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In einem kleinen Ferienort in den Bergen verliebt sich die New Yorker Architektin Amy in den blinden Masseur Virgil. Der sensible junge Mann hat gelernt, mit seiner Krankheit zu leben, doch Amy will sich nicht mit seinem Schicksal abfinden. Auf ihr Drängen hin unterzieht er sich einer Operation, die ihm tatsächlich sein Augenlicht wiedergibt. Aber sein Weg zurück ins normale Leben wird für beide zu einer dramatischen Bewährungsprobe...
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Produktbeschreibung
In einem kleinen Ferienort in den Bergen verliebt sich die New Yorker Architektin Amy in den blinden Masseur Virgil. Der sensible junge Mann hat gelernt, mit seiner Krankheit zu leben, doch Amy will sich nicht mit seinem Schicksal abfinden. Auf ihr Drängen hin unterzieht er sich einer Operation, die ihm tatsächlich sein Augenlicht wiedergibt. Aber sein Weg zurück ins normale Leben wird für beide zu einer dramatischen Bewährungsprobe...

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.06.1999

Mit ganz anderen Augen
Den Blinden sehen machen: Irwin Winklers Film "Auf den ersten Blick"

Den wirklich guten Filmen, die mehr als einen nur flüchtigen Eindruck hinterlassen, gelingt es, uns die Welt mit anderen Augen sehen zu lassen. Sie zeigen uns Bilder, die noch vor unserem geistigen Auge sind, lange nachdem wir das Kino verlassen haben. Genau diesen Prozeß hat Irwin Winklers "Auf den ersten Blick" zum Gegenstand. Virgil Adamson (Val Kilmer) ist seit frühester Kindheit blind. Die Leinwand in seinem Auge, die Netzhaut, ist seitdem verdunkelt. Durch eine Operation gewinnt sie ihre Eigenschaft, die Außenwelt abbilden zu können, zurück. Mit einem Blick, dem alles neu ist, der weder Trug- noch Spiegelbilder kennt, geht Virgil durch die Welt - und der Film macht sich seine Sicht zu eigen.

Filme über Menschen, die ihr Augenlicht verlieren oder zurückgewinnen, sind immer auch Selbstreflexionen des Kinos. In "Jennifer 8" und "Blink", Filmen, in denen sich Hollywood jüngst mit dem Thema Blindheit beschäftigte, bewegen sich die Protagonistinnen an der Grenze des Sichtbaren. Sie zwingen die männlichen Helden - in beiden Fällen Polizisten -, nach Beweisen jenseits visueller Evidenz zu suchen, Ton-Spuren zu folgen, sich heranzutasten an die Mörder und nahende Gefahren zu wittern. Während diese Filme das Sensorium des Thrillers erweiterten und verfeinerten, läßt sich "Auf den ersten Blick", basierend auf einer wahren Geschichte, auch beim zweiten Hinsehen schwer einem Genre zuordnen. Die Bedrohung erwächst aus der ganz normalen Wirklichkeit, die gleißend auf den Helden einstürmt. Hilfe und Schutz bietet diesmal eine Frau: Amy Benic (Mira Sorvino), die sich in Virgil verliebt hat.

Zu Beginn sitzt sie im Auto und studiert auf der Suche nach ihrem Hotel eine Straßenkarte: Sie hat sich verfahren. Da blickt sie hinaus aus dem Fenster und sieht Virgil, der in der einsetzenden Dunkelheit Schlittschuh fährt. Über die Orientierung, die ihr in diesem Moment fehlt, verfügt er blind. Bei der zweiten Begegnung der beiden betritt Amy einen Raum und sieht Virgil nur schemenhaft hinter einer Milchglasscheibe: Er arbeitet als Masseur im Hotel. Sie zieht sich aus und legt sich auf die Liege. Seine Finger ertasten mit einer traumwandlerischen Sicherheit, die vielleicht nur jemand besitzen kann, der nichts sieht, jede Verspannung ihres Körpers. Da Amy auf dem Bauch liegt, hört sie während der gesamten Szene nur Virgils Stimme und sieht ihn nie.

Erst bei der dritten Begegnung erfährt Amy, daß der Mann, den sie gesehen hat, und der, den sie gehört und gefühlt hat, ein und diesselbe Person sind. Sie unterhalten sich, flirten miteinander, und erst als sie sich verabschieden, erkennt sie, daß er blind ist. An jener der beiden Hauptfiguren, die perfekt sehen kann, bereitet der Film uns gleich zu Beginn auf das Problem vor, mit dem Virgil nach seiner Operation am meisten zu kämpfen haben wird: Er muß mühevoll lernen, die visuellen mit seinen anderen Sinneseindrücken zu verknüpfen. "Auf den ersten Blick" führt uns vor Augen, daß Sehen nicht nur ein mechanischer, sondern ein hochkomplexer physiologischer und psychologischer Vorgang ist.

Ein Film, der sich mit Blindheit beschäftigt, muß nicht nur viel zeigen, sondern möglicherweise noch mehr verbergen. Als Amy und Virgil die Hauptstraße des Dorfes entlanggehen, in dem er aufgewachsen ist und jeden Stein zu kennen scheint, bleibt er plötzlich stehen. Sie sollten nun unkehren, meint er. Sie fragt, was denn am anderen Ende der Straße sei. Nichts, erwidert er. Nun weiß Amy, daß Virgil noch nie in seinem Leben weiter gegangen ist. Sie fängt an, ihm zu beschreiben, was sie sieht. Die Kamera verweilt sehr lange auf den Gesichtern der beiden, der Schnitt in den Gegenschuß, der uns das Ende der Straße zeigt, wird hinausgezögert. Immer wieder gibt es diese Momente, in denen der Film unserer Phantasie vor dem Augenschein den Vortritt läßt. Als Amy sich vor Virgils Augen auszieht, voller Scham, obwohl die beiden schon oft miteinander geschlafen haben, weil sie Angst hat, der Anblick ihres Körpers würde ihn enttäuschen, dann teilt eine spanische Wand das Bild: Wir sehen nur als Schattenriß, wie sie sich entkleidet.

"Auf den ersten Blick" bewahrt den Respekt vor der Intimsphäre seiner Figuren. In einer früheren Szene erzählt Amy Virgil von einem Sonnenuntergang, den sie als Kind gesehen habe. Damals wollte sie loslaufen, in der Hoffnung, dem Horizont immer näher zu kommen. Mit dieser Geschichte weckt sie in Virgil den Wunsch, eines Tages einen Sonnenuntergang sehen zu können - gewiß eines der verbrauchtesten Bilder, die es diesseits und jenseits des Kinos gibt. Am Ende sitzt Virgil auf der Veranda, und das rötliche Licht der Sonne fällt in sein Gesicht. Doch es folgt kein Gegenschuß in eine Einstellung, die uns zeigt, was er sieht. "Auf den ersten Blick" wahrt die Grenze, an der aus dem schönen Traum dieser Figur purer Kitsch für den Zuschauer wird.

LARS-OLAV BEIER

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