Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 7,19 €
  • Gebundenes Buch

9 Kundenbewertungen

Das Jahr 2019 war das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Noch nie in der Geschichte der Menschheit sind Klimaschwankungen so rapide abgelaufen. In welcher Welt werden wir in Zukunft leben? Der renommierte Wissenschaftler James Powell nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch den Klimawandel: Die Alpen schneefrei, Australien, Spanien und weite Teile der USA verwüstet und verbrannt, westliche Staaten führen neue Kriege um Ressourcen. Eine packende Dystopie, die leider allzu real ist.

Produktbeschreibung
Das Jahr 2019 war das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Noch nie in der Geschichte der Menschheit sind Klimaschwankungen so rapide abgelaufen. In welcher Welt werden wir in Zukunft leben? Der renommierte Wissenschaftler James Powell nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch den Klimawandel: Die Alpen schneefrei, Australien, Spanien und weite Teile der USA verwüstet und verbrannt, westliche Staaten führen neue Kriege um Ressourcen. Eine packende Dystopie, die leider allzu real ist.
Autorenporträt
James Lawrence Powell ist Wissenschaftler, ehemaliger Hochschulpräsident, Museumsdirektor und Autor. Er war zwölf Jahre lang Mitglied des National Science Board der USA, eines renommierten Beratungsgremiums für die US-Forschungspolitik.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2020

Der Untergang von New Orleans

Nahende Katastrophen: Der Geologe James Lawrence Powell blickt in die Zukunft, um die Gefahren der Erderwärmung sinnfällig zu machen.

Von Christian Schwägerl

Vor dem Hintergrund, dass der Tod von Hunderttausenden Menschen durch Covid-19 gerade vielen Mitmenschen nicht Anlass genug ist, ihr Freizeitverhalten freiwillig einzuschränken, hat das Buch von James Lawrence Powell schwere Startbedingungen. Der amerikanische Geologe, Forschungsmanager und Regierungsberater möchte mit realistisch anmutenden Zukunftsszenarien die Gefahren einer ungebremsten Erderwärmung so lebensnah heraufbeschwören, dass auch dem Letzten klarwird, wie wichtig es ist, die Klimakrise abzuwenden.

Das Buch ist aus der Perspektive eines 2012 geborenen Historikers geschrieben, der Ende 2084 zu verstehen versucht, wie all die schrecklichen Dinge passieren konnten, die während seines Lebens über die Menschheit gekommen sind. Es ist ein Historiker, der zeitlebens auch ein Faible dafür hatte, Zeitzeugen zu interviewen. Diese Zeitzeugen lernen die Leser in jeweils abgeschlossenen Geschichten kennen, angefangen mit einem Klimatologen, der uns heute Lebenden ausbuchstabiert, dass wir wider besseres Wissen unverantwortlich viel Kohlendioxid freigesetzt haben und uns von Lügen über eine angebliche Verschwörung der Wissenschaft ablenken ließen. Selbst in den frühen zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts hätte die Erderwärmung noch auf drei Grad Celsius begrenzt werden können, sagt der Klimaforscher. "Als endlich etwas geschah, waren selbst vier Grad nicht mehr einzuhalten."

Die nächste Interviewpartnerin des Historikers ist eine langjährige Umweltkorrespondentin der französischen Tageszeitung "Le Monde", die Ergebnisse ihrer Recherchen in ganz Europa rekapituliert. "Der Permafrost, der Fels und Erde auf dem Matterhorn festhielt, schmolz und ließ Geröll bergab rutschen", erzählt sie, beschreibt Skihütten und Restaurants in Alpendörfern, die unter Gesteinsmassen begraben sind, berichtet von Mittagstemperaturen von 51 Grad, von mehreren hundert Millionen Flüchtlingen, die im kühleren Norden Europas Schutz suchen, und von ausgetrockneten Plantagen in Spanien.

Insgesamt zehn solcher fiktiven Interviews bietet das Buch. Sie sind in lebendiger Sprache und mit einiger Vorstellungskraft verfasst, gründen aber zugleich auf dem aktuellen Wissensstand der Klimaforschung. Und so lässt der Autor, selbst Geologe, einen Geologen der Zukunft sprechen, der den Untergang von New Orleans nach einem Monstersturm im Jahr 2048 mit kühler Präzision rekonstruiert. Ein früherer peruanischer Umweltminister erzählt, wie das Schmelzwasser aus den Anden zunächst die Illusion geschaffen hat, es gebe Wasser im Überfluss. "Es war unmöglich, Einwohner wie Politiker davon zu überzeugen, dass dies das Festmahl vor der kommenden Hungersnot sei", erinnert er sich.

Das Buch macht aber bei Veränderungen unserer physischen Umwelt nicht halt. In mehreren Szenarien berichtet es von Kriegen - im Nahen Osten ebenso wie am Indus -, bei denen die Klimakrise der entscheidende Treiber war. Es malt die Eroberung des kühleren Kanadas durch die Vereinigten Staaten ebenso aus wie die Wiedergeburt des Faschismus dort infolge des klimabedingten Chaos und der unerbittlichen Verteilungskämpfe. Man kann sich gut vorstellen, wie Powell sich beim Schreiben dieses Buchs regelrecht mental verausgabt hat. Bis zum freiwilligen Sterben als neuem Trend reicht seine Wissenschaftsfiktion.

Doch reichen solche Szenarien, um die aktuelle Debatte zu beeinflussen? Zu wünschen wäre es, dass der Fiktion gelingt, was seit nunmehr fünfzig Jahren öffentlicher Debatte über die Gefahr der Erderwärmung Zahlen und Fakten nicht vermögen. Offenbar fehlt es trotz der Popularität von Fantasy- und Zukunftsfilmen auf Streamingportalen weiten Teilen der Öffentlichkeit noch immer an ausreichender Vorstellungskraft für die Risiken, die wir durch fortgesetzt hohe Emissionen in die Erdatmosphäre nicht nur heraufbeschwören, sondern in die Geophysik des Planeten einprogrammieren.

Der kapitale Fehler von Öffentlichkeit und Politik ist es, die Klimakrise zu behandeln wie jedes andere politische Problem, das man heute lösen kann oder eben auch erst morgen. Powells "2084", dessen Jahreszahl hundert Jahre zu George Orwells Dystopie addiert, führt vor Augen, wie illusionär diese Annahme ist. Der Leser bekommt sehr hautnah zu spüren, dass die künftigen Erdbewohner zu vielem in der Lage sein müssen, aber unser heutiges Verhalten nicht werden verzeihen können.

Haben Wissenschaftler in den ersten Jahrzehnten der Klimadebatte darauf gesetzt, allein durch Zahlen und Projektionen zu überzeugen, ist man seit einigen Jahren zur Einschätzung gekommen, dass politisches Engagement nötig sei. Dass nun mit Powell ein Wissenschaftler selbst zum Mittel der Fiktion greift, kann nur als weiterer Einsatz im Ringen um eine angemessene gesellschaftliche Reaktion verstanden werden.

Die einzige Schwäche von "2084" ist der Versuch eines letzten Kapitels mit Lösungen, in dem der Eindruck entsteht, die Kernenergie allein könne die Klimakrise entschärfen. So wichtig eine offene Diskussion über die Energiepolitik ist, so lässt sich doch mit Sicherheit sagen, dass es für gewichtige CO2-Quellen in der Wärmeversorgung, in der Mobilität und in der Landwirtschaft nukleare Alternativen nicht gibt. Zudem ist Kernenergie weder das billigste noch das am schnellsten verfügbare Mittel CO2-freier Stromgewinnung.

Aber letztlich lädt auch dieses Kapitel zu dem ein, was dieses Buch beflügeln will: eine Diskussion, die sich offen der Aussicht stellt, dass wir Heutigen den Planeten Erde innerhalb dieses Jahrhunderts bis zur Unkenntlichkeit herunterwirtschaften werden, wenn es nicht schnell zu sehr grundlegenden Veränderungen kommt.

James Lawrence Powell: "2084". Eine Zeitreise durch den Klimawandel.

Aus dem Englischen von Axel Merz, Dietmar Schmidt und Rainer Schumacher. Quadriga Verlag, Köln 2020. 255 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass in der Klimadebatte ein Wissenschaftler nun sogar schon zu den Mitteln der Fiktion greife, sieht Rezensent Christian Schwägerl als Ausdruck des verzweifelten Ringens um eine gesellschaftliche Reaktion: Der amerikanische Geologe James Lawrence Powell führt in seinem Buch (aus der Erzählperspektive eines 2012 geborenen Historikers) fiktive Interviews in einer Zukunft, in der Flüchtlinge in den kühlen Norden Europas pilgern, Verteilungskriege herrschen und der Freitod zum neuen Trend geworden ist. "Hautnah" bekomme der Leser so die Dringlichkeit der Thematik zu spüren, lobt Schwägerl und möchte gerne hoffen, dass solche fiktiven Zukunftsszenarien die öffentliche Debatte zu beeinflussen vermögen. Einzig mit dem letzten Kapitel, das Kernenergie als Allheilmittel vorstelle, stimmt der Rezensent nicht ganz überein.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Powells Buch kann die Neigung bei uns und anderswo gewaltig steigern, kühn und im Interesse unserer Kinder und Enkel zu handeln." Ernst Ulrich von Weizsäcker "Powells Buch ist eine Erinnerung daran, dass sich etwas ändern muss, sollen künftige Generationen nicht dazu gezwungen werden, in einer wahr gewordenen Dystopie leben zu müssen." Steffen Trumpf, dpa, 13.10.2020 "Powells "Rückblick" aus dem Jahr 2084 könnte die Dystopie des 21. Jahrhunderts werden. [...] Powells Berichte aus der Zukunft sind keine hysterische Schwarzmalerei, sondern eine wissenschaftlich fundierte Simulation." Frank Quilitzsch, Thüringer Allgemeine, 01.04.2021
Dass in der Klimadebatte ein Wissenschaftler nun sogar schon zu den Mitteln der Fiktion greife, sieht Rezensent Christian Schwägerl als Ausdruck des verzweifelten Ringens um eine gesellschaftliche Reaktion: Der amerikanische Geologe James Lawrence Powell führt in seinem Buch (aus der Erzählperspektive eines 2012 geborenen Historikers) fiktive Interviews in einer Zukunft, in der Flüchtlinge in den kühlen Norden Europas pilgern, Verteilungskriege herrschen und der Freitod zum neuen Trend geworden ist. "Hautnah" bekomme der Leser so die Dringlichkeit der Thematik zu spüren, lobt Schwägerl und möchte gerne hoffen, dass solche fiktiven Zukunftsszenarien die öffentliche Debatte zu beeinflussen vermögen. Einzig mit dem letzten Kapitel, das Kernenergie als Allheilmittel vorstelle, stimmt der Rezensent nicht ganz überein.

© Perlentaucher Medien GmbH