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Zu Charles Dickens' berühmten Weihnachtserzählungen gehört auch die Erzählung "Die Silvesterglocken". Wie "Ein Weihnachtslied" eine weihnachtliche Geistergeschichte ist, so geistert es auch in der Geschichte der Silvesterglocken. Als habe sich's Dickens zur Aufgabe gemacht, die Unvollkommenheiten dieser Welt aufs allernachdrücklichste zur Schau zu stellen, damit die Welt sich bessere, so bedient er sich aller Mittel, und seien sie von der Art der Geister. Im "Weihnachtslied" geht es um die personengewordene Herzlosigkeit, um den Geizhals Scrooge, der jedoch in der Weihnachtsnacht zu einem…mehr

Produktbeschreibung
Zu Charles Dickens' berühmten Weihnachtserzählungen gehört auch die Erzählung "Die Silvesterglocken". Wie "Ein Weihnachtslied" eine weihnachtliche Geistergeschichte ist, so geistert es auch in der Geschichte der Silvesterglocken. Als habe sich's Dickens zur Aufgabe gemacht, die Unvollkommenheiten dieser Welt aufs allernachdrücklichste zur Schau zu stellen, damit die Welt sich bessere, so bedient er sich aller Mittel, und seien sie von der Art der Geister. Im "Weihnachtslied" geht es um die personengewordene Herzlosigkeit, um den Geizhals Scrooge, der jedoch in der Weihnachtsnacht zu einem gütigen, hilfsbereiten Menschen wird. Hier geht es um die Armen, deren Elend keines Reichen Herz bewegt. So auch hat der Dienstmann Toby Veck samt Tochter Meg ein überaus hartes, das heißt hungriges Leben. Die Glocken der Kirche hoch oben im Turm nennt er seine Freunde; sie lassen sich vernehmen, wenn er vergeblich auf Arbeit wartet. In der Silvesternacht allerdings suchen sie ihn heim mit Traumgespinsten. Tot ist Toby Veck, und die Jahre sind vergangen. Er, der nun ein Geist geworden ist, sieht, was sich, seitdem er lebte, verändert hat. Seine damals so ungeduldig auf das Glück mit Richard wartende Tochter ist alt geworden. Richard ist verkommen, ein Trinker. Nichts hat sich geändert, die Trübsal ist geblieben. Da wacht Toby Veck auf - war das alles nur ein Traum und er ein Träumer, der eben erwacht? "Sollte dies so sein, lieber Leser, dann präge die bösen Wirklichkeiten aus denen diese Schatten entspringen, Deiner Seele ein..."
Autorenporträt
Charles Dickens wurde am 7. Februar 1812 in Landport, England als zweites von acht Kindern geboren. Er wuchs in ärmlichen Familienverhältnissen auf und lernte schon früh die Erfahrung von Hunger und Not kennen, als der Vater in Schuldhaft kam. Charles mußte für die Versorgung der Familie aufkommen und arbeitete, wie zahlreiche andere Kinder auch, in einer Lagerhalle und als Hilfsarbeiter in einer Fabrik. Nachdem die widrigsten Zeiten überstanden waren, setzte er mit vierzehn Jahren seinen Schulbesuch fort und arbeitete später als Schreiber bei einem Rechtsanwalt und als Zeitungsjournalist. Mit seiner Skizzensammlung Sketches by Boz (1836) und The Pickwick Papers (1837) hatte Dickens überraschend Erfolg und wurde schnell zu einem der bekanntesten Autoren Englands. Später erlangte er auch große Bekanntheit in den USA. Dickens erste Romane erschienen alle als Fortsetzungsgeschichten in Zeitungen, so auch eines seiner bekanntesten Werke, Oliver Twist (1837). Dickens war Herausgeber der Tageszeitung Daily News und der Zeitschrift Household Words. Neben der Schriftstellerei verdiente er sich sein Geld mit Lese- und Vortragsreisen in England und den USA. A Christmas Carol (1843), gehörte dabei zu seinem festen Leseprogramm. Charles Dickens starb am 9. Juni 1870 in Kent.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2014

Der letzte Atem
Charles Dickens: "Die Silvesterglocken"

Da ist jemand im Haus. Hört ihr ihn nicht? In der letzten Nacht des Jahres hat er sich herangeschlichen, hat das Gebäude stöhnend umkreist, um irgendeine Spalte aufzuspüren, durch die er sich hineinpfeifen kann. Nun ist er hier. Hört ihr nicht, wie sein Atem geht?

Was für ein unheimlicher Eindringling! Er winselt und heult, schleicht durch die Schiffe, huscht um die Pfeiler. Verstohlen drückt er sich an der Wand entlang, als wolle er dort die Inschriften lesen, die den Toten geweiht sind. Vor einigen bricht er in schrilles Gelächter aus, vor anderen ächzt und schluchzt er wie in großem Schmerz. Nun singt er in wilder Weise vor dem Altar. Hu, der Himmel bewahre uns, die wir so gemächlich ums Feuer sitzen!

Der unheimliche Eindringling ist der Nachtwind, den Charles Dickens zu Beginn seiner Erzählung "Die Silvesterglocken" in eine Kirche schickt, als wollte er seine Leser in ein schreckliches Geheimnis einweihen: Ihr seid nicht allein im Hause Gottes. Da sind noch andere Kräfte zugegen. In der letzten Nacht des Jahres sollt ihr sie kennenlernen.

Jeder kennt die Geschichte von Ebenezer Scrooge, dem Geizhals aus Dickens' berühmter Weihnachtserzählung. Aber wer kennt Toby Veck, den armen Dienstmann, der sich im Laufe seines mühseligen Lebens eine unterwürfige, eilfertig trabende Gangart angewöhnt hat, der den Spitznamen Trotty verdankt? Trotty ist eine geschundene Kreatur, ein Tagelöhner, der von morgens bis abends vor der Kirchentür auf kleine Aufträge wartet und dabei den Glocken über ihm lauscht. Ihr Klang gibt ihm Kraft und Zuversicht. Trotty ist der englische Vetter des hessischen Woyzeck, eine auf Zuruf lostrabende Kreatur, die nur eine Aufgabe im Leben kennt: dienstbar zu sein. Beide sind philosophische Köpfe, und die Frage, die Trotty quält, hätte auch Woyzeck stellen Ist da etwas Gutes in uns, oder wird der Mensch schlecht geboren, um sein Leben lang schlecht zu bleiben?

Büchner lässt seinen Woyzeck in den Wahnsinn gleiten, Dickens schickt Trotty Veck die Geister der Glocken. Sie begleiten den armen Dienstmann besuchsweise in jene Hölle, in der jeder auf Erden lebt, der aufgehört hat, an das Gute im Menschen zu glauben. "Die Silvesterglocken", 1913 in der Übersetzung von Leo Feld in der Insel-Bücherei erschienen und dort jetzt wieder aufgelegt, sind ein milieu- und moralpralles Schauermärchen, typisch Dickens, wie in Pudding gemeißelt. Aber unter der dicken Pathoszuckerkruste blitzt ab und an die kleine revolutionäre Silvesternachtsehnsucht auf: dass mit dem alten Jahr auch die alten Verhältnisse krachend und funkensprühend zu Ende gehen mögen.

igl

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