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Der "American Dream" ist im Niedergang begriffen. Für die weiße Arbeiterklasse ist das heutige Amerika zu einem Land der zerrütteten Familien und der mangelnden Perspektiven geworden. Während College-Absolventen immer gesünder und wohlhabender werden, sterben Erwachsene ohne Abschluss immer häufiger an Alkohol, Drogen und Suizid - ein Tod aus Verzweiflung. Die wachsende Macht der Konzerne und ein skrupelloser Gesundheitssektor sind nur zwei der Gründe. Der Kapitalismus, der in zwei Jahrhunderten unzählige Menschen aus der Armut befreite, zerstört nun das Leben der amerikanischen Arbeiter. Die…mehr

Produktbeschreibung
Der "American Dream" ist im Niedergang begriffen. Für die weiße Arbeiterklasse ist das heutige Amerika zu einem Land der zerrütteten Familien und der mangelnden Perspektiven geworden. Während College-Absolventen immer gesünder und wohlhabender werden, sterben Erwachsene ohne Abschluss immer häufiger an Alkohol, Drogen und Suizid - ein Tod aus Verzweiflung. Die wachsende Macht der Konzerne und ein skrupelloser Gesundheitssektor sind nur zwei der Gründe. Der Kapitalismus, der in zwei Jahrhunderten unzählige Menschen aus der Armut befreite, zerstört nun das Leben der amerikanischen Arbeiter. Die renommierten Ökonomen Anne Case und Angus Deaton legen diese Misere in ihrem Buch schonungslos offen. Drohen auch uns amerikanische Verhältnisse? Die Autoren geben brandaktuelle Antworten.
Autorenporträt
Anne Case ist emeritierte Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Princeton University, New Jersey. Angus Deaton ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Princeton University, New Jersey. Er erhielt 2015 den Wirtschafts-Nobelpreis und ist Autor zahlreicher Wirtschaftsbestseller.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.06.2022

Wenn ein kaputtes Leben zum Tod führt
Wirtschaftsnobelpreisträger Angus Deaton über den Abstieg der amerikanischen Arbeiterklasse

Alle fünf Minuten stirbt in den Vereinigten Staaten ein Mensch an einer Überdosis. Im vergangenen Jahr waren es 107 622, so viel wie nie zuvor. Zwar steigt die Zahl der Drogentoten in den USA seit den Siebzigerjahren - mit Ausnahme von 2018 - an. Doch die Corona-Pandemie hat das Problem verschlimmert, und zwar erheblich.

Insofern passt das Buch "Tod aus Verzweiflung" - obwohl geschrieben, bevor die Welt zum ersten Mal von Covid-19 gehört hat - gut in diese pandemischen Zeiten. Wirtschaftsnobelpreisträger Angus Deaton und seine Frau, die emeritierte Wirtschaftsprofessorin Anne Case, beschäftigen sich darin mit der sinkenden Lebenserwartung in den USA und der steigenden Zahl jener Menschen, die durch Selbstmord, eine Überdosis oder durch durch übermäßigen Alkoholgenuss verursachte Leberkrankheiten aus dem Leben scheiden.

Ihre Kernthese: Die Vereinigten Staaten werden gegenwärtig von einer "Epidemie des Verzweiflungstodes" heimgesucht, der zum überwiegenden Teil weiße Amerikaner mittleren Alters ohne Bachelorabschluss zum Opfer fallen. Demnach stieg die Zahl weißer Frauen und Männer zwischen 45 und 54 Jahren, die durch Selbstmord, Überdosis oder Alkoholismus ums Leben kamen, zwischen 1999 und 2017 von 30 auf 92 pro 100 000.

In den ersten drei Teilen des Buches untersucht das Autorenpaar, wer die "Verzweiflungstoten" sind und wie sich das Schicksal der Arbeiterklasse seit den Siebzigerjahren entwickelt hat. Sie stützen sich auf umfangreiche eigene Berechnungen auf Grundlage von Zahlen der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC, des Meinungsforschungsinstituts Gallup und privatwirtschaftlicher Umfragen wie etwa des Behavioral Risk Factor Surveillance System.

Systematisch schauen sich Deaton und Case Leben - Arbeitsplatz, Löhne, Gesundheit, Familie, Religion - und Sterben jener "Verzweiflungstoten" an - und auch das politische und wirtschaftliche System, in dem sie zu Hause sind. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass sich "im Tod aus Verzweiflung ein langfristiger, langsam vonstattengehender Verlust eines Lebensstils der weißen, gering qualifizierten Arbeiterklasse spiegelt". Oder, anders formuliert: "Die Menschen sterben nicht nur, ihr Leben wird immer weniger lebenswert." Das wiederum führe zu Verzweiflung - und Tod.

Laut Deaton und Case fühlen sich weiße Amerikaner mittleren Alters ohne Bachelorabschluss nach eigenen Angaben kränker als vor 20 Jahren und klagen häufiger über Schmerzen. Die Zahl schwerwiegender psychischer Störungen nimmt zu. Während der Anteil unehelich geborener Kinder steigt, geht die Zahl der Eheschließungen in dieser Gruppe zurück. Neben familiärer Bindung nimmt auch die religiöse Bindung ab.

Früher waren mehr Arbeitnehmer in Gewerkschaften organisiert, die für gute Bezahlung und Mitbestimmung gestritten haben. Heute gibt es die guten Löhne, die der "Arbeiteraristokratie" zugrunde lagen, demnach kaum noch. Anstelle der Arbeit in der Produktion sind Dienstleistungsjobs getreten. Gering qualifizierte Arbeitnehmer haben ein größeres Risiko, durch billigere, zugewanderte Arbeitskräfte oder Maschinen verdrängt oder aus dem Unternehmen ausgegliedert zu werden. Die Menschen sind nicht mehr so stark in die Arbeitswelt integriert, ihre Löhne stagnieren, die Lebensqualität sinkt, Einkommensgefälle und soziale Spaltung nehmen zu.

Der Großteil dieser einzelnen Befunde ist nicht neu. Dennoch bieten die Autoren ein beeindruckendes, auf statistischer Fülle beruhendes Bild der amerikanischen Arbeiterklasse - oder eher ihres Untergangs, wie es im Untertitel der deutschen Ausgabe heißt. Klug analysieren sie die Ursachen dieses Untergangs, weisen auf den amerikanischen Kapitalismus mit seinem im Vergleich zu Europa geringer ausgeprägten sozialen Netz hin, auf den starken Einfluss großer Lobbygruppen und betonen, dass die politische Macht sich zunehmend verschoben habe - "weg von der arbeitenden Bevölkerung". Ein besonderes Augenmerk legen sie auf das "horrend teure" Gesundheitssystem, eine "spezifisch amerikanische Tragödie mit zersetzender Wirkung auf das Leben der US-Bürger".

Deaton und Case stellen die These auf, "dass wir im Spiegelbild einer Robin-Hood-Gesellschaft leben, in der Ressourcen zwar umverteilt werden, aber nicht nach unten, von den Reichen zu den Armen (. . .), sondern nach oben, von den Armen zu den Reichen". Sie kommen zu dem Schluss, dass nicht die Ungleichheit in Amerika das eigentliche Problem ist, sondern Ungerechtigkeit - und plädieren für einen besser überwachten und stärker regulierten Kapitalismus. Denn: "Wir halten den Kapitalismus für einen ausgesprochen starken Motor des Fortschritts und der positiven Entwicklungen, doch muss er den Menschen dienen, nicht umgekehrt."

An dieser Stelle hätte man sich allerdings mehr Tiefe gewünscht, konkrete Ideen. Stattdessen bleiben die Autoren in diesem vierten und letzten Teil des Buches an der Oberfläche. Sie nennen zwar vereinzelte Maßnahmen - wie eine allgemeine Krankenversicherung und die Anhebung des Mindestlohns -, bleiben ansonsten aber im Ungefähren. Der amerikanische Titel des Buches lautet "Tod aus Verzweiflung und die Zukunft des Kapitalismus". Doch wie diese Zukunft aussehen soll? Das Buch lässt seine Leser an dieser Stelle eher ratlos zurück. TATJANA HEID

Anne Case/Angus Deaton: Tod aus Verzweiflung. Der Untergang der amerikanischen Arbeiterklasse und das Ende des amerikanischen Traums.

Plassen Verlag, Kulmbach 2022. 398 S., 29,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Tatjana Heid kennt viele der Befunde im Buch der Wirtschaftswissenschaftler Anne Case und Angus Deaton. Was die Autoren über die sinkende Lebenserwartung weißer US-Bürger ohne akademische Bildung schreiben, über Tod durch Alkoholismus, Suizid, Drogen, scheint ihr nicht neu, aber dennoch lesenswert, da Case/Deaton bei ihrer Suche nach den Ursachen in die Veränderungen der Arbeitswelt eintauchen und den Bedeutungsverlust der Gewerkschaften oder den Shift von Produktion zur Dienstleistung schildern. Statistische Daten stützen die Befunde, meint Heid. Am Ende gelingt ein "beeindruckendes" Bild der amerikanischen Arbeiterklasse, findet sie. Konkrete Lösungsideen bleiben die Autoren allerdings schuldig, so Heid.

© Perlentaucher Medien GmbH