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Der Euro ist gescheitert. Europa kommt nicht mehr aus dem Hamsterrad von Finanz- und Wirtschaftskrisen heraus. Deshalb brauchen wir nicht nur eine neue Währung, sondern auch ein neues Europa. Hüfner zeigt, wieso wir den alten Euro und die Nationalstaaten aufgeben und ganz neu denken müssen.

Produktbeschreibung
Der Euro ist gescheitert. Europa kommt nicht mehr aus dem Hamsterrad von Finanz- und Wirtschaftskrisen heraus. Deshalb brauchen wir nicht nur eine neue Währung, sondern auch ein neues Europa. Hüfner zeigt, wieso wir den alten Euro und die Nationalstaaten aufgeben und ganz neu denken müssen.
Autorenporträt
Martin Hüfner ist seit vielen Jahren Chefvolkswirt. Zunächst bei der Bayerischen Vereinsbank, anschließend bei der HypoVereinsbank in München, seit April 2011 bei der Assenagon-Gruppe. Er ist überdies Autor mehrerer Wirtschaftsbücher, u.a. 'Achtung: Geld in Gefahr!' (Murmann Verlag, 2008). Sein wöchentlicher Newsletter 'Hüfners Wochenkommentar' erreicht über 20.000 Leser.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.10.2011

Der Euro der Herzen
Wie zwei Ökonomen versuchen, die Deutschen mitten in der größten Krise der Gemeinschaftswährung
neu für das Projekt der europäischen Integration zu gewinnen Von Nikolaus Piper
Die europäische Schuldenkrise hat einen Effekt, der möglicherweise länger nachwirkt, als alle Rettungsaktionen für Griechenland zusammen: Der Euro hat bei der Mehrheit der Deutschen den letzten Rest an Sympathie verloren. Die Menschen fürchten um ihr Geld; sie diskutieren, allen Ernstes, die Gefahr einer neuen Währungsreform. Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung will den Euro GLEICH ganz loswerden und wünscht sich die D-Mark zurück.
Fast 86 Prozent der Bürger sehen dem ZDF-Politbarometer zufolge die Stabilität des Euro in Gefahr. Und die meisten dürften Sympathien für den Vorschlag des früheren Industriepräsidenten Hans-Olaf Henkel haben, die Währungsunion in einen Nord-Euro unter deutscher und einen Süd-Euro unter französischer Führung zu teilen.
Schlechte Zeiten also für das Projekt der gemeinsamen Währung, das viele immer noch für die Krönung der europäischen Integration halten. Die von endlosen Sitzungen zur Rettung Griechenlands und der europäischen Banken ausgelaugten Politiker sind kaum in der Lage, wirkungsvoll für den Euro zu werben. Der Hinweis, dass Europa ohne den Euro viel schlechter durch die Finanzkrise gekommen wäre, ist seit dem Absturz Griechenlands nicht mehr so recht glaubwürdig. Und auch das zutreffende Argument, dass Deutschlands Exportwirtschaft vom Wegfall des Währungsrisikos in Euro-Land profitiert hat, verfängt nicht mehr so recht angesichts der Summen, um die es bei den Euro-Rettungsschirmen geht.
Zwei anerkannte und Europa-erfahrene deutsche Ökonomen haben nun den Versuch gemacht, die Herzen der Deutschen wieder zu erwärmen, nicht nur für den Euro selbst, sondern für das Projekt der europäischen Integration: Martin Hüfner, langjähriger Chefvolkswirt der Bayerischen Vereinsbank und der Hypo-Vereinsbank und heute Chefvolkswirt der Assenagon-Gruppe, legt ein leidenschaftliches Plädoyer ab für die vertiefte politische Integration Europas. Norbert Walter, früherer Chefvolkswirt der Deutschen Bank und im Zentralkomitee der deutschen Katholiken engagiert, fordert eine Rückbesinnung der Europäer auf die zivilisatorischen Leistungen und die besondere Kultur des Kontinents.
Beide Bücher sind, gemessen an der Tatsache, dass die Autoren den größten Teil ihres Berufslebens mit Makroökonomie, Geld- und Finanzpolitik zu tun hatten, erstaunlich wenig ökonomisch, sondern – im Falle Norbert Walters – eher kulturpolitisch, im Falle Martin Hüfners politisch-praktisch. „Das wirkliche Problem ist: Der Euro und Europa passen nicht zusammen“, schreibt Hüfner. Die „Väter der Währungsunion“ hätten „die Währung eines Staatengebildes gebaut, das erst noch geschaffen werden muss. Jetzt müssen wir das Versäumte nachholen.“ Und: „Den Euro retten heißt unser Leben und unser politisches System zu verändern.“
Hüfner räumt mit einigen Mythen der professionellen Euro-Fans in der Wirtschaft auf. Bis heute hält sich zum Beispiel der Glaube, die Währungsunion habe dazu geführt, dass die Deutschen immer mehr in ihre Euro-Partnerstaaten exportierten und sie daher besonders vom Wegfall der Wechselkurse profitierten. Tatsächlich ist das Gegenteil eingetreten: Der Anteil der Staaten, die nach 1999 den Euro einführten, an den deutschen Ausfuhren ist gesunken. Vor 20 Jahren lag dieser Anteil bei 51 Prozent, vor Beginn der Währungsunion waren es noch 45 Prozent und heute sind es ganze 41 Prozent. Es ist nicht so, dass der Euro den Handel gebremst hätte; seine Wirkung blieb nur zurück hinter anderen, viel stärkeren Trends, vor allem dem Aufstieg Chinas in der Weltwirtschaft.
Die Argumente für die Gemeinschaftswährung sieht Hüfner woanders: Als Währung hat sich der Euro zweifellos bewährt. Er ist international angesehen, fast 30 Prozent der Währungsreserven in der Welt werden in Euro gehalten. Nach der offiziellen Statistik des Internationalen Währungsfonds, IWF, sind es 26 Prozent. Hüfner erwähnt auch die bizarre Tatsache, dass der Al-Qaida-Führer Osama bin Laden bei seinem Tod 500 Euro in die Kleider eingenäht hatte – und nicht etwa Dollar oder pakistanische Rupien. Das Entscheidende: Nur mit Hilfe des Euro kann Europa zwischen den Kolossen USA und China noch mitreden.
Im Grunde nimmt Hüfner die alte Krönungstheorie aus der Entstehungszeit des Euro und stellt sie auf den Kopf. Nach dieser Theorie, wie sie seinerzeit von Euro-Skeptikern vertreten wurde, hätte Europa erst politisch und wirtschaftlich voll integriert sein müssen, ehe eine Gemeinschaftswährung als Krönung des Ganzen hätte funktionieren können. Hüfner sagt dagegen: Wir haben die Krone bereits und sie tut gute Dienste, also lasst uns jetzt den Unterbau dazu errichten. Wobei er allerdings – und das ist schade – relativ vage bleibt, was die Details dieses Unterbaus angeht: Soll es eine echte Wirtschaftsregierung geben, eine kooperative Finanzpolitik oder nur die unverbindliche Bewertung der Makroökonomie in den einzelnen Staaten? Hüfner entwirft verschiedene Modelle der Integration am Reißbrett, nennt Vorteile und Risiken, legt sich aber letztlich nicht fest.
Immerhin wagt der Autor eine Prognose: Im Jahr 2025 wird es den Euro noch geben. Durch die Rosskur, die viele Staaten der Währungsunion derzeit durchmachen, werde der Euro letztlich gestärkt aus der Krise hervorgehen. Dann jedoch die überraschende Wende: 2044 könnte es zum Zusammenbruch des Euro kommen. Die Zahl ist nicht willkürlich gewählt. Die letzten Währungsunionen der jüngeren Geschichte, die Lateinische Münzunion (1863-1914) und die Nordische Münzunion (1872-1914) haben im Durchschnitt 45 Jahre gehalten. Und dieses Alter wird der Euro 2044 erreicht haben. Dann könnten, so Hüfner, die Lehren der Schuldenkrise vergessen und der Wille zur politischen Integration Europas erloschen sein. „Der Euro bleibt so, wie er heute dasteht, verletzlich. Es ist möglich, den Crash von 2044 zu verhindern. Aber dafür müssen die Nationalstaaten in der Europäischen Währungsunion aufgehen.“
In einem gewissen Sinne ist Norbert Walters Buch einfacher als Hüfners. Es ist eine Liebeserklärung an Europa, seine Städte, seine Umweltpolitik und seinen politischen Umgang mit den eigenen Problemen. Das Kapitel über den Euro wirkt dabei wie ein Fremdkörper, was angesichts der Aktualität doch erstaunlich ist. Das Kapital wurde auch nicht von Walter selbst geschrieben, sondern von Werner Becker, früher Mitarbeiter bei der Deutschen Bank unter Walter und heute Dozent an der Frankfurt School of Finance and Management. Anders als Hüfner setzt sich Becker nicht für eine stärkere politische Integration Europas ein: „Hierfür ist aber die Zeit in Europa so lange nicht reif, wie jedes Land und jede Regierung die eigenen Interessen am besten auf der nationalen Seite aufgehoben sieht.“ Zweckmäßig sei es dagegen, die EU weiterhin als Gebilde sui generis zwischen Bundesstaat und Staatenbund zu sehen. Trotz Krise glauben Becker und Walter, dass dieses Modell eine Zukunft hat. Die Emotionen, die Europa voranbringen, müssen letztlich woanders herkommen.
Martin Hüfner
Rettet den Euro! Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen
Murmann-Verlag, Hamburg 2011. 280 Seiten. 21,90 Euro.
Norbert Walter
Europa. Warum unser
Kontinent es wert ist, dass wir um ihn kämpfen
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2011. 253 Seiten. 24,99 Euro.
Viele Menschen mögen den Euro nicht mehr und zweifeln mittlerweile an der Haltbarkeit der europäischen Währung. Etwa die Hälfte der Deutschen wünscht sich die D-Mark zurück.
Foto: Thordis Rüggeberg / Plainpicture
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rettet den Euro, ruft der Volkswirt Martin Hüfner, und Rezensent Nikolaus Piper hat auch erst mal gar nichts dagegen. Aber wie? Vor allem angesichts der Tatsache, dass die Hälfte der Deutschen die D-Mark zurück will. Erstmal brauchen wir den Euro, weil wir ohne ihn zwischen den Riesen USA und China erdrückt werden, erklärt ihm Hüfner. Und dann brauchen wir, um ihn zu erhalten, eine vertiefte Integration Europas. Hüfner entwickelt mehrere Modell, wie diese aussehen könnte, bis hin zur einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftsprüfung. Aber welches Modell er für das aussichtsreichste hält, sagt er nicht, vermerkt der leicht enttäuschte Rezensent.

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