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Martin Beyer erzählt von der obsessiven Beziehung des Dichters Georg Trakl zu seiner Schwester Grete und beschreibt die schöpferische Raserei und Leidenschaft junger Künstler in all ihrer Zeitlosigkeit.
Sehnsucht, Besessenheit, Dekadenz - Berlin, Wien, Salzburg - Martin Beyer lässt die Boheme des 20. Jahrhunderts lebendig werden. Er erzählt von einer großen Tragödie der Literaturgeschichte und lässt ein Leben zwischen Verzweiflung und Lust literarisch auferstehen.
Den jungen Dichter Georg Trakl und dessen Schwester, die Pianistin Grete, verbindet eine Zuneigung, die nicht bloß platonisch
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Produktbeschreibung
Martin Beyer erzählt von der obsessiven Beziehung des Dichters Georg Trakl zu seiner Schwester Grete und beschreibt die schöpferische Raserei und Leidenschaft junger Künstler in all ihrer Zeitlosigkeit.

Sehnsucht, Besessenheit, Dekadenz - Berlin, Wien, Salzburg - Martin Beyer lässt die Boheme des 20. Jahrhunderts lebendig werden. Er erzählt von einer großen Tragödie der Literaturgeschichte und lässt ein Leben zwischen Verzweiflung und Lust literarisch auferstehen.

Den jungen Dichter Georg Trakl und dessen Schwester, die Pianistin Grete, verbindet eine Zuneigung, die nicht bloß platonisch ist. Doch Grete schwärmt zugleich für Georgs schüchternen Dichterfreund Erhard Buschbeck. Während der Salzburger Kaufmannsfamilie der Niedergang droht, begeben sich die drei auf die Suche nach künstlerischer Erfüllung. Und obwohl sich ihre Wege trennen, bleiben sie einander innig verbunden.
Autorenporträt
Beyer, MartinMartin Beyer, geboren 1976 in Frankfurt am Main, veröffentlichte mit 18 Jahren seine erste Erzählung. Nach seiner Promotion arbeitet er als freier Schriftsteller, Redakteur und Dozent. Seit 2003 leitet er mit dem Gitarristen Gerald Kubik das Musik-Literatur-Projekt »SilbenMusik«. »Alle Wasser laufen ins Meer« ist sein erster Roman.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.2009

Der Teufel tanzt aus mir

Da rollen die Rotweinflaschen, und opiumgetränkte Zigaretten werden gereicht: Martin Beyers Roman über die Geschwister Trakl.

Dieser Roman erzählt von historischen Personen, er beruht zu einem Teil auf wahren Begebenheiten und authentischen Dokumenten. Was den anderen Teil angeht, so folgt dieser Roman der Maxime: Literatur darf (fast) alles." Diese Worte stellt der 1976 geborene Martin Beyer seinem Roman "Alle Wasser laufen ins Meer" voraus. Zwar streift er so das Problem, dem alle (Künstler-)Biographien unterworfen sind: In welchem Verhältnis stehen Quellenmaterial und seine Linearisierung in der Nacherzählung? Der Vorspann macht aber in seinem selbstlegitimatorischen Gestus vor allem misstrauisch. Warum sollte Literatur nicht (fast) alles dürfen?

Im Zentrum von "Alle Wasser laufen ins Meer" steht das Geschwisterpaar Georg und Grete Trakl. Die Faszination von Trakls Gedichten ist ungebrochen, und auch das Leben des Autors bietet einigen Anlass zur Auseinandersetzung und Spekulation. Alkohol- und Drogenexzesse, seltsame Phobien und die enge Beziehung zur jüngsten Schwester können Trakl schnell als eine Art Jahrhundertwendepräfiguration des exzessiven Rockstars erscheinen lassen und die Phantasie derer befeuern, die sich mit ihm beschäftigen.

Martin Beyer, der mit dem Ensemble "Silbenmusik" die Gedichte Trakls auch als Sprechgesänge vorträgt, erliegt der widersprüchlichen, komplexen Faszination von Werk und Leben im doppelten Wortsinn. Dass sein Roman, der in einer Reihe von literarischen Trakl-Bearbeitungen wie Franz Fühmanns Essay "Vor Feuerschlünden" (1982) oder Gertrud Spats "Das Leben der Maria T." (2003) steht, misslungen ist, liegt nicht an mangelnder Recherche oder unzureichender Werkkenntnis. Das Problem des Textes, der drei Perioden aus dem Leben Trakls herausgreift und diese mit fingierten Briefen der Schwester Grete einleitet, besteht vielmehr darin, dass er geradezu andächtig an seinen Quellen klebt und darüber die Distanz zum Material verliert und Widersprüchliches einebnet. Beyer lässt bis in die feinsten Verästelungen des Textes Originalzitate in die Figurenrede einfließen - wenn etwa der namentlich ungenannt bleibende Gustav Mahler die Randbemerkung "Der Teufel tanzt es mit mir!" aus seiner Zehnten Symphonie ins Geschehen hineingrölt - und füllt dieses auf Authentizität bedachte Material immer da mit Imagination auf, wo im Dokumentarischen Lücken sind.

Das Imaginierte kommt dabei selten über Klischees hinaus, so dass die Figuren sich wie Marionetten in einer Zwickmühle aus schablonenhafter Faktentreue und schwülem Dekadenz-Kitsch bewegen. Da rollen die Rotweinflaschen, wenn sich die Geschwister auf den Dachboden des Elternhauses zurückziehen, da ergeht sich Trakl lustvoll in der Beobachtung verfangener Insekten in Spinnennetzen, da rangeln Georg und Grete um opiumgetränkte Zigaretten, die jene Betäubung verschaffen, die Trakl so "dringend nötig" hat, bevor er wieder in der Sprache seiner Verse redet. Das Verhältnis zwischen Grete und Trakls Freund Buschbeck setzt durch die Dreieckskonstellation einen zusätzlichen Pikanterietupfer. An keiner Stelle wird dabei der Mythos Trakl kritisch befragt oder neu interpretiert, sondern adjektivreich und reichlich naiv reproduziert.

Um die Brüchigkeit des Traklschen Lebens im Spannungsfeld zu seiner vielschichtigen Dichtung nachzuvollziehen, sind nicht nur die genannten freieren literarischen Bearbeitungen geeigneter. Selbst die in die Jahre gekommene rororo-Monographie von Otto Basil (1965) oder die aktuellere Trakl-Biographie von Hans Weichselbaum (1994), die eben nicht Literatur sein wollen, ermöglichen einen angemesseneren Zugang. Beyers klischeehafte Romanversion, die zudem den Verdacht aushalten muss, dass sich hier ein noch unbekannter Autor an die Fersen eines so berühmten hängen will, richtet da eher Schaden an.

BEATE TRÖGER

Martin Beyer: "Alle Wasser laufen ins Meer". Roman. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2009. 240 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.09.2009

Er musste, es war wie eine Sucht
Martin Beyer erzählt von Georg Trakl und dessen Schwester
Der 1984 verstorbene Schriftsteller Franz Fühmann, dessen Engagement für das Werk Georg Trakls in der DDR noch mutige Pionierarbeit war, hat in seinem Essay „Vor Feuerschlünden” bekannt: „In dem Augenblick, da ich für Trakl mich einsetzte, tat ich es in jenem Sinn, der den Betroffenen aufstöhnen läßt: Herr, schütze mich vor meinen Freunden! Ich suchte überall Entschuldigungen, war aufs Glätten aus, auf Verharmlosen, auf Richtigstellen im Sinne eines eindeutig Richtigen; es war arg. Im Wesentlichen lief es auf den Nachweis hinaus, dass die Dekadenz ja gar keine sei.”
Dem Frankfurter Romandebütanten und Trakl-Enthusiasten Martin Beyer, Jahrgang 1976, liegen solche Absichten naturgemäß fern. Ihm geht es vielmehr gerade um „Sehnsucht, Besessenheit, Dekadenz” bei dem Salzburger Expressionisten, dessen Lebensdrama – Depressionen, Drogenexzesse, mutmaßlicher Inzest, früher Tod durch eine Überdosis Kokain – dem Schicksal manch heutiger Rock- oder Pop-Ikone nicht nachsteht. Und doch hört man auch diesmal den Geist des Dichters ächzen: Herr, rette mich vor meinen Verehrern!
Denn der Roman „Alle Wasser laufen ins Meer” betreibt im Versuch, jene Biographie „zwischen Verzweiflung und Lust” literarisch zu vergegenwärtigen, eine Verharmlosung schlimmerer Art: Do-kumentarisch gewissenhaft unterfüttert, doch im Spekulativen so blauäugig wie klischeebeladen, lässt er Georg Trakl, den Schöpfer visionärer lyrischer Bild-welten, als Pappkameraden wieder auferstehen.
Alles dreht sich, wie könnte es anders sein, um die verdächtige Beziehung zwi-schen Trakl und seiner jüngeren, musikalisch begabten Schwester Margarethe, die sich gleichzeitig zu Georgs Schulfreund Erhard Buschbeck hingezogen fühlt. Man darf froh sein, dass Beyer keine Anstalten macht, die gerüchteumwobene Konstellation in handfest erotische Szenen umzumünzen. Denn sein Bemühen, sich in das Leben der Bohème in Salzburg, Wien und Berlin am Vorabend des Ersten Weltkriegs einzufühlen, legt die Befürchtung nahe, dass Gewagteres nur peinlicher hätte geraten können.
Chargen auf verdörrtem Feld
Allerdings sind fiktive Briefe der Schwester an den Bruder ein nicht minder riskanter Übergriff auf die Intimsphäre zweier historischer Figuren, deren reale Korrespondenz von der Familie vernichtet wurde. Und die nachempfundenen Unterhaltungen des hier sehr geschwätzigen Geschwisterpaares, meist unter Einfluss von Wein und Opiumzigaretten, sind allenfalls geeignet, den poetischen Nachhall jener merkwürdigen Liebe zu banalisieren. So wie die Auftritte berühmter Zeitgenossen, etwa Arnold Schönberg und Else Lasker-Schüler, die Genannten nicht etwa lebendig werden lassen, sondern zu Chargen degradieren.
Da wirkt es richtig erfrischend, wenn in Georg Trakls Militärzeit ein Medikamentenakzessist namens Fühmann auftaucht, der dem „spinnerten Schorsch” eines seiner Gedichte entreißt und sich mit den Kameraden darüber lustig macht. Aber gleich darauf sitzt der Medikamentenakzessist Trakl schon wieder „mitten in einem verdörrten Feld”, kritzelt mit Kohlestift auf den zurückeroberten Zettel und gibt den Dichter, wie ihn der kleine Moritz sich vorstellt: „Er musste Wörter für alles finden, es war wie eine Sucht.”
In einer Vorbemerkung erklärt der Autor, der Roman folge in seinen erfundenen Teilen der Maxime: „Literatur darf (fast) alles.” Das klingt viel kühner, als es hier in die Tat umgesetzt wurde. Zweifellos darf Literatur alles, und nicht nur „fast”. Ihr Wert jedoch bemisst sich leider ausschließlich an dem, was sie kann.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
MARTIN BEYER: Alle Wasser laufen ins Meer. Roman. Verlag Klett-Cotta, Stutt-gart 2009. 240 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kristina Maidt-Zinke ist zwar der Meinung, dass Literatur alles darf - nur können muss sie eben auch etwas. Das ist hier offenbar nicht der Fall. Die Rezensentin beklagt sich über ein Romandebüt, das den Salzburger Dichter Georg Trakl hagiografisch vergewaltigt. Was die Überlieferung zu Trakls Biografie nicht hergibt, wird von Martin Beyer spekulativ, blauäugig, klischeebeladen und laut Maidt-Zinke die Grenze der Peinlichkeit überschreitend, erdacht. Die Mühsal des Dichters, die Salzburger Boheme, der vermeintliche Inzest mit der Schwester - für die Rezensentin gerät es hier zum banalen Schauspiel mit Pappkameraden. Ein bedenkliches Spiel mit historischem Personal, meint sie.

© Perlentaucher Medien GmbH