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Mit dem bittersüßen Humor des erfahrenen Journalisten und Fernsehfilmers beschreibt Georg Stefan Troller, einer der letzten Zeugen und Betroffenen des Exils 1933-1945, in diesem Buch einige seiner aufregendsten Erlebnisse und Begegnungen und auch deren manchmal blamables Ende (Picasso, Brigitte Bardot, Woody Allen etc.). Ferner enthält der Band von Altersweis- heit geprägte Aufsätze "Über Freundschaft und Liebe" oder "Die Kunst des Alterns".

Produktbeschreibung
Mit dem bittersüßen Humor des erfahrenen Journalisten und Fernsehfilmers beschreibt Georg Stefan Troller, einer der letzten Zeugen und Betroffenen des Exils 1933-1945, in diesem Buch einige seiner aufregendsten Erlebnisse und Begegnungen und auch deren manchmal blamables Ende (Picasso, Brigitte Bardot, Woody Allen etc.). Ferner enthält der Band von Altersweis- heit geprägte Aufsätze "Über Freundschaft und Liebe" oder "Die Kunst des Alterns".
Autorenporträt
Georg Stefan Troller, geboren 1921 in Wien, emigrierte 1938 nach Frankreich, dann in die USA, lebt seit 1949 in Paris. Berühmt wurde er in den 60er Jahren mit der Fernsehsendung "Pariser Journal", danach lief seine "Personenbeschreibung" über mehr als zwei Jahrzehnte. Troller hat bedeutende Dokumentarfilme ("Mord aus Liebe"), "Unter Deutschen", "Amok") gedreht und zahlreiche Bücher veröffentlicht.
Im Mai 2005 erhielt er den Literaturpreis der Theodor-Kramer-Gesellschaft in Wien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.12.2016

Ein Meister des desillusionierten Blicks
Picasso wurde grob zu ihm: Der große Fragesteller Georg Stefan Troller liefert neue Fragmente einer Autobiographie

Nicht auszudenken, Georg Stefan Troller hätte sich vor einigen Monaten nicht dazu durchgerungen, in den Keller seines Pariser Hauses hinabzusteigen und den Koffer hervorzuziehen, in dem sich seine frühen Liebesbriefe, Kriegstagebücher und alten Fotos befanden. Fünfzig Jahre lang hatte der abschließbare Gegenstand, wie Troller schreibt, dort völlig unangetastet herumgestanden. Zu unerfreulich waren die Erinnerungen, die sich mit dem Koffer für den 1938 als Jude aus Österreich Geflohenen verbanden, der kurz vor Kriegsende als GI und Vernehmer von Kriegsgefangenen in seinen geliebten Sprachraum zurückkehrte und mit gemischten Gefühlen ein Land in Scherben vorfand - die Menschen darin, so Troller, mehrheitlich nicht dazu in der Lage, einen klaren Gedanken über das Geschehene zu fassen.

Als Troller siebzig Jahre später nun also die Tagebücher aus dem Koffer aufschlug, erlebte er eine Überraschung: Anders als erinnert, hatte er seine Kriegsnotizen nicht in englischer, sondern in deutscher Sprache verfasst, und rudimentärer als erwartet waren sie auch. Sie konnten also nur noch als grobes Gerüst für die angestrebte Rekonstruktion der vergangenen Ereignisse dienen - ein Umstand, dem Troller jedoch in dem Kapitel "Hitler kaputt!" einen Text abgewinnt, wie man ihn über das Deutschland der Jahre 1944/45 noch selten gelesen hat.

Wie Troller in seiner Rolle als Vernehmer allmählich den Menschenversteher und späteren Interviewer fürs Radio und das Fernsehen ("Pariser Journal", "Personenbeschreibung") in sich entdeckte, das konnte man schon an anderer Stelle von ihm lesen. Die eigentümlich distanzierten, fast kalten Erinnerungsfragmente aber, die er an die Zeit kurz vor und nach der Stunde null in zuweilen aufreizend schnoddriger Sprache zusammenträgt, sind neu und gehen einem ins Mark.

Auf dem Münchner Marienplatz liegen bei seiner Ankunft "aufgeblähte Tierkadaver, an denen gekrümmte Gestalten herumsäbeln", in Dachau erwartet ihn am 1. Mai ein derartiges Grauen, dass er ihm nur durch dokumentarische Fotoaufnahmen meint Herr werden zu können. "Letzten Endes", schreibt er mit dem Weitblick des Alters, sei "in diesen Lagern der wahre Mythos des Jahrhunderts zelebriert worden, der da lautet: Was machbar ist, muss auch gemacht werden."

In der "Führerwohnung" am Prinzregentenplatz interpretiert er diesen Mythos dann auf seine Weise, lässt einige Bögen von Hitlers Briefpapier mitgehen und schreibt darauf seinen Eltern nach Hause. Typisch Troller, wie er selbst vor unvorteilhaftesten Regungen seines damaligen Selbst keinen Halt macht und offen die damalige Lust an der Unterwerfung seiner früheren Gegner bekennt. So etwas kann eben nur jemand schreiben, der das Geschehen auf der Grundlage einer nur schwer zu überbietenden Lebenserfahrung einordnen kann.

Troller ist aber nicht nur ein Meister des desillusionierten Blicks, immer ist da bei ihm, bedingt durch seine Neigung, den Spuren der Künstler und Poeten (Goethe, Gauguin, D. H. Lawrence, Jack London) zu folgen, auch eine fast romantische Sehnsucht nach der Identifikation zu spüren. Er habe sich als Fernsehjournalist bei den Deutschen derart beliebt machen wollen, schreibt er, dass sie ihn nach Kenntnis seiner wahren Identität, die er bis zu seinem fünfzigsten Lebensjahr geheim hielt, nicht mehr aus ihrem Herz ausschließen konnten.

Den Rest in diesem kurzweiligen Buch macht Trollers einzigartiges Talent zur Selbstironie. Das Kapitel über "Meine Blamagen" zum Beispiel macht ihm so schnell niemand nach. Wer kann sonst noch von sich behaupten, dass ihm Marlon Brando mit den Worten "Hells bells!" die Tür vor dem Mikrofon zugeschlagen hat, dass Thornton Wilder ihm nach einer dreisten Frage das Gespräch aufkündigte und dass Picasso ihn bei dem Versuch, sich mit einem Blumengeschenk an den Meister heranzupirschen, mit einer Vulgarität abspeiste, die man auch nicht alle Tage zu hören bekommt.

Im Vorwort weist Georg Stefan Troller kokett darauf hin, dass er mit dem neuen Buch, das jüngste Zeitungsartikel, Reden und ein Interview zusammenfasst, im Grunde bereits den dritten Anlauf zu seiner Autobiographie genommen habe. Auf den vierten Anlauf des Schriftstellers und Ausnahmejournalisten, der an diesem Samstag 95 Jahre alt wird, sind seine Leser schon gespannt.

UWE EBBINGHAUS.

Georg Stefan Troller: "Unterwegs auf vielen Straßen". Erinnertes und Erlebtes.

Edition Memoria, Hürth 2016. 224 S., br., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Was für ein Glücksfall, dass der inzwischen 95-jährige Georg Stefan Troller den im Keller seines Pariser Hauses befindlichen Koffer mit Liebesbriefen, Kriegstagebüchern und alten Fotos doch noch geöffnet hat, um daraus dieses wunderbare Buch zu machen, schwärmt Uwe Ebbinghaus. Denn in diesen Fragmenten einer Autobiografie erlebt der Kritiker den Schriftsteller und Journalisten noch einmal in Höchstform: Allein wie distanziert, kühl und zugleich "schnoddrig" Troller seine Erinnerungen an die Kriegsjahre, etwa an das nach dem Krieg gesehene Grauen in Dachau, rekonstruiert, ringt dem Rezensenten höchste Anerkennung ab. Fasziniert liest Ebbinghaus aber nicht nur, wie Troller als Vernehmer von Kriegsgefangenen sein Verständnis für die Menschen entwickelt oder bei einem Besuch in Hitlers Wohnung dessen Briefpapier mitgehen lässt, sondern amüsiert sich auch mit Trollers selbstironischen Schilderungen: Wenn er etwa beschreibt, wie ihn Picasso nach einem Blumengeschenk vulgär abspeiste oder Thornton Wilder das Interview brüsk abbrach, fühlt sich der Kritiker bestens unterhalten. 

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