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Mit seinen Aphorismen und Essays gehört E. M. Cioran, geboren 1911 in Rumänien, gestorben 1995 in Paris, zu den größten Stilisten und bedeutendsten Autoren der modernen französischen Literatur. Überraschend tauchte kürzlich in seinem Nachlaß ein Essay auf, den er 1941 in Frankreich schrieb noch in rumänischer Sprache: Über Frankreich. (Ab 1947 schreibt Cioran nur noch Französisch.) "Ich glaube nicht, daß ich die Franzosen lieben würde, wenn sie im Verlauf ihrer Geschichte nicht einen derartigen ennui entwickelt hätten. Es ist aber kein unabsehbarer ennui, sondern ein ennui der Klarheit. Es ist…mehr

Produktbeschreibung
Mit seinen Aphorismen und Essays gehört E. M. Cioran, geboren 1911 in Rumänien, gestorben 1995 in Paris, zu den größten Stilisten und bedeutendsten Autoren der modernen französischen Literatur. Überraschend tauchte kürzlich in seinem Nachlaß ein Essay auf, den er 1941 in Frankreich schrieb noch in rumänischer Sprache: Über Frankreich. (Ab 1947 schreibt Cioran nur noch Französisch.)
"Ich glaube nicht, daß ich die Franzosen lieben würde, wenn sie im Verlauf ihrer Geschichte nicht einen derartigen ennui entwickelt hätten. Es ist aber kein unabsehbarer ennui, sondern ein ennui der Klarheit. Es ist die Mattigkeit, die sich einstellt, wenn man einmal kapiert hat, wie es läuft. Während bei den Deutschen Banalitäten als ordentlicher Stoff für Unterhaltungen durchgehen, ziehen Franzosen eine ansehnliche Lüge jeder dürftig formulierten Wahrheit vor."
Damit beginnt Über Frankreich. Indem der Rumäne über Frankreich, Frankreichs Kultur, Geschichte und Dekadenz schreibt, entwirft er zugleich ein ganz persönliches Programm, nämlich das der eigenen förmlichen Domestizierung. Über Frankreich, noch gespickt mit Ausbrüchen vitalistischen Elans, gesuchten Reflexionen, falschem Tiefsinn in Nietzsches Manier, ist auch ein raffinierter Essay über Dekadenz und die Bedingungen einer Renaissance seiner, derjenigen Ciorans.
Autorenporträt
Cioran, E. M.
E. M. Cioran wurde 1911 in Rasinari bei Hermannstadt in Siebenbürgen als Sohn eines griechisch-orthodoxen Priesters geboren. 1928 bis 1931 Studium der Philosophie an der Universität Bukarest. Bis 1939 erschienen fünf Bücher in rumänischer Sprache. 1937 kam Cioran als Stipendiat nach Paris, wo er als freier Schriftsteller lebte. Er starb am 20.6.1995 in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2010

Literatur Als der große Weltablehner E.M. Cioran noch nicht die ganze Welt ablehnte, sondern einem Land gegenüber sogar eine Art Dankbarkeit empfand, schrieb er Aphorismen, damals, noch auf Rumänisch, die sich beinahe wie kleine Hymnen lesen. Es war das Jahr 1941, Cioran ahnte, dass er sein Heimatland vielleicht nie wiedersehen werde. Diese erstaunlichen Lobes-Aphorismen sind jetzt, fünfzehn Jahre nach seinem Tod, erstmals auf deutsch zu lesen. (Über Frankreich. Aus dem Französischen von Ferdinand Leopold. Suhrkamp, 104 Seiten, 17,80 Euro): "Ich glaube nicht, daß ich den Franzosen zugetan wäre, wenn sie sich im Laufe ihrer Geschichte nicht so sehr gelangweilt hätten. Aber ihrer Langeweile mangelt das Unendliche. Es ist die Langeweile der Klarheit. Des Verstandenen müde sein. Während die deutschen die Banalitäten als ehrenwerten Gesprächsstoff erachten, ziehen die Franzosen eine wohlausgedrückte Unwahrheit einer schlecht formulierten Wahrheit vor." So ein Franzose wollte er auch werden. Er war es schon längst.

vw

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ciorans Studie zur französischen Dekadenz liest Rezensent Martin Meyer durchaus auch als Selbstporträt desjenigen, der seiner Sturm-und-Drang-Zeit schließlich in Paris eine Form, einen Stil gab. Vor allem aber erscheint ihm der frühe, teils ausgreifende, teils aphoristische Text Ciorans als eine Art Doppelbildnis der Dekadenz: Als Ausdruck der Erschöpfung einerseits, als Haltung des Geschmacks, der Diskretion und der Ironie andererseits. Lob und Tadel also. Und Ausnahmen, wie das Zeitalter der Kathedralen oder Napoleon, lässt Cioran auch gelten. Dass der Text als wildes Ding aus Geschichtsphilosophie, Anthropologie und Literaturbetrachtung daherkommt, geht für Meyer in Ordnung. Schließlich stößt er beim Lesen immer wieder auf triftige Einsichten.

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