Der schärfste Familienroman des Jahres ...
Die Großmutter schmiedet Mordpläne und erzählt diese, verpackt als Gute-Nacht-Geschichte, ihrem Enkel. Als der Großvater Jahre später tatsächlich stirbt, erfährt der Enkel, dass der Verstorbene gar nicht sein leiblicher Opa war und dass sein Vater einst seine Mutter mit seiner Großmutter betrog und die Frucht dieser Liaison seine Halbschwester ist, mit der er eine Affäre beginnt, obwohl sie eine Liebschaft zu ihrem eigenen Vater pflegt, was den Enkel wiederum nicht davon abhält, seine Großmutter zu schwängern, die das Kind später als das Kind ihres neuen Liebhabers ausgibt. Alles bleibt in der Familie ...
Die Großmutter schmiedet Mordpläne und erzählt diese, verpackt als Gute-Nacht-Geschichte, ihrem Enkel. Als der Großvater Jahre später tatsächlich stirbt, erfährt der Enkel, dass der Verstorbene gar nicht sein leiblicher Opa war und dass sein Vater einst seine Mutter mit seiner Großmutter betrog und die Frucht dieser Liaison seine Halbschwester ist, mit der er eine Affäre beginnt, obwohl sie eine Liebschaft zu ihrem eigenen Vater pflegt, was den Enkel wiederum nicht davon abhält, seine Großmutter zu schwängern, die das Kind später als das Kind ihres neuen Liebhabers ausgibt. Alles bleibt in der Familie ...
»Ein fulminantes Debüt.« Florian Illies, Die Zeit
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2011Familienspiele
Wer verwickelte Familiengeschichten mag, ist mit dem Romandebüt von Steven Uhly zunächst gut bedient. Zwischen derben Stellen kann man mitunter sogar schmunzeln, wenn man nicht mehr durchblickt, wer mit wem welches Kind gezeugt hat. Der Erzähler selbst, ein Schelm auf Schürzenjagd, hat seine liebe Mühe, Halbtante von Halbschwester zu unterscheiden. Doch es stehen in diesem Buch auch Sätze, die an etwas anderes rühren als sexuelle und sittliche Tabus. Da sagt etwa die Großmutter der Hauptfigur: "Weißt du, Opa fand meinen dicken Bauch sehr anziehend, wir spielten oft Flüchtlingsfrau und Rotarmist. Es war eine schöne Zeit." Nun kann man durchaus fordern, dass Literatur das Außergewöhnliche zeigen soll. Sie kann mitunter auch zeigen, dass das Lustempfinden der Menschen sich nicht an Normen hält. Aber auf keinen Fall sollte sie, um einer anstößigen Pointe willen das Schicksal vergewaltigter Frauen am Ende des Zweiten Weltkriegs als etwas Schönes, womöglich Selbstgewolltes und sogar Genossenes darstellen. Auch wenn solche Sätze von womöglich unzurechnungsfähigen Figuren gesagt werden oder unter dem Vorbehalt erzählerischer Unzuverlässigkeit stehen, verfehlen sie doch ihre Wirkung nicht, die am Ende das ganze Unternehmen in ein ungutes Licht rücken. (Steven Uhly: "Mein Leben in Aspik". Roman. Secession Verlag, Zürich 2010. 264 S., geb., 22,95 [Euro].) wiel
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wer verwickelte Familiengeschichten mag, ist mit dem Romandebüt von Steven Uhly zunächst gut bedient. Zwischen derben Stellen kann man mitunter sogar schmunzeln, wenn man nicht mehr durchblickt, wer mit wem welches Kind gezeugt hat. Der Erzähler selbst, ein Schelm auf Schürzenjagd, hat seine liebe Mühe, Halbtante von Halbschwester zu unterscheiden. Doch es stehen in diesem Buch auch Sätze, die an etwas anderes rühren als sexuelle und sittliche Tabus. Da sagt etwa die Großmutter der Hauptfigur: "Weißt du, Opa fand meinen dicken Bauch sehr anziehend, wir spielten oft Flüchtlingsfrau und Rotarmist. Es war eine schöne Zeit." Nun kann man durchaus fordern, dass Literatur das Außergewöhnliche zeigen soll. Sie kann mitunter auch zeigen, dass das Lustempfinden der Menschen sich nicht an Normen hält. Aber auf keinen Fall sollte sie, um einer anstößigen Pointe willen das Schicksal vergewaltigter Frauen am Ende des Zweiten Weltkriegs als etwas Schönes, womöglich Selbstgewolltes und sogar Genossenes darstellen. Auch wenn solche Sätze von womöglich unzurechnungsfähigen Figuren gesagt werden oder unter dem Vorbehalt erzählerischer Unzuverlässigkeit stehen, verfehlen sie doch ihre Wirkung nicht, die am Ende das ganze Unternehmen in ein ungutes Licht rücken. (Steven Uhly: "Mein Leben in Aspik". Roman. Secession Verlag, Zürich 2010. 264 S., geb., 22,95 [Euro].) wiel
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Als "irrwitzigen Barock-Poetry-Slam" feiert Florian Illies dieses fulminante Romandebüt, dessen Lektüre ihn einige Stunden lang durch ein "waghalsiges Spiel aus Wahrheiten und Täuschungen" geführt hat. Selten habe es in den letzten Jahren so viel Spaß gemacht, auf einen Autor hereinzufallen. Oberflächlich betrachtet handele es sich um eine Familiengeschichte. Doch während die Handlung im Höllentempo auf verschiedene Metaebenen hochjage, eine Oma von ihrem Enkel ein Kind bekomme, der Opa hinter seiner jüdischen Identität eine Mörderbiografie verberge und anderweitiger Aberwitz den Leser gelegentlich aus der Bahn zu werfen droht, führt diese Slapstick-Komödie den begeisterten Kritiker schließlich ins "dunkle Herz der Bundesrepublik". Ein Buch, das Illies nicht nur als Kommentar zu den "gegenwärtigen psychologisches Aufarbeitungsversuchen" der Flakhelfer-Generation lesen kann, sondern dessen Qualität er vor allem in der Lust des Autors an der "nackten Wahrheit" und einer ungeheuren Komik sieht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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