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'Aufenthalt in einem irren Haus' sammelt die Prosa von Helga M. Novak aus dreißig Jahren, von ihrem ersten Prosabuch 'Geselliges Beisammensein' bis zu unveröffentlichten Texten aus den letzten Jahren. Zum ersten Mal wird so das Erzählwerk einer eigenwilligen und 'zärtlich-schroffen' Dichterin überschaubar, das Werk einer Erzählerin, der nichts ferner liegt als Anpassung, Zeitgeist oder Verbindlichkeit.Helga M. Novaks Prosa ist direkt, rabiat und schonungslos, sie erzählt von der Arbeit in isländischen Fabriken, vom Leben und der Ausgrenzung in beiden Deutschland, von Landarbeitern in Portugal,…mehr

Produktbeschreibung
'Aufenthalt in einem irren Haus' sammelt die Prosa von Helga M. Novak aus dreißig Jahren, von ihrem ersten Prosabuch 'Geselliges Beisammensein' bis zu unveröffentlichten Texten aus den letzten Jahren. Zum ersten Mal wird so das Erzählwerk einer eigenwilligen und 'zärtlich-schroffen' Dichterin überschaubar, das Werk einer Erzählerin, der nichts ferner liegt als Anpassung, Zeitgeist oder Verbindlichkeit.Helga M. Novaks Prosa ist direkt, rabiat und schonungslos, sie erzählt von der Arbeit in isländischen Fabriken, vom Leben und der Ausgrenzung in beiden Deutschland, von Landarbeitern in Portugal, von den Lebensumständen im heutigen Polen. Sie schreibt einen 'Brief aus Kanton' und von der 'Reise einer Nihilistin nach Verona im späten Herbst', sie portraitiert einfühlsam und anrührend das 'Leben einer polnischen Greisin'. Helga M. Novak weiß, wovon sie erzählt: da wo sie ist, lebt und arbeitet sie, erlebt und beschreibt - immer unverstellt, kritisch und genau.
Autorenporträt
Helga M. Novak wurde 1935 in Berlin-Köpenick geboren. Für ihr Werk, das bei Schöffling & Co. erscheint, erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Sie starb im Dezember 2013.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.09.1995

Überlebende Dogge, heimatnah
Ein irres Haus: Die gesammelte Prosa von Helga M. Novak

Sie habe ihren Prosastil in einem Schweizer Irrenhaus gefunden, schreibt Helga M. Novak in einem Brief an Hans Joachim Schädlich. Zu lesen ist er in dem eben erschienenen Sammelband "Aufenthalt in einem irren Haus". So hieß freilich schon ein 1971 erschienenes Buch mit Prosatexten der Autorin. In der Art dieser frühen Prosa habe sie weitergemacht, meint sie selbst: "Und ich habe meine Art zu schreiben von Anfang an als expressionistisch empfunden. Rausgehauen, rausgeplatz, rausgebrüllt: Distanz nur durch die Verkürzung."

Wer heute diese Texte aus drei Jahrzehnten liest, wird die Novaksche Prosa nicht eben "rausgehauen, rausgeplatzt, rausgebrüllt" finden, sondern eher verhalten und verknappt, doch unter starker Spannung stehend. Pathos, erzeugt durch Verkürzung. Diese subkutane Expressivität macht auch jene Texte lesbar, die von längst verflogenen politischen Hoffnungen bestimmt sind. Also die Skizzen aus der Arbeitswelt, aus Gefrierhaus und Teppichweberei. Oder den Bericht von der Zerstörung des Frankfurter Westends. Oder die Aufzeichnungen aus einer portugiesischen Landkooperative. Thematisch hat das allenfalls nostalgischen Reiz, zeigt aber in Rhythmus und Blickschärfe die sprachliche Sicherheit der Lyrikerin.

Seit den siebziger Jahren hat Helga M. Novak vor allem Gedichte geschrieben und an ihrer Autobiographie gearbeitet. So kommt es, daß der Sammelband lediglich vier neue Texte präsentiert. Ausgesprochene Novak-Liebhaber werden auch die Gelegenheitsarbeiten zu würdigen wissen: eine Impression aus Kanton und das erwähnte Schreiben an Schädlich, das von einer Rumänien-Reise berichtet. Bleiben zwei Erzählungen, die von literarischem Interesse sind. "Reise einer Nihilistin nach Verona im späten Herbst" - bereits Anfang der siebziger Jahre geschrieben - ist das Porträt einer Terroristin, erzählt aus der Perspektive einer Freundin, die sich, erzählend, von ihrer Faszination befreit: "Ich habe die Begleitdogge gespielt, den apportierenden Hund. Mara ist weggefahren. Und ich weiß nicht wohin." Dieses Psychogramm ist eine Absage an jedweden radikalisierten Utopismus und zugleich das Dokument politischer Rat- und Heimatlosigkeit. Immerhin scheint die Autorin selbst eine Heimat gefunden zu haben. Sie lebt nun in Polen, in einer Gegend, die sie an ihre märkische Kindheitslandschaft erinnert.

Aus dem neuen Ambiente stammt das "Portrait einer polnischen Greisin". Es schildert Leben und Tod der uralten, frommen und arbeitsamen Jezefa - eine veristische Legende von der Widerständigkeit des Lebens. Es ist jene Widerständigkeit, die auch die Schreibexistenz der Novak bestimmt. Formuliert ist die Existenzfrage zu Anfang eines älteren Textes, im "Monolog eines Buchhändlers": "Wie überleben?/wie die Geschichten überleben und die Lehren aus der Geschichte?" Was das Überleben der Geschichten angeht, hat der Verlag das Seine getan: Er hat sie zu Helga M. Novak sechzigstem Geburtstag, der heute zu feiern ist, in einem schönen Band vereinigt. HARALD HARTUNG

Helga M. Novak: "Aufenthalt in einem irren Haus". Gesammelte Prosa. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 1995. 342 S., geb., 48,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Eine der wahren Dichterinnen unserer Zeit.« Die Zeit »Ihre Gedichte zeichnen in bissiger und scharfer Sprache Bilder vom Alltag in seiner ganzen Härte und Unerbittlichkeit.« Wiebke Lundius, literaturkritik.de