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Zum Verständnis der europäischen Integration und der Politiken der EU sind Kenntnisse über Frankreichs Europapolitik unerlässlich. Der Band stellt Kontinuität und Wandel der französischen Europapolitik von den Anfängen bis heute dar. Er analysiert die französische Europapolitik schwerpunktmäßig seit dem Amtsantritt Mitterrands. In diesem Zeitraum hat sich Frankreichs Europa-Engagement wesentlich gewandelt und vertieft, denn Mitterrand hatte erkannt, dass Frankreichs internationale Bedeutung von einer handlungsfähigen EG/EU abhängig geworden war. Entsprechend beugte er sich bei den…mehr

Produktbeschreibung
Zum Verständnis der europäischen Integration und der Politiken der EU sind Kenntnisse über Frankreichs Europapolitik unerlässlich. Der Band stellt Kontinuität und Wandel der französischen Europapolitik von den Anfängen bis heute dar. Er analysiert die französische Europapolitik schwerpunktmäßig seit dem Amtsantritt Mitterrands. In diesem Zeitraum hat sich Frankreichs Europa-Engagement wesentlich gewandelt und vertieft, denn Mitterrand hatte erkannt, dass Frankreichs internationale Bedeutung von einer handlungsfähigen EG/EU abhängig geworden war. Entsprechend beugte er sich bei den Vertragsreformen, die in seine Amtszeit fielen, der Notwendigkeit institutioneller Neuerungen. Sein ursprünglicher Widerstand gegen die Osterweiterung zeigt jedoch, dass ihm sehr an der Verteidigung der europapolitischen Rolle Frankreichs gelegen war. Der seit 1995 amtierende Neo-Gaullist Chirac hatte zunächst deutliche Schwierigkeiten, die weitreichende Einbindung seines Landes in die EU zu akzeptieren. Doch die herannahende Währungsunion und Osterweiterung zwangen auch ihn zunehmend zu einem pro-europäischen Kurs. Im Kontext des die EU tief spaltenden aktuellen Irak-Konflikts hat er zusammen mit Deutschland gar eine Vorreiterrolle für mehr Integration übernommen, deren Tragfähigkeit sich allerdings erst in der Zukunft wird erweisen können.
Autorenporträt
Dr. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet ist Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Würzburg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.05.2005

Vom Weltrang Frankreichs
Mit europäischem Engagement soll nicht zuletzt das deutsche Übergewicht eingedämmt werden
Eine Studie zu Frankreichs Europapolitik seit 1945 zieht deren traditionelle Leitlinien nach und lässt das Referendum der Franzosen zur EU-Verfassung am kommenden Sonntag in neuem Licht erscheinen.
Dem Engagement Frankreichs zum Aufbau eines vereinten Europa nach 1945 liegen hauptsächlich drei Motive zu Grunde. Erstens: die Eindämmung der Gefahr eines deutschen Übergewichts in Europa, zweitens: der Erhalt der außenpolitischen und strategischen Bedeutung Frankreichs in der Welt und drittens: die europäische Subventionierung der kostenverschlingenden französischen Agrarwirtschaft. Angesichts dieser Grundtendenzen französischer Europapolitik erscheint ein französisches „Oui” im Referendum über die Europäische Verfassung wenig wahrscheinlich. Immerhin geht es um das schriftliche Regelwerk eines politisch zusehends supranational organisierten und immer stärker auf na-
tionale Entgrenzung ausgerichteten Europa.
Folgt man Gisela Müller-Brandeck-Bocquets Darstellung von „Frankreichs Europapolitik” wird deutlich, dass gerade die supranationalen Ansätze der EU-Politik und der Abbau nationaler Souveränität das rote Tuch der französischen Außenpolitik sind. Die Autorin sieht gar den widersprüchlichen Grundzug der französischen Europapolitik darin, dass man einerseits „einen exzessiven Ehrgeiz für ein Europa, das man nicht nur stark, sondern auch unabhängig sehen möchte” entwickelt und anderseits eine „exzessive Zurückhaltung übt, wenn es darum geht, Souveränitäten zu teilen”.
Im langen Kampf um die Erhaltung seines nach 1945 stark angeschlagenen Weltmachtstatus schlug Frankreich mit den europäischen Gründungsverträgen eine Richtung ein, die bis heute grundsätzlich beibehalten wurde. Der 1958 wiedergewählte General de Gaulle hatte den „immensen Bedeutungsverlust Frankreichs” wahrgenommen und instrumentalisierte die europäische Integration dazu, Sicherheit vor einem wiedererstarkenden Deutschlands zu gewinnen und gleichzeitig Frankreichs Stellung als politische Kraft von Weltrang zu sichern. So schien ihm das Projekt eines gemeinsamen europäischen Marktes vor allem dazu geeignet, die Modernisierung des immer noch weitgehend agrarwirtschaftlich geprägten Landes voranzutreiben. Dass damit schon die Grundpfeiler der französischen Europapolitik festgelegt waren, zeigt die Würzburger Politologie-Professorin in ihrer knappen, überblicksartigen Analyse anhand von zentralen Positionen und Entscheidungen Frankreichs bis zur EU-Ost-Erweiterung, dem Irak-Krieg und der Debatte über die EU-Verfassung.
Besonders aussagekräftig hinsichtlich der wahren Verfasstheit der europäischen Motivationen Frankreichs und der deutsch-französischen Freundschaft ist der „Schock”, den die deutsche Wiedervereinigung in Frankreich auslöste. Waren die ersten Jahre der Ära Mitterrand noch durch die „europapolitische Abwesenheit Frankreichs” geprägt, wird eine echte Wiederaufnahme der deutsch-französischen und damit der europäischen Dynamik erst erreicht, als die Block-Konstellation, die Frankreichs Weltmachtanspruch begründete, zu zerfallen drohte. Als Mitterrand feststellte, dass die Wiedervereinigung Deutschlands unumgänglich geworden war, ließ der außenpolitische Berater Mitterrands, Jacques Attali, plötzlich verlauten, Europa müsse „ganz schnell verwirklicht werden, um die deutsche Einheit zu entschärfen”.
Nach der Abwicklung des Maastricht- Vertrages und der Wirtschafts- und Währungsunion, die einem Bonmot zufolge der Preis war, den Kohl für die Wiedervereinigung Deutschlands zahlte, ging laut Müller-Brandeck-Bocquets Einschätzung das „goldene Zeitalter für Europa” zu Ende. Nun schlug die wachsende Europaskepsis der Franzosen zu Buche: Das Referendum zum Maastricht-Vertrag, mit dem die Franzosen erstmals über die Zukunft der europäischen Integration entscheiden und nationale Souveränitäten abtreten sollten, wurde mit einer hauchdünnen Mehrheit von 51,02 Prozent angenommen.
Dem gleichen Schema folgte auch Frankreichs Agieren auf dem Gipfel in Nizza zur Ost-Erweiterung der EU. Als sich herausstellte, dass sowohl die Stimmenneugewichtung im Ministerrat als auch die veränderte Subventionspolitik in der Landwirtschaft zu Ungunsten Frankreichs ausfallen würde, riskierte Jacques Chirac als Ratspräsident im Jahr 2000 durch sein „brachiales Vorgehen” wiederholt das Scheitern der Verhandlungen. Erst als Deutschland sich im Irak-Konflikt von den USA distanzierte und damit dem französischen Projekt einer „Europe puissance”, einem strategisch unabhängigen Europa, entsprach, konzedierte Chirac im Rahmen der Verhandlungen zur EU-Verfassung Zugeständnisse an die supranationalen Entscheidungsstrukturen der EU.
Auch wenn das Buch keine grundsätzlich neuen Einsichten in die Logik der französischen Europapolitik bietet und die Verfasserin sich in der Bewertung der Vorgänge fast ausschließlich auf Fachkollegen und Einschätzungen aus den Medien beruft, ist der Band doch ein aktuelles, ungemein konzentriertes und erfrischend klares Resümee der von nationalen Partikularinteressen geprägten Außenpolitik des europäischen Gründerstaates Frankreich.
CORNELIUS WÜLLENKEMPER
GISELA MÜLLER-BRANDECK-BOCQUET: Frankreichs Europapolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005. 295 Seiten, 29,90 Euro.
Ob Jacques Chiracs Appell zum „Oui” für die EU-Verfassung von den Franzosen geteilt wird, ist noch offen.
Foto: Reuters
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Recht angetan zeigt sich Rezensent Cornelius Wüllenkemper von Gisela Müller-Brandeck-Bocquets Studie über Frankreichs Europapolitik seit 1945. Der Autorin folgend fasst er die traditionellen Leitlinien der französischen Europapolitik in drei Punkten zusammen. Neben der Eindämmung der Gefahr eines deutschen Übergewichts in Europa steht der Erhalt der außenpolitischen und strategischen Bedeutung Frankreichs in der Welt sowie die europäische Subventionierung der kostenverschlingenden französischen Agrarwirtschaft. Angesichts dieser Grundtendenzen erscheint Wüllenkemper ein Ja der Franzosen zur EU-Verfassung am kommenden Sonntag doch sehr zweifelhaft. Die Autorin zeige wie sich diese Grundpfeiler der französischen Europapolitik in zentralen Positionen und Entscheidungen Frankreichs etwa zur EU-Ost-Erweiterung, dem Irak-Krieg und der Debatte über die EU-Verfassung wiederfinden. Auch wenn das Buch "keine grundsätzlich neuen Einsichten" bietet, wertet der Rezensent den Band als "aktuelles, ungemein konzentriertes und erfrischend klares Resümee" der Außenpolitik Frankreichs.

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"[...] eine ausgezeichnete studentische Einführung in die Thematik [...]." Das Historisch-Politische Buch, 02/2006

"Fazit: Der Verfasserin ist eine gut lesbare Studie gelungen, mit Einfühlungsvermögen in die Besonderheiten französischer Politik aus politikwissenschaftlicher Sicht, die viele Fakten nennt und sich auf zahlreiche direkt wiedergegebene Zitate stützt." Die Öffentliche Verwaltung, 08/2006

"Der Band [...] legt eine gelungene Analyse vor, die das Verständnis der Bedingungen für französische Europa-Politik fördern kann." www.romanistik.info, 21.10.2005

"[...] ein verlässlicher und gut verständlicher Leitfaden durch die Windungen der französischen Europapolitik von ihren Anfängen bis zur Gegenwart." Die Zeit, 31.03.2005