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Baselitz steht vor einem grob behauenen Holzklotz. Seine Körperhaltung verrät die innere Anspannung. Fest umklammern seine Hände Hammer und Meißel - bereit, den nächsten Schlag auszuführen. Die Augen kneift er konzentriert zusammen. In dem Atelier herrscht kreatives Chaos: In den Ecken stapeln sich Baumstämme und Holzscheite. Der Boden ist übersäht mit Holzspänen, dazwischen liegen achtlos hingeworfene Skizzen. Die eindrucksvolle Aufnahme entstand im Jahr 1990. Georg Baselitz arbeitete gerade an einer Skulptur aus seiner Werkgruppe "Dresdner Frauen". Benjamin Katz fing den flüchtigen…mehr

Produktbeschreibung
Baselitz steht vor einem grob behauenen Holzklotz. Seine Körperhaltung verrät die innere Anspannung. Fest umklammern seine Hände Hammer und Meißel - bereit, den nächsten Schlag auszuführen. Die Augen kneift er konzentriert zusammen. In dem Atelier herrscht kreatives Chaos: In den Ecken stapeln sich Baumstämme und Holzscheite. Der Boden ist übersäht mit Holzspänen, dazwischen liegen achtlos hingeworfene Skizzen. Die eindrucksvolle Aufnahme entstand im Jahr 1990. Georg Baselitz arbeitete gerade an einer Skulptur aus seiner Werkgruppe "Dresdner Frauen". Benjamin Katz fing den flüchtigen Augenblick mit seiner Kamera ein. Der Fotoband "Baselitz at Work" sammelt diese und weitere einzigartige Momentaufnahmen des Künstlers.

Baselitz: Provokateur der Kunstszene
Baselitz ist einer der bekanntesten Maler und Bildhauer der deutschen Gegenwartskunst. Er ist berühmt für seine Provokationen. Seine Werke stellen Figuren auf den Kopf, zeigen übergroße Geschlechtsorgane oder wecken Assoziationen an den Hitlergruß. Baselitz geht neue Wege, entwickelt seinen eigenen Stil und scheut sich nicht vor Skandalen.
Viele haben versucht, die Persönlichkeit des eigenwilligen Künstlers festzuhalten. So eindrucksvoll wie Benjamin Katz ist es bisher niemanden gelungen. Die Freunde Katz und Baselitz Die beiden Künstler verbindet seit mehr als 50 Jahren eine innige Freundschaft. Baselitz gewährt Katz tiefe Einblicke in sein Inneres. Er gestattet dem Fotografen, ihn bei seiner Arbeit zu beobachten, jeden seiner Arbeitsschritte mit zu verfolgen. Dabei erschafft Baselitz seine Werke am liebsten in völliger Abgeschiedenheit, sogar zurückgezogen von der Familie. Nur sein Freund Katz darf ihn tagelang besuchen, bei ihm wohnen und ihm über die Schulter blicken. Die Intimität der beiden kommt in den Bildern zum Ausdruck. Baselitz hat sich so sehr an seinen ständigen Begleiter gewöhnt, dass er ihn vergisst und sich völlig seiner Arbeit hingibt.

"Katz at work"
Seit Katz seineLeidenschaft für die Fotografie entdeckt hat, begleitet er befreundete Künstler wie Gerhard Richter oder Keith Haring und dokumentiert deren Arbeit. Er hält sich nicht an klassische Bildkompositionen, sondern sucht nach unmittelbareren Ausdrucksformen. Seine Bilder zeigen die Kunstschaffenden in ihrem Atelier oder bei Ausstellungseröffnungen, aber auch in ganz privaten Momenten. Um den richtigen Augenblick einzufangen, nimmt sich Katz Zeit. Bis heute arbeitet er mit einer analogen Kamera und verwendet fast ausschließlich Schwarz-Weiß-Filme. Er möchte den Entstehungsprozess nachverfolgen und liebt die Spannung beim Entwickeln der Bilder in der Dunkelkammer.

Der Bildband "Baselitz at Work"
Pünktlich zu Baselitz' 75. Geburtstag am 23. Januar 2013 erscheint nun der Fotoband "Baselitz at Work" im Hirmer Verlag. Auf jeder Seite ist eine Aufnahme zu sehen. Die eindrucksvollen Bilder sprechen für sich, ein Kommentar ist unnötig. Kenner werden auf den Fotos Baselitz' berühmte Werke wiedererkennen. Eingebettet sind die Bilder in einen Text der Kunstkritikerin Cornelia Gockel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.03.2013

Zu Besuch bei einem Freund

Seit mehr als einem halben Jahrhundert kennen Benjamin Katz und Georg Baselitz einander. Nun hat der Fotograf dem großen Maler und Bildhauer ein Buch gewidmet, das ihn bei der Arbeit in seinen Ateliers zeigt - und bei ausgelassenen Blödeleien.

Benjamin Katz hätte man erfinden müssen: als die zentrale Figur eines Epochenromans über die Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg und ihren sensationellen Aufstieg gerade in Deutschland. Als ein gewitztes Männlein. Umtriebig, raffiniert und dabei von einer Güte, die ihm alle Herzen öffnet und ebenso alle Türen, was er dank der Gabe, sich gleichzeitig an verschiedenen Orten aufhalten zu können, auch reichlich ausnutzt. Trotzdem übersehen ihn die Besuchten am Ende dann doch. Denn er besitzt auch die Fähigkeit, wie unter einer Tarnkappe zu verschwinden. Und so schleicht er durch Ateliers und Galerien, Museen und Bars und all die anderen Orte, an denen man Malern, Bildhauern und Filmemachern begegnet, und schaut einfach nur sehr genau hin. Ohne Häme oder Arroganz. Aber auch ohne falsche Bescheidenheit.

Doch Benjamin Katz muss man nicht erfinden - das hat er selbst getan. Zur Welt kam er 1939 in Antwerpen, wohin seine Eltern vor dem Nazi-Regime geflohen waren, später studierte er Gebrauchsgrafik in Berlin, dann wurde er Galerist, noch später Fotograf, und von Ende der siebziger Jahre an waren er und sein Fotoapparat aus der Kunstszene Deutschlands nicht mehr wegzudenken. Vom Aufbau selbst der allergrößten Bilderschauen bis zu den nächtlichen Debatten in den allerkleinsten Kneipen war Katz immer dort, wo Künstler die Welt durchmessen, erklären, zerlegen, verrätseln, wo sie von Zweifeln geplagt werden und von Hochstimmung überwältigt. Mehr als dreihunderttausend Aufnahmen hat er im Laufe von fast vier Jahrzehnten gemacht. Es ist das vermutlich umfangreichste Archiv der zeitgenössischen Kunst. Wollte man es einen Epochenroman nennen, wäre Benjamin Katz freilich weniger die zentrale Figur als der auktoriale Erzähler.

Das Gerüst der Geschichte hat Katz in kaum noch überschaubaren Ausstellungen und in kiloschweren Büchern immer wieder überarbeitet, mit Tausenden von Bildern. Seit einigen Jahren folgen, was man Fußnoten nennen könnte oder eigene Kapitel - Einschübe unter der Dachzeile "Dramatis Personae". Kleine Bücher etwa über A. R. Penck und Antonius Höckelmann, über Lawrence Weiner und Antony Gormley und zuletzt in der eigenen Reihe "At Work" Bände über Gerhard Richter und dieser Tage Georg Baselitz - mithin die erfolgreichsten Künstler unserer Zeit.

Und Katz? Der bleibt sich treu, zeigt Herz und Respekt, aber erstarrt nie vor Ehrfurcht. So lange ist er im Betrieb unterwegs, dass aus dem Kunstfreund lange schon ein Freund der Künstler geworden ist. Mit Georg Baselitz ist er seit den fünfziger Jahren bekannt, als sie sich in Berlin an der Hochschule für Bildende Künste über den Weg gelaufen sind. "Ich hatte das Gefühl", sagt Katz heute über Baselitz, der damals gerade die DDR verlassen hatte, "er kam von einem anderen Planeten." Aber was Baselitz alles anstellte, um unbedingt anders zu sein, wie er neurotisch verletzlich war und zugleich sehr zielbewusst, das hat Katz so eingenommen, dass er ihm 1963 eine Ausstellung in seiner gemeinsam mit Michael Werner gegründeten Galerie ausrichtete.

Einen Skandal gab es wohl, wegen vermeintlicher Pornographie und Obszönität der Bilder "Nackter Mann" und "Die große Nacht im Eimer". Der finanzielle Erfolg hingegen blieb aus. Die Arbeiten von Markus Lüpertz, die Katz wenig später in seinen Räumen zeigte, verkauften sich auch nicht besser. Mitte der siebziger Jahre wechselte Katz das Metier - und begann seine Karriere als Fotograf. Wie ernst ihm dieser Schritt war und wie wichtig ihm dieses Datum bis heute ist, belegt nicht zuletzt der Baselitz-Bildband.

Das älteste Foto des Buchs stammt aus dem Jahr 1978. Da kannten sich die beiden schon seit mehr als zwanzig Jahren, und es fällt schwer, zu glauben, dass Katz bis dahin keine Aufnahmen von Baselitz gemacht haben soll. Aber nun verbirgt Baselitz für einen Schnappschuss sein Gesicht hinter einer Serviette, als hätten die beiden sich nie zuvor gesehen, wie hinter einem Vorhang, der gleich gelüftet wird: Das Stück kann beginnen. Zu welcher Erfolgsgeschichte es sich entwickeln wird, konnte keiner der beiden auch nur ahnen.

Zwanzigtausend Fotos hat Benjamin Katz seither von Baselitz aufgenommen. Im Tempo des Kinos betrachtet, vierundzwanzig Bilder pro Sekunde, käme immerhin noch ein Kurzfilm heraus. Aber der filmische Aspekt der Fotografie, die Sequenz, hat Benjamin Katz nur selten interessiert. Er sucht einzelne Momente, und man glaubt seinen Aufnahmen anzusehen, wie er um den Künstler herumschleicht, Ideen entwickelt, Gedanken verwirft und dann doch im rechten Moment schnell wie ein Jäger reagiert. Und so ist "Georg Baselitz at Work" denn auch keineswegs die Lebensgeschichte des Malers und Bildhauers, sondern ein Erinnerungsalbum des Fotografen - und wie es mit Erinnerungen so ist, folgen die Bilder nicht der Chronologie, nicht den Werkphasen, auch wenn sie fast alle zu erkennen sind, sondern dem Rhythmus der Assoziation.

Baselitz ist kein einfaches Motiv. Die Auseinandersetzung findet im Kopf statt, die Idee ist längst entwickelt, wenn er sie - viel sorgfältiger, als es bisweilen den Eindruck macht - auf die Leinwand überträgt. Da gibt es keine Spannung, keine Ausbrüche, eher Konzentration, wenn Baselitz über der metergroßen Leinwand auf dem Boden kniet oder mit Meißel und Kettensäge aus einem Baumstamm ein Gesicht freilegt. Der Augenblick freilich, in dem er dem hölzernen Konterfei zum ersten Mal gegenübersteht, schauend, fragend, nachdenklich, zählt zu den eindringlichsten Momenten des Buchs.

Und dann gibt es noch die Bilder, in denen Baselitz spielt - sympathisch Faxen macht, in alten Posen noch einmal auftritt oder Katz keck einen Zettel in die Kamera hält mit der Aufschrift "Baselitz". Es ist sein Buch, denkt man dann. Und ist umso überraschter, am Ende des Bands den Lebenslauf von Katz zu lesen. Nein, es ist natürlich ein Buch von Benjamin Katz. Es ist das Buch eines Gastes, der uns mitnimmt auf einen Besuch bei seinem Freund.

FREDDY LANGER

Benjamin Katz: "Georg Baselitz at Work".

Mit einem Beitrag von Cornelia Gockel. Hirmer Verlag, München 2013. 144 S., 93 Abb., geb., 34,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als Freund zu Gast bei Baselitz. In diesen Genuss kommt Freddy Langer quasi mit diesem Fotoband des langjährigen Baselitz-Freundes, früheren Galeristen und nunmehrigen Fotografen Benjamin Katz. Katz nimmt Langer mit ins Atelier und zeigt ihm Baselitz bei der Arbeit, vor dem Werk. Dass er dabei nicht in Ehrfurcht erstarrt, sondern mit Herz und Respekt einen Freund ablichtet, stets im richtigen Moment, ohne sich um Chronologie oder Werkphasen zu kümmern, macht die Bilder für den Rezensenten so besonders.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Es ist das Buch eines Gastes, der uns mitnimmt auf einen Besuch bei seinem Freund."
Frankfurter Allgemeine Zeitung