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Wir halten uns für kritische, aufgeklärte Bürger, die ihre Rechte kennen. Doch wenn wir unsere Grundrechte aufzählen sollen, geraten wir ins Stottern. Das ist fatal. Denn in Zeiten, in denen Rechtspopulismus wieder salonfähig wird und die Demokratie in vielen Staaten wankt, brauchen wir die Grundrechte mehr denn je. Dieses Buch ist kein juristischer Kommentar, keine Staatsbürgerkunde, schon gar keine Sonntagsrede, sondern ein Realitätscheck: Was versprechen die Grundrechte? Und was davon halten sie? Welche Grundrechte haben wir, wozu berechtigen sie und wozu nicht? Georg Oswald zeigt: Unsere…mehr

Produktbeschreibung
Wir halten uns für kritische, aufgeklärte Bürger, die ihre Rechte kennen. Doch wenn wir unsere Grundrechte aufzählen sollen, geraten wir ins Stottern. Das ist fatal. Denn in Zeiten, in denen Rechtspopulismus wieder salonfähig wird und die Demokratie in vielen Staaten wankt, brauchen wir die Grundrechte mehr denn je. Dieses Buch ist kein juristischer Kommentar, keine Staatsbürgerkunde, schon gar keine Sonntagsrede, sondern ein Realitätscheck: Was versprechen die Grundrechte? Und was davon halten sie? Welche Grundrechte haben wir, wozu berechtigen sie und wozu nicht? Georg Oswald zeigt: Unsere Grundrechte sind alles andere als selbstverständlich. Wir müssen sie schützen. Und wir schützen sie am besten, wenn wir sie nicht zu Lippenbekenntnissen verkommen lassen, sondern sie anwenden, jeden Tag.
Autorenporträt
Oswald, Georg M.
Georg M. Oswald, geboren 1963, arbeitet seit 1994 als Rechtsanwalt in München. Seine Romane und Erzählungen zeigen ihn als gesellschaftskritischen Schriftsteller, sein erfolgreichster Roman »Alles was zählt«, ist mit dem International Prize ausgezeichnet und in zehn Sprachen übersetzt worden. Zuletzt erschienen von ihm der Roman »Vom Geist der Gesetze« und der Band »Wie war dein Tag, Schatz?«.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2018

Wider das große Unbehagen
Georg M. Oswald ist Schriftsteller und Jurist: Nun erklärt er seinen Lesern,
was für eine wichtige, aber auch schwierige Angelegenheit die Grundrechte sind
VON ANDREAS ZIELCKE
Was heißt, der Islam „gehört“ oder „gehört nicht“ zu Deutschland? Das ist eine der guten Fragen, die Georg M. Oswald in seinem Buch „Unsere Grundrechte“ stellt, als habe er nicht nur Christian Wulffs berühmten Satz präsent, sondern schon Horst Seehofers jüngsten Einspruch vorausgeahnt. Jeder dritte Deutsche ist konfessionslos – „gehört“ daher die Konfessionslosigkeit zu Deutschland? Zum „christlich-jüdischen“ Deutschland oder zu welchem Deutschland? Soll mit der Zugehörigkeit eines Bekenntnisses nur gemeint sein, dass auf deutschem Territorium eine hinreichende Menge seiner Anhänger lebt, dann ist die Aussage trivial. Oder verbirgt sich dahinter der Zweifel, ob eine bestimmte Religion mit „unserer Kultur vereinbar“ ist? Dann allerdings gerät man auf das gefährliche Terrain, das eine Verfassung wie das Grundgesetz unbedingt meiden will. Aus gutem Grund geht es ihm nicht um landestypisch-kulturelle Besitzstände, sondern um Freiheiten. In diesem Fall um die Religionsfreiheit.
Genügt also schon der Hinweis auf die positive und negative Glaubensfreiheit, um dem Problem den Boden zu entziehen? So naiv ist Oswald nicht. Die religiöse Neutralität des Staates bezweckt ja gerade, den Religionen innerhalb der Gesellschaft ihren freien Raum zu lassen, ungehindert von hoheitlicher Lenkung. Und keineswegs unterstellt dies, dass sich die diversen Bekenntnisse in der Gesellschaft ihrerseits gegenseitig neutralisieren, dass also kein Glauben die anderen kulturell dominiert. Die Hegemonie einer Religion oder eines weltanschaulichen Mainstreams unter den Bürgern sind mit dem säkularen Staat absolut verträglich. Nur eines darf er nicht, er darf eine solche geistige Hegemonie weder von oben dekretieren noch bekämpfen. Deshalb vergreifen sich sowohl Wulff als auch Seehofer, wenn sie mit der Kraft ihres Amtes dem Islam einen Rang im Land zu- oder absprechen.
Allerdings legt Oswald solche eindeutigen Schlussfolgerungen eher nahe, als dass er sie selbst zieht. Das nimmt dem Buch nichts, weil es mit seinem offenen, frageweisen Stil ohnehin wenig gemein hat mit einer Streitschrift. Das Genre, das er hier für seinen Anlass kreiert, könnte man interventionistische Staatsbürgerschulung nennen.
Oswalds Beweggrund ist das politische Unbehagen, das inzwischen selbst ein von Wohlstand und jahrzehntelangem Frieden privilegiertes Land wie Deutschland ergriffen hat. Auch wenn andere westliche Staaten stärker darunter leiden, dass immer mehr Bürger nicht nur der politischen Klasse, sondern dem politischen System insgesamt ihr Vertrauen entziehen, ist auch dieses Land nicht mehr vor der grassierenden „Legitimationskrise der parlamentarischen Demokratie“ gefeit.
Dem naheliegenden Reflex, sich darum vor allem mit der demokratischen Beteiligung, den Wahlen, der politischen Verdrossenheit oder auch dem Souveränitätsschwund des Nationalstaats zu befassen, widersteht Oswald. Stattdessen konzentriert er sich allein auf die Grundrechte. Das ergibt Sinn nicht nur, weil die wenigsten mit dieser bundesrepublikanischen Magna Carta genügend vertraut sind, um ihre volle Bedeutung für die offene Gesellschaft zu durchschauen. Vielmehr auch deshalb, weil die Erörterung der einzelnen Grundrechte, angefangen bei der problemreichen Menschenwürde bis hin zum noch problemreicheren Asylrecht, natürlich auf jene heißen politischen Themen stößt, die heute so vielen unter den Nägeln brennen.
Nichts bietet am Ende zwingendere Gründe gegen die populistische Versuchung als die Freiheitsrechte. Ausgeschöpft ist ihre so konstitutive wie vieldeutige Substanz für die politische Gestaltung noch lange nicht. Auch Oswald kann dafür nur einen kursorischen Einblick geben, was aber schon deshalb verdienstvoll ist, weil er die nur „vordergründig verständliche Sprache des Grundgesetzes“, wie sie Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, einmal bezeichnete, mit brauchbarem Wissen und Konfliktstoff anreichert, damit sie als Argumente im öffentlichen Diskurs tatsächlich Wirkung erzielen können. Grundrechte, die nur als schöne, aber ausdrucksschwache Statuen in der Debatte herumstehen, nützen niemandem.
Hier kommt dem Juristen Oswald die sprachliche Wachsamkeit des Schriftstellers Oswald zu Hilfe – wenn auch nicht ohne gelegentliche Ermüdungsschäden. So wichtig es ist, den juristischen Jargon anschlussfähig zu machen für die öffentliche Problemsprache, so wenig bringt es, wenn der Anlauf dann in tautologische Orakel mündet: Bei „fairen Verfahren … ist es wie mit dem Recht überhaupt: Nur wenn es richtig und in gutem Sinn angewandt wird, führt es auch zu guten Ergebnissen.“ Trotzdem sind diesem Buch Leser in großer Zahl und in allen politischen Lagern zu wünschen. Es gibt, und das macht das Buch allemal plausibel, keine demokratische Zukunft, die nicht auf den gewussten, praktizierten und immer wieder neu diskutierten Grundrechten aufbaute. Gerade solche Bürger, die gegenwärtig das Abendland gegen die Zumutungen der Freiheit verteidigen wollen, können hier in ebenso unaufdringlicher wie selbstprüfender Manier erschließen, dass es das Abendland mit seiner genuinen Aufklärungstradition selbst ist, das sich in diesen Zumutungen spiegelt.
Georg M. Oswald, Unsere Grundrechte – Welche wir haben, was sie bedeuten und wie wir sie schützen. Piper Verlag, München 2018. 208 Seiten, 20 Euro
Gehört der Islam hierher oder
nicht hierher? Das Recht fragt nur
nach der Freiheit der Religion
Ausgeschöpft ist diese Substanz noch lange nicht: Die „Flamme der Freiheit“ (1987) in Paris, eine Replik der Flamme auf der Freiheitsstatue
Foto: mauritius images
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.2018

Man muss die Regeln nur anwenden
Ein Spiegel für unsere Zeit: Georg M. Oswald erläutert das Grundgesetz

Je nervöser unsere Gesellschaft ist, desto größer wird das Bedürfnis nach festen Pfeilern jenseits politischer Lager. Thomas de Maizière versuchte es im vergangenen Jahr mal wieder mit der deutschen "Leitkultur". Der Vorstoß des damaligen Bundesinnenministers rief viel Ablehnung hervor, auf einen Gegenbegriff einigte man sich aber schnell. Um sich von der ebenso schwammigen wie autoritären Formel der "Leitkultur" abzugrenzen, beriefen sich deren Gegner lieber auf einen "Verfassungspatriotismus". Schon seit geraumer Zeit hat sich das Grundgesetz als rationaler Pflock in einer Weise etabliert, von der die Mitglieder des Parlamentarischen Rats 1949 nur träumen konnten. Nicht zuletzt die große Beliebtheit des Bundesverfassungsgerichts zeugt davon.

Auch Georg M. Oswald nimmt sich in seinem neuen Buch "Unsere Grundrechte" die Verfassung vor. Es geht ihm darum, deren Kern in verständlicher Sprache zu erläutern. Vor allem will der Münchner Jurist und Schriftsteller aber zeigen, "wie sehr die Grundrechte in unseren aktuellen politischen und gesellschaftlichen Diskursen wirken, wo sie infrage gestellt, eingeschränkt, übergangen werden". Indem er sich von Artikel zu Artikel hangelt, erstellt er eine pointierte Zusammenschau aktueller Debatten und unterzieht sie zugleich einer rechtlichen Prüfung. Das Grundgesetz wird so zum Spiegel unserer Zeit.

Besonders anschaulich gelingt das im Kapitel zur Religionsfreiheit. Indem Oswald die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre, rechtlich untersucht, überführt er die politische Debatte gekonnt in eine nüchterne Auseinandersetzung. Er stellt klar, dass das Grundgesetz keine Antwort darauf liefern kann, ob eine Religion zu Deutschland "gehört", sondern lediglich darauf abstellt, ob die rechtlichen und allgemein geltenden Grenzen der Religionsausübung eingehalten werden. An Stellen wie diesen illustriert der Autor seine Vorstellung von Grundrechten als "Regelwerk für eine andauernde gesamtgesellschaftliche Diskussion" und entlarvt nebenbei die Belanglosigkeit mancher politischer Sprüche.

Gelegentlich würde man sich aber wünschen, nicht nur vom Potential, sondern auch von den Herausforderungen des geltenden Rechts zu lesen. Etwa wenn Oswald sich das staatliche Neutralitätsgebot vornimmt. Er erläutert, die Freiheitsordnung des Grundgesetzes kenne keine strikte Trennung von Staat und Kirche. Das Bundesverfassungsgericht spricht in diesem Zusammenhang von einer "offenen und übergreifenden, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernden Haltung". Drängende Fragen, die sich trotz aller Definitionen stellen, lässt der Autor jedoch außer Acht.

Im Zusammenhang mit der Befreiung vom Schwimmunterricht, dem Kopftuch im Staatsdienst oder dem Gebet während der Arbeitszeit sind das Fragen nach einer Abgrenzung der Religionsausübung von politischem Machtanspruch und individueller Glaubensbekenntnisse von Ideologie. Wer das Grundgesetz durchaus nachvollziehbar für tagespolitische Debatten in Anschlag bringt, sollte diese an derart neuralgischen Stellen auch entfalten. Zumal sie die Justiz schon seit vielen Jahren beschäftigen.

Gleiches gilt für das Kapitel zu Artikel 6, dem Schutz der Ehe und Familie. Oswald schreibt: "Wird ein irakisches Paar nach irakischem Recht geschieden, steht in Hetzartikeln zu lesen, die Scharia habe Einzug in deutschen Gerichtssälen gehalten. Dabei erliegen nicht etwa idealistische Richterinnen und Richter dem süßen Gift der islamischen Infiltration. Vielmehr wenden sie lediglich die Regeln des in Deutschland geltenden Internationalen Privatrechts an, das rechtlichen Besonderheiten der Herkunftsländer Rechnung trägt, soweit sie mit unserer Rechtsordnung vereinbar sind."

Tatsächlich löst das Internationale Privatrecht die meisten Kollisionsfälle ohne weiteres. Doch wie sieht es etwa mit Kinderehen aus? Dass um die Frage danach, was "mit unserer Rechtsordnung vereinbar ist", auch heftig gerungen wird, fällt bei Oswald unter den Tisch. Dabei lassen sich populistisch geschürte Ängste nur ausräumen, wenn man Herausforderungen benennt. Zumal wenn sich die Politik eines Konflikts längst angenommen hat.

An Stellen wie diesen wirkt Oswald unentschlossen. Wollte er ein Lehrbuch oder einen Debattenbeitrag schreiben? Das schmälert den Wert seines Buchs aber kaum. Denn es zeigt, dass es keinen stärkeren Einwand gegen Populismus gibt als unsere Freiheitsrechte, deren Gehalt Oswald erläutert und deren argumentative Kraft er unter Beweis stellt.

MARLENE GRUNERT

Georg M. Oswald: "Unsere Grundrechte". Welche wir haben, was sie bedeuten und wie wir sie schützen.

Piper Verlag, München 2018. 208 S., geb., 20,- [Euro].

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»Dies ist eines dieser wunderbaren, besonnenen Bücher mit Aktualitätsbezug, denen ich viel mehr Leserinnen wünschen würde (...).«, lyrikpoemversgedicht.wordpress.com, 09.08.2018