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Im Jahr 2050 werden zwei Drittel aller Menschen in Städten leben - wie können Bewohner mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen eine friedliche Koexistenz führen? Richard Sennett stellt die Frage nach der Beziehung zwischen urbanem Planen und konkretem Leben: Wie hat sie sich historisch gewandelt? Wie kann eine offene Stadt aussehen, die geprägt ist von Vielfalt und Veränderung - und in der Bewohner Fähigkeiten zum Umgang mit Unsicherheiten entwickeln? Richard Sennett zeigt, warum wir eine Urbanistik brauchen, die eine enge Zusammenarbeit von Planern und Bewohnern…mehr

Produktbeschreibung
Im Jahr 2050 werden zwei Drittel aller Menschen in Städten leben - wie können Bewohner mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen eine friedliche Koexistenz führen? Richard Sennett stellt die Frage nach der Beziehung zwischen urbanem Planen und konkretem Leben: Wie hat sie sich historisch gewandelt? Wie kann eine offene Stadt aussehen, die geprägt ist von Vielfalt und Veränderung - und in der Bewohner Fähigkeiten zum Umgang mit Unsicherheiten entwickeln? Richard Sennett zeigt, warum wir eine Urbanistik brauchen, die eine enge Zusammenarbeit von Planern und Bewohnern einschließt und voraussetzt - und dass eine Stadt voller Widersprüche urbanes Erleben nicht einengt, sondern bereichert.
Autorenporträt
Richard Sennett lehrt Soziologie und Geschichte an der London School of Economics und an der New York University. Er ist der Autor von u. a. "Der flexible Mensch". Bei Hanser Berlin erschien zuletzt Die offene Stadt (2019), der dritte Teil seiner Homo-Faber-Trilogie nach Zusammenarbeit (2012) und Handwerk (2008).
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Was erwarten wir von der Stadt, in der wir leben? Gute Infrastruktur, viel Grün und qualitativen wie erschwinglichen Wohnraum? Richard Sennett zeigt, dass es um weitaus mehr geht: "Sollte Stadtplanung die bestehende Gesellschaft repräsentieren oder sie zu ändern versuchen?", fragt der Soziologe. Er plädiert für das Zweite. Zunächst zeigt er, wie Bauherren lokale und kulturelle Eigenheiten ignorierten. Im zweiten Teil stellt Sennett die Folgen dieser fragwürdigen Herangehensweise vor. Dabei geht er auch auf das unkontrollierte Wachstum der Städte ein. Im dritten Teil diskutiert er seine Vision der kulturell offenen Stadt und wie diese sich umsetzen lässt. Dabei verknüpft er soziologische Studien mit eigenen Erfahrungen und politisch-philosophischen Überlegungen. Dennoch zeichnet sich das Buch durch einen nennenswert leichten Schreibstil aus. "Dieses Buch ist der dritte Band einer Trilogie, die sich mit der Stellung des Homo faber in der Gesellschaft befasst", so Sennett. Sein "Homo faber" ist ein herstellendes, reflektierendes und politisch orientiertes Wesen und eines von Sennetts Kernkonzepten. Aber es begegnet uns in "Die offene Stadt" flüchtig genug, dass wir nicht die ersten zwei Teile der Trilogie gelesen haben müssen, um "Die offene Stadt" verstehen und genießen zu können.

© BÜCHERmagazin, Anna Gielas

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.09.2018

Wenn Stadtplanung in die Binsen geht

Wo alle gut und gerne leben möchten: Richard Sennett will zeigen, wie die äußere Gestalt und die innere Struktur heutiger Städte weltweit beschaffen sein sollen. Herausgekommen ist ein miserables Buch.

Es ist schwer, eine Kernkompetenz des amerikanischen Autors Richard Sennett zu benennen. Er besitzt ein breites Querschnittswissen aus Stadtsoziologie und Kulturanthropologie, Philosophie und Planungstheorie, Geschichts- und Literaturwissenschaft. Seitdem er mit "Die Tyrannei der Intimität" 1977 eine alarmistische Verfallsgeschichte zivilisierten Verhaltens und öffentlicher Kommunikation herausbrachte, wurde er zum international anerkannten Sozialtherapeuten für degenerative Stadtentwicklungen und urbane Neurosen.

Damals begann er, alle vier bis fünf Jahre ziegelsteindicke Diagnosen mitsamt Therapievorschlägen für gestresste Urbaniten zu schreiben, deren Krönung nun sein großangelegtes Resümee "Die offene Stadt" sein soll. Es ist der Abschluss einer Trilogie, die 2008 mit "Handwerk" die Würde der menschlichen Arbeit und mit "Zusammenarbeit" 2012 den Wert des sozialen Zusammenhalts beschwor.

Sennett ist der europäischste unter den amerikanischen Stadtexperten, auch wenn er seit langem kein Interesse an niedriger Empirie mehr hat. Er nimmt lieber den breiten Pinsel der Sozialphilosophie und versteht sich als öffentlicher Intellektueller, der gern gefragt, eingeladen, gelesen und gemocht werden will. In der "Offenen Stadt" möchte er zeigen, wie die äußere Gestalt und innere Struktur heutiger Städte weltweit beschaffen sein sollen, um ethisch gut, ökonomisch gerecht, baulich komplex, sozial gemischt, kommunikativ offen, räumlich durchlässig, gendermäßig korrekt und ökologisch nachhaltig zu sein.

Schon dieser universelle Anspruch fällt eigentlich in die Zuständigkeit von Wunderheilern oder Sektenführern. Aber Sennett ist viel zu belesen und eloquent, um griffige Heilsbotschaften zu formulieren. Das hat den Nachteil, dass er fast vierhundert Seiten braucht, um mit der Unterscheidung von "ville" und "cité" zwei Seiten der Stadt auf ihre Förderlichkeit für gutes Leben zu untersuchen. Während die etymologische Differenz "ville" und "cité" im Französischen regional oder historisch verstanden wird, interpretiert Sennett sie als Spannungsverhältnis zwischen der materiell gebauten "ville" und der mental erlebten "cité".

Das ist sehr eigensinnig, weshalb Sennett zum besseren Verständnis der "ville" die Lektüre von Balzac und für die "cité" Proust empfiehlt. Und wem Proust nicht reicht, dem rät der Autor zum wilden Kunsttheoretiker Bernard Rudofsky, der die Dominanz des Lebens gegenüber dem Bauen auf die anonyme Architektur von Naturvölkern bezog.

Leider folgen keine literarisch sensibilisierten Feinuntersuchungen, wie das Habitat den Habitus prägt, sondern endlose Assoziationen über offene und geschlossene Systeme von Karl Popper bis zum Media Lab des MIT. Sennett plädiert erwartungsgemäß für nichtlineare, adaptive, ergebnisoffene Strukturen und vergleicht auf ein- und derselben Buchseite völlig Disparates: den Fortschritt bei der Herstellung und Verwendung von chirurgischen Skalpellen mit der Möblierung von modernen Schulzimmern durch informell ausgerichtete Sitzgruppen: "Wie beim Messer aus gehärtetem Stahl wissen die Lehrer nicht sogleich, wie sie ihre körperliche Präsenz zu diesen Arbeitsplätzen ausrichten sollen." Da stellt sich nicht zum letzten Mal die Frage, ob das sado, pädo oder gaga ist.

Die Städtebauer und Ingenieure des neunzehnten Jahrhunderts arbeiteten laut Sennett mit ähnlichem Risiko. Ohne Kenntnis des Zusammenhangs von Architektur und Lebensstil bauten sie Kanalisationen und Boulevards, die damals viel zu groß waren, aber schöne Straßencafés und viel Hygiene hervorbrachten. Große Glasschaufenster schufen die "DNA des Kaufhauses", die mit ihrer Überfülle den Marxschen "Warenfetischismus" erzeugt hätten. Das ist nicht nur knapp gefehlt, sondern ganz daneben, weil der Mehrwert der lebendigen Arbeit den Leuten nicht erst im Schaufenster, sondern schon in der Fabrik entzogen wurde.

Haussmann in Paris, Cerdà in Barcelona und Olmsted in New York schufen mit ihren Straßen, Häuserblocks und Parks dominante Baustrukturen, in denen Sennett das Leben der "cité" gleichwohl prächtig entfaltet sieht. Er möchte diese Planbilder mit Hilfe von Begriffen aus der Weberei fassen: Gewebe, Textur, Fadenlauf und Knoten. Das hätte er aber auch sein lassen können, weil er keinerlei triftige Übertragung dieser Metaphern findet. Dann wiederum vergleicht er sie mit Interpunktionszeichen: Türme oder Obelisken als Ausrufezeichen, Kreuzungen und Einmündungen als Semikolon, Straßenmöbel oder Alleen als Anführungszeichen - was auch nicht erhellend ist.

Ebenso wenig überzeugt sein dritter Versuch einer Veranschaulichung von Planfiguren durch Geometrie: gitterförmige Raster, zellenartige Höfe und additive Raster, wobei das erste für römische Städte, das zweite für den Orient und das dritte für Barcelona und Manhattan stehen soll. Sennett liebt Barcelona, wo der Planer Cerdà Kreuzungen mit abgeschrägten Blockkanten schuf. Dadurch entstanden oktogonale Plätze, auf denen der Autor die Treffpunkte der "cité" über die blockhafte "ville" triumphieren sieht. Nicht so gut kennt er sich in Paris aus, wo er die drei "réseaux" genannten Straßennetze von Haussmann als räumliche Strukturen versteht, während sie tatsächlich nach den Quellen ihrer Finanzierung numeriert wurden.

Wie stets bei Sennett taucht auch Georg Simmel auf, dessen großstädtische Tugendlehre der Reserviertheit und maskenhafte Blasiertheit hier als Angst vor der antisemitischen Masse beschrieben wird. Ebenso falsch bewertet Sennett Simmels berühmten Vortrag über "Großstädte und Geistesleben" 1903 in Dresden, der nicht an "das Gefühl der Verletzlichkeit der Bürger des beschaulichen Dresden" gerichtet war, sondern an professionelle Bürgermeister auf der "Ersten Deutschen Städteausstellung", die wenig später zur Gründung des Deutschen Städtetages schritten.

Die von Simmel geprägte Chicago School der Soziologie erleidet ebenfalls eine schwere Fehldeutung. Aus ihren Untersuchungen über die Gesetzmäßigkeiten des städtischen Wachstums entwickelten die Chicagoer ihre Theorie der konzentrischen Kreise wachsender sozialer und ökonomischer Ungleichheit. Dieses deskriptive Modell missversteht Sennett allen Ernstes als normatives Planungsideal, als hätten die Soziologen in Chicago selbst gern gebaut.

Sennett macht auch Ausflüge in die informelle Ökonomie von Mega-Citys, bleibt aber mit seinen feuilletonistischen Impressionen weit hinter den eindrucksvollen Analysen von Doug Saunders' Standardwerk "Arrival City" (2011) zurück. Ähnlich flüchtig sind seine Kenntnisse der Immobilienwirtschaft, die er gemäß gängiger Vorurteile nur als Bedrohung für die Städte sehen kann.

Besser kennt sich der Autor mit Heidegger, Levinas, Benjamin, Bachelard, Tocqueville, Dewey, Adorno und anderen aus, die er in jedem seiner Bücher rhapsodisch heranzieht für Zitate über Stadtangst, Fremdkontakte, Fortschrittsskepsis, Heimatverlust, Individualisierung und Vermassung. Schließlich berichtet Sennett von seiner eigenen Praxis als Planungsberater. Besonders skurril geriet sein Versuch, eine unbelebte Ecke der Mall in Washington attraktiv zu machen, indem er neben Info-Pavillons und Streetfood-Ständen auch Bewegungsmelder im Gebüsch und LED-Leuchtkanten an den Treppenstufen installieren wollte. Sein Entwurf, so vermutet der Autor, enthielt offenbar "allzu viele physische Einladungen" - weshalb der Auftraggeber den Planer prompt wieder auslud.

Endlich bringt Sennett eine zentrale Qualität in der baulichen Gestaltung der "ville" zur Sprache, die enorme Konsequenzen für eine lebendige "cité" hat: die Durchlässigkeit und Porosität von Grenzen, Schwellen und Übergängen im Stadtraum. Hier kommt der Biologe Stephen Jay Gould zu Wort, der von besonders lebendigen Austauschzonen an den Grenzen von Ökotopen berichtet, etwa im Uferbereich von Gewässern. So empfiehlt Sennett die Gestaltung offener, unfertiger Baustrukturen, die Eigenleistung und Entwicklungspotential freisetzen. Dafür steht im Englischen der Begriff "shell", der aber irreführend mit "Schale" übersetzt wird, während Rohbau oder Hülle passender wären.

Abschließend plädiert Sennett mit Binsenwahrheiten für eine Versöhnung von "ville" und "cité" durch kooperierende statt vorschreibende Planungsverfahren mit Bürgerbeteiligung und Dialog anstelle von Masterplänen. Das atmet den harmlosen Geist des amerikanischen Kleinstadt-Kommunitarismus, der nichts von hiesigen Wutbürgern, Klagerechten und Widerspruchsverfahren weiß. Im Schlusskapitel fordert der Autor angesichts kommender Umweltkatastrophen, dass die Menschen bescheidener werden und "mit der Natur zusammenarbeiten, statt sie zu beherrschen". Und seine Conclusio erklimmt den Gipfel der Einfalt: "Wie im Handwerk ist eine gut gebaute Umwelt eine, die sich reparieren lässt." Irreparabel dagegen ist allein Sennetts Buch, dessen Lektüre quälend und Erkenntnisgewinn gleich null ist.

MICHAEL MÖNNINGER

Richard Sennett:

"Die offene Stadt". Eine Ethik des Bauens und Bewohnens.

Aus dem Amerikanischen von Michael Bischoff.

Carl Hanser Verlag,

München 2018.

400 S., geb., 32,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.10.2018

Wie man Gemeinplätze baut
Der Soziologe Richard Sennett sucht eine Ethik der Stadt, des Planens und Wohnens.
Am Ende lautet die schlichte Botschaft: Seid offen für Neues!
VON GERHARD MATZIG
Spätestens dann, wenn man im Kapitel „Schluss: Einer unter vielen“ angekommen ist, hat man das Gefühl, sich in diesem Buch sinnlos verlaufen zu haben wie in einer irgendwie anziehenden, aber befremdlich unfassbaren, seltsam delirierenden Stadt. Man hat erst frohgemut, bald irritiert, dann ermattet die vierhundert Seiten durchwandert, um ein Ziel zu erreichen, das sich als Nichtigkeit erweist. Als Binse.
Die Stadt der Zukunft ist also eine Stadt der Offenheit, der Komplexität und der „Vielfalt der Bedeutungen“ (Venturi)? Wer hätte das gedacht. Und „eine Ethik des Bauens und Bewohnens“ – das ist der Untertitel von Richard Sennetts neuem Buch – ist demnach die „Ethik einer offenen Stadt“? Und dazu muss man Hannah Arendt, Aristoteles und Äsop aufbieten, Bacon, Balzac und Baudelaire, um schließlich auch noch Simmel, Speer und Stalin ins Spiel zu bringen? Ganz abgesehen von Kant, der in Berlin eine Straße sein mag, aber im Grunde jemand ist, bei dem man erfahren könnte, was eine Ethik jenseits der Binse zur Ethik macht.
Sennett, ein in der ganzen Welt beheimateter, hochgebildeter Stadtsoziologe und Kulturanthropologe, hat sein beträchtliches Wissen über Urbanismus und Planungstheorie verdichtet, um eine Ethik des Bauens und Bewohnens zu skizzieren, die sich am Ende als Maus erweist. Sennetts enormes Wissen und seine analytische Klugheit: Das ist der Berg. Was er aber gebiert, ist exakt das, was schon auf dem Umschlag des Buches steht: „Richard Sennett zeigt, warum wir eine Urbanistik brauchen, die eine enge Zusammenarbeit von Planern und Bewohnern einschließt – und dass eine Stadt voller Widersprüche urbanes Erleben nicht einengt, sondern bereichert.“
Das muss man nicht hinschreiben, weil das niemand in Zweifel zieht. Man fragt sich, wo Sennett die vergangenen Jahrzehnte war, wenn ihm das neu ist.
Es ist wirklich selten, dass man einem Buch, das so viel weiß, am Ende attestieren muss: Es kommt über die Buchumschlag-Banalität keinen Zentimeter hinaus. Die vielen herumvagabundierenden Zitate aus Philosophie, Soziologie, Literatur, Geschichte und Kunst verbinden sich nie zu so etwas wie einer These, die etwas anderes wäre als eine sperrangelweit offene Tür, die der Autor mit Verve einrennt.
Richard Sennett war immer ein ungemein anregender Theoretiker im urbanen Denkraum. Praktiker ist und war er kaum, was ihn nicht hindert, im Buch immer wieder mit seiner Planer-Biografie der Nachkriegsmoderne aufzuwarten. Es war Sennett als Autor jedoch gegeben, abseits der eifersüchtig ummauerten Fachgrenzen erfolgreich zu wildern und mitreißend zu erzählen. So sind staunenswerte, ja denkwürdige Bücher entstanden. Das jetzt vorliegende aber über die Stadt als eine Ethik des Raumes ist widersprüchlich, assoziativ, unkonzentriert und einfach dahergeplaudert. Man fragt sich: Was soll das?
„Was man in einer Stadt erlebt“, so Sennett, „ist wie im Schlafzimmer oder auf dem Schlachtfeld nur selten stimmig und harmonisch, sondern weitaus häufiger voller Widersprüche und schartiger Kanten.“ Was soll das? Oder: „Diese Ansicht wird von jedem Ehepaar widerlegt, das sich scheiden lässt.“ Wobei es bei dieser Ansicht um eine Vermutung von Ferdinand Tönnies geht, wonach Empathie auch einen räumlichen Aspekt beinhaltet. Doch die persönliche Scheidungsstatistik weiß es besser. Was soll das?
Die Stadt, das Schlachtfeld, das Bett, die Ehe: Sennett verläuft sich in seinem verwilderten Bilderreigen. Sein assoziatives Denken war früher meist zielführend – jetzt ist es dadaistischer Natur. Am besten ist er, wenn er schlicht die Geschichte des Städtebaus erzählt. Doch ist das alles längst bekannt. Es wird allerdings auch nicht falsch, wenn man abermals gekonnt erzählt, wie Haussmann Paris, Cerdà Barcelona und Olmsted New York interpretiert haben.
Das Grundproblem des Buches (das sich übrigens als Abschluss einer Trilogie versteht, die sich zuvor den Themen „Handwerk“ und „Zusammenarbeit“ widmete) besteht darin, dass Sennett die geplante und die gelebte Stadt, ville und cité, erst als Widerspruch konstruiert, um dann eine versöhnliche Lösung zu präsentieren, die darauf hinausläuft: Habt euch lieb und redet miteinander. Seid offen für Neues, anderes, Fremdes, Komplexes. Dann funktioniert das schon – die Sache mit der Stadt in Zeiten der Verstädterung.
Es wäre wirklich schön, wenn es so simpel wäre. Dann könnte man sich auch die Eitelkeiten eines Buches sparen, das immer wieder ein sehr großes Ich bemüht („wie ich schon in jungen Jahren bei einem Planungsjob feststellte …“), um zu dem sehr kleinen, nur mächtig aufgeblasenen Ergebnis zu gelangen: Die Stadt ist alles, was der Fall ist. Das dachte man sich ja auch schon mal. So ganz leise.
Was man da erlebt, ist wie im
Schlafzimmer oder auf dem
Schlachtfeld selten harmonisch
Die Stadt ist alles, was der Fall ist, selbst in Berlin. Auch dort bereichern Widersprüche das urbane Erleben.
Foto: imago/photothek
Richard Sennett: Die offene Stadt. Eine Ethik des Bauens und Bewohnens. Verlag Hanser Berlin, Berlin 2018. 400 Seiten, 32 Euro.
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