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Die Schlafzimmer in diesen wunderbaren, leichten und doch so melancholischen Erzählungen atmen "Traum, Wärme und Ruhe". Doch der Schein trügt. In der Stille der mittelrussischen Nächte, in der Schwermut der langen und wenig ereignisreichen Tage der Provinz, begleitet vom Duft der Äpfel einer alten Sorte und dem Bild des dunklen Herbstgartens, der "ergeben auf den Winter wartet", geht eine Welt zugrunde. Mit meisterlicher Lakonik und Präzision des Wortes beschreibt der 1870 im mittelrussischen Woronesch geborene und 1953 im französischen Exil gestorbene Iwan Bunin den Untergang der kleinen russischen Landgüter, die dem Wind des aufkommenden Kapitalismus nicht mehr standhalten konnten. Es sind die kleinen Gutsbesitzer, die überflüssigen Menschen, jene, die längst in der Stadt einer schlechtbezahlten Anstellung nachgehen, die armen und bitterarmen Verwandten der Tschechowschen Schwestern, die in diesen Erzählungen zusammen mit den einstigen Leibeigenen und inzwischen mittellosen Bauern in den zur schäbigen Kulisse verkommenen Katen und Gutshäusern ausharren. Die Höfe sind längst mit Gras überwachsen, Schimmel nistet sich in den Veranden ein, die alten Mühlsteine sinken "wie Grabsteine" allmählich in die Erde. Das einfache Leben auf dem Lande, der Muschik, all die russischen Legenden, die Bunins Landsmann Tolstoi eben noch zelebriert hatte, werden gnadenlos entzaubert. Die Natur hingegen, die gleich einer mystischen Gegenwelt neben den alltäglichen Plagen existiert, ist ein einziger trostspendender Zauber. Für seine "strenge Künstlerschaft" erhielt Bunin 1933 als erster Russe den Literaturnobelpreis. Schon in diesen frühen Erzählungen, die der engagierte Züricher Dörlemann Verlag im Rahmen einer Neuausgabe der Werke des zu Unrecht vergessenen Russen jetzt herausbrachte, lässt sich der für Bunin so typische Stil erkennen, den Dorothea Trottenberg meisterlich ins Deutsche übertragen hat. Ein literarischer Hochgenuss! (Iwan Bunin: "Am Ursprung der Tage". Frühe Erzählungen 1890 - 1909. Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg. Dörlemann Verlag, Zürich 2010. 290 S., geb., 24,90 [Euro].) sber
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
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