtdirektor einer Kreisstadt im Sauerland. Abends beeindruckt er mit sauerländischen Verwaltungsweisheiten, tagsüber liest er im Liegestuhl Erich Fromms "Kunst des Liebens". Dabei unterbricht er die Lektüre andauernd, um in voyeuristischer Absicht den Strand nach geeigneten Objekten abzusuchen oder Prechts Mutter Vorträge über die hohe Schule des Flirtens zu halten.

Dieser Fall, von dem Precht etwa in der Mitte seines Buches "Liebe. Ein unordentliches Gefühl" erzählt, vereint exemplarisch den Gegenstand und das Dilemma vom Schreiben über die Liebe in heutiger Zeit. Einmal ist da der diffuse Zustand eines jungen Mannes, in dem sich irgendwas rührt, ohne dass der Junge weiß, was das nun genau ist. Zum anderen gibt es da ein Buch, in dem offenbar Rat zu finden ist, wie mit dem Chaos in einem selbst umzugehen ist beziehungsweise wie man das Chaos sogar zur Kunst erheben kann. Das Problem ist nur, dass der Typ, der das Buch liest, so unsympathisch ist, dass damit auch der Rat unbrauchbar wird.

"Die Kunst des Liebens" ist mit weltweit fünf Millionen verkauften Exemplaren das erfolgreichste Sachbuch über die Liebe aller Zeiten. Es hat Erich Fromm zu einem wohlhabenden Mann gemacht und ihm die Verachtung früherer Freunde und Weggenossen eingebracht. So meinte der Philosoph Herbert Marcuse nach der Lektüre des 1956 erschienenen Bestsellers in dem ihm eigenen freien Deutsch, man habe Fromm in Amerika in den Kopf gesch. . . Marcuse war wie Fromm vor dem Naziregime in die Vereinigten Staaten geflohen und amerikanischer Staatsbürger geworden, beide kannten sich aus dem Institut für Sozialforschung in Frankfurt. Dort hatte Fromm Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre begonnen, Marx und Freud in Verbindung zu denken, und darüber Aufsätze veröffentlicht, von denen einige als konstitutiv für die spätere Arbeit des Instituts gelten können. Auch heute noch sind das teilweise lesenswerte Texte, in denen nach einer Kombination von Theorie und Empirie gesucht wird, die auf Veränderung des Alltags drängt, ohne der Theorie dabei das Hoheitsrecht zuzuweisen. Nur hätte Fromm, der in New York eine psychoanalytische Praxis unterhielt, damit niemals fünf Millionen Leser in den Strandkörben Kaliforniens, Korsikas oder der Nordsee auf seine Seite gebracht.

Der Kunstgriff, mit dem Fromm vom interessierten Fachleser zum Massenpublikum vorstößt, ist lehrreich auch für das Verständnis von Prechts Arbeitsweise. Fromm suspendiert nämlich nicht einfach die Erkenntnisse seines frühen Freudomarxismus. Er nimmt sie mit. Dass Liebe nicht nur ein Gefühl ist, sondern auch Arbeit, steht auch in der "Kunst des Liebens". Überhaupt ist das Buch in weiten Teilen eine Kritik des Ökonomismus im Allgemeinen und des Kapitalismus im Besonderen. Die Frage ist nur, mit welchen Mitteln es Fromm gelingt, aus der Kritik am Geschäft ein sehr gutes Geschäft zu machen. Die Antwort ist nur scheinbar einfach: Fromm fügt dem Narzissmus seiner Zeitgenossen keine weitere Kränkung im Sinne Freuds zu. Oder mit den Worten Prechts: "Erich Fromms ,Die Kunst des Liebens' wurde die Bibel einer Wohlstandsgesellschaft, die unbedingt ihr ,Sein' haben wollte."

Das machte den Kritiker des Habenwollens für alle, die ihr Leben trotz materiellen Habens und Mehr-haben-Wollens als mangelhaft empfanden, so attraktiv: Mit Fromm konnten sie das Zentrum der Liebe in sich selbst finden. Das war nicht Fromms Erfindung, sondern schon vor ihm die Wirklichkeit der Liebe - nur konnte man sie jetzt mit einem Namen verbinden, der einem die eigenen Zusammenhänge erklärte. Und damit ist man bei Precht.

Precht spielt seit dem Erfolg seines Vorgängerbuchs "Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?" aus dem Jahr 2007, von dem mehr als 800 000 Exemplare verkauft wurden, wie Fromm in der Bestsellerliga, und sein Liebesbuch geht in vielem über Fromm hinaus. Precht beginnt mit einer oft salopp formulierten, aber soliden Darstellung neuerer naturwissenschaftlicher Befunde zum menschlichen Fortpflanzungsverhalten, wie sie die Soziobiologie und die evolutionäre Psychologie formulieren. Seine Kritik am allzu schnellen Kurzschluss vom Verhalten von Mäusen oder Sperlingsvögeln auf menschliche Verhältnisse ist dabei nicht neu, aber einleuchtend. Mögen die Hormone, die die sexuelle Gier steuern, auch dieselben und uralt sein - die Interpretation der Gefühle ist es aber bestimmt nicht.

Die besten Passagen kreisen um La Rochefoucaulds Diktum, dass sich nur "wenige Leute verlieben würden, wenn sie nicht davon gehört hätten". In der Beschreibung des kulturellen Wandels der Liebesweisen kommt Precht sogar einmal in die Nähe einer Liebeskonzeption, die sein Buch hätte aus der Zeit fallen lassen können. Er erwähnt kurz den Psychoanalytiker Jacques Lacan, ohne allerdings auf dessen These einzugehen, wonach es in der Liebe keine Ich-Erfüllung geben kann: weil die Liebe ihr Zentrum nicht im Ich haben kann und deshalb immer mit einem Mangel verbunden bleibt. Lacan lehnte darum jede ichstärkende Therapie, wie Fromm sie betrieben hatte, ab, weil sie nur zur "narzisstischen Endverzückung" der Beteiligten führe. Precht wagt diesen Schritt nicht. Er bleibt in der narzisstischen Gangart der gegenwärtigen Liebesformen, was viele Leser mit Sicherheit freut.

CORD RIECHELMANN

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