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Mit einer neuen Reportage über Missstände in der Psychiatrie
»Günter Wallraff ist wieder unterwegs gewesen - und zwar dort, wo die Arbeit zum Leben nicht mehr reicht: im Callcenter, als Niedriglöhner in einer Brötchenfabrik, als Obdachloser. Die erschreckenden Ergebnisse seiner Recherchen sorgen für genügend Sprengstoff.« (Börsenblatt)
»Der alltägliche Rassismus, dem sich dunkelhäutige Menschen in Deutschland ausgesetzt sehen, ist kein Staatsgeheimnis ... Und doch: Ohne Günter Wallraff wäre das Thema jetzt nicht wieder auf allen Kanälen.« (taz)
»Das Buch ist gut und notwendig, und
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Produktbeschreibung
Mit einer neuen Reportage über Missstände in der Psychiatrie

»Günter Wallraff ist wieder unterwegs gewesen - und zwar dort, wo die Arbeit zum Leben nicht mehr reicht: im Callcenter, als Niedriglöhner in einer Brötchenfabrik, als Obdachloser. Die erschreckenden Ergebnisse seiner Recherchen sorgen für genügend Sprengstoff.« (Börsenblatt)

»Der alltägliche Rassismus, dem sich dunkelhäutige Menschen in Deutschland ausgesetzt sehen, ist kein Staatsgeheimnis ... Und doch: Ohne Günter Wallraff wäre das Thema jetzt nicht wieder auf allen Kanälen.« (taz)

»Das Buch ist gut und notwendig, und zwar wegen einer simplen Tatsache: Die beschriebenen Missstände sind so verbreitet, dass dagegen ankämpfende Stimmen gar nicht laut genug sein können.« (Deutschlandradio)

»Wallraff, eine Institution der alten Bundesrepublik, meldet sich mit diesem Buch auf seine Planstelle zurück.« (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

»Als Anwalt der Deklassierten ist er von der Gegenseitezu Recht gefürchtet.« (Kölnische Rundschau)
Autorenporträt
Günter Wallraff, Jahrgang 1942, lebt und arbeitet in Köln. Veröffentlichungen u.a.: Wir brauchen dich. Als Arbeiter in deutschen Industriebetrieben (1966; 1970 unter dem Titel Industriereportagen), 13 unerwünschte Reportagen (1969), Ihr da oben, wir da unten (mit Bernt Engelmann), Unser Faschismus nebenan (1975), die Dokumentation einer in Athen durchgeführten Protestaktion Wallraffs gegen das griechische Obristenregime. Besonderes Aufsehen erregte Wallraff 1977 mit seinen verdeckten Recherchen innerhalb der Redaktion der Bild-Zeitung ( Der Aufmacher und weitere Bücher zum Thema). Mit über 5 Mio. Exemplaren der deutschsprachigen Ausgabe und 38 Übersetzungen war Ganz unten (1985), die Reportage über den menschenverachtenden Handel mit Leiharbeitern, das erfolgreichste Sachbuch der Nachkriegszeit. Große Medien- und Leserresonanz fanden die Reportagen in dem Band Aus der schönen neuen Welt (2009, 2012) und dem von ihm herausgegebenen Band Die Lastenträger (2014).
Rezensionen
»Kein deutscher Journalist, Rudolf Augstein ausgenommen, hat die Nachkriegsgesellschaft so verändert wie Wallraff.« Hans Leyendecker Süddeutsche Zeitung

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2009

Alles muss man alleine machen

"Die neue Welt ist überhaupt nicht schön": Günter Wallraff hat sich wieder zu verdeckten Ermittlungen unter den Gebeutelten des Landes aufgemacht. Sein antiquiertes Buch wirkt verblüffend frisch.

Ganz unten und noch mal ganz von vorn: Passend zum Maultaschen-Urteil erscheinen Günter Wallraffs neue Undercover-Geschichten "Aus der schönen neuen Welt - Expeditionen ins Landesinnere". Kündigungen wegen Bagatelldelikten (die Entwendung von Maultaschen, Frikadellen, Leergutbons oder von Strom zum Aufladen des Privathandys) schlagen derzeit hohe Wellen. Das Arbeitsgericht Radolfzell bestätigte gerade die fristlose Kündigung einer Altenpflegerin, die aus der Küche ihres Betriebs, dem sie siebzehn Jahre lang angehörte, eine Handvoll Maultaschen hatte mitgehen lassen.

Mit der Geschichte über den Anwalt, der "die Unkündbaren" kündigt - Schwerbehinderte, Schwangere, Kranke und Betriebsräte -, trifft Wallraff einen Nerv der Krisenzeit. Die Unappetitlichkeiten, um die es in dieser Geschichte geht, verdeutlicht die folgende, von Wallraff zitierte Feststellung eines Arbeitsgerichtsurteils: "Wird das Mobbing vom Arbeitgeber gelenkt, so geht es in der Regel darum, den Arbeitnehmer auf kaltem Wege zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes zu bewegen." Mit Dokumentationen dieser Art könnte heute so mancher Arbeitnehmer rasch zum gefragten Buchautor werden. Wallraff nennt den besagten Anwalt fürs Grobe, mit dem er (verkleidet als unfallgeschädigter Unternehmer mit Halskrause im Rollstuhl) zusammengetroffen war hundsgemein, beileibe keinen Einzelfall, eine Schande für seine Zunft, und hofft auf eine Klage, damit die dem Anwalt zur Last gelegten Skrupellosigkeiten durch weitere Zeugenaussagen erhärtet werden.

Denn einstweilen kann sich der angegriffene, an seine Schweigepflicht gebundene Anwalt ja nicht wehren. Ohnehin sind es Richter, nicht Anwälte, die die Evolution des immer fintenreicher werdenden Arbeitsrechts vorantreiben. Wallraffs eigene Finte, sein dramaturgischer Kunstgriff gleichsam, besteht darin, Recht für Gerechtigkeit nehmen zu wollen und in die moralische Flanke hineinzustoßen, die sich dann öffnet. Es ist aber bekanntlich etwas anderes, recht zu haben und vor Gericht recht zu bekommen. Diesen Preis unseres Rechtssystems ist Wallraff ausdrücklich nicht bereit zu zahlen.

Mit seiner Geschichte aus der Welt des ungerechten Rechts setzt er vielmehr darauf, seinerseits an der Evolution des Rechts mitzuschreiben. Tatsächlich entwickelt sich ja auch das Arbeitsrecht nicht unabhängig von dem Gerechtigkeitsbegriff, der sich in einer Gesellschaft breitmacht. Ob dieser Begriff breitenwirksam eher von den Ideologemen Hans-Olaf Henkels oder jenen Günter Wallraffs besetzt wird, ist juristisch nicht etwa folgenlos, sondern hinterlässt à la longue auch in der Rechtsprechung Spuren. Wallraff unterstreicht, wenn er hier die Methoden der "Anwälte des Schreckens" vorführt (Einsatz von Detekteien, Zermürbungstaktiken, die auf psychische und physische Erschöpfung zielen), auf seine Weise die Reformbedürftigkeit eines Arbeitsrechts, das Kündigungen wegen Bagatellen erlaubt und andererseits gegen Unfähigkeit im Dienst kaum ein juristisches Kraut wachsen lässt.

Die meisten anderen der in diesem Buch versammelten verdeckten Reportagen las man in Kurzform schon im "Zeit-Magazin", das den Autor von Bestsellern wie "Der Aufmacher. Der Mann, der bei BILD Hans Esser war" oder "Ganz unten" verdienstvollerweise wieder auf die Spur gesetzt hatte. So machte sich Wallraff wieder auf: als Verkäufer von Systemlottoscheinen in einem Callcenter; als Niedriglöhner in einer Fabrik, die für Lidl Aufwärmbrötchen backt; als Obdachloser auf Deutschlands frostigen Straßen; als afrikanisch maskierter Lockvogel für rassistisches Ressentiment (obwohl eine professionelle Maskenbildnerin am Werk war, hat die afrikanische Maskerade doch etwas Unvollkommen-Karnevaleskes, geradezu rassistisch Aufreizendes). Der dabei mit versteckten Miniaturkameras und Mikrofonen gedrehte Film "Schwarz auf Weiß" läuft jetzt in den Kinos an.

Alles, was man gegen Wallraff vorbringen kann, ist hundertmal vorgebracht worden: dass man bei dieser Art Recherche stets das findet, was man sucht; dass Konflikte am Arbeitsplatz, zu denen gelegentlich auch zwei Seiten gehören, ausschließlich gegen die Arbeitgeberseite gewendet werden; dass das Ganze nur funktioniert vor einem manichäischen Hintergrund, der Gut auf Böse und Schwarz auf Weiß treffen lässt. Wallraff hält dem sein schlichtes "Ich werde gebraucht" entgegen: "Die Zustände haben sich so verschlimmert, dass ich zu meinen Anfängen zurückkehren und wieder ganz von vorn beginnen muss. Leider macht diese spezielle Art von Arbeit außer mir ja auch kaum ein anderer, also es gibt keine Nachfolger, wenn man mal von Markus Breitscheidel mit seinem Buch ,Arm durch Arbeit' absieht." Auch hier gilt: Alles muss man alleine machen.

Dass einer auf so unbeirrbar antiquierte Weise den Wallraff gibt, wahlweise mit falschem Bart, Halskrause oder schwarzer Schuhwichse im Gesicht die Welt verbessern will, mit denselben Glaubenssätzen wie vor vierzig Jahren sich nach Deutschland einschleicht - das wirkt heute wieder verblüffend frisch. Liegt es daran, dass der mediale Enthüllungs-, Geständnis- und Erregungszwang inzwischen total geworden ist und nicht mehr ohne weiteres verfängt? Dass Gesellschaftskritik zynisch blockiert ist? Wie die "Augsburger Puppenkiste" unter lauter Plastikpuppen und ein Oldtimer zwischen all dem windkanalgestylten Blech wieder zum Renner werden, so verschafft Günter Wallraff zwischen ordinären Enthüllungsshows und akademischen Gerechtigkeitsveranstaltern den Gebeutelten von 2009 Gehör. "Die neue Welt ist überhaupt nicht schön": Wallraff, eine Institution der alten Bundesrepublik, meldet sich mit diesem Buch auf seine Planstelle zurück.

CHRISTIAN GEYER

Günter Wallraff: "Aus der schönen neuen Welt". Expeditionen ins Landesinnere. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009. 325 S., br., 13,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass sich Günter Wallraff mit diesem Buch zurückmeldet, auf "antiquierte Weise" zwar, doch "verblüffend frisch" in Zeiten medialen Enthüllungs- und Erregungszwanges, findet Rezensent Christian Geyer kolossal. Die BRD-Institution Wallraff funktioniert laut Geyer noch immer tadellos mit "denselben Glaubenssätzen" und derselben Schwarzweißmalerei wie schon vor 40 Jahren. Aktueller, meint Geyer, geht es eigentlich nicht (Maultaschen-Urteil). Und an der Evolution des Arbeitsrechts mitzuwirken (wenn auch mittels des "Kunstgriffs", Recht für Gerechtigkeit zu nehmen), erscheint dem Rezensenten in Krisenzeiten angebracht. Dafür bedankt sich Geyer beim "Zeit-Magazin", das die meisten der hier zu findenden Reportagen in Auftrag gab und in Kurzform abdruckte.

© Perlentaucher Medien GmbH