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Während der Jahre der Besetzung und des Vichy-Regimes in Frankreich gerät der Gaullist und Widerständler Joseph Bridet, ein wenig erfolgreicher Journalist, der mit Hilfe seiner Freunde in Vichy zu de Gaulle nach London gelangen will, aus ungeklärten Gründen in die Fänge der Kollaborationsbürokratie. Auch die fluchtartige Rückkehr nach Paris rettet ihn nicht, er wird verhaftet und in ein Internierungslager eingewiesen, aus dem heraus die Deutschen Geiseln für ihre »Vergeltungsmaßnahmen« abtransportieren. Die Falle schnappt zu.

Produktbeschreibung
Während der Jahre der Besetzung und des Vichy-Regimes in Frankreich gerät der Gaullist und Widerständler Joseph Bridet, ein wenig erfolgreicher Journalist, der mit Hilfe seiner Freunde in Vichy zu de Gaulle nach London gelangen will, aus ungeklärten Gründen in die Fänge der Kollaborationsbürokratie. Auch die fluchtartige Rückkehr nach Paris rettet ihn nicht, er wird verhaftet und in ein Internierungslager eingewiesen, aus dem heraus die Deutschen Geiseln für ihre »Vergeltungsmaßnahmen« abtransportieren. Die Falle schnappt zu.
Autorenporträt
Bove, EmmanuelEmmanuel Bove wurde 1898 geboren; er starb, 47jährig, in Paris. Im Alter von 23 Jahren schrieb er Meine Freunde, das als sein Hauptwerk gelten kann.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.1996

Nächste Ausfahrt Zwischenreich
Es ist, wie es ist: Weitere Sonderlinge von Emmanuel Bove

Zwei Romane, zwei Geschichten, zwei Leben. Auf der einen Seite Charles Benesteau, die Hauptfigur der "Ahnung". Eines Tages beschließt der erfolgreiche Pariser Anwalt, sein Leben zu ändern, ja, es aufzugeben. Er verläßt die Familie und übersiedelt in ein Armenviertel, um als eine Art Eremit in der Großstadt neu zu beginnen. Auf der anderen Seite Joseph Bridet, der das von den Deutschen besetzte Frankreich Richtung London verlassen will. "Die Falle" handelt von seinem langen, verzweiflungsvollen Kampf um die Ausreisedokumente.

Bridet und Benesteau sind Geistesverwandte. Beide geraten in Zwischenreiche, indem sie ihre Vergangenheit abstoßen, ohne die Zukunft schon erreicht zu haben. In seinen Romanen variiert Emmanuel Bove, der hierzulande durch Übersetzungen Peter Handkes bekannt wurde, diese elementare Konstellation. Seine Helden sind Außenseiter, die ihre Umgebungen und Geschichten zurücklassen, Aufbrechende, die niemals ankommen. Bove verschweigt nicht den Preis ihrer Misanthropie und Weltverachtung, die Isolation. Wenn Benesteau schließlich seine Scheu überwindet und das Straßenkind Juliette als "seinesgleichen" bei sich aufnimmt, dann weiß er schon, daß diese Bindung auf seltene Augenblicke stillen Einvernehmens beschränkt bleiben wird.

Boves Figuren sind Sonderlinge. Sie träumen davon, unbemerkt zu bleiben und doch verstanden zu werden. Dabei ist Benesteaus Ausstieg so abrupt, daß er selbst den Wohlmeinenden unerklärlich bleibt. Nichts ist bezeichnender für seine Haltlosigkeit als die Szene, in der Benesteau die Glücksvorstellungen jenes Milieus noch einmal heraufbeschwört, mit dem er eigentlich längst gebrochen hat. Wenn sie einmal eine eigene Familie haben werde, dann, so versichert er Juliette, werde sie glücklich sein. "Denn das Leben beginnt in Wahrheit erst später." Wie stets, so spricht Benesteau auch hier über sich selbst. Der Aufschub ist das Gesetz seiner eigenen, tief trostlosen Existenz. Stabilität gewinnt sie allein durch die Widersetzlichkeit der Gegenwelt, einer ausgesucht boshaften Komparserie verständnisloser Verwandter und tückischer Nachbarn. Als er dem nichts mehr entgegenzusetzen hat, bricht Benesteau zusammen.

In seiner schmucklosen Sprache und der bewegenden Naivität seiner Figuren nimmt Bove die schwarzweiße Bilderwelt des Neorealismus vorweg. Dies gilt auch für seinen letzten Roman, "Die Falle". Man kann dieses 1945 erschienene Buch zweifellos als Schlüsselroman lesen, als literarisches Oratorium über die Demütigung und die Selbstverleugnung Frankreichs unter der deutschen Besatzung. Ebenso offensichtlich aber gibt dieses Buch ein Gleichnis. Namen wie Pétain und de Gaulle sind bloß die realistischen, "realgeschichtlichen" Fermente einer obskuren Szenerie, in der unbegreifliche Veränderungen und Atmosphärenwechsel vor sich gehen. Jede Selbstverständlichkeit ist hier verlorengegangen. Die aus Amtsstuben, Büros, Gefängniszellen und Lagerbaracken zusammengesetzte Kulissenwelt der "Falle" ist so heillos wie jenes Elendsviertel, das Benesteau als Zuflucht wählt. Ihr Hauptmerkmal ist die Anonymität und die allmählich zur Gewißheit werdende Sorge, daß jederzeit alles und selbst das Schlimmste möglich sei.

Die Zentrale in Vichy, die Bridet von einer Stelle zur nächsten weist, ist eine Chiffre wie Kafkas Schloß. Wie K. ist auch Bridet in unablässiger Bewegung, ohne seine Sache voranzubringen; auch er schürt mit seinen Deutungs- und Erklärungsversuchen vor allem seine eigene Verwirrung; auch er fällt schließlich den Schritten zum Opfer, die er selbst in seiner Arglosigkeit veranlaßt hat. Doch wo bei Kafka Dämonen walten, da zeigt Bove das Regiment einer unverhohlen sich bekennenden Perfidie. "Dir wird etwas zustoßen": Die Romanhandlung ist die Erfüllung dieser frühen Prophezeiung.

Der Minimalismus solcher Vollzüge ist geprägt von einer allein durch die sprachliche Disziplin des Autors gebändigten Bitterkeit. Anders freilich als die "Ahnung" schränkt Boves später Roman die Unerbittlichkeit des Gesetzes ein und steigert damit die Glaubwürdigkeit des Helden. Bove verschweigt nichts, weder die Erniedrigung des grundlos Inhaftierten noch die Enttäuschung seiner Illusionen. Doch der Lauf des Verhängnisses wird durchkreuzt von der Reifung Bridets, der das Unabwendbare als solches erkennt, erträgt und annimmt. Bove entdeckt den amor fati als reinigende Kraft. Mitten in diese Welt, die ihrem Untergang entgegenstürzt, stellt er einen Hoffnungslosen, der seinen Stolz zurückgewinnt. RALF KONERSMANN

Emmanuel Bove: "Die Ahnung". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Thomas Laux. Deuticke Verlag, Wien 1996. 160 S., geb., 34,- DM.

Emmanuel Bove: "Die Falle". Roman. Aus dem Französischen von Bernd Schwibs. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 1996. 194 S., geb., 24,80 DM.

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