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Produktdetails
Trackliste
CD
1Last Day (Do Or Die)00:03:54
2Eagleize It00:03:26
3Boon And Bain00:03:35
4Jelly Bean00:03:25
5Break Free00:03:40
621st Century Buttkickin' Love Affair00:03:17
7Go! Go! Go!00:03:13
8Rock On Rock00:03:04
9Wolf Call00:02:57
10Close00:03:05
11Quick Joey Small00:02:17
12Shake Your Hips00:03:28
13Guitars And Cars00:03:02
14Crazy About Mary00:03:31
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.09.2009

Kerle vor die Säue
Countrykraut von The BossHoss als Antidepressivum

Heutzutage ist ja vor allem Prärie. Wie viele Meetings sitzt man ab, auf wie vielen Hochzeiten reißt man sich zusammen. Züge verkehren in umgekehrter Wagenreihung, jeder Mist kann Spuren von Erdnüssen enthalten, für den Inhalt der Spots sind ausschließlich die Parteien verantwortlich: Die Steppe ist auf dem Vormarsch. Man stelle ihn sich nur vor, den quälenden Alleinunterhalter am Konferenztisch, im Fernsehen, auf der Bühne, und man stelle sich weiter vor, man habe jetzt einen Wunsch frei, einen einzigen: Für alle, die The BossHoss nicht kennen, sei gesagt, The BossHoss sind genau das, was man sich in diesem Moment wünscht.

Pure, animalische Energie. Sieben Männer im Unterhemd, die den vermoosten Planwagen rocken, bis die Achse kracht. Ob nun Fata Morgana oder nicht, ob also musikpolitisch korrekt immer noch eine Spaß- und Coverband, darüber nur nachzudenken, bleibt keine Zeit mehr, sobald die glorreichen Sieben eingeritten sind, denn augenblicklich versinkt man in einem Meer aus tanzenden Bisons. Wo bitte, denkt man allenfalls noch, kommen denn jetzt Bisons her? Eine Spaßband sind The BossHoss jedenfalls nicht, und zwar mit Bestimmtheit: die Spaßband schlechthin steht hier vor uns, der Hochdruckreiniger im System. "Who is gonna pull me outta hell?" Der Teufel, wer sonst.

Völlig zu Recht kennt man die beiden sich jeweils gegenseitig hochpeitschenden Testosteronsänger unter ihren grundehrlichen Halunkennamen Hoss Power und Boss Burns und nicht unter ihren labbeligen Berliner Pseudonymen Vollmer und Völkel. Vor vier Jahren brüllten die Trash-Country-Punker erstmals ihr "Move your ass and raise your hands"-Credo in die Welt: "Round and round / Back to the middle and don't sit down / Yeeee Haw!" Das mitreißende Debütalbum nannte sich breitbeinig "Internashville Urban Hymns". Die Cowboys hatten in der Hauptsache Hits von Eminem ("Without Me") bis Outkast ("Hey Ya!") zu whiskeytrunkenen Country-Evergreens aufpoliert. So erfolgreich war ihre "Like Ice in the Sunshine"-Version, dass den Kuhjungs das Coverbandimage bis heute anhängt ("Rattenschwanz", sagen sie, irgendwie auch stolz), obwohl auf den beiden folgenden, kraftstrotzenden Alben - "Rodeo Radio" (2006) und "Stallion Batallion" (2007) - der Anteil eigener Stücke bereits stark zunahm. Und schon wieder haben sie, deren Energie einfach grenzenlos scheint, eine brachialgeniale Platte zusammengeknüppelt, die eine perfekte Mischung lässig-ruhiger Stücke - ergreifend das gegen den eigenen Trend "stop your running" fordernde "Break Free" - und viel Rockabilly-Country vom Wildesten enthält. Nur drei der vierzehn Lieder sind diesmal Coverversionen: außer einer zur Bandtradition gehörenden Hommage an Elvis, dem sehr dunkel geheulten "Wolf Call", sind das zwei wenig bekannte Tempostücke von Kasenetz Katz respektive Slim Harpo, nämlich die Rockabilly-Nummer "Quick Joe Small" und der Power-Blues "Shake Your Hips". Ansonsten hören wir den Boss persönlich hossen, und das kann bei allem Banjo-Mundharmonika-Bottleneck-Sound etwa bei "Eagleize It" und dem coltschwingenden "Jelly Bean" durchaus gesangsharmonisch, ja, hymnisch sein ("Boon and Bain"), ist aber immer druckvoll und aufgedreht. Vor allem den guten alten Rock 'n' Roll halten The BossHoss in höchsten Ehren, so klingen "Rock on Rock" oder "Guitars & Cars" nach großer Gitarrentradition und ein bisschen auch nach AC/DC.

Der krawalldigitale Titel ist Programm: "Do Or Die". Es gibt nur eins und null, gute Laune und gar keine Laune: "The mission is decision". Wenn es hier eine Botschaft gibt, dann ist sie jedenfalls alles andere als Medium, nämlich reines Allegro con brio. So trommelt uns das fulminante, heftig Gas gebende Eröffnungsstück "Last Day" ein, den letzten Tag bloß nicht blöde zu vertrödeln: "And we're gonna say yeah / hello to the last day of our life / and we wanna live it fast / ,cause it's gonna be the last".

Eine "21st Century Buttkickin' Love Affair" ist es, die diese Band mit ihren Fans verbindet, die nur eines mehr schätzen als die jeweils jüngste BossHoss-Platte: das jeweils jüngste BossHoss-Konzert. "Live sind wir dreimal so gut wie auf CD", sagt Boss Burns ganz richtig, und das, obwohl The BossHoss schon auf CD sehr gut sind. In diesem Sommer ist der wilde Berliner Haufen durch einen Kerle-vor-die-Säue-Triumph endgültig in den Olymp der harten Männer aufgestiegen. Wie viele Bands aus Normalsterblichen können schon einen Auftritt beim Wacken Open Air Festival vorweisen. Aber wer die sonnenverbrannte Prärie erschüttert, der fürchtet auch die dunklen Halden des Schwermetalls nicht.

OLIVER JUNGEN

The BossHoss, Do Or Die. Island Records 80154 (Universal)

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