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Der Romanzyklus von Lancelot und dem Gral ist der erfolgreichste mittelalterliche Artusroman. Er ist in Frankreich entstanden, aber schon um 1250 nach Deutschalnd gelangt. Hier ist er zugleich der erste große Erzähltext, der nicht in Versen verfaßt ist, sondern in der Prosaform der Moderne. Der auch heute noch faszinierende Zyklus besteht aus drei ungleich langen Teilen: dem eigentlichen Lancelot, der Suche nach dem Gral und dem Tod des Königs Artus. Von den fünf Bänden, die er in der Neuausgabe der Bibliothek deutscher Klassiker umfaßt, sind die ersten beiden 1995 erschienen und haben ein…mehr

Produktbeschreibung
Der Romanzyklus von Lancelot und dem Gral ist der erfolgreichste mittelalterliche Artusroman. Er ist in Frankreich entstanden, aber schon um 1250 nach Deutschalnd gelangt. Hier ist er zugleich der erste große Erzähltext, der nicht in Versen verfaßt ist, sondern in der Prosaform der Moderne. Der auch heute noch faszinierende Zyklus besteht aus drei ungleich langen Teilen: dem eigentlichen Lancelot, der Suche nach dem Gral und dem Tod des Königs Artus. Von den fünf Bänden, die er in der Neuausgabe der Bibliothek deutscher Klassiker umfaßt, sind die ersten beiden 1995 erschienen und haben ein außerordentlich günstiges Echo gefunden. Sie enthalten unter dem Titel Lancelot und Ginover die erste Hälfte des eigentlichen Lancelot-Teils. Mit Lancelot und der Gral folgt nun dessen zweite Hälfte. Der abschließende fünfte Band wird die Suche nach dem Gral und den Tod des Königs Artus enthalten.

Während Lancelot und Ginover von Lancelots Liebe zur Artuskönigin erzählt, die seinen Aufstieg zum besten Ritter der Artuswelt begründet, entfaltet Lancelot und der Gral die Gegenkräfte der Gralswelt, aus deren Sicht diese Liebe Sünde ist und verworfen wird. Diese zweite Hälfte des 'eigentlichen' Lancelot hat ein Janusgesicht. Sie beendet die Jugendgeschichte des Lancelots, und sie legt den Grund für die Suche nach dem Gral und den Tod des Königs Artus. Sie ist reich an großartig entworfenen Begebenheiten um die allmählich sich verdunkelnde Titelfigur. Die gestaffelte Folge der Besuche auf der Gralsburg mit ihrem phantasmagorischen Potential und den Visionen von drohenden Katastrophen ist ein Meisterwerk erzählerischer Spekulation. Erzählt wird in einer überbordenden Fülle von komisch-grotesken, heroisch-sentimentalen und mythisch-mystifizierenden Episoden und Parallelhandlungen, die diesen Teil der Trilogie zu einer an langfristig angelegten Entwicklung, vielfarbigen Episoden und überraschenden Peripetien reichen Lese-Aventüre machen.

Wie bei Lancelot und Ginover sind dem mittelhochdeutschen Text wieder eine übersetzung und ein ausführlicher Stellenkommentar beigegeben, der dem Leser hilft, sich im Labyrinth der vielsträngigen Handlung und in der fremden Welt des Mittelalters zurechtzufinden. Besonderer Wert ist zudem auf den Vergleich mit der französischen Vorlage gelegt. In der überlieferung des deutschen Prosalancelot klafft mitten im 'eigentlichen' Lancelot eine größere Lücke. Dadurch fehlen ihm wichtige Handlungsteile. Diese Lücke wird am Beginn von Lancelot und Ginover durch den Rückgriff auf eine jüngere Fassung gefüllt. Damit bietet die Ausgabe zum ersten Mal eine vollständige Edition des Romans in deutscher Sprache.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.02.2004

Held für die Deutschen
In seiner neuen Sprachrüstung wird Lancelot endlich ankommen

Ein deutscher Klassiker ist er wahrlich nicht. Der mittelhochdeutsche Prosaroman von Lancelot ist eine gänzlich unselbständige und dabei recht fehlerhafte Übersetzung des altfranzösischen "Lancelot en prose". In mehreren Etappen seit etwa 1230/1250 entstanden, hat er eine breitere Wirkung nicht entfaltet. In der illustren Bibliothek deutscher Klassiker würde man ihn zuletzt suchen. Aber es ist gut, daß er dort ein Unterkommen gefunden hat.

Die Geschichte von der ehebrecherischen Liebe zwischen Lancelot, dem besten Ritter der Tafelrunde, und Ginover, der Gemahlin des Königs Artus, gehört zu den Stoffen, die das Mittelalter zum Vorrat der abendländischen Mythen beigesteuert hat. In literarischer Form finden wir sie zuerst in einem Versroman, den Chrestien de Troyes, der Erfinder des Artusromans, vielleicht um 1180 verfaßt hat. Dieser Roman ("Lancelot ou Le Chevalier de la Charrete") wurde ein paar Jahrzehnte später eine der Quellen für jenen "Lancelot en prose", einen gewaltigen Prosazyklus, der die Lancelot-Geschichte mit den Geschichten vom Gral und vom Tod des Königs Artus verbindet. Das Werk war nicht nur in Frankreich ein Riesenerfolg. Durch zahlreiche Übersetzungen und Bearbeitungen hat es den Stoff zu europäischer Geltung gebracht. Die Lektüre war aufregend - und gefährlich. Beim Gang durch die Hölle erfährt Dante in einer berühmten Szene der Divina Commedia von der Seele der Francesca von Rimini, daß es die gemeinsame Lektüre des Lancelot war, die sie in den Ehebruch mit dem Bruder ihres Mannes trieb: "Verführer war das Buch und ders verfaßte . . ." So hat Stefan George übersetzt. Im italienischen Text steht nicht das Wort "Verführer", sondern der Name des Ritters, der im Roman Lancelot und Ginover zusammenbringt: Galeotto. Darauf bezieht sich dann Boccaccio, wenn er dem Decameron den Untertitel "Prencipe Galeotto", "Fürst Galehaut", gibt und damit sein eigenes Buch mit schillernder Zweideutigkeit zum bedenklichen Verführer oder selbstlosen Vermittler stempelt.

Dante und Boccaccio sind die ersten prominenten Zeugen für die Faszinationskraft, die vom Lancelot-Stoff ausgeht. Der Moderne wurde er durch die geniale Neufassung des Engländers Thomas Malory vermittelt, die der nicht weniger geniale Verleger William Caxton 1485 unter dem leicht irreführenden Titel "Le Morte Darthur" zum Bestseller machte. Das Buch wurde zur Bibel des Arthurian Revival im England des 19. Jahrhunderts, das Artus als britischen Nationalhelden in Anspruch nahm. Es hat Künstler wie Burne-Jones oder Beardsley zu hinreißenden Bilderfindungen inspiriert. Und es speist, direkt oder indirekt, die Fantasy-Industrie unserer Tage bis hin zu den Erfolgsfilmen von John Boorman ("Excalibur") und Jerry Zucker ("First Knight").

Erst durch die Fantasy-Welle ist der Stoff auch hierzulande einigermaßen bekannt geworden. Im Mittelalter mußte es der "Lancelot en prose" bei den Deutschen schon deshalb schwer haben, weil er nicht Parzival zum gloriosen Gralhelden macht, sondern Lancelots Sohn Galaad. Gegen Wolframs "Parzival", der in Deutschland ähnlich erfolgreich war wie der Lancelot in Frankreich, war damit nicht anzukommen. Anderes, wie das Fehlen einer Tradition großepischen Erzählens in Prosa, kam hinzu und ließ die Deutschen bei dem weltliterarischen Wechseltausch in Sachen Lancelot abseits stehen. Das könnte sich jetzt ändern.

Hans-Hugo Steinhoff hat den ersten zwei Bänden seiner zweisprachigen Ausgabe des mittelhochdeutschen Prosa-Lancelot, die 1995 unter dem Titel "Lancelot und Ginover" im Deutschen Klassiker Verlag erschienen sind, nun zwei weitere folgen lassen. Die vier Bände enthalten den Lancelot propre, die "eigentliche" Lancelot-Geschichte von der Jugend des Helden bis zu seinem Eintritt in die Welt des Grals. Angekündigt ist ein fünfter und letzter Band, der die Suche nach dem Gral und den Tod des Königs Artus mit dem Untergang der Artuswelt enthalten wird. Steinhoffs Ausgabe ist eine philologische Großtat. Der schwierige und sperrige mittelhochdeutsche Text ist mit großer Sorgfalt eingerichtet. Ein detaillierter Stellenkommentar schließt ihn in einer Weise für das Verständnis auf, die keine Wünsche offenläßt: Was immer der Benutzer wissen muß und wissen will, er erfährt es. Profitieren werden davon nicht zuletzt die Romanisten, für die der deutsche Text eine Fassung des französischen Werks repräsentiert.

Gewinner sind aber nicht nur die Philologen, sondern vor allem die Leser. Steinhoff hat es verstanden, den mittelhochdeutschen Text in eine neuhochdeutsche Übersetzung zu bringen, die für sich bestehen kann. Nehmen wir den Beginn des dritten Bandes: "Nun erzählt uns das Buch, daß König Artus ein Jahr nach dem Tod von Meleagant, dem Sohn des Königs Bandemagus, in den Wald von Camelot ritt, um zu jagen. Das geschah acht Tage nach dem heiligen Pfingstfest . . ." Der meisterhaft ruhige Duktus solcher schlichten Sätze, die den Leser unmerklich immer tiefer in das Geschehen hineinziehen und nicht mehr loslassen, ist gewiß auch dem mittelhochdeutschen Original geschuldet. Dessen Sprache kann zumal in den Partien, die noch aus dem 13. Jahrhundert stammen, eine beträchtliche Strahlkraft entfalten. Aber man braucht das Original nicht, wenn man Steinhoffs Text liest. Die Übersetzung verkürzt und verbiegt es nicht - und sie läßt sich an keiner Stelle anmerken, daß sie eine Übersetzung ist. Der Verlag sollte sie separat veröffentlichen. Dann könnte der Roman auch Menschen erreichen, die ungestört und unbelastet von aller Philologie einfach nur lesen wollen. Die Chance ist da, daß Lancelot endlich auch im Deutschen heimisch wird.

JOACHIM HEINZLE

"Lancelot und der Gral I und II". Übersetzt, kommentiert und herausgegeben von Hans-Hugo Steinhoff. Bibliothek des Mittelalters Band 16 und 17. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 2003. 2 Bde., 853 und 977 S., geb., zus. 154,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Die Chance ist da, dass Lancelot endlich auch im Deutschen heimisch wird", freut sich Rezensent Joachim Heinzle und feiert anlässlich dieser zwei Bände die zweisprachige Neu-Ausgabe und -Übersetzung des Lancelot Stoffes durch Hans-Hugo Steinhoff als "eine philologische Großtat". Die besprochenen beiden Bände folgen, erfährt man, auf zwei Bände, die 1995 unter dem Titel "Lancelot und Ginover" erschienen sind; und bereits angekündigt ist auch schon ein fünfter und letzter Band. Der schwierige und sperrige mittelhochdeutsche Text sei hier "mit großer Sorgfalt eingerichtet", lobt Heinzle, ein "detaillierter Stellenkommentar" schließe ihn in einer Weise für das Verständnis auf, die "keine Wünsche offenlässt" - wovon nicht allein Romanisten, sondern "vor allem die Leser" profitieren würden. Der Verlag sollte die deutsche Fassung doch "separat veröffentlichen", schlägt Heinzle vor, denn man brauche "das Original nicht, wenn man Steinhoffs Text liest", seine Übersetzung "verkürzt und verbiegt es nicht", könne vielmehr "für sich bestehen" und lasse sich zudem "an keiner Stelle anmerken, dass sie eine Übersetzung ist". Der "meisterhaft ruhige Duktus" der Übersetzung entfalte "eine beträchtliche Strahlkraft", lobt Heinzle zudem, und ziehe den Leser "unmerklich immer tiefer in das Geschehen" - dessen Faszinationskraft, wie der Rezensent anmerkt, nicht nur die Werke Dantes und Bocaccios bezeugten, sondern nicht zuletzt auch der Umstand, dass der Lancelot-Mythos noch immer "die Fantasy-Industrie unserer Tage" speist.

© Perlentaucher Medien GmbH
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