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»Ohne Gerechtigkeit gibt es keine Würde, und ohne Unabhängigkeit keine freien Menschen.« Patrice Lumumba Unaufgeregt erzählt und mit Fotos illustriert, voller Leben, Bewunderung und Empathie für den Familienvater, Freund und politischen Weggefährten erhält der Leser Einblicke in die Persönlichkeit Jean Claude Diallos. Zugleich ist der Band eine Zeitreise in die bundesrepublikanische und guineische Geschichte der achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Davon zeugen vor allem die Texte von Jean Claude Diallo selbst, in denen er sich kritisch mit Kolonial- und westlicher…mehr

Produktbeschreibung
»Ohne Gerechtigkeit gibt es keine Würde, und ohne Unabhängigkeit keine freien Menschen.« Patrice Lumumba Unaufgeregt erzählt und mit Fotos illustriert, voller Leben, Bewunderung und Empathie für den Familienvater, Freund und politischen Weggefährten erhält der Leser Einblicke in die Persönlichkeit Jean Claude Diallos. Zugleich ist der Band eine Zeitreise in die bundesrepublikanische und guineische Geschichte der achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Davon zeugen vor allem die Texte von Jean Claude Diallo selbst, in denen er sich kritisch mit Kolonial- und westlicher Dominanzkultur auseinandersetzt. Immer schwingt seine Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel von Kultur und Identität mit. Viele seiner Gedanken spiegeln sich in der aktuellen Debatte jüngerer afrikanischer Intellektueller, die fordern, dass Afrika über seine Zukunft selbst bestimmen und sich stärker auf seine vorkoloniale Geschichte und Philosophie beziehen muss.
Autorenporträt
JEAN CLAUDE DIALLO, geboren 1945 in Conakry/Guinea, gestorben 2008 in Frankfurt am Main, war von 1980 bis 1984 sowie von 1986 bis 1995 in verschiedenen Funktionen als Psychologe in der Flüchtlingsarbeit tätig. Nach dem Tod von Sékou Touré 1984 war Diallo bis 1986 Regierungsmitglied als Staatssekretär, Regierungssprecher und Minister für Information und Kultur der Republik Guinea. 1986 verließ er die Regierung und kehrte nach Deutschland zurück. Von 1995-2008 gestaltete er in leitender Funktion beim Evangelischen Regionalverband und als deutschlandweit erster Schwarzafrikaner in der Position eines Stadtrats und Dezernenten für Integration die politische Kultur Frankfurts mit.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.12.2020

Ein europäischer Afrikaner

Zwölf Jahre nach dem Tod von Jean Claude Diallo, dem damaligen Dezernenten für Integration, widmet sich ein Buch dem ungewöhnlichen Kommunalpolitiker.

Von Hans Riebsamen

Er ist nach dem Urteil seiner Mitstreiter und Weggefährten ein bemerkenswerter und faszinierender Mann gewesen: Jean Claude Diallo, der Frankfurter aus Afrika. Sein Wirken in der Frankfurter Kommunalpolitik war "ein wirklicher Glücksfall für die Stadt". Dies schreibt die frühere Bürgermeisterin Jutta Ebeling (Die Grünen) über Diallo, den sie selbst 1997 davon überzeugt hatte, für ihre Partei als ehrenamtlicher Stadtrat in den Magistrat einzutreten. Er sei das anschauliche Symbol für eine Politik der Multikulturalität gewesen, die Inkarnation von Weltoffenheit, charakterisiert sie diesen europäischen Afrikaner, der am 21. März 2008 im Alter von 62 Jahren im Amt gestorben ist.

Zu dieser Zeit stand Diallo dem Integrationsdezernat vor, dessen Leitung er etwa ein Jahr zuvor übernommen hatte. Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) hatte ihn, der laut Absprache in der schwarz-grünen Koalition eigentlich erst Mitte 2008 dieses Amt von Albrecht Magen (CDU) übernehmen sollte, nach dem überraschenden Tod Magens vorzeitig zum Integrationsdezernenten ernannt. Bedauerlicherweise ist Roth nicht mit einem eigenen Beitrag in dem jetzt beim Nomen-Verlag erschienenen Buch "Jean Claude Diallo. Ein Frankfurter aus Afrika" vertreten, das von Diallos Ehefrau Barbara Gressert-Diallo herausgegeben wurde und mit Erinnerungen von gut einem Dutzend Weggefährten aufwartet. Gerne hätte man von ihr etwas über den Konflikt um den Bau einer Moschee in Hausen Ende 2007 erfahren, in dem sie unter Hinweis auf die Religionsfreiheit gemeinsam mit Diallo gegen starke Kräfte auch in ihrer eigenen Partei erfolgreich für die Errichtung dieses Gotteshauses gekämpft hatte.

Diallo stammte aus dem westafrikanischen Land Guinea, wo er Mitte der achtziger Jahre nach dem Tod des grausamen Diktators Sékou Touré unter dem neuen Staatspräsidenten Lansana Conté zuerst Staatssekretär und dann Minister für Information und Kultur sowie Regierungssprecher war. Nach zwei Jahren legte er indes sein Amt nieder: Er wollte nicht Teil des wiedererstarkten Systems der Bereicherung und Korruption sein. Aus jener Zeit, da der in Würzburg und Lausanne zum Psychologen ausgebildete Diallo in sein Heimatland zurückgekehrt war, stammt der Dokumentarfilm "Frankfurt - Conakry. Rückkehr ins Land des Elephanten", den der Frankfurter Filmemacher Malte Rauch mit ihm gedreht hat. Für die Guineer sei Diallo nicht nur "l'allemand" gewesen, der pünktlich und engagiert stur bei der Sache gewesen sei, erzählt Rauch. Er habe auch als Außerirdischer gegolten, der aus dem sicheren deutschen Wohlstand in ein darniederliegendes Land gekommen sei, um sich für die aus den dortigen Todeslagern Befreiten einzusetzen. Diese Zeit in Guinea schildert zudem anhand von Tagebuchausschnitten Diallos Frau, die damals mit den gemeinsamen Kindern nach Conakry gezogen war.

Für Guinea hat Diallo damals seine Arbeit im Psychosozialen Zentrum des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau in Eschersheim aufgegeben, wo er als Berater und Therapeut afrikanischer Flüchtlinge wirkte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland baute Diallo in Düsseldorf nach Frankfurter Vorbild ein eigenes Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge auf, kehrte aber 1988 wieder an den Main zurück, um nun die Leitung des dortigen Zentrums zu übernehmen. Beim Evangelischen Regionalverband schätzte man seine Arbeit derart, dass er 1995 Leiter eines Fachbereichs für Ökumene und Ausländerarbeit wurde und acht Einrichtungen vorstand.

Seine Geschäftsführerin Angelika Berghofer-Sierra schildert ihn als einen Chef, der klare Entscheidungen traf und immer die Verantwortung dafür übernahm. Diallos Kinder wiederum zeichnen das Bild eines guten Vaters, der - wiewohl mit Arbeit hoch belastet - immer Zeit für sie fand und der die Familie zusammenhielt. Eines eint die Autoren des Buches: Sie alle waren von Diallo beeindruckt, ja, viele wurden von ihm sogar geprägt. Nun haben sie ihm ein literarisches Denkmal gesetzt.

"Jean Claude Diallo. Ein Frankfurter aus Afrika", Barbara Gressert-Diallo (Hrsg.), Nomen-Verlag, Frankfurt 2020, 258 Seiten, 18 Euro

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