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Edzard Reuter malt das erschreckende Bild einer Gesellschaft, deren Verantwortliche nur noch auf Machtanhäufung und Bereicherung aus sind. Anstatt ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden, begehen sie in der aktuellen Wirtschaftskrise Steuerflucht, kassieren Bonuszahlungen bei Rekordverlusten, manipulieren Arbeitslosenzahlen und geben falsche Wahlversprechen. Reuter prangert das unehrliche und selbstsüchtige Verhalten unserer Führungskräfte an.Der frühere Daimler-Chef plädiert für eine Rückkehr zu alten Wertvorstellungen wie Anstand und Augenmaß. Ein längst fälliges Buch über die soziale…mehr

Produktbeschreibung
Edzard Reuter malt das erschreckende Bild einer Gesellschaft, deren Verantwortliche nur noch auf Machtanhäufung und Bereicherung aus sind. Anstatt ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden, begehen sie in der aktuellen Wirtschaftskrise Steuerflucht, kassieren Bonuszahlungen bei Rekordverlusten, manipulieren Arbeitslosenzahlen und geben falsche Wahlversprechen. Reuter prangert das unehrliche und selbstsüchtige Verhalten unserer Führungskräfte an.Der frühere Daimler-Chef plädiert für eine Rückkehr zu alten Wertvorstellungen wie Anstand und Augenmaß. Ein längst fälliges Buch über die soziale Verantwortung unserer Eliten, aber auch über die Zukunft Deutschlands.

Autorenporträt
Reuter, Edzard§Edzard Reuter, 1928 in Berlin geboren, gehörte jahrzehntelang zu den führenden Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands. 1987 bis 1995 war der studierte Jurist Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG. Er ist SPD-Mitglied und als kritischer Kommentator des Wallstreet-Kapitalismus bekannt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.10.2010

Allein gegen alle
Der ehemalige Daimler-Chef Edzard Reuter hat ein Buch
geschrieben, in dem nur einer recht hat: er selbst
Manchmal überrascht sogar dieser Autor, und er ist optimistisch, zum Beispiel wenn er schreibt, er glaube, „dass Vernunft, Augenmaß und Anstand am Ende die Oberhand behalten“. Die Menschen wüssten eben, dass sie ohne die Leuchtkraft ethischer Kriterien nicht überleben können. Das klingt gut, vor allem, wenn es einer sagt wie Edzard Reuter, der früher Chef von Daimler-Benz war und es sich mittlerweile offenbar zur Lebensaufgabe gemacht hat, für die Gesellschaft schwarz zu sehen.
Der Titel seines Buches verspricht viel: „Die Stunde der Heuchler“. Im Untertitel macht er erst recht neugierig: „Wie Manager und Politiker uns zum Narren halten“. Das lässt aufhorchen. Schließlich ist dieser Mann, der inzwischen 82 Jahre alt ist, 31 Jahre bei Daimler gewesen, acht davon war er Konzernchef. Manager und Politiker haben derzeit einen schweren Stand, da wäre ein Blick durchs Schlüsselloch mit Hilfe eines Insiders sehr spannend.
Reuter ist zudem nicht nur ein Mann der Wirtschaft, sondern auch der Sohn von Ernst Reuter, dem zur Legende gewordenen ersten West-Berliner Oberbürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg. Wer könnte über Heuchelei in Politik und Wirtschaft besser urteilen als ein Mann mit dieser Biografie?
Das Buch beginnt erstaunlich unbescheiden mit dem Wort „Ich“. Er sei zwar alt, sagt er etwas zu kokett, aber er sei eben neugierig geblieben. Und gelassen auch. Dann legt er los. Von Gelassenheit ist sehr bald nichts mehr zu spüren, umso mehr von Bitterkeit. Reuters These: Die Heuchler siegen. Man sehe es an der Finanzkrise. Die sei das Resultat der verbreiteten Heuchelei. Alle seien gierig, die Maßstäbe seien abhandengekommen. Eigentlich sei die Finanz- und Wirtschaftskrise eine breite Kulturkrise. Das wiederum sei die Folge der totalen Globalisierung der Märkte. Das Ende des Sozialismus habe bei den Managern zu einer zuvor nie gekannten Überheblichkeit und Gier geführt. Die Menschen hechelten mit ausgeschaltetem Gehirn und verbundenen Augen den Verlockungen des Kapitalismus und gewissenlosen Rosstäuschern nach.
Mit manchem hat der zornige alte Mann recht. Er geißelt den Ackermannschen Wahnsinn, eine Rendite von 25 Prozent bei der Deutschen Bank für normal zu halten. Die Rating-Agenturen prügelt er wegen ihres Versagens. Ja, viele Menschen stehlen sich aus der Verantwortung und wollen es nicht gewesen sein. Aber dass er seitenlang die Finanzkrise mit Charakterfehlern von Bankern oder Managern erklärt, beginnt schnell zu langweilen. Andere haben längst bessere Begründungen geliefert.
Reuter nennt keine Namen. So weit geht er nicht, es sich mit einem Bekannten zu verscherzen. Im Übrigen erblickt er in seiner Rundumschau nicht bloß ein paar Heuchler oder sogar ganz viele – nein, in seinen Augen ist die ganze Welt voller falscher Fuffziger.
Er geißelt alle und alles. Die EU, die Schulen, die Hochschulen, die Medien, die Analysten und Investmentbanker. Überall Versagen. Alles eine einzige Wüste. Der jungen Generation spricht er sehr überheblich einfach ab, durch „Gewissen und Anstand geprägt“ zu sein. Nichts ist ihm recht. Wer so um sich schlägt und von Selbstkritik frei ist, bugsiert sich unweigerlich ins Abseits. Wenig hilft es da, dass er wenigstens Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing gelten lässt.
Zwischen den Zeilen steht, dass es einen gibt, der vor seinem strengen Auge Gerechtigkeit findet: er selbst. Schon in den wilden neunziger Jahren habe er in einer Verwaltungsratsitzung der Chase Manhattan Bank in New York, in der es mal wieder sehr optimistisch zugegangen sein soll, ein weltweites Regelsystem in Vorschlag gebracht, das die Exzesse der Marktwirtschaft einzudämmen vermöge – „Ich war der Einzige, der sich den schüchternen Einwand erlaubte.“ Er sei belächelt worden, sagt er beleidigt.
Er hätte ein paar Zeilen über sich selbst schreiben müssen: Wie er selbst aus Fehlern gelernt hat, aus der Finanzkrise und aus seiner Zeit als Manager. Reuter war bei Daimler alles andere als ein erfolgreicher Chef. Er kaufte verlustreiche Firmen und steigerte mitten in einer Aufschwungphase den Daimler-Aktienkurs kein bisschen. Nachdem er den Chefposten 1995 abgegeben hatte, wurde er von Aktionären und Professoren als „größter Kapitalvernichter aller Zeiten“ tituliert. Kein Problem für Reuter. Er erklärt einfach, der Börsenkurs werde als Erfolgskriterium überschätzt. Schon ist er kein Kapitalvernichter mehr.
Besser wäre auch gewesen, wenn Reuter sich 15 Jahre früher gemeldet hätte. Keiner hätte die Gehaltsexzesse und den egomanen Strategiewahnsinn seines Daimler-Nachfolgers Jürgen Schrempp oder anderer windbeuteliger Großmanager besser geißeln können als er. Gegen den Dotcom-Wahnsinn der Internetwirtschaft hätte er angehen können. Aber auch diese Gelegenheit zur Kritik hat er verstreichen lassen. Er hat zu lange gewartet. Das Buch, das er jetzt geschrieben hat, kommt zu spät, um eine Wirkung zu erzielen. KARL-HEINZ BÜSCHEMANN
EDZARD REUTER: Stunde der Heuchler. Wie Manager und Politiker uns zum Narren halten. Econ Verlag, Berlin 2010. 176 Seiten, 18 Euro.
„Ich war der Einzige, der sich
einen Einwand erlaubte.“
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Karl-Heinz Büschemann kann wenig anfangen mit dieser Abrechnung des ehemaligen Daimler-Chefs Edzard Reuter. Zwar attestiert er dem Autor, in manchen Punkten recht zu haben, etwa wenn er Rating-Agenturen kritisiert oder den Chef der Deutschen Bank. Dennoch bereitet ihm die Leküre weder große Freude noch Erkenntnisgewinn. Dass Reuter, bitter und wenig gelassen, alle und jeden - Politiker, Manager, Schulen, Hochschulen, die EU, Medien, Analysten, Investmentbanker - in die Mangel nimmt, langweilt ihn nach einigen Seiten doch ziemlich. Er wirft dem Autor Rechthaberei vor und vermisst er ein paar Zeilen darüber, wie der Autor aus eigenen Fehlern gelernt hat. Denn: hätte sich Reuter vor 15 Jahre gemeldet, um Gehaltsexzesse seines Daimler-Nachfolgers Schrempp oder den Dotcom-Wahn zu geißeln, dann hätte das Buch nach Ansicht Büschemanns vielleicht eine Wirkung erzielt. Heute aber kommt es in seinen Augen schlicht zu spät.

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