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Die Ikone der afroamerikanischen Literatur, ihr epochemachendes Werk: Maya Angelou wächst in den Dreißigerjahren im Kramerladen ihrer Großmutter am Rande einer Baumwollplantage auf. Für sie und ihren Bruder ein Ort des Zaubers und des Spiels inmitten einer schwarzen Gemeinde, die der Hass und die Armut auszulöschen droht ... Dieses Buch erzählt die Geschichte eines trotzigen Mädchens im Kampf gegen unvorstellbare Widerstände. Und zur gleichen Zeit singt es die schönste Hymne auf die weltverändernde Kraft der Worte, der Fantasie, der Zärtlichkeit im Angesicht des Grauens.
»Eine Offenbarung
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Produktbeschreibung
Die Ikone der afroamerikanischen Literatur, ihr epochemachendes Werk: Maya Angelou wächst in den Dreißigerjahren im Kramerladen ihrer Großmutter am Rande einer Baumwollplantage auf. Für sie und ihren Bruder ein Ort des Zaubers und des Spiels inmitten einer schwarzen Gemeinde, die der Hass und die Armut auszulöschen droht ... Dieses Buch erzählt die Geschichte eines trotzigen Mädchens im Kampf gegen unvorstellbare Widerstände. Und zur gleichen Zeit singt es die schönste Hymne auf die weltverändernde Kraft der Worte, der Fantasie, der Zärtlichkeit im Angesicht des Grauens.

»Eine Offenbarung und mein Talisman.« Oprah Winfrey

»Sie hatte neunzehn Talente, gebrauchte zehn und war ein richtiges Original.« Toni Morrison

»Markiert den Anfang einer neuen Ära.« James Baldwin

»Das erste Buch, das ich als Jugendliche gelesen habe.« Rihanna

»Eine phänomenale Frau!« Beyoncé


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Autorenporträt
Maya Angelou, geboren 1928, war Tänzerin, Calypso-Sängerin, erste schwarze Straßenbahnschaffnerin San Franciscos, alleinerziehende Mutter, Pimp, Schauspielerin, Theaterregisseurin, Filmregisseurin, Journalistin, Prosaschriftstellerin, Lyrikerin, Bürgerrechtlerin, engste Vertraute von Martin Luther King und Malcolm X, und das alles vor ihrem vierzigsten Geburtstag. Als sie 2014 verstarb, trauerte ganz Amerika. Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt erschien erstmals 1969.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.01.2019

Kämpfen und singen
Als „zu sinnlich“ verurteilt und gerade dafür tief bewundert: Die Kindheitserinnerungen
der großen amerikanischen Dichterin Maya Angelou sind wieder auf Deutsch zu lesen
VON HUBERT WINKELS
Von den vielen Anekdoten, Lebensweisheiten und Gedichtzeilen, die von Maya Angelou zirkulieren, gilt eine der schönsten dem größten aller Dichter. Das schwer traumatisierte achtjährige Mädchen aus der abgelegensten Gegend von Arkansas hört Shakespeare-Verse aus dem Sonett 29: „When, in disgrace with fortune and men’s eyes, / I all alone beweep my outcast state / And trouble deaf heaven with my bootless cries...“. Sie hört darin ihr eigenes Leid. Und die erwachsene Maya Angelou, Autorin und politische Aktivistin, erzählt immer wieder davon, „ich dachte: Shakespeare ist ein schwarzes Mädchen“. In seiner Rührung möchte der Leser ihr zurufen: Du hast ganz recht! Shakespeare ist ein kleines schwarzes Mädchen. Dichtung, und metonymisch der Dichter, sind Teil der Leserin, nur deshalb kann sie heilen und verwandeln.
Diese literaturfromme Episode steht nur in Umrissen in Maya Angelous berühmtestem Buch „I Know Why the Caged Bird Sings“, 1969 in den USA publiziert und sofort ein Bestseller, dann ein Welterfolg; 1980 beim Verlag Stroemfeld / Roter Stern in der Übersetzung von Harry Oberländer auf Deutsch erschienen und jetzt unter dem Titel „Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt“ bei Suhrkamp wieder aufgelegt, allerdings ohne Kommentar und Nachwort. Diese Lieblosigkeit ist umso befremdlicher, als Maya Angelou eine der berühmtesten kulturell und politisch aktiven Persönlichkeiten keineswegs nur der schwarzen Community der USA war. Sie ist geradezu eine emblematische Figur der politischen, literarischen und Unterhaltungskultur und der Bürgerrechtsbewegung im Besonderen.
Sieben Bücher umfasst ihre Lebensgeschichte, die sie selbst erzählt hat, und die auch eine Geschichte der Rassentrennung und des Widerstands dagegen ist. Sie setzt drei Jahre nach ihrer Geburt in St. Louis 1928 ein und reicht bis in ihre letzten Lebensjahre. 2014 ist Maya Angelou, Stimme des moralisch gebildeten, global informierten und liberalen Amerika, gestorben.
Der „gefangene Vogel“ ist der populärste Teil ihres riesigen Memoirs. Er erzählt von Angelous Kindheit im Alter von drei bis fünfzehn Jahren. Jedes amerikanische Schulkind weiß, auch wenn es dies wegen des Jugendschutzes nicht hätte lesen können, dass es im Kern der Geschichte um eine Vergewaltigung geht. Die Achtjährige verstummt danach, weil sie sich selbst für schuldig hält am plötzlichen Tod ihres Peinigers. Eine mütterliche Freundin, die Bücher liebt und die Kraft der Poesie kennt, führt das Mädchen zur Sprache. Sie schenkt ihm ihre Stimme und die schöne Literatur. Darunter die Verse des kleinen schwarzen Mädchens namens Shakespeare.
Von dieser Mitte aus erschließt sich das Erinnerungsbuch. Mayas Weg führt, zusammen mit dem geliebten, ein Jahr älteren Bruder Bailey, von einer starken großartigen Frau zu einer anderen – eine maternale, ja eine matriarchalische Linie leitet das Mädchen durchs Leben. Die Kleinkinder landen, von den Eltern verlassen und in den Zug gesetzt, bei der Momma genannten Großmutter in Stamps, einem Kaff in Arkansas. Sie ist der gute Geist, die Kümmerin und Macherin, Hilfe für alle Beladenen. Ihr Sohn Willy ist gehbehindert und lässt sich von ihr aushalten.
Mayas Mutter hingegen ein „gelbbraunes“, also hellhäutiges halbseidenes Geschöpf der Superklasse, eine aufgetuffte Saloonschönheit, tanzt und singt, leitet Spielsalons und Flüsterkneipen und schießt auch mal jemanden nieder, der sie Nutte nennt: „Mutters Schönheit war ihre Macht“. Liebe und Gewalt sind nie weit entfernt. Später fällt Maya die Freundin des Vaters an, weil sie die Mutter so bezeichnet. In beiden Fällen verhaken sich die Kämpfenden unnachgiebig ineinander.
Den Vater, Bailey senior, erleben wir im Vollsuff in mexikanischen Bodegas. Maya, noch Kind ohne Kenntnis und Führerschein, muss ihn mit dem Auto nach Hause transportieren, ein seitenlanger Actionklamauk. Das starke Mädchen, die nächste starke Frau in der Kette wird hier erkennbar, die selbständige schwarze Frau in einer weiß dominierten Welt, mit dem Talent zum Tun, zur konkreten Aktion.
„Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt“ ist ein Frauenbuch ersten Ranges, handlungsstark, äußerst konkret und markig, in der Metaphorik superlativisch, grob, laut und überwältigend. Dafür ist das Spiel mit den Variationen der Motive sehr subtil, die Kapitel antworten einander, oft über hundert Seiten hinweg. Die erwachsene Erzählerin ist ohne jede Verrenkung nah am kindlichen Erleben: Wenn etwas nur aus der Distanz sagbar erscheint, ist sie auch mal klüger. Alles wirkt ungezwungen, wie mündlich erzählt. Und doch sind die Kapitel Gleichnisse, tragen ein kirchliches Erbe in sich, lassen sich als Exempla lesen, aber ohne das Tremolo der folgenden Predigt. Ihr Pathos ist in sinnlicher Präsenz gelöst, als Vibration im Hintergrund zu merken. Selbst in rotzigen Wendungen spürt man den heiligen Ernst. James Baldwin spricht von einer „biblischen Studie des Lebens inmitten des Todes“.
„Der gefangenen Vogel“ ist Biografie und schöne Literatur. Maya Angelou erzählt episodisch, in sechsunddreißig zugespitzten Stationen. Jede hat symbolisch das Zeug, pars pro toto zu stehen und die Verhältnisse der Zeit vor und während des zweiten Weltkriegs erhellen zu können. Es hört sich falsch an, das Geschehen so zu datieren, weil die Erfahrung aller Personen in der Segregation gegründet ist. Das zählt.
Die Weißen leben in einer Welt voller Reichtum und Macht, und wehe, wenn sie über die schwarze Gemeinschaft kommen, sie kommen mit Bosheit und Gewalt. Maya Angelou referiert das nicht, die Konflikte werden über den Körper in Aktion und konkretem Leiden erzählt. Nichts ist bloß Gedanke und Papier, alles ist Geruch und Klang und Farbe, getragen von warmem Urin und heißen Plätzchen, von Blut und Wunden, Predigt, Gebet und Ekstase, von harter Arbeit, Schmutz, Schmerz und Elend, von Tanz und Gesang und alles immer von der Hingabe an den Augenblick des Erlebens.
Schon im ersten Kapitel fühlt sich die kleine Maya während des Gottesdienstes, in dem sie österliche Gebetsverse ergänzen soll, buchstäblich so unter Druck, dass sie, dem Urin freien Lauf lassend, auf Knien aus der Kirche stürzt. Sie wird die Baumwollpflücker in ihrer morgendlichen Kraft und in ihrer abendlichen Erschöpfung beobachten, sie wird in den kirchlichen Chorälen und in den Songs der schmutzigen Honky Tonks dieselbe Sehnsucht hören. Im Lebensmittelladen ihrer patenten Superheldenoma wird sie in Mehl, Wurst, Ölsardinen und Essiggurken waten, sie wird in die Frühlingslüfte aufsteigen vor Verlangen. Als Maya und Bailey zu den Eltern nach Kalifornien geschickt werden, haut sie von ihrem Herumtreiber-Vater ab und wird selbst eine, lebt eine Weile mit den Outcasts auf dem Autofriedhof. Und doch ist sie wissbegierig und lernt. Sie wird die erste schwarze Straßenbahnschaffnerin von San Francisco, dann hält sie sich plötzlich für lesbisch, schnappt sich im Vorübergehen einen Halbstarken als Probe darauf und bekommt sofort ein Kind von ihm. Am Ende des Buches ist sie in Panik, sie könnte ihren neugeborenen Sohn im Schlaf ersticken. Der letzte Satz des „gefangenen Vogels“ heißt: „Ich streichelte meinen Sohn und schlief wieder ein.“
Die handlungsgebundene sinnliche Gegenwärtigkeit, dazu der schnelle nahe Zoom, das In-die-Szene-Stürzen, die vielen Zeitsprünge bestimmen den Ton des Buches. Der Stil war sogar der Grund für seine Verbannung aus vielen Klassenzimmern: Das Buch sei „too graphic“ lautete der Vorwurf, was hier bedeutet: zu sinnlich, anschaulich. Genau das macht den Reiz des Memoirs aus.
Ein ganzes Kapitel gilt einer Runde begieriger Hörer, die sich vor dem Radio im Lebensmittelgeschäft der Momma versammelt. Tobend verfolgen sie den Boxkampf um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht zwischen dem „Schwarzen Bomber“ Joe Louis und dem Weißen Primo Carnera. Sie sind aus dem Häuschen vor Glück, Stolz und Selbstbewusstsein, wenn Joe Louis am Ende den Gegner auf die Bretter schickt: „Champion. Ein schwarzer Junge. Der Sohn einer schwarzen Mutter war der stärkste Mann der Welt. Es war wie Weihnachten“. Die schwarzen Hörer sind Joe Louis, so wie Maya Angelou, das schwarze Mädchen, Shakespeare war.
Wenige Seiten später folgt das Kapitel über den Abschluss des Schuljahres. Ein bedeutendes Fest, auf dem ein weißer Redner von der fernen Schulverwaltung nur die Sportler von Mayas schwarzer Schule rühmt. Die Schüler sind zornig: „Weiße Jugendliche hatten die Chance, Galileos und Madame Curies zu werden, unsere Jungen durften versuchen, Jesse Owens und Joe Louis zu werden (…), wieso hatte ein Schulbürokrat im weißen Himmel von Little Rock das Recht zu bestimmen, dass diese beiden Männer unsere einzigen Helden zu sein hatten?“
Man muss nicht wissen, welche außergewöhnliche Person Maya Angelou wurde, um das Buch über ihre Jugend zu mögen und wertzuschätzen. Es ist mitreißend in jedem Fall. Aber es ändert doch etwas, zumal in Deutschland, wo man Maya Angelou seltsamerweise so gut wie gar nicht kennt. In aller Kürze also ein sagenhaftes Leben: Die erste farbige Schaffnerin der Straßenbahn von San Francisco tingelt bald mit großem Erfolg auf den Spuren ihrer Mutter als Tänzerin und Calypso-Sängerin durchs Land. Mit dem Musical „Porgy and Bess“ geht sie auf Europatournee, wird zum Broadwaystar, taucht in die schwarze Literaturszene von Harlem ein, wo sie ihren Freund und Mentor James Baldwin kennenlernt.
Sie schreibt Gedichte, die Bill Clinton bewegen, sie zu seiner Inauguration als Präsident zu laden. Zur Trauerfeier für Michael Jackson schreibt sie ihr Gedicht „We had him“, das Queen Latifah vorträgt. Sie unterstützte erst Hillary Clinton, dann Barack Obama im Präsidentschaftswahlkampf 2008. Früher schon war sie die Vertraute von Martin Luther King, organisierte sein Büro, die öffentlichen Auftritte und die „marches“. Da hatte sie bereits als Journalistin in Ghana Malcolm X kennengelernt und auch mit ihm gearbeitet. Kurz vor ihrem Tod, als sie schon zu schwach ist zu reisen, werden ihre Gedichte beim Begräbnis von Nelson Mandela vorgelesen. Für ihre jüngere Freundin Oprah Winfrey ist sie Mentorin und „Mutterfigur“: Für die Jüngere war es ein Erweckungserlebnis als sie als schwarzes amerikanisches Mädchen den „gefangenen Vogel“ in der Schule las. In den Schulen und Universitäten des Landes gehört das Buch seit Jahrzehnten zu den Pflichtlektüren, besonders geeignet, um die Differenz von Autobiografie und Fiktion exemplarisch zu diskutieren.
In Internetvideos kann man die Ausstrahlung der Dichterin bei zahlreichen Lesungen und Gesprächen noch heute erkennen. Man findet dort auch das Gedicht „Caged Bird“. Maya Angelou liest die ersten Verse des Gedichts, dann folgen weitere, vorgetragen von Wynton Marsalis, von Außenminister John Kerry, von Nile Rodgers und vielen anderen. „A poem about the struggle for freedom“ kündigt die amerikanische Nachrichtensprecherin an:
„A free bird leaps
on the back of the wind
and floats downstream
till the current ends
and dips his wing
in the orange sun rays
and dares to claim the sky.
But a bird that stalks
down his narrow cage
can seldom see through
his bars of rage
his wings are clipped and
his feet are tied
so he opens his throat to sing.“
Maya Angelou: Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt. Aus dem Englischen von Harry Oberländer. Suhrkamp Verlag, Berlin. 325 Seiten, 12 Euro.
Eine maternale, ja eine
matriarchalische Linie leitet
das Mädchen durchs Leben
Nichts ist bloß Gedanke
und Papier, alles ist Geruch
und Klang und Farbe
Ihre Gedichte wurden
beim Begräbnis von
Nelson Mandela vorgelesen
„Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt“ lautet der Titel der Memoiren von Maya Angelou (1928-2014).
Foto: Jim Young/Reuters
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.02.2019

Die Furchtlose
Wie Maya Angelou ihre erschütternden Erinnerungen an ihre Kindheit im Amerika der dreißiger Jahre in große Literatur verwandelt: "Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt"

Ihr Kleid raschelte, wenn sie einatmete, wie das Krepppapier hinten an einem Leichenwagen. Sie hatte ein Gedicht aufsagen wollen, aber bereits die dritte Zeile vergessen. Es war Ostern, die Kirche war voll, alle lachten. Und das Mädchen rennt nach draußen, während ihm die Blase platzt, der Urin ihm an den Beinen herunterrinnt, und ein Traum zunichte wird. Der Traum, es sei aus dem Albtraum erwacht, ein schwarzes Mädchen im amerikanischen Süden zu sein.

Maya Angelous Kindheitserinnerungen aus dem Amerika der dreißiger Jahre, um die es sich bei diesem Buch handelt, beginnen mit dieser Szene. Vieles, was "Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt", in den Vereinigten Staaten 1969 erschienen, zu einem Klassiker der amerikanischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts macht, ist auf diesen ersten Seiten bereits da. Der Ton, in dem sie aus dem Abstand vieler Jahre erzählt, und dennoch die Gefühle aus der frühen Zeit lebendig werden lässt, als wären sie nicht Erinnerung, sondern Gegenwart. Der Widerstand, den das Mädchen mit seinen Mitteln - dem Verstand, dem Lerneifer, dem Durchhaltevermögen und Trotz - den Verhältnissen entgegensetzt. Die ungeheure Aufmerksamkeit, mit der die Autorin aus ihrem Gedächtnis und ihrer Vorstellungskraft jene Details formt, welche die Geschichte überhaupt erst zur Geschichte machen: Onkel Willie, der nicht richtig laufen konnte und ein schiefes Gesicht hatte und deshalb vor den weißen Lumpenkindern in Sicherheit gebracht werden musste, und zwar in einer leeren Zwiebelkiste. Den Laden der Großmutter, der ihr als "Tollhaus der Waren" erschien und in dem jene Zwiebelkiste stand; das Geräusch der leeren Baumwollsäcke, von den Pflückern matt über den Boden geschleift; die "Bitterkeit des schwarzen Lebens im Süden, die am Morgen von den Gaben der Natur, der Müdigkeit, dem Vergessen und dem sanften Lampenlicht gemildert schienen".

All dies ist Teil des Lebens geworden, das zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Buchs zunehmend geprägt ist von Maya Angelous Engagement in der Bürgerrechtsbewegung. Sie ist einundvierzig Jahre alt. Nach Jahren als Calypso-Tänzerin, nach einer Zeit in New York, in der sie ernsthaft zu schreiben begann, nach ihrer Bekanntschaft mit Martin Luther King und dem südafrikanischen Freiheitskämpfer Vusumzi Make, den sie für eine Weile nach Ägypten und Ghana begleitete, wo sie als Journalistin arbeitete, nach den Morden an Malcolm X und später an King, begann sie, ermutigt auch von James Baldwin, der ein wichtiger Freund wurde, mit der Arbeit an dem Buch, das sie berühmt machte. Und mit dem sie Vorbild für mindestens zwei Generationen amerikanischer Schriftsteller wurde und Lieblingsautorin mindestens zweier Präsidenten, Bill Clinton und Barack Obama. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass ein wesentlicher Teil des Landes in Trauer lag, als Maya Angelou 2014 starb.

Während Momma, die Großmutter, das Kleid aus hellblauem Taft für den Ostergottesdienst nähte, das später so morbide raschelte, hatte Maya sich vorgestellt, sie würde darin wie ein Filmstar aussehen. Die Menschen würden sich vor ihr verneigen und um ihre Gunst buhlen, ihr Haar wäre blond und glatt, ihre Haut weiß. Doch als sie es an Ostern anzog, "war das Kleid nichts weiter als ein gewöhnlicher, hässlicher Verschnitt aus dem weggeworfenen Purpur einer weißen Frau". Kein Stoff für Träume. Das ist die erste Enttäuschung des Mädchens, das eigentlich Marguerite heißt und ein paar Jahre zuvor mit ihrem ein Jahr älteren heißgeliebten Bruder Bailey nach der Scheidung der Eltern aus Long Beach in Kalifornien nach Stamps in Arkansas gekommen war. "Viel von dieser Reise habe ich nicht in Erinnerung behalten, aber als wir den rassengetrennten Süden erreichten, müssen sich die Verhältnisse für uns wohl gebessert haben. Mitreisende Schwarze, die stets mit vollgepackten Esspaketen fahren, hatten Mitleid mit ,den armen kleinen mutterlosen Lieblingen' und versorgten uns mit kaltem Huhn und Kartoffelsalat."

Selbst als die große Depression kommt, von der sie lange dachten, sie sei eine Sache der Weißen und hätte nichts mit ihnen zu tun, haben sie aus dem Laden der Großmutter immer genug zu essen. Eines Tages erscheint der Vater. Er fährt ein großes Auto, redet in gepflegtem Englisch, entspricht aber in keiner Weise den grandiosen Phantasien Mayas über ihn. Sie vermutet, er sei vielleicht der einzige Weiße mit brauner Haut. Noch ein zerplatzter Traum. Der Vater besitzt kein Schloss, sondern war Portier in einem Luxushotel gewesen, und obwohl er fett aussieht und Maya unschlüssig ist, ob sie mit ihm nach Kalifornien gehen soll, geht sie schließlich. Vor allem, weil sie keine Wahl hat. Dass der Vater sie und Bailey unterwegs in San Louis bei der Mutter lässt, ist erst ein Glück, dann eine Katastrophe.

Maya ist acht, als sie vergewaltigt wird. Es ist der Freund der Mutter, Freeman heißt er, von allen Namen trägt er diesen. Zuerst erscheint er ihr wie ein großer Braunbär, freundlich und stumm. "Er wartete nur auf Mutter, doch das unter Einsatz der ganzen Persönlichkeit. Er las nie Zeitung, legte weder die Füße hoch, noch hörte er Radio. Er wartete. Nichts weiter." Als er sich eines Morgens zu Maya legt und sagt, "ich tu dir nicht weh", hat sie keine Angst. Das erste Mal bleibt es bei Berührungen, die sie teilweise eklig findet, doch die Nähe zu einem anderen Körper gefällt ihr. Es ist etwas Neues, sie wartet darauf, dass Mr. Freeman nach Hause kommt und sein Herz wieder für sie schlagen würde, wie sie das nennt. Ohne Scham erzählt Maya Angelou von diesen widersprüchlichen Gefühlen zu einem Zeitpunkt, da die Gewalt noch nicht auf körperliche Versehrung zielt. Das geschieht erst Monate später. "Dann kam der Schmerz. Ein Bruch, das Eindringen, das die Sinne nahm. Die Vergewaltigung eines achtjährigen Körpers: das Nadelöhr, durch das ein Kamel nicht gehen kann. Das Kind gibt, denn der Körper ist fähig dazu, und nur das Bewusstsein des Peinigers ist blind."

Freeman befiehlt Maya zu schweigen, um den Preis des Lebens ihres geliebten Bruders. Und Maya schweigt. Wird krank. Schließlich kommt die Sache heraus, Freeman kommt vor Gericht. Was darf Maya sagen? Darf sie erzählen, dass Freeman sie vor aller Gewalt "ein paar Minuten lang geliebt hatte", oder würde sie dann wie die "Hure in der Bibel gesteinigt" werden? Freeman muss seine Strafe nicht antreten. Aber kurz darauf liegt er erschlagen im Rinnstein. Maya schweigt weiter. Jahrelang.

Nach den zahlreichen Missbrauchsgeschichten, die wir im letzten Jahr gehört und gelesen haben, nach so vielen Opfererzählungen und den Widerreden der Beschuldigten, nimmt einem die Furchtlosigkeit der Maya Angelou beinahe den Atem. Nicht nur, weil sie vor fünfzig Jahren von ihrem Schmerz, ihrer Sehnsucht, ihrem Schweigen und ihrem Schrecken erzählt hat, sondern weil und wie sie das Erlebte in Literatur verwandelt hat.

In Deutschland erschien dieses Buch erstmals 1980, damals im Verlag Stroemfeld / Roter Stern, die Auflage ist längst vergriffen. Der Suhrkamp-Verlag hat die Übersetzung von Harry Oberländer, die sich immer noch gut liest, übernommen und weiter nichts getan, als sie im Taschenbuchformat noch einmal zu drucken. Es ist unwahrscheinlich, dass damit eine späte Entdeckung der Werke von Maya Angelou - neben Gedichtsammlungen umfasst allein ihr autobiographisches Konvolut fünf weitere Bände - eingeläutet wird, wie das mit den Büchern von James Baldwin seit einiger Zeit geschieht. Der Verlag hätte sich etwas mehr Mühe geben können, seine Wertschätzung dieser Autorin gegenüber zu beweisen, und so ist es kein Wunder, dass "Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt" nach wie vor ein bei uns nahezu unbekanntes Buch geblieben ist. Es wäre ein Glück, vor allem für die Leserinnen und Leser, wenn sich das änderte.

VERENA LUEKEN

Maya Angelou: "Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt". Aus dem Englischen von Harry Oberländer. Suhrkamp, 321 Seiten, 12 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt [ist] nach wie vor ein bei uns nahezu unbekanntes Buch geblieben. Es wäre ein Glück, vor allem für die Leserinnen und Leser, wenn sich das änderte.« Verena Lueken Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 20190203