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Von der Dampfbuchbinderei zur Verlagsgruppe
Die Erfolgsgeschichte von Droemer Knaur begann mit der 1846 gegründeten Buchdruckerei Knaur in Leipzig, die ab den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts preisgünstige Klassiker verlegte. Unter der Führung von Adalbert Droemer entwickelte sich der Verlag in der Weimarer Republik von einem Nebenmarktverlag zum Publikumsverlag. Nach Jahren der Anpassung des Knaur Verlags im Dritten Reich gründete Willy Droemer 1947 die Droemersche Verlagsanstalt, die er und seine Nachfolger - seit 1981 unter dem Dach der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck - zu einem der…mehr

Produktbeschreibung
Von der Dampfbuchbinderei zur Verlagsgruppe

Die Erfolgsgeschichte von Droemer Knaur begann mit der 1846 gegründeten Buchdruckerei Knaur in Leipzig, die ab den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts preisgünstige Klassiker verlegte. Unter der Führung von Adalbert Droemer entwickelte sich der Verlag in der Weimarer Republik von einem Nebenmarktverlag zum Publikumsverlag. Nach Jahren der Anpassung des Knaur Verlags im Dritten Reich gründete Willy Droemer 1947 die Droemersche Verlagsanstalt, die er und seine Nachfolger - seit 1981 unter dem Dach der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck - zu einem der größten Verlagshäuser in Deutschland machten. Rund 400 Abbildungen illustrieren diese spannende Verlagschronik der Verlagsgruppe Droemer Knaur.
Autorenporträt
Fetzer, GüntherGünther Fetzer, geboren 1946. Studium in Mainz und München, Magister und Promotion. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Literaturarchiv, Marbach. Nach Verlagsstationen bei Hanser (1979-1984), Heyne (1984-1994), Scherz (1994-1997), Droemer Knaur Kindler (1996-1999), Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck (1999-2001) und Pabel Moewig (2001) 2002 Gründung und Leitung von AIO Buch und Bücher. Seit 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter am Institut für Buchwissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.02.2018

Und wie viele Stück sellt denn so ein Bestseller?
Ein Spezialist für Stapelware versorgt die Leser: Günther Fetzer schreibt die Geschichte des Verlags Droemer Knaur. Um Autoren und Finanzen macht er dabei einen Bogen.

Die Feuilletons geizten 1927 nicht mit Spott. Der "Grüßonkel der Literatur", bei dem "die Bügelfalten knarren", vollführe "Eiertänze" für das "Ramschgeschäft" einer "Buchfabrik". Was war geschehen? Thomas Mann hatte seinem Übersetzer zu Gefallen für dessen Reihe "Romane der Welt" die Mitherausgeberschaft übernommen. Die Idee stammte vom agilen Verleger Adalbert Droemer. Der bot dem Literaturnobelpreisträger 1929 auch an, seine "Buddenbrooks" in die Reihe aufzunehmen - Auflage eine Million, Honorar 100 000 Mark, Dumpingpreis 2,85 Mark. Zähneknirschend übernahm S. Fischer das Projekt - ein Jahr nach Erscheinen war die Million fast erreicht.

Begonnen hatte alles, wie Günther Fetzers umfängliche Verlagsgeschichte berichtet, weit unspektakulärer. Die 1846 in Leipzig von Theodor Knauer (das "e" ging verloren) gegründete Buchbinderei wurde 1884 vom Sohn um einen Verlag erweitert. Der beteiligte sich am Jahrhundertende am Massengeschäft mit billigen, weil rechtsfreien "Volks"-Klassikerausgaben. Vertrieben wurden sie auf Nebenmärkten, vor allem über Warenhäuser und Reisebuchhandel.

1901 übernahm der Berliner Verleger Gabriel Hendelsohn, der ansonsten deutschnationale Jugendschriften ("Backfischchens Kaffeekränzchen") absetzte. Das Misstrauen des traditionellen Buchhandels schmolz dahin, als 1931 einbändig "Knaurs Lexikon" ebenfalls zum Einheitspreis von 2,85 (ein Projekt von Verlagsdirektor Richard Friedenthal) und 1932 Richard Hamanns "Geschichte der Kunst" für stupende 4,80 Mark mit 1110 Abbildungen auch in den Läden Furore machten. Als Krönung der billigen Volksausgaben erwarb Droemer 1929 die Rechte an zehn Heimatromanen Ludwig Ganghofers, des meistverkauften Autors der ersten Jahrhunderthälfte.

Im "Dritten Reich" verortet Fetzer den Verlag "zwischen Opportunismus, Anpassung und Kollaboration". Die "Arisierung" der jüdischen Firmenanteile durch Droemer geschah schon im Januar 1934 ohne "unmittelbaren Handlungsdruck", doch sie sei "gutwillig" geschehen. Am Programm war kaum etwas zu ändern, man vollbrachte "Anpassungsleistungen", schreibt Fetzer. Ganghofer und der kernige Luis Trenker wurden als "deutsche Dichter der Berge" massiv beworben, dazu kamen die Westernautoren Max Brand und Zane Grey, deutschnationaler Kitsch und manch Tümelndes, billige Klassiker, illustrierte Märchenbücher und ein gesäubertes "Knaurs Konversations-Lexikon", all dies in Hunderttausenden von Exemplaren. Als Adalbert Droemer 1939 starb, bescheinigte ihm das Branchenorgan, er habe den "Typ des billigen Buches" geschaffen. Wie fast alle Konkurrenten begann Sohn Willy Droemer von 1949 an in München mit alten Rechten und Titeln, allen voran der unverwüstliche Ganghofer, sowie einigen Klassikern; Lexika und Nachschlagewerke kamen hinzu, die Belletristik wurde ausgebaut. Zum Star wurde von 1962 an Johannes Mario Simmel. Rund zwei Dutzend Titel des "demokratischen Gebrauchsschriftstellers", wie er in dieser Zeitung genannt wurde, mit einer Gesamtauflage von 75 Millionen in dreißig Sprachen, folgten.

Dazu kam wenig später die internationale, im Wesentlichen amerikanische Belletristik. An Mary MCarthys skandalöse "Clique" (1964) reihten sich Autoren wie Mailer, Michener, Clavell, Crichton. Zweites Standbein wurde der populäre Sachbuchbereich, rund hundertvierzig Titel mit der Spitzmarke "Knaurs ...", vom Jazzlexikon bis zum Tierreich in Farben, vom Kulturführer bis zum Gartenbuch. Auch hier reüssierten viele Autoren wie Jürgen Thorwald mit sechsstelligen Auflagen. Erst 1963 drängte Droemer auch auf den Taschenbuchmarkt, ohne jedoch ein markantes Profil zu entwickeln. Als Günther Rühle 1975 zur Buchmesse in dieser Zeitung die "Herren des Buchmarktes" verglich, wählte er als verlegerische Antagonisten Unseld und Droemer. Die Suhrkamp-Kultur sei der "Willen, das große literarische Werk durchzusetzen und in Geltung zu halten", mit Droemer dagegen verbinde sich "ein Begriff des Popularismus, der volksläufige Sachaufklärung verbindet mit dem Versorgungsaspekt der Leserschaft mit unterhaltsamem Reizstoff".

Das freilich funktionierte bestens: Droemer Knaurs Umsatz stieg von einer Million anno 1948 auf fünfunddreißig Millionen im Jahr 1981. Grund genug für die Holtzbrinck Verlagsgruppe, die sich schon 1971 diskret eingekauft hatte, den Verlag gänzlich zu übernehmen. Der Chef Karl-Heinz Blessing bewies besonderes Bestsellergespür, etwa mit Noah Gordons Historienschinken "Der Medicus" (1987), der in Hardcover und Taschenbuch mehr als hundert Millionen Mark Umsatz brachte. Das Programm wurde immer mehr aufgebläht, zur internationalen Belletristik kamen rund dreihundert Titel an Reiseführern, Kulinarik, Zeitgeschichte und dergleichen, die Taschenbuchproduktion zerfaserte teils in sechsundfünfzig Reihen. Zugleich wuchsen, in Konzernen nicht unüblich, die internen Probleme: der Machtkampf zwischen Programm und Vertrieb, der Konflikt zwischen Kreativen und Kaufleuten, vulgo Controllern. Die Umsätze stagnierten. Dennoch war laut dem Branchenmagazin "Buchreport" Droemer Knaur von 1961 bis 1998 der erfolgreichste deutsche Belletristikverlag; mit dreiundzwanzig Titeln von neun Autoren stand er 425 Wochen lang auf dem ersten Platz der "Spiegel"-Bestsellerliste.

1999 begann die hälftige Partnerschaft mit dem rührigen Vertriebsriesen Weltbild. Die neue Verlagsgruppe Droemer Weltbild umfasste zunächst sechzehn Verlage und Imprints. Die erhoffte Symbiose zweier sehr unterschiedlicher Geschäftsprinzipien, die für eine umfängliche Produktpalette neue Vertriebsimpulse und Absatzwege generieren sollte, funktionierte auf dem übersättigten und rapide sich wandelnden Markt nicht. Anfangsverluste, Programmstraffung und drastischer Personalabbau waren die Folge - auch verbaten sich die katholischen Bistümer als Weltbild-Eigner Geschäfte mit Esoterik. 2013 fand die Liaison ihr Ende, man kehrte zum Namen Droemer Knaur zurück.

Auch wenn die instruktive Verlagschronik nicht zu einem Jubiläumstermin erschienen ist, mündet sie - wohl unvermeidlicherweise - in einen sehr optimistischen Ausblick. Nach wie vor hat Droemer einen Stammplatz auf den Bestsellerlisten, ob mit der zählebigen "Wanderhure", dem Kommissar Kluftinger oder mit blutrünstigen Thrillern. Fetzer lobt eine "perfekte Marketingmaschine, die weit über die Buchbranche hinausreicht", ein breites Sachbuchprogramm und Taschenbuchpalette inbegriffen, ebenso die Geschenkbücher und der "Non-Book-Sektor"; etwa ein Sechstel des Umsatzes wird mit Digitalprodukten erzielt. Man sei glänzend aufgestellt für den gewandelten Markt, nicht zuletzt hinsichtlich "Visibility" und "Audience targeting".

Es ist bezeichnend, dass Fetzer die Geschichte dieses Verlages schreiben kann, ohne je auf das Verhältnis des Verlages zu seinen Autoren - oder gar die Honorare - einzugehen. Die Zulieferer spielen offensichtlich bei der Bestsellerfabrikation keine Rolle. Auch ein Blick hinter die Umsatzkulissen, auf Kalkulationen und Renditen bei den vielen Erfolgstiteln wird nicht gewährt. Eine Liste sämtlicher Bestseller des Verlags mit Auflagen jenseits der hunderttausend von Ganghofer bis zur Gegenwart hätte eindrucksvolles Material für Beharrung und Wandel im Publikumsgeschmack geboten.

REINHARD WITTMANN

Günther Fetzer: "Droemer Knaur". Die Verlagsgeschichte 1846-2017.

Droemer Verlag, München 2017. 544 S., geb., 29,99 [Euro].

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