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"Was für ein Leben! Und was für eine Lebensleistung!" -- HELMUT SCHMIDT
Berthold Beitz hat Zeitgeschichte geschrieben. An der Spitze des Krupp-Konzerns war er über Jahrzehnte einer der einflussreichsten Männer der deutschen Wirtschaft, für den soziale Verantwortung stets im Mittelpunkt stand. Seit den fünfziger Jahren machte er Krupp wieder zu einem weltweit anerkannten Unternehmen. Gegen zahllose Widerstände war er einer der Vorreiter der neuen Ostpolitik. Er sprach sich früh für eine Zwangsarbeiter-Entschädigung aus. Erst spät wurde bekannt, dass er während des Krieges in Polen Hunderten…mehr

Produktbeschreibung
"Was für ein Leben! Und was für eine Lebensleistung!" -- HELMUT SCHMIDT
Berthold Beitz hat Zeitgeschichte geschrieben. An der Spitze des Krupp-Konzerns war er über Jahrzehnte einer der einflussreichsten Männer der deutschen Wirtschaft, für den soziale Verantwortung stets im Mittelpunkt stand. Seit den fünfziger Jahren machte er Krupp wieder zu einem weltweit anerkannten Unternehmen. Gegen zahllose Widerstände war er einer der Vorreiter der neuen Ostpolitik. Er sprach sich früh für eine Zwangsarbeiter-Entschädigung aus. Erst spät wurde bekannt, dass er während des Krieges in Polen Hunderten von verfolgten Juden das Leben gerettet hat - eine Tat, für die er in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt wurde. Beitz' Leben ist geprägt von mutigem, entschiedenem und oft einsamem Handeln, ein Handeln, wie es nur eine große innere Freiheit möglich macht.
Autorenporträt
Joachim Käppner, geboren 1961, ist Ressortleiter München bei der Süddeutschen Zeitung und Kolumnist der SZ am Wochenende. Von 1992 bis 2000 arbeitete der Historiker als Redakteur und Reporter beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt. Er veröffentlichte u. a. Erstarrte Erinnerung. Der Holocaust im Spiegel der DDR-Geschichtswissenschaft (1999) und ist Herausgeber und Mitautor von Die letzten 50 Tage: 1945 - als der Krieg zu Ende ging (2005) und Befreit, besetzt, geteilt. Deutschland 1945-1949 (2006). Der Autor lebt mit seiner Familie in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2011

Fast überall in der Welt zu Hause
In einer asymmetrischen Biographie über Berthold Beitz kommt der Held vor allem selbst zu Wort

Fast 60 Jahre ist uns das Bild von Berthold Beitz vertraut - als sportlich-strahlende Erscheinung in den Medien, als schillernde Figur zwischen Wirtschaft und Politik und als Repräsentant des Krupp-Konzerns und seiner wechselhaften Nachkriegsgeschichte. Die umfangreiche Biographie will dieses Leben weniger in kritischer Distanz präsentieren als den Helden selbst zu Wort kommen lassen. Beitz ist auch hier die handelnde Person, die in vielen Interviews dem Autor die Richtung gewiesen hat. Das Vorwort von Helmut Schmidt soll die Gewichtigkeit des Werkes noch betonen.

Die Biographie wirkt irgendwie asymmetrisch. Für die längste Zeit erscheint sie wie eine Karriere aus dem Bilderbuch, aber es gibt eine einmalige Abweichung. Als Sohn eines mittleren Beamten in Pommern aufgewachsen, nach Abitur und Banklehre bei Shell in Hamburg gelandet, fühlte er sich von den Nationalsozialisten nicht angesprochen und zeigte mehr Engagement für Sport und Jazz. Der Kriegsbeginn 1939 warf ihn aus der vorgezeichneten Normalität. Seine Firma stellte ihn für den Einsatz in der Ölindustrie Galiziens ab. Nach Beginn des Russland-Feldzuges fiel auch der wichtigere Teil der Ölfelder in deutsche Hand. Beitz wurde in Boryslaw, dem Zentrum der galizischen Ölindustrie, als kaufmännischer Direktor "der faktische Chef". In Galizien lernte er Mord und Vernichtung von allen Seiten kennen: die Massengräber der von der NKWD ermordeten Häftlinge, die Opfer der mörderischen Pogrome der Ukrainer an der starken jüdischen Minderheit und die seit 1941 an Intensität zunehmenden Mordaktionen der SS.

Beitz richtete für die jüdischen Arbeiter ein eigenes Lager ein und sorgte damit für Schutz und Versorgung. Sein Haus wurde "eine Insel der Menschlichkeit", denn schnell hatte sich herumgesprochen, dass er Juden half, ihnen Arbeitsgelegenheiten verschaffte und sie mit Lebensmitteln versorgte. Von seiner Frau wurde er dabei tatkräftig unterstützt. Die Berichte geretteter Juden sind eindrucksvolle Zeugnisse seiner unglaublichen Hilfsbereitschaft. Seine Stellung in diesem Dschungel des Grauens war einzigartig. Als Zivilist, der ein wirtschaftliches Unternehmen führte, überzeugte er SS-Offiziere, dass er festgenommene Juden im Interesse der Kriegführung unbedingt benötigte und sie tatsächlich freibekam. Er war eine Autorität mit starkem Durchsetzungsvermögen. Er berief sich stets auf seine Beziehungen zum Oberkommando des Heeres (OKH), die jedoch nur dadurch wirkten, dass er sie so überzeugend vortrug. Als im August 1942 eine großangelegte Razzia durchgeführt wurde, um die Juden in die Vernichtungslager zu transportieren, zeigte er unglaubliche Kaltblütigkeit, drängte sich durch die Absperrungen und holte 220 seiner Ölarbeiter und solche, die sich dafür ausgaben, noch aus dem Zug. Eine solche Rettungsaktion war nicht ohne Risiko. Die Gestapo lud ihn vor, aber Beitz hatte Glück. Der vernehmende Beamte war ein Freund aus Greifswalder Tagen, der die Denunziation unschädlich machte. Auch das gehört zum Leben von Beitz, es ist reich an Zufällen.

Die entscheidende Wende in der Nachkriegszeit brachte die Begegnung mit Alfried Krupp, der ihn 1953 zu seinem Generalbevollmächtigen ernannte. Er wurde eine Art Mittler zwischen dem Konzern und seinem Eigentümer. Denn dieser menschenscheue Einzelgänger fühlte sich nicht als Unternehmer mit großen Zielen, sondern war bestrebt, durch eine ausgeprägt soziale Haltung der Tradition seines Namens gerecht zu werden. Beitz wurde sein Alter Ego, der auf Krupps Vorstellungen loyal einging und sich auch später in der Krupp-Stiftung stets auf sie berief.

In politischer Hinsicht erscheint Beitz als strikter Gegner des Bundeskanzlers Konrad Adenauer und der ihm angedichteten Restauration. "Verlässliche Feinde" waren Thyssen-Chef Sohl und BDI-Präsident Berg, denen gleich noch eine Nazivergangenheit angehängt wird. Adenauers Staatssekretär Hans Globke wird zur "peinlichsten und umstrittensten Besetzung im Kabinett Adenauers" - für Beitz nichts anderes als "ein alter Nazi", ein Fehlurteil, dem sich Käppner mit unerschütterlichem Vorurteil anschließt. Messen dienten Beitz für Auftritte in der Öffentlichkeit. Auf der Hannover-Messe bot der wuchtige Krupp-Pavillon die adäquate Bühne. Auf den Messen in Leipzig und vor allem in Posen erschien alles etwas kleiner, dafür waren aber die Besucher interessanter. Denn dort schaute die politische Führung hinein. Sein Biograph macht aus Beitz einen "Wegbereiter der Ostpolitik". Seine Ostkontakte werden unter dem Stichwort "Die Flagge folgt dem Handel" verkauft. Dieses Motto des britischen Imperialismus zeigte schon bei Bismarcks Kolonialpolitik, dass es nicht übertragbar war. Viel weniger trifft es auf die Ostpolitik zu, deren Erfolg auf dem genuin politischen Konzept von Willy Brandt und Egon Bahr beruhte. Der Osthandel bewirkte politisch nichts, auch wenn die vielen Fototermine von Beitz Derartiges nahelegen sollen.

Beitz war überall. Der "Kruppianer in Kampen" wird geziemend gewürdigt, aber nichts verlautet darüber, dass er seinen "Konzernherrn" gedrängt hätte, den Niedergang des Unternehmens durch energisches Gegensteuern aufzuhalten. Tatsächlich krachte es bedenklich im Gebälk des Konzerns. Die Minirezession von 1966 brachte ans Licht, was Finanzexperten schon lange vermutet hatten: einen erschreckenden Schuldenstand und mangelnde Liquidität, die die Banken um ihre Kredite fürchten ließ. Als nationales Markenzeichen konnte Krupp nicht untergehen. Die Firma musste in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt werden - mit neuer Spitze. Mit Hermann Josef Abs als Chef des Aufsichtsrats und Günter Vogelsang an der Spitze des Vorstands kam ein hochkarätiges Gespann zum Einsatz. Niemand hatte eine so gründliche Kenntnis der deutschen Wirtschaft wie Abs, und Vogelsang war ein hervorragender Wirtschaftsfachmann, der das Revier genau kannte. Für Beitz blieb im Grunde kein Platz. Aber an Abdanken dachte er nicht.

Zwei Jahre später war die Rezession längst überwunden und die Schieflage bei Krupp beseitigt. Beitz wollte unbedingt wieder an die Spitze des Aufsichtsrates und damit Abs verdrängen. Wie er sich des Bankiers entledigte, entbehrt nicht der Pikanterie. In offener Feldschlacht anzutreten, vermied er. Gab es doch andere Möglichkeiten. Schließlich hatte er die Aufnahme des radikalen IG-Metall-Chefs Otto Brenner auf der Eigentümerseite im Aufsichtsrat durchgesetzt und damit eine linke Mehrheit erhalten. Was nun geschah, nennt Käppner einen Putsch. Die beiden Verschwörer drängten Abs zum Rücktritt. Als der ausweichend reagiert, legte Brenner nach: "Dann werden Sie in der Sitzung des Aufsichtsrates gleich abgewählt." Mit dieser neuen Form von Unternehmenskultur wollte Abs nichts zu tun haben und ging. Vogelsang folgte ihm wenig später. Er akzeptierte nicht, dass Beitz sich in die Vorstandsgeschäfte ständig einmischte. Danach kamen Manager vom Schlage Ernst Wolf Mommsens, die keine Schwierigkeiten machten und in das politische Milieu der sozialliberalen Koalition passten.

Bevor aber bei Krupp die nächste Krise ausbrach, gelang Beitz ein genialer Coup. Hier zeigte sich wieder, dass der Umgang mit Menschen und seine Fähigkeit, sie in seinem Sinne zu beeinflussen, seine stärkste Seite war. Es gelang ihm, dem Schah von Persien ein Aktienpaket im Wert von 1,3 Mrd. DM zu verkaufen und damit die Eigenkapitaldecke des Konzerns zu stärken. Das reichte für einige Zeit, aber mit der Stahlkrise der achtziger Jahre stellte sich wieder die Existenzfrage. Hier zeigte Beitz unternehmerischen Weitblick und entschied sich gegen seine "linken Truppen" für den von den Gewerkschaften verteufelten Gerhard Cromme, der schließlich mit der Fusion zur ThyssenKrupp AG eine tragfähige Lösung zustande brachte, in der die Krupp-Stiftung Hauptaktionärin blieb.

Der Patriarch Beitz ist fast überall in der Welt zu Hause. Zum Schluss entdeckte er nach einem Besuch bei Erich Honnecker auch die DDR. Die herzliche Begegnung fand, wie für Jagdfreunde nicht anders denkbar, in der Schorfheide statt. Darauf folgten zehn Besuche, vornehmlich in seiner pommerschen Heimat, über die sich das Füllhorn der Krupp-Stiftung öffnete. Aber auch nach dem kläglichen Ende des Arbeiter- und Bauernstaates kümmerte er sich um den Gestürzten und bekannte schließlich freimütig, er würde ihn bei sich wohnen lassen. Schließt sich hier ein Kreis der Hilfsbereitschaft? Auf jeden Fall bleibt der Eindruck einer imponierenden Individualität, an der Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts ablesbar sind.

HENNING KÖHLER

Joachim Käppner: Berthold Beitz. Die Biographie. Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt. Berlin Verlag, Berlin 2010. 668 S., 36,- [Euro].

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.01.2011

Der Gerechte
Von SZ-Autoren: Joachim Käppners
Biographie über Berthold Beitz
„Was für ein Leben! Und was für eine Lebensleistung!“, schreibt Altkanzler Helmut Schmidt in seinem Vorwort zu dieser ersten Biographie über Berthold Beitz, die Joachim Käppner, Mitglied der innenpolitischen Redaktion der SZ, verfasst hat. Der Essener Industrielle, heute 97 Jahre alt und noch immer der wichtigste Mann des Großkonzerns Thyssen-Krupp, hat Zeitgeschichte geschrieben. Beitz kam 1953 als Generalbevollmächtigter zu Krupp und machte aus dem übel beleumdeten Rüstungsunternehmen einen modernen Konzern, der keine Kanonen mehr baute. Unbeirrt vom restaurativen Klima der Adenauerzeit war er ein Pionier der Versöhnung mit Osteuropa und der Zwangsarbeiter-Entschädigung.
Das einschneidendste Erlebnis seines Lebens aber lag vor dieser steilen Karriere an die Spitze der deutschen Wirtschaft. Als Ölmanager rettete Beitz in Polen von 1942 an unter Lebensgefahr Hunderte Juden vor der SS. Was immer danach an Problemen kam, erschien ihm vergleichsweise gering: Er hatte erlebt, wozu Menschen fähig sind. Jad Vaschem zeichnete ihn und seine Frau als „Gerechte unter den Völkern“ aus.
SZ
JOACHIM KÄPPNER: Berthold Beitz. Die Biographie. Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt. Berlin Verlag, Berlin 2010. 620 Seiten, 36 Euro.
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"Eine publizistische Sensation" -- Handelsblatt

"Die faszinierende Biografie eines ungewöhnlichen Menschen." -- Deutschlandfunk

"Käppners Buch überzeugt allein schon durch seine Detailfülle." -- Wirtschaftswoche

"Ein großes Buch über einen großen Mann, überaus gründlich recherchiert, gut geschrieben und bis zur letzten Seite fesselnd. Eine Jahrhundertgeschichte." -- Die Zeit

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Burkhard Spinnen kann seinen Respekt vor dem Menschen und Industriellen Berthold Beitz nicht verhehlen. Joachim Käppners Biografie des für sein Engagement für Juden im Dritten Reich Ausgezeichneten, späteren Krupp-Chef hält Spinnen für ein Wagnis, da Beitz ja noch lebt und sein Biograf ihm mit erkennbarer Sympathie recht nahe kommt. Über die bekannten Daten und Fakten von Beitz' Leben hinaus gelingt es dem Autor laut Spinnen jedoch, engagiert der Frage nachzugehen, was diese Vita im Innersten zusammenhält. Die Schwierigkeiten einer solchen Fragestellung, zumal bei einem Mann der Wirtschaft, sind Spinnen bewusst. Mit Hilfe einer breiten Materialbasis, Anmerkungen und Quellennachweisen gelingt es dem Autor allerdings einigermaßen, seine Autonomie zu wahren, wie Spinnen feststellt. Und das Erfolgsrezept? Dass Käppner es nicht auf den Punkt bringt, sondern Hinweise gibt, anhand derer der Leser es sich zusammenreimen kann, genügt Spinnen voll und ganz.

© Perlentaucher Medien GmbH