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Interweaves the minute-by-minute story of an accident at a missile silo in rural Arkansas, where a single crew struggled to prevent the explosion of the most powerful nuclear warhead ever built by the United States, with a historical narrative that spans more than fifty years.

Produktbeschreibung
Interweaves the minute-by-minute story of an accident at a missile silo in rural Arkansas, where a single crew struggled to prevent the explosion of the most powerful nuclear warhead ever built by the United States, with a historical narrative that spans more than fifty years.
Autorenporträt
Eric Schlosser
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.03.2014

Schutzengel im Dauereinsatz
Neues aus dem Maschinenraum von Dr. Seltsam: Der Journalist Eric Schlosser zeigt, wie oft eine
Atomwaffenexplosion oder gleich gar der Dritte Weltkrieg nur aus Zufall vermieden wurden
VON BERND GREINER
Das Einzige, was es an Eric Schlossers Buch zu bekritteln gibt, ist sein hölzerner Titel – weil er vernebelt, worum es eigentlich geht und das Thema deshalb unter Wert verkauft. Gewiss, die Geschichte handelt, wie annonciert, von militärischen Kommando- und Befehlsketten, von den überzüchteten Atomwaffenarsenalen der Supermächte und einem Phantom der Sicherheit, dem alle Beteiligten nachjagten; und im Mittelpunkt steht ein bizarrer Vorfall. Vor allem aber ist über einen Politthriller zu sprechen, der auf atemraubende Weise den als Staatskunst verbrämten Irrsinn des Atomzeitalters und die Zockermentalität der Verantwortlichen kenntlich macht. Selten wurde derart nüchtern und doch zupackend geschildert, wie ein arg abgenutzter Satz zu verstehen ist: Wir hatten Glück im Kalten Krieg.
  Doch der Reihe nach. Der Journalist Eric Schlosser vertiefte sich in die Materie, nachdem er durch Zufall auf ein Drama im ländlichen Arkansas gestoßen war. Dort wurden Mitte September 1980 in einer Abschussanlage für Interkontinentalraketen vom Typ Titan-II Wartungsarbeiten durchgeführt, die anfänglich routiniert von der Hand gingen – bis ein Steckschlüsseleinsatz in das Silo fiel, ein Loch in den Brennstofftank der ersten Raketenstufe schlug und die Wachmannschaften, von giftigen Gasen und unkontrolliert ansteigender Temperatur gelähmt, in Sicherheit gebracht werden mussten. Danach nahm eine nicht mehr steuerbare Kettenreaktion ihren Lauf, bis am Ende mehrere Explosionen den Silodeckel wegsprengten, die zweite Raketenstufe zündete, in niedriger Höhe parallel zum Boden dahinschoss und schließlich in einem riesigen Feuerball verglühte. Wie durch ein Wunder blieb der Sprengkopf unbeschädigt, ein Monster mit neun Megatonnen Zerstörungskraft – fast dem Dreifachen aller im Zweiten Weltkrieg abgeworfenen Bomben zusammen.
Hunderte Zwischenfälle mit Atomwaffen sind in der – wie so oft lückenhaften – Buchführung der amerikanischen Streitkräfte vermerkt. Vieles war harmlos, aber Dutzende Unfälle lassen einem noch Jahrzehnte später die Haare zu Berge stehen. Die Rede ist von Flugzeugen, die von der Start- oder Landebahn abkommen und mit Atomwaffen vollgestopfte Bunker rammen, von B-52 -Bombern, die mit thermonuklearer Ladung über bewohnten Gebieten abstürzen, und immer wieder von Beinahe-Katastrophen in Raketensilos oder von missratenen Raketenstarts. Unter den Tragflächen der B-52 , die Anfang 1961 über North Carolina niederging, hingen nukleare Sprengkörper mit der 260-fachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe; und im Januar 1968 bohrte sich ein Jet der Luftwaffe mit 100 Tonnen Kerosin und vier geschärften Wasserstoffbomben ins grönländische Eis. Je tiefer man in den Archiven gräbt, desto länger wird die Liste.
  Nach außen wurden die Zwischenfälle stets verniedlicht, interne Gutachten hingegen rechneten durchaus mit einem Waffen-GAU. Es ist, als wollte man einen wildgewordenen Tiger beim Schwanz festhalten, wie ein Gutachter vermerkte. Dass es nirgendwo zu einem Inferno mit Tausenden Toten und auf Dauer großflächig verseuchten Landschaften kam, hing zweifellos auch mit technischen Vorkehrungen zusammen, die im Laufe der Jahre an Trägersystemen und Sprengköpfen installiert worden waren. Aber aufs Ganze gesehen, waren Heerscharen von Schutzengeln im Dauersatz. Allein ihnen ist es zu verdanken, dass eine im Grunde unbeherrschbare Mixtur aus kafkaesken Bürokratien und risikomaximierender Großtechnologie nicht vollends aus dem Ruder lief. In der UdSSR ging es, wenn wundert’s, ähnlich zu – wie genau, wissen wir nicht und werden es womöglich nie erfahren. Das bis dato Bekannte ist bei Schlosser nachzulesen.
Weil der Autor viel Gespür für politische Kontexte und kompositorisches Geschick mitbringt, wird aus der Nacherzählung einer Episode ein großer historiografischer Wurf. Er bettet das Drama aus der amerikanischen Provinz in eine Globalgeschichte diverser Nuklearstrategien, des Wettrüstens und der Rüstungskontrollpolitik ein, widmet den intellektuellen Irrungen und Wirrungen der Zeit ebenso viel Raum wie der Entwicklung der Waffentechnologie, stellt illustre Protagonisten aus Politik, Militär und Wissenschaft vor, skizziert treffsicher deren kindische Spielchen um Anerkennung und Deutungsmacht und leuchtet nicht zuletzt die Risiken eines unbeabsichtigten Krieges aus.
  Zu den aberwitzigsten Episoden zählt ein Mitte 1980 von der US-Luftüberwachung ausgelöster Alarm: 2200 sowjetische Interkontinentalraketen im Anflug, meldete man mitten in der Nacht dem Sicherheitsberater des Präsidenten. Stunden später stellte sich heraus, dass ein defekter Computerchip für den Fehlalarm verantwortlich war. Vielleicht hielt sich die Panik in Grenzen, weil dergleichen öfter vorkam: Sechs Monate zuvor hatte ein Techniker versehentlich die Computersimulation eines sowjetischen Luftangriffs heruntergeladen und auf die Monitore der Fluginspektoren gespielt.
  Die Russen wollten das Risiko von Fehlalarmen übrigens mit einer Art Weltuntergangsmaschine bändigen. Sollten Nuklearwaffen über ihrem Territorium niedergehen, würde der Gegenschlag erfolgen – mit allem, was die Waffenkammern hergaben, computergesteuert und ohne Aussicht auf korrigierende Eingriffe von Menschenhand. Dummerweise verheimlichte man dieses Arrangement und machte damit den Abschreckungseffekt zunichte. Exakt darum geht es auch in Stanley Kubricks schwarzer Filmsatire, die vor knapp 50 Jahren uraufgeführt wurde: „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben.“
Eric Schlosser : Command and Control. Die Atomwaffenarsenale der USA und die Illusion der Sicherheit. Eine wahre Geschichte. Aus dem Englischen von Sven Scheer und Rita Seuß. C.H. Beck, 2013. 598 Seiten, 24,95 Euro.
Der Historiker Bernd Greiner arbeitet am Hamburger Institut für Sozialforschung. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der USA im
20. Jahrhundert und der Kalte Krieg.
Die US-Streitkräfte haben
Hunderte Zwischenfälle mit
atomaren Waffen verbucht
Die das Risiko maximierende Atomtechnologie hatte Einfluss auf die Köpfe der Zuständigen.
Zeichnung: Haderer
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So damnably readable. It drives the vision of a world trembling on the edge of a fatal precipice deep into your mind ... a piece of work of the deepest import, with the multilayered density of an ambitiously conceived novel John Lloyd Financial Times