Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 20,20 €
  • Broschiertes Buch

Noch vor gut zehn Jahren schien es unwahrscheinlich, dass ein aus dem Gleichgewicht geratener Staatshaushalt eine Finanzkrise auslösen könnte. Eher sah man die Ursachen für Finanzkrisen in überhitzten Immobilien-, Kapital- oder Geldmärkten. "Staatsschuldenkrise", das ist ein Begriff, der seit Ausbruch der jüngsten Finanzkrise häufig in einem Atemzug mit Griechenland genannt wird. Die staatliche Überschuldung eskalierte in den letzten Jahren aber nicht nur dort, auch andere Länder in Europa wie auch weltweit waren davon betroffen. Griechenland erlebt seit dem Jahr 2009 seine tiefste und…mehr

Produktbeschreibung
Noch vor gut zehn Jahren schien es unwahrscheinlich, dass ein aus dem Gleichgewicht geratener Staatshaushalt eine
Finanzkrise auslösen könnte. Eher sah man die Ursachen für Finanzkrisen in überhitzten Immobilien-, Kapital- oder Geldmärkten. "Staatsschuldenkrise", das ist ein Begriff, der seit Ausbruch der jüngsten Finanzkrise häufig in einem Atemzug mit Griechenland genannt wird. Die staatliche Überschuldung eskalierte in den letzten Jahren aber nicht nur dort, auch andere Länder in Europa wie auch weltweit waren davon betroffen. Griechenland erlebt seit dem Jahr 2009 seine tiefste und schwerste Krise der Nachkriegszeit. Die Frage stellt sich, ob sie hausgemacht ist oder durch externe Faktoren verursacht wurde.

Das Buch beschäftigt sich mit dieser Frage, aber auch mit den folgenden fünf Themenbereichen:

(i) Inwieweit lassen sich die Hintergründe der Krise zurückverfolgen?

(ii) Was waren die Auslöser der Krise im Jahr 2009?

(iii) Wie war der Verlauf dieser Krise seit ihrem Ausbruch?

(iv) Ist Griechenlands Staatsschuldenkrise eine Krise ohne Perspektive?

(v) Welche Schritte haben bisher zur Eindämmung der Krise geführt?

Immer wieder wird behauptet, dass in Griechenland seit Ausbruch der Staatsschuldenkrise nur wenige Strukturverbesserungen umgesetzt werden konnten. Dies gilt aber nicht für alle Bereiche, denn zu den wichtigsten Maßnahmen in Griechenland gehörten die Reformen der öffentlichen Verwaltung, des Pensionssystems, des Arbeitsmarkts und des Bankensystems. Besonders bemerkenswert ist die Haushaltsentwicklung des Staates: Im Jahre 2009 betrug das Defizit mehr als 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 2016 hat Griechenland dagegen einen Haushaltsüberschuss
von 0,7 Prozent erwirtschaftet, ähnlich wie Deutschland. Das wäre ohne tiefgreifende Verwaltungsreformen nicht
möglich gewesen, an denen der Autor seit Ende 2011 als Wirtschaftsberater des IWF mitwirkt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2018

Das Einfallstor
Griechenland, Europa und China

Reimund Mink hat ein eindrückliches und nachdenklich stimmendes Buch über die jüngste wirtschaftliche und finanzielle Krise Griechenlands geschrieben. Der Verfasser hat bis zum Jahre 2011 in der Europäischen Zentralbank gearbeitet; seitdem ist er als Wirtschaftsberater für die EZB und den Internationalen Währungsfonds in Griechenland, Jordanien und Serbien tätig. Athen hat er unter anderem bei Verwaltungsreformen unterstützt. Daher kennt er die Lage in Griechenland. Sein Buch ist angenehm sachlich; er schlägt sich auf keine Seite, und so unterliegt er auch nicht der Versuchung, sich in der griechischen Wahrnehmung der Krise überwiegend auf Äußerungen des früheren Finanzministers Giannis Varoufakis zu stützen.

Die jüngste Krise Griechenlands brach offen aus, als die im Jahre 2009 gewählte, von der Pasok-Partei geführte Regierung Manipulationen der Statistik durch ihre Vorgänger offenbarte und die Öffentlichkeit erkannte, dass sich die Staatsfinanzen in einem kritischen Zustand befanden. Minks Kernthese lautet: Diese Krise war kein zufälliges Ereignis, sondern eine jahrzehntelange Misswirtschaft vorausgegangen.

Er beginnt seine Geschichte im Zweiten Weltkrieg und der frühen Nachkriegszeit und belegt, wie Griechenland, über die Jahrzehnte von zwei widerstreitenden politischen Lagern geprägt, ausgebeutet und innerlich geteilt wurde. Dass Griechenland, das zunächst in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die Vorläuferin der EU, und später in die Europäische Währungsunion eintrat, war ein armes Land, welches mit niedriger Produktivität, wackeligen Staatsfinanzen, und gelegentlich hohen Inflationsraten zu leben gelernt hatte. Im Nachhinein wird noch einmal die Unbekümmertheit deutlich, mit der Griechenland in den Euro aufgenommen wurde. Ebenso wird - im Nachhinein ist man immer schlauer - anlässlich der in Athen gefeierten Olympischen Spiele von 2004 noch einmal die Illusion deutlich, die sich damals Menschen in wie außerhalb Griechenlands von der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes machten.

Mink beschönigt nichts. Zur hohen Staatsverschuldung im Jahre 2009 schreibt er: "Hinter diesen statistischen Daten versteckt sich zudem eine unendliche Zahl von Geschichten über Verschwendung und Missmanagement staatlicher Stellen. Überall gab es Anzeichen für ein System, das aus den Fugen geraten war. So mussten staatliche Krankenhäuser für Arzneimittel zehnmal mehr bezahlen als private Krankenhäuser. Zehntausende Renten wurden auf betrügerische Weise bezogen. Millionen an Steuergeldern wurden für obskure Sportarten oder Kulturvereine genehmigt." Dann befasst sich der Verfasser ausführlich mit dem Verlauf der Krise einschließlich der Hilfsprogramme. Daran schließt sich eine Erörterung der Frage an, inwieweit Strukturprobleme eine Rolle für die Krise gespielt haben.

Hat Griechenland eine Chance? Mink zeigt sich weder ungebührlich optimistisch, noch malt er nur schwarz. So weist er auf eine ganze Reihe von Strukturreformen hin, die gelungen seien, auch wenn natürlich vieles im Argen bleibt. Sehr interessant ist in jedem Falle sein Hinweis, als Folge einer Vernachlässigung durch die Europäer stehe eine andere Macht bereit: "China ist der größte Akteur, der seine Investitionen immer weiter ausbaut. Das Land hat eine langfristige Strategie: Griechenland wird zum Einfallstor für China in Europa aufgebaut. Die chinesischen Unternehmen sind nicht nur im Hafen von Piräus hervorragend aufgestellt, sondern investieren auch in Energie- und Tourismusfirmen und engagieren sich in einem Konsortium für die Restrukturierung des früheren Athener Flughafens Ellinikon. Es besteht durchaus die Sorge, dass China politisch Einfluss nimmt, beziehungsweise, dass die griechische Regierung auf ihren Hauptinvestor Rücksicht nimmt." Ergänzend sei bemerkt: Griechenland ist in Europa kein Einzelfall. In Portugal lassen sich mit Blick auf die Chinesen ähnliche Beobachtungen machen.

GERALD BRAUNBERGER

Reimund Mink: Eine griechische Tragödie - Staatsschuldenkrise und kein Ende? Metropolis-Verlag. Marburg 2018. 340 Seiten. 34,80 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr