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"Ich hatte schon mehrmals Gelegenheit, den Gedanken auszusprechen, daß der Patriotismus für unsere Zeit ein unnatürliches, unvernünftiges, schädliches Gefühl sei, welches einen großen Teil der Übel verursache, unter denen die Menschheit leidet, und daß daher dieses Gefühl nicht genährt und groß gezogen werden müßte, wie es jetzt geschieht; sondern im Gegenteil unterdrückt und durch alle Mittel, die vernünftigen Menschen zugänglich sind, vernichtet werden sollte... So ist also der Patriotismus nicht der Wunsch nach geistigen Gütern für sein Volk, nicht die Eigenart der Volksindividualität,…mehr

Produktbeschreibung
"Ich hatte schon mehrmals Gelegenheit, den Gedanken auszusprechen, daß der Patriotismus für unsere Zeit ein unnatürliches, unvernünftiges, schädliches Gefühl sei, welches einen großen Teil der Übel verursache, unter denen die Menschheit leidet, und daß daher dieses Gefühl nicht genährt und groß gezogen werden müßte, wie es jetzt geschieht; sondern im Gegenteil unterdrückt und durch alle Mittel, die vernünftigen Menschen zugänglich sind, vernichtet werden sollte... So ist also der Patriotismus nicht der Wunsch nach geistigen Gütern für sein Volk, nicht die Eigenart der Volksindividualität, sondern er ist eine sehr bestimmte Art von Bevorzugung des eigenen Volkes oder Staates vor allen anderen Völkern und Staaten und das Begehren der großmöglichsten Macht und des denkbarsten Wohlstandes für dieses Volk oder diesen Staat. Solche Güter können aber immer nur auf Kosten des Wohlstandes und der Macht anderer Völker oder Staaten erworben werden und werden auch so erworben." [Tolstoi]
Autorenporträt
Lew Tolstoi (1828-1910), berühmter russischer Schriftsteller. An der Universität Kasan begann er 1844 ein Studium der orientalischen Sprachen. Nach einem Wechsel an die juristische Fakultät brach er das Studium 1847 ab, um die Lage der 350 geerbten Leibeigenen im Stammgut der Familie in Jasnaja Poljana mit Landreformen zu verbessern. Von 1851 an erlebte er in der zaristischen Armee als Fähnrich einer Artilleriebrigade den Krieg im Kaukasus. Seine Erfahrungen im Militäreinsatz beeinflußten seine frühen Kaukasus-Erzählungen. Nach Ausbruch des Krimkriegs erlebte er 1854 den Stellungskrieg in der belagerten Festung Sewastopol. Die realistischen Berichte aus diesem Krieg machten ihn früh als Schriftsteller bekannt. Seit 1855 lebte er abwechselnd auf dem Gut Jasnaja Poljana, in Moskau und in Sankt Petersburg. Unter pädagogischem Blickwinkel bereiste er 1857 und 1860/61 westeuropäische Länder und besuchte Künstler (Charles Dickens, Iwan Turgenew) und Pädagogen (Adolph Diesterweg). Nach der Rückkehr verstärkte er seine reformpädagogischen Bestrebungen und richtete Dorfschulen nach dem Vorbild Rousseaus ein. Auch als die Schule durch die zaristische Verwaltung geschlossen worden war, verfolgte Tolstoi die pädagogischen Ziele weiter. In der sechziger und siebziger Jahren schrieb er die monumentalen Romane »Krieg und Frieden« sowie »Anna Karenina«, die seinen literarischen Ruhm begründeten. Mit seiner großen Anerkennung begann für Tolstoi eine Phase der Orientierungslosigkeit. Seine Sinnsuche brachten ihn dazu, auf Rauchen und Alkohol zu verzichten und sich vegetarisch zu ernähren. Seit 1881 hatte er sich intensiv religiösen Fragen zugewandt. Die Verbreitung seiner Anschauungen zog den Widerstand politischer und kirchlicher Einrichtungen nach sich. Auf seine Achtung im Ausland folgte seine Ächtung im Inland. Seit 1882 unterstand er polizeilicher Überwachung. Tolstoi lehnte sozialistische Bestrebungen im Sinne einer Diktatur des Proletariats ab. Mit seinem moralischen Rigorismus sah er sich in einem Zwiespalt: Sich selbst und der reichen Oberschicht, der er entstammte, warf er eine egozentrische und sinnentleerte Lebensweise vor. Seine Haltung führte ihn zu der Frage nach beständigen moralischen Werten, die er für sich mit dem Anspruch auf bedingungslose Nächstenliebe und radikale Gewaltlosigkeit beantwortete. Vor diesem Hintergrund galt Tolstoi in seinen späten Jahren als Vertreter eines religiös inspirierten Anarchismus.