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19 Kundenbewertungen

Als Takeos Dorf überfallen wird, rettet Lord Shigeru, der Anführer des Clans der Otori, ihm das Leben. Von Shigeru lernt Takeo die Bräuche des Clans, widmet sich aber auch anderen, dunkleren Künsten - und gerät dabei immer tiefer in eine Welt der Lügen, der Geheimnisse und der Rache...

Produktbeschreibung
Als Takeos Dorf überfallen wird, rettet Lord Shigeru, der Anführer des Clans der Otori, ihm das Leben. Von Shigeru lernt Takeo die Bräuche des Clans, widmet sich aber auch anderen, dunkleren Künsten - und gerät dabei immer tiefer in eine Welt der Lügen, der Geheimnisse und der Rache...

Autorenporträt
Lian Hearn studierte moderne Sprachen in Oxford und arbeitete in London als Filmkritikerin und Redakteurin, bevor sie sich in Australien niederließ. Ein lebenslanges Interesse an Japan führte dazu, dass sie Japanisch lernte und das Land unzählige Male bereiste. In Japan selbst wurde auch die Idee zum Clan der Otori geboren.

Irmela Brender, geb. 1935 in Mannheim, ist freie Autorin und Übersetzerin. 1980 erhielt sie den Stuttgarter Literaturpreis.

Irmela Brender, geb. 1935 in Mannheim, ist freie Autorin und Übersetzerin. 1980 erhielt sie den Stuttgarter Literaturpreis.
Rezensionen
"Ein faszinierender Roman, klug komponiert und spannend bis zum Ende."
Der Tagesspiegel

"Clans, Magie, Kämpfe und Liebe - fabelhaft"
Glamour

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.02.2007

Auf dem Nachtigallenboden
Grausamer Glanz: Lian Hearn erfindet Japans Geschichte

Was für ein Finale! Drei Bände lang hat die Autorin sorgfältig Stein auf Stein gesetzt, hat liebevoll eine vollkommen eigengesetzliche Welt entworfen und ein großes Figurenensemble souverän zu einem vorläufigen Abschluss geführt, fast alles war gut - dann, mit einem eigentlich gar nicht vorgesehenen vierten Band, die Trilogie um stolze achthundert Seiten erweitert, nur um all dem ein krachendes Ende zu bereiten. Vorbei ist es mit Reich und Herrschaft, mit dem mühsam erzwungenen Frieden sowieso und auch mit der Liebe zwischen dem zuvor so dezidiert einigen Paar. Was dabei nicht in Flammen aufgeht, stirbt in der Schlacht oder durch die Hand der Meuchelmörder, selbst die Toten kehren zurück und fordern ihre Opfer, und was zu Beginn dieses Abschlussbandes in Blüte stand, ist schließlich restlos zerstört.

Es bedarf einiger Fassung, um sich Lian Hearns Roman "Der Ruf des Reihers" zuzumuten, jenen vierten Band der großen Saga "Der Clan der Otori", der jetzt auf Deutsch erschienen ist. Die ehemalige Filmkritikerin Hearn, die eigentlich anders heißt und sich ihr Pseudonym als offensichtliche Verbeugung vor dem großen Japan-Popularisator Lafcadio Hearn gewählt hat, schuf mit dem "Clan der Otori" die literarisch anspruchsvollste phantastische Buchreihe der letzten Zeit.

Der Schauplatz ist ein sorgfältig komponiertes feudales Japan, das selbstverständlich von Samurai-Clans beherrscht wird. Das phantastische Element in Hearns Welt stellen die "Stämme" dar, deren Mitglieder übermenschliche Fähigkeiten besitzen. Ihr Nachwuchs wird nicht minder streng gedrillt als jener der Krieger-Clans. Die besten Stammeskinder sollen die nächste Generation einer sagenhaften Elite der Meisterdiebe und Assassinen bilden, auf deren dauerhafte Loyalität sich kein noch so finanzkräftiger Kriegsherr verlassen kann - die nämlich gilt allein den eigenen Leuten, und so stellen die Stämme einen Garant gegen die Herrschaft nur eines Clans dar. Sie sorgen für eine verhaltene Unruhe, lassen keine der adligen Familien zu mächtig werden und sorgen so dafür, dass sich in dieser feudal strukturierten Gesellschaft nichts Wesentliches ändert.

Normalerweise ist dieses System gegenseitigen Nutzens also in einem brutalen Gleichgewicht, dessen Leidtragende Schwächere sind: Frauen, Bauern, die hier als "Verborgene" bezeichneten blutig verfolgten Christen oder jene Fürstenkinder, die als Unterpfand an fremden Höfen ein gefährdetes Dasein fristen. Sogar die buddhistischen Mönche sind in dieser mitleidlosen Welt gefürchtete Kämpfer.

Das ändert sich zu Beginn des ersten Bandes der Saga, "Das Schwert in der Stille". Der junge Tomasu, der in einem versteckten Christendorf in den Bergen aufgewachsen ist, wird von Lord Otori Shigeru vor den Mordbrennern eines anderen Clans gerettet, mitgenommen, einige Jahre ausgebildet und adoptiert - aus Gründen, die für den Jungen und den Rest des empörten Clans lange im Dunkeln liegen. Doch nicht nur Lord Shigeru, auch der Stamm der Kikuta erhebt Anspruch auf ihn. Die Handflächen von Tomasu, der nun Otori Takeo heißt, zeigen deutlich die markante Linie der Kikuta. Ohnehin ein Grenzgänger, den es eigentlich nicht geben dürfte, erschüttert Takeo das komplizierte Gleichgewicht im Bündnissystem zwischen Lords und Stämmen noch mehr, als er sich in Kaede verliebt, die Tochter eines verarmten Samurai und Trumpfkarte ihres Vaters im Spiel um Macht.

Inhaltlich fällt die Suche Takeos und Kaedes nach ihrem Platz in der Welt nicht aus dem Rahmen, selbst wenn man Sonderpunkte für die sorgfältig gezeichneten Frauenfiguren und die ungeschönte Beschreibung des Kriegerdaseins vergeben darf. Es ist die sprachliche Qualität, die überrascht und erfreut. Durch die Nutzung einer historischen Kultur und deren Mythen - im Original trägt die Trilogie den Untertitel "Tales of the Otori", spielt also unterschwellig mit der Unsicherheit von Überlieferung - kann Hearn aus dem Vollen schöpfen. Statt eine enzyklopädisch detaillierte Welt erfinden zu müssen, kann sie es sich leisten, mit Silhouetten und Ausschnitten zu arbeiten, die besonders authentisch wirken, weil "elliptisches Erzählen", wie sie es nennt, ein traditionelles japanisches Prinzip ist. Regengesang in Wasserrohren, Reiher im Teich und Tee in der Schale lassen vor dem inneren Auge des Lesers aufrissartig Bilder des alten Japan in all seiner strengen Schönheit erscheinen. Einzelne Details werden dafür umso genauer gewürdigt und mit Anleitungen für alle Sinne versehen. Die Frösche etwa quaken nicht einfach nur im Hintergrund, stattdessen kündigen "der helle Ruf des Regenfroschs, der klappernde Rhythmus des Baumfroschs und das süße Klimpern des kleinen Glockenfroschs" das Frühjahr an. Stilblüten wie die Feststellung, die Bauern seien "sehr motiviert" bei der Arbeit, sind zum Glück auch in der Übersetzung selten.

Bedauerlicherweise hat der deutsche Verlag jedoch die poetischen, direkt auf handlungsprägende Traditionen anspielenden Titel der ersten beiden Bände ("Across the Nightingale Floor" und "Grass for his Pillow") durch nichtssagende Allerweltstitel ersetzt.

Für Krieger und für Kikuta kann das Leben sehr kurz sein. Bereits mit 32 schreibt Takeo sein Leben nieder und blickt mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Diese Memoiren lesen wir immer in jenen Kapiteln der ersten drei Bände, die aus seiner Perspektive berichten und sich mit Außenbeschreibungen von Kaedes Schicksal abwechseln. Die Innenschau bringt Unsicherheit, Erschöpfung und andere unheldenhafte Eigenschaften zum Vorschein.

Der ungewöhnliche Abstand des Ich-Erzählers zum eigenen Handeln lässt sich recht plausibel aus den Brüchen in Takeos Biographie erklären: Als Christ zum Mitleid mit allen Lebewesen erzogen, muss er sowohl als Krieger wie als Kikuta entgegengesetzten Normen entsprechen, wenn er überleben will, so dass er gerade den Christen gegenüber, denen er später begegnet, zwischen Faszination und Abwehr changiert. Auch grundsätzlich integre, nicht von Grausamkeit geleitete Menschen wie Shigeru und Takeo können sich ihnen nicht entziehen. Der Untergang Shigerus, der sich schließlich gegen Kompromisse entscheidet, ist ebenso herzzerreißend wie folgerichtig, der Aufstieg Takeos zum Herrscher eines befriedeten, wirtschaftlich prosperierenden und geradezu aufgeklärten Reiches ist ebenfalls der Logik einer Entwicklung geschuldet, die sich früh andeutet.

Dass es im vierten Band dann aber so furios endet, mag der Einsicht der Autorin geschuldet sein, lieber selbst einen Schlusspunkt unter das eigene Werk zu setzen, bevor es ein anderer fortschreibt. Immerhin fällt es auch ihr schwer, davon zu lassen: Sie hat noch einen weiteren, nunmehr fünften Band angekündigt, der zeitlich vor der Handlung des ersten einsetzt und Shigerus Vorgeschichte erzählt bis zu dem Moment, in dem er Takeo rettet und der eigentlich erste Band der Saga anfängt. Und dann gibt es ja immer noch Takeos Töchter.

ANNETTE ZERPNER

Lian Hearn: "Der Clan der Otori". Band 1: "Das Schwert in der Stille". Band 2: "Der Pfad im Schnee". Band 3: "Der Glanz des Mondes". Band 4: "Der Ruf des Reihers". Aus dem Englischen übersetzt von Irmela Brender, Salah Naoura und Henning Ahrens. Carlsen Verlag, Hamburg 2003 bis 2007. 384 S., 400 S., 496 S. und 800 S., geb., je 19,90 [Euro] (Band 1 bis 3), 24,- [Euro] (Band 4). Ab 14 Jahre.

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