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Cholon, nahe Tel Aviv: Ein 16-jähriger Junge ist spurlos verschwunden. Inspektor Avi Avraham glaubt zunächst nicht an ein Verbrechen, doch von Ofer fehlt jede Spur, und daran ändert sich auch in den folgenden Tagen nichts. Außer einem aufdringlichen Lehrer, der im gleichen Haus wie Ofer wohnt und ihm einst Nachhilfestunden gegeben hat, scheint niemand etwas zu wissen. Doch dann kommen plötzlich Briefe, Briefe des vermissten Jungen. Ein fesselnder und höchst beunruhigender Kriminalroman aus Israel, der eine zutiefst verstörende Normalität schildert.

Produktbeschreibung
Cholon, nahe Tel Aviv: Ein 16-jähriger Junge ist spurlos verschwunden. Inspektor Avi Avraham glaubt zunächst nicht an ein Verbrechen, doch von Ofer fehlt jede Spur, und daran ändert sich auch in den folgenden Tagen nichts. Außer einem aufdringlichen Lehrer, der im gleichen Haus wie Ofer wohnt und ihm einst Nachhilfestunden gegeben hat, scheint niemand etwas zu wissen. Doch dann kommen plötzlich Briefe, Briefe des vermissten Jungen. Ein fesselnder und höchst beunruhigender Kriminalroman aus Israel, der eine zutiefst verstörende Normalität schildert.
Autorenporträt
Mishani, DrorDror Mishani ist Literaturprofessor in Jerusalem, spezialisiert auf die Geschichte der Kriminalliteratur. Bei Zsolnay erschienen Vermisst (2013), sein erster Roman und der erste in einer Reihe rund um Inspektor Avi Avraham, 2015 der zweite Fall, Die Möglichkeit eines Verbrechens. Die schwere Hand ist der dritte Band der Reihe.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wohlwollend, aber ohne rechte Begeisterung bespricht Hannes Hintermeier diesen Krimi des israelischen Literaturwissenschaftlers Dror Mishani. Der erzählt die Geschichte des Kommissars Avi Avraham, der im Fall eines vermissten Jungen ermittelt und dabei den Spuren, die sich ihm aufdrängen, eher nicht nachgeht. Hintermeier warnt davor, dass Mishani "unaufgeregt" erzählt, die Handlung sich recht gemächlich dahinschleppt und die Polizeiarbeit kaum den Rahmen des "normalen Seelendramas" verlässt. Positiv rechnet er dem Autor allerdings die "Metaebene" an, auf der der belesene Lektor seinen Fall mit der Geschichte des Kriminalromans kurzschließt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2013

Auch Praktiker irren sich

Ein Grübler vor dem Herrn, der Agatha Christie widerlegt: Der Israeli Dror Mishani stellt in seinem Krimidebüt "Vermisst" den Ermittler Avi Avraham vor.

Es gibt bei uns keine Serienmörder, keine Entführungen und so gut wie keine Sexualstraftäter, die auf der Straße über Frauen herfallen. Wenn bei uns ein Verbrechen begangen wird, dann war es in der Regel der Nachbar oder der Onkel oder der Großvater, und es braucht keine komplizierte Ermittlung, um den Täter zu finden und das Geheimnis zu lüften. Einen großen Unbekannten gibt es bei uns nicht." Das erklärt gleich auf der zweiten Seite des Romans "Vermisst" die Hauptfigur, Inspektor Avraham Avraham, genannt "Avi", einer Mutter, die soeben ihren sechzehnjährigen Sohn Ofer als vermisst gemeldet hat. Avi spielt - wie bei solchen Anzeigen üblich - zunächst auf Zeit. Das wird ihn später einholen.

Dror Mishani legt in seinem Debüt zügig die Schlinge aus, die sich im Verlauf der Ermittlung über mehreren Verdächtigen zuziehen wird und am Ende womöglich dennoch über dem falschen Hals liegt. Der Autor, Jahrgang 1975, ist ein auf Kriminalliteratur spezialisierter Literaturwissenschaftler, der in Tel Aviv als Lektor für den großen Publikumsverlag Keter Publishing arbeitet. Jetzt soll er in die internationale Krimiwelt vorstoßen - sein Buch wurde in fünfzehn Länder verkauft. Nicht von ungefähr hat Mishanis Ermittler ein Metaebenen-Hobby: Avi widerlegt berühmte Kriminalautoren aus der Sicht des Praktikers; er gibt vor, erklären zu können, wo Agatha Christie und ihren Kollegen Fehler unterlaufen.

Im Fall des vermissten Ofer passiert zunächst kaum etwas. Niemand hat etwas gesehen oder gehört. Die Klinkenputzerei der Polizei führt stadtplangenau in die Straßen der Industriestadt Cholon, die eine Stecknadel auf der Weltkrimikarte bekommt. Deutsche Partnerstädte sind der Bezirk Berlin-Mitte und Hannoversch Münden (Achtung, örtliche Buchhändler: Das Buch in die Schaufenster!).

Ofer war unauffällig bis introvertiert, die Eltern sind es auf den ersten Blick auch. Die Mutter kümmert sich um ihre vierzehnjährige behinderte Tochter, mit einem Nachzögling von fünf Jahren hatte der Vermisste wenig am Hut. Der Vater fährt als Ingenieur auf kleinen Handelsschiffen im Mittelmeer. Ziemlich nah stand dem Halbwüchsigen offenkundig sein Nachhilfelehrer Seev Avni, der mit Frau und einjährigem Sohn im selben Haus wohnt und eigentlich Schriftsteller werden will. Er drängt sich dem Inspektor nachgerade auf, was dieser zunächst falsch einschätzt. Ein anonymer Hinweis auf den Fundort der Leiche entpuppt sich als Irreführung der Behörden. Dann verliert der Lehrer, befeuert von einem Kurs in Creative Writing, endgültig die Kontrolle über sein Ego. Er schreibt in Ofers Namen Briefe an die Eltern, in denen er mit diesen abrechnet.

Avraham weilt zu dieser Zeit bei einer Fortbildung in Brüssel und fürchtet nichts mehr, als dass man ihm den Fall abnimmt. Immerhin lernt er dort eine Polizistin kennen, die seinem Leben eine nötige Wendung geben wird. Denn Avi ist ein Einzelgänger, der zu viel raucht und auch dann noch Polizist ist, wenn er nicht Polizist ist. Seine Eltern bevormunden ihn, so gut es eben geht; sein Kühlschrank ist immer leer, jeden Abend überlegt er, was er sich zum Essen kaufen will. Avi durchlebt die Tristesse dieses Daseins in der von Wüste umgebenen Betonstadt; und er hasst die Konkurrenz der Ermittler, die unter Anleitung von Avis beruflicher Ziehmutter Ilana alternative Ermittlungsstrategien suchen.

Es ist kein geschöntes Bild, das Dror Mishani hier zeichnet, sondern das eines gewöhnlichen Alltagsdaseins, in dem politische und religiöse Fragestellungen keine zentrale Rolle zu spielen scheinen. Aber die Stadt spielt eine Rolle, ebenso wie das graue, gedrungene Polizeirevier im Ayalon-Distrikt, das ein Sinnbild ist für alles, "was an Cholon hässlich" ist: "Es fehlte jeder Funken von Anmut. Ein typisches Gebäude für eine Stadt, deren Einwohner sich vom Leben nichts anderes erhofften als das bloße Überleben."

Zunächst schleppt sich mit dem Stillstand in den Ermittlungen auch die gefühlte Lesezeit dahin. Dass die ausgelegten Fährten falsch sein müssen, wird der versierte Krimileser umstandslos erkennen. Der Stil ist unaufgeregt, erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, aber in Maßen eingesetzt. Keine falsche Coolness, keine Waffen, keine Agentenakrobatik, keine Drohnen oder Cliffhanger - ein ganz normales Seelendrama und die Zumutungen der Polizeiarbeit. Das muss kein Nachteil sein: Wie intelligent der Autor den offiziell gelösten Fall wieder aufschnürt, das lässt hoffen. Es folgen nämlich nach dem Geständnis weitere vierzig Seiten, in denen Avis am Beginn des Falls der Mutter gegenüber vertretene These auf abgründige Weise belegt wird.

Sie kreisen um die ewige Frage, dass sich Ermittlungsergebnis und tatsächlicher Tatverlauf keineswegs decken müssen. "Aber so etwas kommt nicht im wirklichen Leben vor", sagt Avi, "und hoffte, er irrte sich." Dem zweiten Fall dieses Grüblers kann man gespannt entgegensehen.

HANNES HINTERMEIER

Dror Mishani: "Vermisst". Avi Avraham ermittelt. Roman.

Aus dem Hebräischen von Markus Lemke. Zsolnay Verlag, Wien 2013. 351 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Jede noch so abseitige Subgeschichte dient einem dramaturgischen Sinn, jedes Gewehr, das zu Beginn der Suche nach Ofer an der Wand hängt, geht - getreu der alten Tschechow'schen Grundregel - irgendwann los. Man kommt schwer los von diesem Buch. Es ist sehr eigenwillig. ... Israel ist - acht Jahre nach dem Tod von Batya Gur - wieder da auf der Landkarte der Kriminalliteratur." Elmar Krekeler, Die Welt, 26.07.13

"In der Fülle von drastischen Serienmörder-Krimis ist 'Vermisst' ein angenehm stiller und trotzdem spannender Kontrapunkt." Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau, 31.07.13

"Very sophisticated. Ein vielversprechendes Debüt." Tobias Gohlis, Die Zeit, 01.08.13

"Ein überzeugendes Debüt zum immer wieder gruseligen Thema Familie. Möge uns Inspektor Avraham lange erhalten bleiben." Ingeborg Sperl, Der Standard, 03.08.13

"Ein konzentrierter Blick auf den israelischen Alltag in Dogma-Manier, ein raffinierter Rätselkrimi mit doppeltem Boden - und zugleicheine listige Reflexion über die Möglichkeiten von Erkenntnis überhaupt." Ulrich Noller, WDR, 07.08.13