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A semi-autobiographical novel from Amos Oz, telling the story of a bookish Israeli boy who befriends a British soldier in occupied post-war Jerusalem.

Produktbeschreibung
A semi-autobiographical novel from Amos Oz, telling the story of a bookish Israeli boy who befriends a British soldier in occupied post-war Jerusalem.
Autorenporträt
Amos Oz
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.04.1997

Der dickliche Brite
Amos Oz nennt den Verräter nicht Verräter

Am Anfang steht ein Verrat, der vielleicht keiner ist. "Profus ist ein gemeiner Verräter" hat jemand an die Hauswand geschmiert. Wie ein Motto liest sich dieser Satz, der schon auf der ersten Seite steht. Er bedeutet auch das vorläufige Ende für Profus' Tätigkeit in der Untergrundorganisation FOT ("Freiheit oder Tod"). Und er hatte dort doch noch große Pläne.

Amos Oz führt uns in seinem neuen Roman "Panther im Keller" in das Jerusalem der späten vierziger Jahre, den Ort seiner Kindheit. Die Juden versuchten zu jener Zeit, ihren eigenen Staat zu gründen. Palästina stand unter der Mandatsmacht der Engländer, die zwar versprochen hatten, die Ziele des Zionismus zu unterstützen, jedoch die Juden daran hinderten, sich politisch zu organisieren: Für die Gründer des Staates Israel wurden die englischen Soldaten zum Feind. In dieser aufgeladenen Atmosphäre lebt Profus, der Kopf von "Freiheit oder Tod". Die drei Jungen ahmen nach, was bei den Erwachsenen blutiger Ernst ist, und ernst ist es auch ihnen. Profus' Sprache ist voller militärischer Metaphern (die schönste: die Beschreibung der riesigen Bücherarmeen seines strengen, gelehrten Vaters; die sinnlichste: der Bericht vom Überfall der Duftarmeen auf die sonst so nüchterne Wohnung während Jardenas Kochorgie). Man nennt ihn Profus, weil er sich wie ein Professor aufführt, immer an Worten hängenbleibt. Seine Liebe zu den Wörtern führt ihn schließlich auch zum Feind, hin zum vermeintlichen Verrat.

Der beginnt in der Nacht. Profus wird nach Einbruch der Sperrstunde von einem etwas kurzatmigen englischen Militärpolizisten aufgesammelt. Der dickliche Brite hat kaum weniger Angst in der Dunkelheit als sein kleiner Gefangener, das spürt Profus. Überraschenderweise spricht Sergeant Dunlop Hebräisch, allerdings ein merkwürdig verstaubtes, das nach Altem Testament klingt.

Die angstvolle, nach Luft japsende erste Begegnung in der Nacht ist der Beginn einer - nein, als Freundschaft würden beide das nicht bezeichnen - "Spionagetätigkeit", sagt Profus. "Gegenseitigen Sprachunterricht" nennt es der Sergeant. "Verrat", urteilt schließlich Ben Hur, der Oberbefehlshaber von "FOT". Mag für ihr zwischen Verachtung und Zuneigung changierendes Verhältnis das richtige Wort noch nicht gefunden sein, sicher ist: In dieser Nacht haben sich zwei besessene Wortsucher gefunden (zu deren Club in fast ebenbürtiger Nachfolge auch die beiden Übersetzerinnen zu zählen sind).

Der Erzähler, der aus einer Entfernung von 45 Jahren immer wieder nachdenklich die gegenwartsscharfen Erfahrungen des Jungen unterbricht, hebt die Geschichte aus ihrer Aufgeregtheit heraus und zeigt durch seine forschende Konzentration auf das weit zurückliegende Geschehen, wie sehr sie jetzt und immer von Bedeutung ist. Amos Oz ist - wir wissen es von der Lektüre seiner Romane für ältere Leser - ein Meister darin, die Besonderheit einer Erfahrung ins Allgemeine zu übersetzen. Doch gerade durch die doppelte Erzählführung, in der alles hier frisch, erschrocken und heißblütig berichtet, dort warmherzig und mit ein wenig Wehmut von ferne reflektiert wird, ist "Panther im Keller" eine mitreißende, vielstimmige und anspruchsvolle Geschichte.

Irritiert stellt Profus fest, daß er sich mit dem Engländer wohl fühlt. Sein schlechtes Gewissen beruhigt er damit, daß er einige brauchbare Informationen einholen kann: "Bald wird Friede mit den Einwohnern Jerusalems sein", hört er aus des bibelfesten Sergeants Mund. "Es möge Frieden sein in seinen Mauern und Glück in seinen Palästen. Kein Feind soll durch die Tore dieser Stadt schreiten."

Amos Oz schöpft für diesen Roman gewiß manches aus der eigenen Erinnerung. Wie Profus stammt auch er aus einer Gelehrtenfamilie und wuchs in einem Milieu auf, das zum rechten Flügel der zionistischen Bewegung gehörte. Im Haus seiner Kindheit hat er viel von dem politischen Druck mitbekommen, der in diesem Roman beklemmend spürbar wird. Nicht zufällig wird er später zum Schriftsteller der Friedensbewegung. Nur wer zu niemandem gehört, wird kein Verräter sein - dies ist eine der Erkenntnisse, zu denen Profus kommt. Und: Wer liebt, ist kein Verräter. Amos Oz löst diesen Widerspruch im Erzählen auf. JAKOB HESSING.

Amos Oz: "Panther im Keller". Aus dem Hebräischen von Vera Loos und Naomi Nir-Bleimling. Carl Hanser Verlag, München 1997. 185 S., geb. 29,80 DM.

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