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Die Kinder der in Konzentrationslager verschleppten Sinti und Roma wurden von den Nationalsozialisten zu Waisen erklärt und in die Fürsorge katholischer Kinderheime gegeben. Auch Angela ist eines dieser Kinder. Eine Zeitlang bleibt sie von der Deportation nach Auschwitz verschont. Doch die NS-Führung duldet keine Ausnahmen. Die "Endlösung” soll eine "totale” sein. Als der große Bus kommt, um die Kinder zu dem versprochenen "schönen Ausflug” abzuholen, nimmt eine Schwester das Mädchen beiseite: "Du gehörst nicht dazu!” Angela aber versucht sich in den Bus zu schmuggeln und bekommt dafür eine…mehr

Produktbeschreibung
Die Kinder der in Konzentrationslager verschleppten Sinti und Roma wurden von den Nationalsozialisten zu Waisen erklärt und in die Fürsorge katholischer Kinderheime gegeben. Auch Angela ist eines dieser Kinder. Eine Zeitlang bleibt sie von der Deportation nach Auschwitz verschont. Doch die NS-Führung duldet keine Ausnahmen. Die "Endlösung” soll eine "totale” sein. Als der große Bus kommt, um die Kinder zu dem versprochenen "schönen Ausflug” abzuholen, nimmt eine Schwester das Mädchen beiseite: "Du gehörst nicht dazu!” Angela aber versucht sich in den Bus zu schmuggeln und bekommt dafür eine saftige Ohrfeige, die ihr das Leben rettet.
Der Rassenwahn der Nazis machte auch vor Kindern nicht Halt. Den Kindern von Sinti und Roma werden seit 1938 die Eltern geraubt, als Zwangsarbeiter in Konzentrationslager verschleppt. Die Kinder werden zu "Waisen" erklärt und in die "Fürsorge" katholischer Kinderheime gegeben. In der "Heiligen St. Josephspflege" im schwäbischen Mulfingen trifft Angela auf etwa 40 Kinder zwischen sechs und sechzehn, die als "Vollzigeuner", "Zigeunermischlinge" und "Jenische" klassifiziert werden. Angelas Identität gibt Anlass zu Verwirrung, denn sie hat 3 Mütter - die Frau ihres Vaters, die im KZ ist, eine Pflegemutter, bei der sie aufwuchs und der sie von der Gestapo entrissen wurde, und eine leibliche "deutsche" Mutter, von der sie bis dahin nichts wusste. Dadurch hat sie mehrere Namen - was bei den Behörden zur Verwechslung führt und ihr schließlich das Leben rettet. Zunächst lebt sie mit den andern Kindern im Heim und ahnt nichts Böses. Die Kinder bleiben von Himmlers Auschwitzerlass, der " Endlösung der Zigeunerfrage", so lange ausgespart, bis die "Rassenforscherin" Eva Justin ihre Doktorarbeit über "das Artfremde" der "Zigeunerkinder" abgeschlossen hat. Dann kommt der Befehl aus dem Reichssicherheitshauptamt: Die Kinder werden aus dem Heim direkt in das Vernichtungslager deportiert. Von 39 Kindern überleben nur vier, darunter Angela. Sie wurde in der Zwischenzeit von den Schwestern auf ihren deutschen Namen umgeschrieben, sehr zu ihrem eigenen Leidwesen, denn die Schwestern betonen ihr gegenüber immer wieder, dass sie "nicht dazugehört". Als von den Kindern Fingerabdrücke genommen werden, hält Angela das für ein Spiel und mogelt sich dazwischen, wird von den Schwestern aber weggeschickt. Und als schließlich der Bus kommt, um die Kinder abzuholen, möchte Angela unbedingt mit auf diesen "schönen Ausflug", der den andern versprochen wurde. Sie versteht nicht, wofür sie bestraft werden soll, warum die Schwestern ihr nicht erlauben, mit den andern mitzufahren. Trotzig entschlossen, ihren Willen durchzusetzen, zieht sie wie die andern Kinder ihre besten Kleider an und mischt sich unter die Gruppe. Eine Schwester zieht sie heraus und gibt ihr die erste Ohrfeige ihres Lebens: "Du gehörst nicht dazu!" Wütend und traurig stapft Angela die Treppen hoch, öffnet das Fenster und schaut traurig in den Hof hinunter. Die Kinder kehren nie zurück.
Autorenporträt
Michail Krausnick, geb. 1943 in Berlin, lebt als freier Autor in Heidelberg. Neben Drehbüchern, Theaterstücken und Kabarett-Texten liegt sein Schwerpunkt bei historischen Sachbüchern und Biografien, Geschichten und Gedichten für Kinder.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2001

Mischling plus
Die Geschichte des „Zigeunerkinds” Angela Reinhardt
Mikadospielen sollten die Kinder, Glasperlen auffädeln, um die Wette Schuhe putzen, Kartoffel lesen oder Äpfel pflücken. Zur Belohnung gab es Brausepulver oder ein Bonbon von der „Lolitschai”, wie sie in der Sprache der Sinti genannt wurde, die „rote Frau”. 1943/44 war sie ins Heim nach Mulfingen gekommen, hatte alle untersucht, alles eingetragen in Tabellen und die Kinder gefilmt beim Kartoffellesen und Wettrennen. Von einigen der Jungen und Mädchen, die die „Rasseforscherin” Eva Justin zu ihren unsinnigen und am Ende tödlichen Leistungsprüfungen heranzog, gibt es deshalb auch Fotos: Wie sie neugierig den Fotografen beobachten, sich arglos der Kamera stellen.
Im Frühjahr 1944 beendete Justin, die nach dem Krieg als Jugendpsychologin der Stadt Frankfurt tätig war, ihre Doktorarbeit über „artfremd erzogene Zigeunerkinder”. Die Kinder aber, nun nicht mehr für rassische Experimente gebraucht, gingen auf Tansport nach Birkenau. 39, von denen vier überlebten – und Angela Reinhardt. Sie, von Justin als „Zigeunermischling (+)” eingestuft, entkam der Deportation. Eine der Schwestern der St. Josephspflege, des Sammellagers für Zigeunermischlinge in Württemberg, hatte Angela mit einer Ohrfeige bewahrt vor diesem „Ausflug”, auf den sich die Kinder doch so gefreut hatten – und auf den der Pfarrer die Jüngsten mit der Notkommunion vorbereitet hatte.
Es war die vorletzte Station einer außergewöhnlichen Rettung, die 1939 mit der Flucht von Angelas Vater, dem Korbflechter Franz Reinhardt, begonnen hatte. Einige Dutzend Sinti-Familien hatten damals, im ersten Kriegswinter, versucht, sich der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entziehen, kampierten in den Wäldern der Schwäbischen Alb. Nein, lustig war es nicht, das Zigeunerleben. Später wurde das Kind von seinem Vater getrennt, kam zu seiner leiblichen Mutter, danach in eines der Übergangsheime, die die Nazis für die Kinder eingerichtet hatten, deren Eltern man verschickt hatte und die nun auf Nachricht warteten.
Die Geschichte der Verfolgung der Sinti und Roma ist, anders als die der Juden, für die Jugendliteratur kaum bearbeitet worden. Michael Krausnick, erfahren als Jugenbuchautor und Kenner der Materie, ist einer der wenigen Autoren, die es versucht haben. Und einer derer, denen das auch gelungen ist, auch mit Auf Wiedersehen im Himmel. Er hält die Balance: gibt die zum Verständnis notwendigen Informationen und kann doch auch mitreißen in seine Geschichte; erzählt sie so, wie sie sich – noch ungeordnet, undurchschaubar, unbegreiflich – für das Kind Angela abspielt, und ordnet sie dennoch historisch ein. Auch sprachlich bewahrt Krausnick die Balance, beschreibt nüchtern, scheinbar leidenschaftslos, was geschieht, ohne Betroffenheitskommentar – und fordert so die Leser heraus, gibt ihnen den Raum, der nötig ist, für Mitleid und Empörung, eigenes Gefühl. Und das besonders zeichnet diese Erzählung aus.
ELISABETH BAUSCHMID
MICHAEL KRAUSNICK: Auf Wiedersehen im Himmel. Die Geschichte der Angela Reinhardt. Elefanten Press 2001. 173 Seiten. 26 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die Verfolgung der Sinti und Roma ist in der Jugendliteratur bisher kaum thematisiert worden, weiß Eilsabeth Bauschmid. Michael Krausnick, ein erfahrener Jugendbuchautor und überdies ein Experte dieses Themas, so die Rezensentin, hat einen Roman über das Mädchen Angela Reinhardt geschrieben, das 1943/44 von der "Rassenforscherin" Eva Justin (die nach dem Krieg für die Stadt Frankfurt als Jugendpsychologin arbeitete) Tests für deren Doktorarbeit unterzogen worden und danach nur knapp dem Tod in Auschwitz entkommen ist, berichtet Bauschmid. Der literarische Report ist dem Autor gelungen, lobt die Rezensentin. Er halte die Balance zwischen wichtigen Informationen und literarischem Erzählen, zwischen nüchternem Bericht und Mitleid und Empörung. Und, das findet Bauschmid besonders ausgezeichnet, er lässt Raum, sich in das Mädchen hineinzuversetzen, ohne mit Betroffenheitskommentaren die Entwicklung eigener Gefühle des Lesers vorwegzunehmen.

© Perlentaucher Medien GmbH