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Die beste Zeit hat die Riviera hinter sich, als die beiden "Dichterkinder" Erika und Klaus Mann, die beiden Ältesten von Thomas Mann und Gattin Katia, sie bereisen und sich notieren: "Die Vergnügungen der Riviera sind nur selten noch ungewöhnlich." Man fährt "zum Arbeiten" dorthin, manche auch zum Schlafen, wofür die Autoren mit Nachdruck Lavandou empfehlen, heute "Le Lavandou": Ganze Straßenblöcke voller Wohnanlagen hinter weiten Stränden. Das Publikum hat sich geändert wie sein Lebensstil. Zwei-Wochen-Aufenthalte haben Monate und halbe Jahre abgelöst, und falls es noch ein paar der alten Kinos gibt, so haben sie nicht mehr bevorzugt Kriegsfilme im Repertoire. Geblieben ist dem Landstrich mehr als genug der alten Souvenirs, das blaue Meer, die Palmen, die lebendige Erinnerung an Renoir und die Impressionisten, sogar die Russen, einst die Emigranten, jetzt die Oligarchen. Vor allem aber "wird man diese große Sonne haben", wie sie schwärmen, "Sonne, Sonne, Sonne" jederzeit. Von Marseille und Sanary bis ins italienische La Spezia sind die Geschwister gereist, die als Dramatiker und Schauspielerin wie in der Wahl ihrer Partner sich in der literarischen Moderne eingerichtet haben. Mit diesem Büchlein fährt man ihnen nach, auch wo das Fahren leicht als Schreibstil ihrer Schilderungen zu erkennen ist, der das reiche Nebeneinander der Beobachtungen auflöst in das Nacheinander der Bewegung, um es erzählen zu können. Auf dass es sich erneut beim Leser rückverwandele in die Verdichtung der Erfahrung. Die mag man auch nach fast neunzig Jahren noch bestätigen: "Durch Marseille schlendert man lüstern, neugierig, ganz aufs Abenteuer eingestellt. In Genua geht man seriös spazieren, wie in einer richtigen Stadt." Was, von heute aus betrachtet, mitschwingt in den Reisebildern, sind die gewaltigen Veränderungen, die bald nach dem Erscheinungsjahr des Buches, 1931, wirksam werden: Sei es der Abriss der übel beleumundeten Elendsquartiere am Alten Hafen von Marseille durch die Wehrmacht und nach der Machtergreifung das Exil, das für beide Manns, auch ihren Vater Thomas und den Onkel Heinrich, im selben Jahr in Sanary begann.
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"Das Buch von der Riviera" von Erika und Klaus Mann. Nachdruck der Erstausgabe von 1931. Kindler Imprint im Rowohlt Verlag, Hamburg 2019. 176 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotos. Gebunden, 16 Euro.
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Mit Erika und Klaus Mann an der Riviera
Das Entzückende ist, dass sie beides gleichzeitig sein wollten: mondän und preisbewusst. Erika und Klaus Mann, das verschwisterte Luxuspärchen, fuhren Anfang der Dreißiger mit dem Auto von Marseille bis La Spezia. Sie stiegen in schönen Hotels ab, schoben sich durch die Nachtbars von Cannes und Nizza und sind auf den ersten Kilometern so ganz die geschmackssicheren Großbürgerkinder, die dem Leser gründlich recherchierte Geheimtipps schenken. Der Blick touristisch, die Sprache steif bis künstlich verzickt („Kommen Sie jetzt endlich mit auf die Croisette?”) baedekern sie sich über Aubagne, Cassis und Toulon bis nach Cannes, wo erste Lockerung eintritt. Weil die Erzählung im Wir-Ton gehalten ist, weiß man nicht, ob es Klaus ist oder Erika, die „von Mahlzeit zu Mahlzeit schicker” wird – jedenfalls flutscht die Sprache jetzt merklich frankophoner: Das Restaurant La Marjolaise hat „ein gewisses kleines avec” und der Flaneur hat nicht Glück, er hat „chance”. Aber in Nizza, nein, in „Nice” geraten die Manns in einen wunderbaren Konsum- und Erlebnisrausch, der in der Frage gipfelt „Wo lasse ich um Gottes Willen all mein Geld?” Ja, sie sind begeistert, die Kinder des Zauberers, und sie werden ganz zutraulich, je schöner die Landschaft wird („Tourettes, müssen Sie wissen, ist ein wenig Genre St. Paul”). Deshalb ist ihr „Buch von der Riviera” auch nach siebzig Jahren noch so frisch, auch wenn die stets vermerkten Preise von damals es nicht mehr sind.
Den 1931 erschienen Band hat der Rowohlt Verlag jetzt als Reprint herausgegeben, und die Mischung aus Bienenfleiß und halbkindlichem Snobismus ist nach wie vor charmant. Aber man merkt auch, dass man es mit zwei zeitbewussten Reisenden zu tun hat, denen angesichts der Auslage eines Buchladens in Marseille übel wird: „Ernst Jünger; das Interesse der Menschheit für diesen schauerlichen und stumpfsinnigen Gegenstand hat etwas Besorgniserregendes.”
Die Riviera ist für Erika und Klaus Mann zuvorderst die französische Mittelmeerküste. Kaum ist die Grenze nach Italien überschritten, wird der Tonfall frostiger. Denn dass hier Herren ohne Jackett im Speisewagen nichts
serviert wird, lässt Erika oder Klaus trotzig sagen: „In meinem Frankreich war’ s doch anders.
HILMAR KLUTE
ERIKA MANN, KLAUS MANN: Das Buch von der Riviera, Rowohlt Verlag Reinbek 2002, 191 Seiten, 10 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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