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Was geschah nach dem Einigungsvertrag? Ostdeutschland in der AnalyseStets ein Medienthema: ein ernstes die politische Lage und die Lebensverhältnisse im Osten heute, ein heiteres die Erinnerungen an die DDR-Unterhaltungskunst, ein kurioses die zahllosen Eigentümlichkeiten im DDR-Alltag. Matthias Krauß hat sich mit allem, was Vergangenheit und Gegenwart auf DDR-Gebiet betrifft, gründlich befasst und versteht Nostalgie von Analyse zu trennen. In Euphorie wegen der Wiedervereinigung mag er nicht ausbrechen. Nach dem Einigungsvertrag wurde der Osten zum Armenhaus Deutschlands, das bis heute…mehr

Produktbeschreibung
Was geschah nach dem Einigungsvertrag? Ostdeutschland in der AnalyseStets ein Medienthema: ein ernstes die politische Lage und die Lebensverhältnisse im Osten heute, ein heiteres die Erinnerungen an die DDR-Unterhaltungskunst, ein kurioses die zahllosen Eigentümlichkeiten im DDR-Alltag. Matthias Krauß hat sich mit allem, was Vergangenheit und Gegenwart auf DDR-Gebiet betrifft, gründlich befasst und versteht Nostalgie von Analyse zu trennen. In Euphorie wegen der Wiedervereinigung mag er nicht ausbrechen. Nach dem Einigungsvertrag wurde der Osten zum Armenhaus Deutschlands, das bis heute alimentiert werden muss, das hoch verschuldet ist und selbst nach der Konjunktur der vergangenen zehn Jahre wenig mehr als die Hälfte dessen erwirtschaftet, was es verbraucht. In den zehn Jahren vor der Wende wurden in Ostdeutschland mehr als eine Million Kinder mehr geboren als in den zehn Jahren danach. Das und der Wegzug der Jugend versetzte der Sozialstruktur Ostdeutschlands Schläge, von denensie sich bis heute nicht erholt hat. Der Nachteil des »Ossis« vererbt sich auf seine Kinder, sie haben erwiesenermaßen geringere Chancen im Berufsleben als Gleichaltrige aus den alten Bundesländern. Die ausgezahlte Durchschnittsrente liegt unterhalb der gültigen Armutsgrenze. Die bedeutenden Massenmedien reagieren auf all dies - wenn überhaupt - relativierend, abstrakt oder formelhaft. Zweifelhafte Umfragen, die suggestiv den Optimismus trimmen, tragen zur Verdrossenheit und einem sich weiter verbreitenden Gefühl der Ungleichheit, der Ungerechtigkeit bei, das sich auch im Hass auf Migranten entlädt.Allgemein wird im Jubel- und Jubiläumsjahr 2019 an die Errungenschaften gedacht. Krauß fragt nach den Einbußen, die die DDR-Bürger hinnehmen mussten: bei Gleichstellung, Rechtsverhältnissen, auf Gebieten wie Gesundheit, Arbeit, Sozialverhalten, Bildung ...
Autorenporträt
Matthias Krauß, geb. 1960 in Hennigsdorf (heute LK Oberhavel), volontierte bei der ¿Märkischen Volksstimme¿ Potsdam, Studium der Journalistik 1982-1986 an der Leipziger Karl-Marx-Universität, während Studium zwei Auslandseinsätze Erdgastrasse, 1986-1989 Redakteur der ¿Märkischen Volksstimme¿, Bereich Jugendpolitik, seit 1990 freier Journalist in Potsdam, v.a.im Bereich Landespolitik Brandenburg, Gründungsmitglied der Landespressekonferenz Brandenburg, schreibt für diverse Blätter, Agenturen. Buchpublikationen: ¿Der Wunderstaat ¿ richtige Geschichten aus einem falschen Leben¿, ¿Das Mädchen für alles ¿ Angela Merkel, ein Annäherungsversuch¿, ¿Völkermord statt Holocaust ¿ Jude und Judenbild im Literaturunterricht der DDR¿, ¿Die Partei hatte manchmal Recht ¿ ein Rückblick der ungewohnten Art¿, ¿Hoch über Sumpf und Sand ¿ 20 Jahre Neu-Brandenburg¿, ¿Die Kommission ¿ Enquete in Brandenburg. Ein Zeitalter wird besichtigt¿, ¿Wem nützt die ¿Aufarbeitung`? ¿ Die institutionalisierte Abrechnung¿.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.03.2019

Flaute Ost
Matthias Krauß nörgelt über den Stand der deutschen Einheit
In seiner Fernsehansprache am 1. Juli 1990 produzierte der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Helmut Kohl, Sätze und Halbsätze für die Ewigkeit. Die „blühenden Landschaften“ sind verbales Immergrün, kurz davor findet sich im Manuskript ein nicht nur im Kontext der Wirtschafts- und Währungsunion unhaltbares Versprechen: „Es wird niemandem schlechter gehen also zuvor – dafür vielen besser.“
Fast 30 Jahre später liegt nun ein Buch des brandenburgischen Journalisten Matthias Krauß vor, das auf einer im Grunde guten Idee beruht und auf einer berechtigten Irritation. Es verwunderte den Autoren, dass so viele Dokumentationen zur politischen Wende mit dem Jubel auf der Mauer endeten. Es verwunderte ihn, dass nicht nur in diesen Dokumentationen es schien, „als wäre eine Selbstbestätigung nötig: Was da 1989 begann und sich seither fortsetzte, war richtig, richtig, richtig.“ Und so will Krauß stattdessen einmal fragen, was sich für die Ostdeutschen verschlechtert hat seit dieser Wende.
Es ist ja wirklich so, dass im Diskurs der vergangenen Jahrzehnte zu wenig Platz gewesen ist für Verletzungen und Verluste, die es im Zuge der Abwicklung der DDR vielfach gegeben hat. Es ist ja wirklich so, dass der donnernde Refrain von der friedlichen Revolution und von der Wiedervereinigung als „Erfolgsgeschichte“ lange Zeit kaum andere Töne durchdringen ließ. Es ist ja wirklich so, dass es mancher Seele schon helfen kann, wenn diese Verletzungen und Verluste einfach mal benannt und gesehen werden. Und dies zumindest leistet das Buch von Krauß durchaus.
Kapitelweise geht der Autor die Gesellschaftsbereiche durch, in denen es vielleicht einigen besser, aber garantiert nicht niemandem schlechter geht. Weiterhin Lohnabstand zum Westen statt Lohnangleich, massive Abwanderung aus ländlichen Räumen, zunehmende Überalterung der Bevölkerung, Abriss allerorten und einen schönen Gruß an die Kinder, die auch deswegen dümmer bleiben würden, weil man im Osten mit der politischen Wende „die beste Schule Europas gegen die schlechteste eingetauscht“ habe.
Mit anderen Worten: Man kann sich beim Lesen sehr bequem wärmen am eigenen Kulturpessimismus – oder man bekommt schlechte Laune und wird müde, weil aus der Grundhaltung, mit wirklich allem gehe es den Bach runter, letztlich eine Verbitterung spricht, die idealerweise nicht Ende allen Nachdenkens und Bemühens sein sollte.
Krauß führt viele wichtige strukturelle Fehler der Landes- und Bundespolitik seit 1990 auf, er benennt relevante Versäumnisse. Und doch verrät er streng genommen seine eigene Idee: Auf den von ihm als zu einseitig empfundenen Jubel über das wiedervereinigte Deutschland reagiert er mit einer nicht minder einseitigen Klage. Eine solche Klage aber bringt keine Debatte voran und damit auch keine Lebenswirklichkeiten Ost. Eine solche Klage ist eine preisgünstige Einladung, sich über politische Gegenwart und Zukunft keine Gedanken mehr zu machen, sondern sich einzurichten im Gefühl und in der Teilrealität vom Untergang.
Dieses Buch hätte auch „Früher war alles besser“ heißen können, es heißt aber „Die große Freiheit ist es nicht geworden“, ein Kästner-Zitat. Krauß findet, dies sei Ostdeutschland inzwischen „wie auf den Leib geschrieben“. Aber selbst wenn man sich grundsätzlich auf den Pessimismus des Autors einzulassen vermag (und die ökonomischen wie auch andere statistische Daten geben den Osten und das ganze Land betreffend dazu ja durchaus Anlass), so sollte man gerade an dieser Stelle eines nicht vergessen. Es gibt nicht nur die Freiheit von sondern auch jene zu etwas. Die Freiheit im letzteren Sinne, zum Beispiel im Sinne einer Eigenverantwortung kommt in Krauß’ Buch leider praktisch nicht vor.
CORNELIUS POLLMER
Matthias Krauß:
Die große Freiheit ist es nicht geworden. Was sich für die
Ostdeutschen seit der Wende verschlechtert hat.
Das Neue Berlin,
Berlin 2019.
256 Seiten, 14,99 Euro.
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