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Jude Fawley, Steinmetz, von seiner Frau verlassen, trifft in Christminster seine verheiratete Cousine Sue Bridehead. Sie wird die Leidenschaft seines Lebens. Für die Gesellschaft bleiben sie durch ihre "wilde Ehe" geächtet. Doch als Judes Frau Arabella den gemeinsamen Sohn aus Australien schickt und Jude und Sue ihn mit den eigenen Kindern aufziehen wollen, beginnt eine Tragödie auf Leben und Tod. Thomas Hardys größtes Werk weckte im England des 19. Jahrhunderts einen solchen Entrüstungssturm, dass er nie wieder einen Roman schrieb. Eine der dramatischsten, leidenschaftlichsten…mehr

Produktbeschreibung
Jude Fawley, Steinmetz, von seiner Frau verlassen, trifft in Christminster seine verheiratete Cousine Sue Bridehead. Sie wird die Leidenschaft seines Lebens. Für die Gesellschaft bleiben sie durch ihre "wilde Ehe" geächtet. Doch als Judes Frau Arabella den gemeinsamen Sohn aus Australien schickt und Jude und Sue ihn mit den eigenen Kindern aufziehen wollen, beginnt eine Tragödie auf Leben und Tod. Thomas Hardys größtes Werk weckte im England des 19. Jahrhunderts einen solchen Entrüstungssturm, dass er nie wieder einen Roman schrieb. Eine der dramatischsten, leidenschaftlichsten Liebesgeschichten in der englischen Literatur - in der packenden Neuübersetzung von Alexander Pechmann.
Autorenporträt
Thomas Hardy, 1840 in Higher Bockhampton/Dorset geboren, starb 1928 in Dorchester. Er publizierte ein umfangreiches Werk, darunter Romane und Gedichte. Die Veröffentlichung von Jude Fawley, der Unbekannte 1895 verursachte einen Skandal, nach dem er sich entschloss, keine Romane mehr zu schreiben. Der Titel ist 2018 in der Neuübersetzung von Alexander Pechmann bei Hanser erschienen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.07.2018

Gelindes Höllenfeuer
Thomas Hardys „Jude Fawley“, neu übersetzt
Als der Roman 1895 herauskam, gab es einen Skandal. So freimütig durfte man nicht über Kirche, Ehe und Erotik sprechen! Der Bischof von Wakefield machte seiner Empörung Luft, indem er das Buch in die Flammen warf. Der Autor nahm es sich so zu Herzen, dass er nie wieder einen Roman verfasste. Liest man heute „Jude the Obscure“, das berühmteste Werk von Thomas Hardy, so fällt es schwer, das Anstößige daran nachzuvollziehen. Von Freizügigkeit kann nicht die Rede sein, Sexualität wird angedeutet und umschrieben, aber nirgends explizit dargestellt.
Ein düsteres Buch ist es aber ganz gewiss, und wohl auch in hohem Maß ein autobiografisches. Jude Fawley wächst als Waisenkind bei seiner lieblosen Tante Drusilla im ländlichen Wessex auf, einer Gegend mit erfundenem Namen, aber leicht rekonstruierbaren Schauplätzen im südwestlichen England. Er muss sich seinen Lebensunterhalt als Taglöhner, später als Steinmetz verdienen, lernt aber heimlich Latein und Griechisch und hält zäh an seinem Wunsch fest, es durch Bildung zu etwas Höherem zu bringen – ein Wunsch, der durch seine Armut, die Feindseligkeit der höheren Klassen und nicht zuletzt durch sein eigenes leidenschaftliches Temperament vereitelt wird.
Die Handlung kreist um sein wechselndes Verhältnis zu zwei Frauen, zu der vitalen, aber vulgären Arabella, die er überstürzt heiratet, bloß um sich alsbald von ihr im Streit zu trennen, und zu seiner Cousine Sue Bridehead, einem sittsamen, sensiblen und gebildeten Mädchen, seiner wahren großen Liebe, an die er jedoch aus inneren wie äußeren Gründen schwer herankommt. Sie heiratet, obwohl sie Jude liebt (oder auch nicht, das ist kompliziert), aus falschem Pflichtgefühl den schon etwas älteren Lehrer Richard Phillotson.
Die Konflikte zwischen persönlichem Glücksanspruch und moralischer Konvention lassen die Beteiligten, ausgenommen die pragmatische Arabella, allesamt todunglücklich werden. Die emotionalen Zustände sind schwankend und hochdiffizil, aber der Plot kommt kaum vom Fleck und nimmt erst gegen Ende dramatische Fahrt auf. Es hört sich so an: „Die Angst vor einer radikalen Veränderung der Gefühle des Schulmeisters, womöglich verknüpft mit einer gelinden Schamhaftigkeit darüber, sogar ihn wissen zu lassen, dass ihre auf den Rivalen übertragene Hingebung – aus männlicher Sicht – überaus mangelhaft war, hinderte sie (=Sue) daran, ihm von ihrer bislang unvollständigen Beziehung zu Jude zu berichten, und Phillotson lag da und wand sich wie ein Mann im Höllenfeuer, während er sich vorstellte, wie diese hübsch gekleidete, irremachende Mischung aus Mitgefühl und Abneigung, die seinen Namen trug, voll Ungeduld heimkehrte zu ihrem Liebhaber.“
Dass man sich beim Lesen öfters im Satzbau verheddert, liegt gewiss auch an der Neuübersetzung von Alexander Pechmann. Besonders für die bäuerlichen und proletarischen Akteure hat Pechmann keine eigene Sprache gefunden, er lässt sie einen Verhau aus allen möglichen deutschen Mundarten reden. „Aber, ach nein … armes, minderbemitteltes Kind … in deim Zweig der Familie hat’s schon immer an Mumm g’fehlt, und das wird alsamal so bleim!“ Ist es denkbar, dass ein Mensch sich so ausdrückt? Jude und Sue verfügen natürlich über lupenreine Hochsprache. Ohne es zu wollen, verstärkt die Übersetzung den fragwürdigsten Aspekt des Romans. Die Arroganz der höheren gegen die niederen Schichten, unter der Jude leidet, reproduziert er selbst, vor allem im herablassenden Blick auf die Proletin Arabella, die lebendigste Figur im Buch.
„Jude the Obscure“ war im 19. Jahrhundert beileibe nicht der einzige Anti-Bildungsroman über einen jungen Mann, der voller Hoffnungen in die Stadt kommt und dort traurig scheitert. An die Klassiker des Genres, an Kellers „Grünen Heinrich“ oder Flauberts „Lehrjahre des Gefühls“, reicht dieser Nachzügler indessen nicht heran.
BURKHARD MÜLLER
Thomas Hardy: Jude Fawley, der Unbekannte. Roman. Aus dem Englischen von Alexander Pechmann. Carl Hanser Verlag, München 2018. 654 Seiten, 36 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2018

Das tiefe Leid des alten Kindes

Bildung als Mittel zum sozialen Aufstieg: In Thomas Hardys Roman funktioniert das nicht.

Es klingt wie eine dieser Geschichten, die das neunzehnte Jahrhundert so liebte, von der die Leser nicht genug bekamen und die sich die Autoren zu schreiben beeilten: Ein Junge wächst in ärmlichen Verhältnissen auf, hat aber von Kindheit an einen Drang zu Höherem, in diesem Fall zur klassischen Bildung. Er folgt dem Beispiel seines geliebten Dorfschullehrers Phillotson, der ihn verlässt, um dorthin zu gehen, wo diese Bildung zu Hause ist: ins nahe Christminster, dessen schimmernde Kuppeln der Junge dann immer wieder von einem Hügel bestaunt. Er lernt das Steinmetzhandwerk, daneben Latein und Altgriechisch im Selbststudium, und eines Tages wird der langgehegte Traum Wirklichkeit: Jude Fawley, strotzend vor Energie und Wissen, läuft durch die Straßen von Christminster, bereit, sein Studium aufzunehmen.

Dass gleichwohl etwas mit der Geschichte nicht stimmt, dass Jude Fawley eben kein David Copperfield ist und dass kein gütiger Autor die Dinge für ihn zurechtrückt, ahnt man als Leser von Thomas Hardys Roman "Jude Fawley, der Unbekannte" (1894/95) durchaus. Nicht nur, weil Hardy das Geschehen zwar im vertrauten Berkshire ansiedelt, die reale Topographie aber gern hinter fiktiven Namen verbirgt, allen voran Oxford, das zum Vorbild jenes Sehnsuchtsorts Christminster wird. Da sind auch Stimmen, die Jude früh vor allzu hochgesteckten Zielen warnen, etwa im Heimatdorf seine Großtante Drusilla. Oder das Beispiel jenes Lehrers, der dem elfjährigen Jude einst davon vorgeschwärmt hatte, "einen akademischen Titel zu erwerben, um dann Priester zu werden", und es, wie Jude später feststellen muss, damals dann doch nicht nach Christminster geschafft hat, sondern nur in einem anderen Nest wieder einfacher Dorfschullehrer geworden ist.

Zum Warnzeichen aber avanciert recht spät im Roman die Ankunft eines seltsamen Kindes, vielleicht eines der seltsamsten, das die daran nicht eben arme Literatur des neunzehnten Jahrhunderts zu bieten hat: Jude, inzwischen erwachsen, hat früh und unbedacht eine Ehe geschlossen, die sich aparterweise durch den Wurf seiner späteren Frau Arabella mit einem Ferkelglied auf den vorüberlaufenden jungen Mann anbahnte. Arabella verlässt Jude und schifft sich nach Australien ein, wo sie einen anderen heiratet, ohne von Jude geschieden zu sein.

Eines Tages steht ein ängstliches Kind vor Jude, dem die Einsamkeit aus den Augen leuchtet, das nie getauft wurde und auf den Spitznamen "Väterchen Zeit" hört, "weil ich so alt aussehe", wie er Jude erklärt. Kein Zweifel, an dem Kind ist etwas gutzumachen. Sein Vater und dessen Freundin Sue sind dazu auch bereit, völlig ungeachtet der leisen Zweifel, die bezüglich der biologischen Vaterschaft bleiben. "Wenn man es sich genau überlegt", sagt Jude, "was macht es für einen Unterschied, ob ein Kind von dir abstammt oder nicht? All die Kleinen unserer Zeit sind die Kinder von uns Erwachsenen dieser Zeit und haben das Recht auf unsere uneingeschränkte Fürsorge." Auf diese Rede antwortet Sue mit einem Kuss "mit leidenschaftlicher Hingabe" und den Worten: "Genau, Liebster! Und wir nehmen ihn bei uns auf!"

Zu diesem Zeitpunkt hat Jude selbst schon erfahren müssen, dass er, schließlich in Christminster angekommen und gebildeter als die allermeisten Studenten, auf keinem College akzeptiert wird. Wie schreiend ungerecht das ist, versteht der Leser rasch, während Jude einige Zeit braucht, um die Endgültigkeit dieser Zurückweisung zu begreifen. Dass seine hohen Ambitionen von einer hohen Moral begleitet werden, die ihn immer wieder in Konflikte stürzt zwischen dem, was er für sich wünscht, und dem, was er als moralisch einwandfrei ansieht, macht die Sache nicht einfacher. Als er sich in Sue verliebt, ist er verheiratet, und der leichtfertige Umgang mit der Ehe, den Arabella an den Tag legt, ist ihm zuwider. Auch Sue heiratet, und selbst nachdem beide geschieden sind, ist der Weg zum gemeinsamen Glück schließlich verbaut - die Frage, welchen Anteil die beiden daran haben, welchen die Gesellschaft und welchen das Schicksal, ist zentral für den Roman, der es weder den Lesern noch den Protagonisten leichtmacht und das auch gar nicht könnte.

Die Geschichte vom sozialen Aufstieg durch Bildung also erweist sich hier als Märchen, und wenn Thomas Hardy die angebliche Unmoral seiner Geschichte verübelt worden ist, dann dürfte dahinter auch zu einem gehörigen Teil jenes Unbehagen stecken, das einen überkommt, wenn man es unversehens mit einer durch Klassendenken genährten Ungerechtigkeit zu tun bekommt - der Verlauf der Romanhandlung jedenfalls dürfte sich stark von den Erwartungen der zeitgenössischen Leser unterschieden haben.

Und natürlich ist da noch "Väterchen Zeit". Als Jude und Sue ihn bei sich aufnehmen, kurz nachdem sie überhaupt von der Existenz des Jungen erfahren haben, schmiedet der Vater sofort Pläne für das Kind: Er selbst habe es ja nicht geschafft, der Sohn aber solle von Anfang an in den Genuss von Bildung kommen, um dann zu vollenden, woran der Vater gehindert wurde.

Dass es ganz anders kommt, hat viel mit der einsetzenden Hoffnungslosigkeit der Eltern zu tun. Es ist der beeindruckenden Wucht dieses Romans geschuldet, dass der Mehltau dieser Verhältnisse auch für den Leser unmittelbar spürbar wird.

TILMAN SPRECKELSEN

Thomas Hardy: "Jude Fawley, der Unbekante". Roman.

Aus dem Englischen von Alexander Pechmann. Carl Hanser Verlag, München 2018. 640 S., geb., 36,- [Euro].

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"Das Leben ist möglich ohne die Lektüre von Thomas Hardy, man hat aber weniger davon und hält es schlechter aus." Elmar Krekeler, Die Welt, 20.07.2015

"Es ist der beeindruckenden Wucht dieses Romans geschuldet, dass der Mehltau dieser Verhältnisse auch für den Leser unmittelbar spürbar wird." Tilman Spreckelsen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.12.2018