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4 Kundenbewertungen

»Bestimmt gibt es auch eine Zeit für das Privatleben. Frau. Kind. Später. Ich war erst 31. Zwischen dreißig und vierzig muss man brennen.«Ein junger Banker, auf dem Sprung zur großen Karriere. Eine Literaturübersetzerin, auf der Flucht vor dem schön eingerichteten Leben mit Weinklimaschrank und Salzmühle mit Peugeotmahlwerk. Ein international gefeierter Schriftsteller mit Schreibblockade und Altersangst. Drei Menschen, die sich unversehens in abenteuerlicher Abhängigkeit befinden. Wie konnte es dazu kommen?Eine Bank, ein Leben ist schnell ruiniert. Das ist das Erschreckende, aber auch das…mehr

Produktbeschreibung
»Bestimmt gibt es auch eine Zeit für das Privatleben. Frau. Kind. Später. Ich war erst 31. Zwischen dreißig und vierzig muss man brennen.«Ein junger Banker, auf dem Sprung zur großen Karriere. Eine Literaturübersetzerin, auf der Flucht vor dem schön eingerichteten Leben mit Weinklimaschrank und Salzmühle mit Peugeotmahlwerk. Ein international gefeierter Schriftsteller mit Schreibblockade und Altersangst. Drei Menschen, die sich unversehens in abenteuerlicher Abhängigkeit befinden. Wie konnte es dazu kommen?Eine Bank, ein Leben ist schnell ruiniert. Das ist das Erschreckende, aber auch das Komische an diesem Roman, der mit großer Leichtigkeit von unheimlichen Zeiten erzählt.
Autorenporträt
Kristof Magnusson, geboren 1976 in Hamburg, machte eine Ausbildung zum Kirchenmusiker, arbeitete in der Obdachlosenhilfe in New York, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Er schreibt Romane, Theaterstücke und übersetzt aus dem Isländischen. Er lebt in Berlin. Bei Kunstmann sind von Kristof Magnusson erschienen "Das war ich nicht" und "Arztroman".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.01.2010

Für eine Handvoll Erdnüsse mehr

Sein und Haben: In seinem famosen zweiten Roman "Das war ich nicht" sieht Kristof Magnusson die Krisen des globalen Finanzmarktes kommen und gehen.

Von Irene Bazinger

Wer hätte in den letzten Jahren nicht ein bisschen den Überblick verloren bei all den Immobilien-, Devisen-, Finanzmarkt-, Weltwirtschaftskrisen? Den Aktien- und Kunstmarktblasen, die zum Beispiel der Milliardenbetrüger Bernard Madoff oder der kapriziöse Kunsthändler Charles Saatchi steigen ließen? Und dann war da noch Nick Leeson, jener skandalumwitterte Vorbote all dieser Katastrophen, ein Bürschchen von knapp dreißig Jahren mit vorgeblich goldenen Händen, der an der Börse von Singapur erst für enorme Gewinne und alsbald für enorme Einbußen sorgte. Der skrupellos gierige Börsenmakler trieb die ehrwürdige Londoner Barings Bank mit Fehlspekulationen und einem Minus von über einer Milliarde Dollar in den Ruin. Als der Schwindel 1995 aufflog, floh er und wurde auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen. An seinem Arbeitsplatz fand man einen Zettel mit den Worten: "Es tut mir leid."

Ähnlich lapidar klingt der Titel des zweiten Romans von Kristof Magnusson, "Das war ich nicht". Ohne jeden Hauch von Doku-Drama wirkt das Buch auf intelligente Art ein wenig wie von Leesons Aufstieg und Fall inspiriert - durch die strukturellen Analogien, die rein auf Profitmaximierung orientierte Finanzsysteme verbinden, und durch das Verhalten ihrer Angestellten, die sich der Kapitalbranche mit Tricks und Tücken zugunsten ihrer Bonuszahlungen und ihrer Dienstherren zu bedienen wissen. Diese Geschäftswelt mit ihrem rigiden Werteraster ist mehr als eine Folie, vor der Kristof Magnusson seine Protagonisten in Bewegung setzt. Sie evoziert stets eine komplexe Kraft, die die Menschen herausfordert und gegen die sie sich notfalls wehren müssen.

Disparate Elemente stützten bereits in seinem ersten Roman, "Zuhause" (2005), das Handlungsgerüst. Darin verschränkte der 1976 in Hamburg geborene, deutsch-isländische Autor so geschickt wie amüsant heutiges popkulturelles Lebensgefühl mit uralten skandinavischen Mythen, um seine ansonsten versteckt fremdelnden Figuren hin und wieder vorsichtig heimisch werden zu lassen. Magnusson hat ein hervorragendes Gespür für unterschiedliche soziale Milieus und vermag sie mit ihren oftmals kauzigen, warmherzig genau gezeichneten Repräsentanten plastisch darzustellen. Auch in seinen Theaterstücken, etwa den Komödien "Der totale Kick" (2001) oder "Männerhort" (2003), führt er die Personen gern aufs spaßig-geistvoll verschachtelte Glatteis und lässt das Publikum lieber mit ihnen statt über sie lachen. Als Komödiant ist Magnusson ein Menschenfreund, als Satiriker ein Sympathisant, als Schriftsteller ein entspannt-treffsicherer Wahrscheinlichkeitsrechner.

Die Hürde des zweiten Romans, an der bekanntlich schon viele talentierte Debütanten scheiterten, meistert er nicht nur souverän, er beeindruckt überdies durch seine künstlerische Weiterentwicklung. Thematisch beweist der ausgebildete Kirchenmusiker ein gutes Gehör für aktuelle Zeitströmungen: "Das war ich nicht" dachte er sich vor der Finanzmarktkrise und vor der Insolvenz von Lehman Brothers oder Arcandor aus. Doch selbst nach diesen öffentlich gewordenen ökonomischen Debakeln kann das Buch seine solid recherchierte und gekonnt aufbereitete Substanz behaupten. Es erhellt die für Laien kaum verständlichen wirtschaftlichen Vorgänge nicht bloß, sondern schildert sie derart spannend, lustig und leicht, dass die abstrakten Ziffern- und Zahlenkolonnen, die als Synonyme für das ewige Kaufen und Verkaufen, Handeln und Wandeln über die Monitore der Händler laufen, eine sinnliche Dimension von Reichtum und Macht entfalten: Der ganz legale Börsenhandel entpuppt sich auf nachvollziehbare Weise als das suchterzeugende Hasardspiel, das er vermutlich unter anderem auch ist.

Ein Defizit von ein paar hundert Millionen Dollar, die ein einfacher Trader seiner Bank und deren Kunden beschert? "Man soll ja nicht Peanuts sagen, aber im Grunde genommen war es das." Mit dieser unsentimentalen Einstellung hat es der junge Jasper Lüdemann aus Bochum nach dem Mathematikstudium in den Händlersaal einer renommierten Investmentbank in Chicago geschafft. Berauscht von seiner vermeintlichen beruflichen Omnipotenz, gerät er dort beim Versuch, unerlaubte Gewinne zu waschen, in einen ungeheuerlichen Strudel, der zu einem Minus von sechs Milliarden Dollar und natürlich zum vorläufigen Ende seiner hoffnungsvollen Karriere führt.

Just bei seinem Geldinstitut hat der homosexuelle Bestsellerautor Henry LaMarck ein Konto. Die Tantiemen fließen zwar, jedoch hat er wegen einer Schreibblockade keine Zeile seines groß angekündigten neuen Werks verfasst. Plötzlich entdeckt er in seiner Zeitung ein Foto von Jasper und verknallt sich in den smarten "Business-Boy", der gern ein "Master of the Universe" (Tom Wolfe) werden möchte - und dessen Attraktivität wohl darauf beruht, dass man ihm anmerkt, niemals die dafür nötige Rücksichtslosigkeit und Niedertracht aufbringen zu können.

Währenddessen ist LaMarcks deutsche Übersetzerin Meike nach Chicago gereist, um herauszukriegen, wo der neue Schmöker bleibt. Denn wenn er nicht endlich herauskommt und ihr Übersetzungsauftrag platzt, ist sie pleite. Aus dem Blickwinkel dieser drei Personen, die einander nie getroffen haben, am Schluss indes gemeinsam in einem Hamburger Gartenlokal fröhlich Sekt trinken, erzählt Kristof Magnusson einerseits vom abenteuerlichen Universum der kommerziellen Global Players und andererseits von etwas Altmodischem wie der Liebe - wenn auch in Zeiten der Rezession. Einsam und immer verzweifelter irren sie durch ein winterkaltes Chicago, begegnen sich fast, missverstehen einander, falls sie sich zufällig sehen, verletzen und verlieren sich.

Die perspektivisch wechselnden, jeweils in der Ich-Form gehaltenen Szenen sind so humorvoll und beschwingt zusammengefügt, als wäre ihre Matrix eine famose Boulevardkomödie, in der sich die Türen in tollem Tempo zu einem Fest von Geben und Nehmen öffnen und schließen: Sie klappern nicht, sie lassen bitten.

Egal ob Frau oder Mann, arm oder reich, alt oder jung, Magnussons Lucky Losers riskieren Kopf und Kragen, um ihr Glück zu machen - und schauen mit vor Staunen wie vor Schreck aufgerissenen Augen in eine unkalkulierbare Welt, die ihnen trotz der Dominanz von Erfolg, Profit und des Rechts des Stärkeren tatsächlich noch eine Chance gibt. Allerdings haben sie zu diesem Zeitpunkt nahezu alles verloren - und bereuen es nicht. Das nonchalante Happy End dämpft die materiellen Schäden, aber nicht die Erkenntnis ab, dass viel haben nicht unbedingt bedeutet, viel zu sein.

Kristof Magnussons "Das war ich nicht" fesselt bis zuletzt mit einer überaus witzigen, klug komponierten Geschichte und raffiniert glaubwürdigen Figuren. Dieser Roman über die Paradigmen des Kapitalismus samt den Generalthemen seiner Krisen überzeugt als hinreißend vergnüglicher, gänzlich unangestrengter Exkurs über den Verlust ideologischer Illusionen und materieller Irrläufer, die wie ein angemessener Preis für die Lust am menschlichen Maß und die Unbeschwertheit des Lebens erscheinen.

Kristof Magnusson: "Das war ich nicht". Roman. Verlag Antje Kunstmann, München 2010. 282 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.12.2010

Manchmal muss
man brennen
Wie eine Bank fällt
Als Anfang dieses Jahres Kristof Magnussons Roman „Das war ich nicht“ erschien, da freuten sich viele über das Buch zur Krise. Schließlich gibt es in dieser Dreiecksgeschichte zwischen Norddeutschland und Chicago einiges an Finanzmarkt-Turbulenzen. Dennoch wäre es zutreffender, von der Krise zum Roman zu sprechen. Magnusson hatte mit den Recherchen und dem Schreiben immerhin begonnen, als die meisten von uns noch gefragt hätten: Lehmann-Brüder? Wo trifft man die denn?
Die flotte Lesung des Romans nun erlaubt einen zweiten, weniger aufgeregten Blick auf diesen. ( Kristof Magnusson: Das war ich nicht. Gelesen von Jens Harzer, Fritzi Haberlandt, Dietmar Mues. Gekürzte Hörbuchfassung und Regie: Wolfgang Stockmann. Verlag Antje Kunstmann, München 2010. 3 CD, 254 Minuten, 19,90 Euro. ) Die Geschichte vom erfolglos alternden Erfolgsschriftsteller Henry LaMarck, von dessen ratlos unglücklicher Übersetzerin und vom Anerkennung heischenden Banker entpuppt sich als witziges Lehrstück über das menschliche Glück. Während alle glauben wollen, dass es in einer Bank rational zugeht, worüber Beteiligte nur schmunzeln können, müssen Magnussons Helden lernen, dass es im Zwischenmenschlichen manchmal zugeht wie an der Börse: Kurse steigen oder fallen, Optionen werden fällig und alle sehen sich in einem Netz von Abhängigkeiten gefangen.
jby
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Als rundum gelungenen Unterhaltungsroman würdigt Roman Bucheli Kristof Magnussons zweiten Roman, und er stellt erfreut fest, dass der Autor nach seinem etwas bemüht wirkenden Debüt hier zu virtuoser Leichtigkeit gefunden hat. Es geht um einen untergetauchten Autor, eine Übersetzerin, die sich auf die Suche nach ihm und nach dem versprochenen Opus magnum macht und einem Banker in massiven, selbst verschuldeten Schwierigkeiten, erfahren wir. Rasante Tempo- und Perspektivwechsel, ein Plot, der weder zu kompliziert noch zu platt ist und eine höchst gelungene Dramaturgie halten den Rezensenten fest in Bann und lassen ihn Magnusson als Meister des Genres preisen. Wenn es für einen strengen Literaturkritiker überhaupt etwas zu tadeln gäbe, dann bestenfalls das vielleicht etwas "schale" Happy End, doch selbst hier vermutet Bucheli, dass der Autor noch einen doppelten Boden eingebaut hat und die "Champagner-Seligkeit" des Endes doch vielleicht als "Höchststrafe" für die Protagonisten anzusehen ist.

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