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Kein anderes Kleidungsstück wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts so mystifiziert wie die Blue Jeans. In den unterschiedlichsten Konsumentenmilieus wurde der blaue Stoff getragen und mit wechselnden Bedeutungen, gleichsam religiösen Qualitäten aufgeladen. Anna Schober beleuchtet die Verarbeitung medial vermittelter Bilder und Waren zu individuellen Selbstbildern und stellt dabei die Deutungen der Blue Jeans als konfliktreiche Auseinandersetzung um Sehen und Gesehenwerden dar.
Anna Schober, Dr. phil., studierte Geschichte und Kunstgeschichte. Sie veröffentlichte mehrere Bücher zu den Themen
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Produktbeschreibung
Kein anderes Kleidungsstück wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts so mystifiziert wie die Blue Jeans. In den unterschiedlichsten Konsumentenmilieus wurde der blaue Stoff getragen und mit wechselnden Bedeutungen, gleichsam religiösen Qualitäten aufgeladen. Anna Schober beleuchtet die Verarbeitung medial vermittelter Bilder und Waren zu individuellen Selbstbildern und stellt dabei die Deutungen der Blue Jeans als konfliktreiche Auseinandersetzung um Sehen und Gesehenwerden dar.

Anna Schober, Dr. phil., studierte Geschichte und Kunstgeschichte. Sie veröffentlichte mehrere Bücher zu den Themen öffentlicher Raum, inszenierte Kulturereignisse und Popkultur.
Autorenporträt
Anna Schober, Dr. phil., studierte Geschichte und Kunstgeschichte. Sie veröffentlichte mehrere Bücher zu den Themen öffentlicher Raum, inszenierte Kulturereignisse und Popkultur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.08.2002

Zäher als die Zähesten
Aber sind die Blue Jeans ein ehrliches Kleidungsstück geblieben?

Eine Bar in der Nähe eines Minenarbeiterlagers des Comstock in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts: Allabendlich treffen sich hier der Goldsucher Alkali Ikes und der Schneider Jakob W. Davis auf einen Drink, und allabendlich beklagt sich Ikes über seine durchs Einstecken von Mineralien dauernd zerrissenen Hosentaschen. Dem Lamento des Kameraden lauschend, entwirft Davis in seiner Phantasie bereits eine Hose aus Zeltstoff, deren Nähte mit jenen Nieten verstärkt sind, die gewöhnlich für Pferdedecken und Zaumzeug verwendet werden.

So liest sich eine von vielen Legenden über die Ursprünge der "Riveted Pants", den Vorläufer der heutigen Blue Jeans. Anna Schober weiht den Leser in ihrem Buch in die Sagen ein, die über die Entstehung jenes Beinkleides existieren. Die Autorin begreift den Werdegang der Blue Jeans dabei vor allem als eine Geschichte von Mythen.

Tatsache ist, daß sich der Schneider Jakob W. Davis 1872 in einem Schreiben an Levi Strauss & Co. als "Inventor der Riveted Pants" bezeichnet und das Unternehmen zur Patentierung seiner "Erfindung" anzuregen ersucht. Levi Strauss meldet die Hose tatsächlich vier Jahre später zum Patent an. Gründet die Beliebtheit der Blue Jeans zunächst auf zweckdienlicher Robustheit, so entwickelt sie sich immer deutlicher zum modischen Accessoire. In ihrer Analyse zeichnet Schober die Karriere der blauen Hose vom funktionalen Gebrauchsgegenstand zum Identifikationsmerkmal sozialer Gruppen. In Blue Jeans gekleidet zu sein wird zum Zeichen der inneren demokratisch-amerikanischen Gesinnung und läßt den wilden, sexuell aktiven Mann erkennen.

Das Thema mag eine vergnügliche Kulturgeschichte verheißen; doch handelt es sich um eine akademische und nicht unkomplizierte Analyse, in der Schober Methoden der Kulturgeschichte, Medienforschung und Psychoanalyse diskutiert. Bildmaterial wird nur in bescheidenem Maße dargeboten. Schober beschreibt - wissenschaftlich und gerade deshalb an dieser Stelle amüsant - die erste Werbeanzeige für Frauenjeans von Levi Strauss & Co. aus dem Jahre 1935: "Die Jeans der beiden Western-Girls sind eng gegürtet und fallen in weichen Falten die langen Beine entlang; die beiden stehen in demonstrativer, ästhetisch gefälliger Standbein-Spielbein-Stellung, ohne miteinander zu kommunizieren und ohne eine Geste der Aktivität." An dieser wie an anderen Passagen läßt Schobers Beschreibung die entsprechende Bilddokumentation vermissen.

Die Historie der Blue Jeans schreibt Schober sowohl als eine Geschichte der Medien wie als eine der Wahrnehmung ebendieser Medien. So zeichnet die Autorin parallel auch eine Geschichte des Fotografierens und der Film- und Kinowelt. Überdies diskutiert sie die Willenslenkung durch die Werbeindustrie, die den Einsatz der Hose bald für ihre Zwecke entdeckte. Dafür analysiert sie Filmszenen, Propaganda- und Werbeplakate. Eine Szene aus dem Film "River of no Return" (1954) gibt Anlaß zur Frage, was die Blue Jeans zur "Sexualisierung" des öffentlichen Bilds von Marilyn Monroe beigetragen haben. Nicht selten jedoch fühlt sich der Leser in ein Buch über Marketingstrategien versetzt, etwa wenn die Autorin an Stummfilmszenen aufzeigt, wie die Grundlagen des product placement und der Auswertung von Konsumentenverhalten aussehen, die die Rezeption von Filmen zunehmend "zu einem Blick auf Waren" werden lassen.

Das Phänomen, welches diese Hose von anderen unterscheidet und ihre Faszination ausmacht, bringt Schober am Ende auf den Punkt: "In diesen pants kann ich ,neu' sein und ,nackt' sein, kann in die Menge eintauchen und unsichtbar werden und gleichzeitig als einzigartiges Wesen aus ihr herausragen, kann ich ein Bekenntnis zur Zukunft und zum Fortschritt abgeben und doch ,ursprünglich', ,ewig' und ,natürlich' sein." Die Blue Jeans stehen symbolisch ebenso für das Verschmelzen mit der Masse als auch für höchste Individualität: Zeige mir deine Jeans, und ich sage dir, wer du bist.

CHRISTINA ZINK.

Anna Schober: "Blue Jeans". Vom Leben in Stoffen und Bildern. Campus Verlag, Frankfurt am Main, New York 2001. 328 S., 38 Abb., br., 29,65 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In ihrer Analyse "Blue Jeans" verfolgt Anna Schober die Karriere der blauen Hose vom funktionalen Gebrauchsgegenstand zum Identifikationsmerkmal sozialer Gruppe, berichtet Rezensentin Christina Zink. Wie Zink ausführt, begreift die Autorin die Geschichte der Blue Jeans dabei vor allem als eine Geschichte von Mythen. Zugleich schreibt sie die Geschichte der Blue Jeans als eine Geschichte der Medien sowie der Wahrnehmung dieser Medien, hebt Zink hervor. So entstehe parallel eine Geschichte des Fotografierens und der Film- und Kinowelt. Eine "vergnügliche Kulturgeschichte" hat sich Zink vom Thema versprochen. Tatsächlich liefert Schober eine "akademische und nicht unkomplizierte Analyse", in der sie Methoden der Kulturgeschichte, Medienforschung und Psychoanalyse diskutiert, stellt Zink ein wenig enttäuscht fest. Dass dabei Bildmaterial nur sehr sparsam dargeboten wird, bedauert die Rezensentin außerordentlich.

© Perlentaucher Medien GmbH
Der Stoff, aus dem die Träume sind
"Eine spannend erzählte Kultur- und Wirtschaftsgeschichte." (Handelsblatt, 07.09.2001)

Put your Blue Jeans on!
"Schober nähert sich ihrem Gegenstand von vielen Seiten, sie verknüpft Wissen aus den unterschiedlichsten Bereichen (Roland Barthes, Gender- und Filmtheorien, Geschichte) und erforscht somit zahlreiche spannende Aspekte." (Ray Kinomagazin, 03.01.2002)

Zäher als die Zähesten
"Anna Schober weiht den Leser in ihrem Buch in die Sagen ein, die über die Entstehung der Blue Jeans existieren." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.08.2002)