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"Alles im Haus dreht sich um ihn: den Schriftsteller.Kann er heute schreiben? Wann und unterwelchen Bedingungen ist es ihm überhauptnur möglich, etwas zu Papier zu bringen -und wenn, dann etwas Geniales!Was möchte er essen, was trinken?Ist genug Bier im Haus, oder falls er, was zuwünschen ist, heute Tee mit Honig trinkenmöchte, auch die unbedingt notwendigeZitrone?Die von Franz Xaver Kroetz bisher (bis aufeine, die er seiner Frau Marie Theres für ihreInternetseite widmete) unveröffentlichtenStories sind in der Tat ziemlich ungewaschen.Direkt und brillant wird der wunde Punkt imLeben eines…mehr

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Produktbeschreibung
"Alles im Haus dreht sich um ihn: den Schriftsteller.Kann er heute schreiben? Wann und unterwelchen Bedingungen ist es ihm überhauptnur möglich, etwas zu Papier zu bringen -und wenn, dann etwas Geniales!Was möchte er essen, was trinken?Ist genug Bier im Haus, oder falls er, was zuwünschen ist, heute Tee mit Honig trinkenmöchte, auch die unbedingt notwendigeZitrone?Die von Franz Xaver Kroetz bisher (bis aufeine, die er seiner Frau Marie Theres für ihreInternetseite widmete) unveröffentlichtenStories sind in der Tat ziemlich ungewaschen.Direkt und brillant wird der wunde Punkt imLeben eines Künstlers umkreist und von allenSeiten und in allen Lebenslagen beleuchtet,nämlich die täglich wiederkehrende Qual desSchriftstellers, das leere Blatt zu füllen.So bieten diese fünfzehn Stories schier unerschöpfliche,sowohl komische als auch bitterresignativeVariationen an Überlegungen undAusflüchten: Bringt ein Umzug nach Berlin,nach Kreuzberg oder in den Plattenbau dendringend benötigten Kreativschub? Oderohne Computer nur mit der Reiseschreibmaschineim Gepäck die Fahrt in ferne undexotische Länder? Oder doch wieder wiefrüher ein karges Kellerzimmer?Schreiben im Kreise der Familie und Schreibenin der Krise gegen Erschöpfung und dasAngegriffensein: Bier, Blut, Sex, Sperma,Tränen, Erfolge, Niederlagen, Älterwerden.Das ist der Stoff, aus dem die Stories - jedeeine treffend witzige oder nachdenklichstimmende Miniatur - gemacht sind."
Autorenporträt
"Franz Xaver Kroetz, am 25. Februar 1946 inMünchen geboren, lebt in München, imChiemgau und auf Teneriffa. Der Dramatiker, Regisseur undSchauspieler gehört zu den am meistengespielten deutschen Bühnenautorender letzten Jahrzehnte. (...) Er schufeine Vielzahl von Theaterstücken,mit denen er auf kritisch-realistischeWeise die Tradition des Volksstücksweiterführte und die deutschsprachigeBühnenlandschaft bereicherte. (...)Die Rolle des Baby Schimmerlos inder Fernsehserie 'Kir Royal' machteihn auch als Schauspieler zum Star.Bundespräsidialamt zur Verleihungdes Bundesverdienstkreuzes am4. Oktober 2005"
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.03.2006

Ohne Zähne, ohne Angst
Franz Xaver Kroetz meldet sich mit fünfzehn „ungewaschenen Stories” zurück
Vor seiner Premiere hatte Franz Xaver Kroetz die Losung ausgegeben: „Nein ist geil”. Wer spare und streiche, spare und streiche Demokratie, rief der Arbeitskämpfer Kroetz den streikenden Bühnenarbeitern zu. Gespart und gestrichen hat allerdings auch der Regisseur Kroetz - nicht an der Demokratie, sondern an der Infamie von Jörg Grasers „Servus Kabul”, einer ziemlich wüsten Bierschaumschlägerei am multikulturellen Hass-Stammtisch. Und ein herziges Kasperltheater daraus gemacht, damit es nicht schon beim ersten Beben der öffentlichen Empörung kollabiert. Am Ende krabbeln ein Mini-Imam, ein Mini-Rabbi und ein Mini-Papst aus einer Kiste hervor und verneigen sich politisch korrekt vor Lessings Ringparabel.
Artig und artistisch wandelte Kroetz eine Idee aus seinem Erzählband „Blut & Bier” ab, der pünktlich zu seinem sechzigsten Geburtstag erschienen ist. „Göttliche Fighter” heißt die Kurzgeschichte, in der er, im Zug eingepfercht zwischen einem Moslem und einem buddhistischen Mönch, zu halluzinieren beginnt. Im Wachtraum steigt der Jesus an seinem Goldkettchen vom Kreuz und geht mit genagelten Fäusten auf einen ebenfalls entlaufenen Miniatur-Buddha und einen Miniatur-Mohammed los. Der seinem Roman „Der Ekel” entschlüpfte Mini-Sartre verkriecht sich im Aschenbecher, um zuletzt von einer brennenden Zigarette eingeäschert zu werden wie die säkulare Zivilgesellschaft am 11. September. Der Kampf der Kulturen: ein „Flohzirkus” auf der Dichterbrust.
Ist solche Miniaturisierung Ausdruck von Altersmilde des einstigen Wilden, der sich mit neuem Buch und neuem Stück - „Drücker. Fünf TV-Massaker” - zurückmeldet? Und mit neuem Ego. Gefallen sind die Locken des Klatschreporters Baby Schimmerlos, beiseite gelegt die Nickelbrille des Sozialrevolutionärs, an den Nagel gehängt der rot gefärbte Trachtenhut. Geschoren präsentiert sich das schwarze Schaf bei seinem Relaunch, mit strenger Hornbrille und in Nadelstreifen - geläutert.
Zwischen seinen Anfängen als genialischer Grobian des kritischen Volkstheaters und einer Gegenwart, in der kein Theater seine Stücke spielen wollte, liegt ein Leben auf der Achterbahn, für die Kroetz eine Dauerkarte gelöst hat: Er tritt in die DKP ein und wieder aus, landet weich auf dem Schoß der Schickeria. Er schreibt Kolumnen für die Bild-Zeitung und gerät unter die Konfettidusche der Regenbogenpresse, als er Marie Theres Relin heiratet, die Tochter von Maria Schell, und Homestorys die dichterische Heimarbeit verdrängen. Die drei Wohnsitze in München, im Chiemgau und auf Teneriffa markieren sein kreatives Bermuda-Dreieck.
Dass Kroetz gleichwohl in die Schublade gebellt hat, beweisen die Storys aus „Bier & Blut”, die bereits 1992 entstanden sind, als er mit Frau und Kindern durch Thailand rucksackreiste. Mittlerweile läuft die Scheidung, und wer das Buch gelesen hat, kann sich ungefähr denken warum. Viel Bier getrunken, selten Blut geleckt. Abgesehen von den eigenen Wunden, deren klaffendste der Anspruch ist: „Hat keiner angerufen und gesagt, dass ich den Nobelpreis bekomm?” fragt im Buch der Dichter bitterlich.
Auf die Frage, warum Kroetz die Welt nur noch als Taschentheater beschreibt, gibt es also doch eine Antwort: Weil die meisten Themen seine eigene Welt so wenig bewegen wie die Entrüstung derjenigen, die echte Gamsbärte für seuchen- und tierschutzmäßig bedenklich halten, den Helden in einer der Geschichten. Das Große und Ganze lenkt nur ab von den kleinen Halbheiten der dichterischen „Allnacht”, schlaflos schreibimpotenter Mahnwachen vorm leeren Blatt Papier. Die Außenwelt kommt hier meist nur als eine Art Nährflüssigkeit vor, in der durch die sorgende Hausfrau die richtige Konzentration von beruhigenden und anregenden Zuflüssen für den Haustyrannen hergestellt sein will. Wehe, wenn das Leben unangemeldet an die Tür klopft. Und immer klopft und tropft etwas, die defekte Klimaanlage im Hotel oder ein schreiendes Kind auf dem Klo, so dass dem guten Satz, den er „drauf und dran” war, hinzuschreiben, so schlecht wird, dass er sich selber auskotzt.
Viele der Geschichten sind solche Fundsachen von Schreibtischfluchten, Episoden, die dem Dichter zulaufen wie herrenlose Hund und ihm den Rückweg abschneiden, Ablenkungsmanöver des Schicksals, das sich in Gestalt hungriger Straßenmädchen oder übersatter Verlags-Menschen materialisiert. Und die willkommenste Ablenkung ist immer ein Trostfick, zur Not auch mit der eigenen Frau - in der Hoffnung, die versprengten Tröpfchen könnten sich irgendwie sammeln und die Schreibblockade unterspülen, damit die angestaute Weltwut wieder frei abfließen kann. Aus dem Kämpfer der „literarischen Sturmabteilung ,Blut, Sperma, Tränen‘ und Unmengen Bier” ist ein Norgerlzuzler geworden, der in „Blut & Bier” die Neigen zu einem Bändchen zusammengeschüttet hat.
Der Band beginnt denn auch mit einem saturierten Dichter, der sich zurücksehnt nach dem „wilden Ufer”, das man nur mit dem „Fährschiff Ekstase” erreicht. „An Ängstliche wird keine Fahrkarte ausgegeben”. Wie damals, als man noch Biss hatte und keine Zahnprothese. „Den Jaguar melden wir ab”, heißt es, und ziehen nach Berlin: „Ohne Auto, ohne PC, ohne Zähne, ohne Angst”. „Als ich für nen Jaguar schrieb, da schrieb ich vielleicht am besten von Gleichheit, Freiheit, Sozialismus und so, aber später dann, als ich für Freiheit, Gleichheit, Sozialismus schrieb, weil ich schon nen Jaguar hatte, da wars aus”, erklärt ein abgehalfterter Schriftsteller in einer anderen Geschichte einem Journalisten.
„Blut & Bier” ist ein Buch über die Qual des Schöpferischen, den Widerspruch von Wahrheit und Erfolg („Der richtige Weg ist immer ein Irrweg”). Und es ist ein Buch über das Altern („Frisch rasiert ins Bett ist wie die Geburtstagstorte am offenen Grab”) und die Liebe („Sie liebte ihn, wenn er gut drauf war, unendlich, wenn er schlecht drauf war, bis dass der Tod uns scheidet”) - mit einem Ziegelstein auf dem Gaspedal geschrieben. Immer ist da dieser Hemingway-Traum: Zahnbürste, Reiseschreibmaschine, ein Ticket ins Ungewisse. Und „rotzen, kotzen, klotzen”, nicht kleckern. Die Realität ist das meist vergebliche Warten auf ein „Lebenszeichen” der Story.
CHRISTOPHER SCHMIDT
FRANZ XAVER KROETZ: Blut & Bier. 15 ungewaschene Stories. Rotbuch Verlag, Hamburg 2006. 155 Seiten, 16,90 Euro.
Schau Edi, da hockt doch sicher der Kroetz drin und macht wieder nach Thailand von wegen der Musen.
Foto: dpa
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nicht besonders aufregend findet Rezensent Christopher Schmidt diese fünfzehn "ungewaschenen Stories", mit denen sich Franz Xaver Kroetz zurückmeldet. Ihm erscheinen Kroetz? Geschichten eher medioker und so bringt er "Blut & Bier" auf den lakonischen Nenner: "Viel Bier getrunken, selten Blut geleckt." Kroetz schildert die Alltagsqualen eines Künstlers, der unter der Doppelexistenz als Familienvater und Schriftsteller leidet. Die Tatsache, dass Kroetz die Welt nur noch als "Taschentheater" beschreibt, lässt Schmidt schließen, dass sich der Dichter für die meisten Themen einfach nur noch wenig interessiert. "Das Große und Ganze", kommentiert der Rezensent, "lenkt nur ab von den kleinen Halbheiten der dichterischen 'Allnacht?, schlaflos schreibimpotente Mahnwachen vorm leeren Blatt Papier."

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