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Leiblichkeit spielt in der theoretischen Begründung postmoderner Ästhetik eine zentrale Rolle. Gesucht wird ein Wahrnehmungssinn, der die durch Rationalität als verloren beklagte unmittelbare und vorbewußte Selbstgewißheit restituiert. Bei der historischen Bestimmung der eigenen Position bezieht man sich u.a. auf Herders Konzeption des Tastsinns. Herder aber nennt einzelne Tastqualitäten als Gegenstände des Tastsinns und nimmt begriffliche Unterscheidungen zwischen sensus communis , Körper, Tastsinn und Gefühl vor, deren sachliche Unterschiede allerdings schwer zu bestimmen sind. Herders…mehr

Produktbeschreibung


Leiblichkeit spielt in der theoretischen Begründung postmoderner Ästhetik eine zentrale Rolle. Gesucht wird ein Wahrnehmungssinn, der die durch Rationalität als verloren beklagte unmittelbare und vorbewußte Selbstgewißheit restituiert. Bei der historischen Bestimmung der eigenen Position bezieht man sich u.a. auf Herders Konzeption des Tastsinns. Herder aber nennt einzelne Tastqualitäten als Gegenstände des Tastsinns und nimmt begriffliche Unterscheidungen zwischen sensus communis, Körper, Tastsinn und Gefühl vor, deren sachliche Unterschiede allerdings schwer zu bestimmen sind. Herders Aufwertung des Tastsinns ist demnach nicht primär durch die Suche nach einem Leibgewißheit garantierenden Sinn motiviert. Die Ursachen für diese Aufwertung liegen vielmehr in der frühen Neuzeit; ihrem Nachweis - ein Desiderat in der Forschung - gilt die Untersuchung. Die Suche nach Konstantem an bzw. in der Materie selbst und die Verlagerung der Aufmerksamkeit von der Frage nach der Richtigkeit sinnlicher Wahrnehmung zur subjektiven Gewißheit führen zur fortschreitenden Abwertung der in der Scholastik als >primär< bezeichneten Qualitäten zugunsten der >sekundären<, zum Verlust an Wissen um die spezifische Erkenntnisleistung der Sinne und deren jeweiliges Erkenntnisobjekt, zur Umkehr der Sinneshierarchie und zur Einebnung des Unterschieds zwischen der Seele selbst und ihren einzelnen Vermögen. Sie sind im wahrnehmungstheoretischen Diskurs seit der frühen Neuzeit ablesbar. Sie sind von zentraler Bedeutung auch für die Ästhetik und die Hermeneutik, wie exemplarisch an der Diskussion um die Bestimmung der menschlichen Schönheit seit dem 16. Jahrhundert und in der Literatur um 1800 dargelegt wird.


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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.09.2000

Ist denn das zu fassen?
Herder brachte den Philosophen das Tasten bei

"Der Ophthalmit mit tausend Augen, ohne Gefühl, ohne tastende Hand, bliebe Zeitlebens in Platons Höhle, und hätte von keiner einzigen Körpereigenschaft, als solcher, eigentlichen Begriff." So deutet Johann Gottfried Herder Platons Höhlengleichnis. Daß hier die traditionelle Hierarchie der Sinne auf den Kopf gestellt und der Tastsinn aufgewertet wird, ist in der Herder-Forschung bereits früh erkannt worden, ohne daß sie allerdings dieser Umkehrung in der Bewertung der Sinne größere Aufmerksamkeit geschenkt hätte. So wird die zentrale Bedeutung, die der Verfasser zahlreicher geschichtsphilosophischer Werke und Schriften zur Ästhetik gerade der haptischen Erfahrung zumißt, zwar immer wieder hervorgehoben, doch fehlte bislang eine systematische Untersuchung, die der Frage nachgeht, welchen Beitrag Herder zur Aufwertung des Tastsinns lieferte.

Daß eine solche umfassende Studie nun im Form einer germanistischen Habilitationsschrift vorliegt, hängt zweifellos mit dem gegenwärtigen Interesse an der Geschichte der Leiblichkeit zusammen, genauer gesagt mit der Wiederentdeckung der haptischen Erfahrung in der postmodernen Ästhetik wie auch in der modernen Alltagswelt, wovon zum Beispiel Gabriel Josipovicis leider noch nicht ins Deutsche übersetzter Essay "Touch" (F.A.Z. vom 30. November 1996) ein literarisches Zeugnis ablegt. In diesem Zusammenhang erscheint Herder, der das "andere Gesicht der Aufklärung" vertritt, vielen Autoren als ein "Vorläufer postmoderner Leiblichkeit", wie Ulrike Zeuch schreibt.

Zeuch geht in ihrer stark philosophiegeschichtlich ausgerichteten Untersuchung im Unterschied zur bisherigen Forschung nicht werkimmanent vor. Sie versucht vielmehr, die Ungereimtheiten in Herders Konzeption des Tastsinns dadurch zu erklären, daß sie die Vorgeschichte der Aufwertung des Tastsinns nachzeichnet. Dabei schlägt sie einen großen ideengeschichtlichen Bogen, der vom hohen Mittelalter bis ins achtzehnte Jahrhundert reicht. Es hat durchaus Sinn, mit Thomas von Aquin anzufangen, denn dessen auf Aristoteles aufbauende Lehre von den primären und sekundären Qualitäten, die es bei der sinnlichen Wahrnehmung zu unterscheiden gilt, erwies sich als sehr wirkmächtig.

Der berühmte mittelalterliche Denker und Kirchenlehrer nimmt mit Aristoteles an, daß man weder einen grundsätzlichen Zweifel an der Richtigkeit sinnlicher Erkenntnis noch blindes Vertrauen haben darf. Doch schon wenig später zweifelte Wilhelm von Ockham die subjektive Gewißheit sinnlicher Wahrnehmung an. Andere mittelalterliche und frühneuzeitliche Denker wie Roger Bacon und Leibniz folgten ihm und betonten die Irrelevanz der primären Qualitäten für die Einsicht in die wahrnehmbare Welt. Auf der Suche nach Konstanten in der Erfahrung richtete sich fortan das Augenmerk nicht mehr so sehr auf das, was die Sinne zuerst haben. Statt dessen schenkte man den sekundären Qualitäten (Gestalt, Bewegung, Größe und so weiter) mehr Aufmerksamkeit. Sinnfällig ist diese Entwicklung in der Umbenennung, die seit Locke und Leibniz üblich wird: Die einstmals primären Qualitäten (Farbe, Ton, Geruch und so weiter) wurden fortan als sekundär bezeichnet. Damit schlug die Stunde des Tastsinns oder, wie Herder bevorzugt sagt, des Gefühls. Tasten, also etwas im wahrsten Sinne des Wortes zu "be-greifen", ist nach Herder die vollständigste der sinnlichen Wahrnehmungsweisen.

Es ist kein geringes Verdienst dieser facettenreichen ideengeschichtlichen Untersuchung, die allerdings nicht unbedingt leichte Kost für den erkenntnistheoretisch wenig beschlagenen Leser darstellt, Herders ästhetische Überlegungen zum Ausgangspunkt für die Frage nach den Gründen für die Umkehr der Sinneshierarchie gemacht zu haben.

ROBERT JÜTTE.

Ulrike Zeuch: "Umkehr der Sinneshierarchie". Herder und die Aufwertung des Tastsinns seit der frühen Neuzeit. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2000. 332 S., br., 132,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In Form einer germanistischen Habilitationsschrift, schreibt Robert Jütte, liegt nunmehr eine "umfassende Würdigung" der durch Herder vorgenommenen Umkehrung der traditionellen Sinneshierarchie vor. Seine Betonung des Haptischen macht ihn, wie die Autorin schreibt und Jütte zitiert, zu einem "Vorläufer postmoderner Leiblichkeit". Der große "ideengeschichtliche Bogen", den die Germanistin nachzeichnet, um Herder wiederum in einen Kontext zu stellen, reicht vom Mittelalter bis ins achtzehnte Jahrhundert. Die "facettenreiche" Studie ist allerdings für unbeschlagene Leser nicht so leicht lesbaren. Dennoch, meint Jütte, "kein geringes Verdienst", Herders "ästhetische Überlegungen zum Ausgangspunkt" der Analyse seiner Hochschätzung des Tastsinnes gemacht zu haben.

© Perlentaucher Medien GmbH